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Fünf Finger, rot.

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25.09.2008
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Fünf Finger, rot.

Genau um fünf Uhr morgens an diesem Sommertag, springt mein schwarz-weißer und exakt sechs Komma fünf Kilogramm schwerer Kater auf meine Brust und jammert nach seinem Futter. Mistvieh! Weiß er nicht, dass Schulferien sind? Ich schleppe mich in die Küche und stelle ihn mit Thunfisch zufrieden. Dann öffne ich die Gartentüre, damit er striezeln kann.
Vier Minuten später suche ich die Wärme meiner Bettlaken ein zweites Mal auf und kuschele mich hinein. Keine drei Minuten später höre ich meinen Kater im Garten ein Kampflied anstimmen: Er hat wohl den stummelschwänzigen Nachbarkater entdeckt und droht ihm Katerkloppe an. Und diese ist bereits im ganzen Umfeld berüchtigt.

Ich denke an Tierarzt, Vollnarkose und leere Brieftasche und springe aus meinem warmen Bett, greife die bereitstehende Blumen- und Wasserspritze von meinem Schreibtisch und flitze auf meine Terrasse. Sofort treffen mich die hasserfüllten Blicke meiner beiden Nachbarinnen linker Hand. Auch sie stehen halbnackt und zitternd im Morgengrauen und versuchen durch affige Zischlaute und Händeklatschen meinen Kampfkater zu vertreiben.
„Wann geben Sie ihren Mistbock endlich ins Tierheim?“,
ruft die Eine mir zu.
Ich richte die Wasserspritze auf sie und stelle auf „STRAHL“, Einstellung hart und drücke ab. Sie rennt schimpfend in ihre Wohnung. Ich hasse meinen Kater. Aber die Nachbarin hasse ich noch mehr.
An Schlaf ist für mich jetzt nicht mehr zu denken und so beschließe ich,-nach einer unglaublich frühen Morgenmahlzeit– einen heißen und harten Arbeitstag zu beginnen.
Auf geht’s. Mit der Rolltreppe fahre ich in den dunklen und zugigen Schlund der U-Bahn hinab. Auf der Stufe hinter mir hampelt ein vierjähriger Knabe mit einem schicken Gipsbein und seinem Roller herum. Vor mir ein riesiger Kinderwagen mit innenliegendem Säugling und am Griff klammernden Mutterhänden. Das Kind brüllt „Annae“, die Mutter schreit durch mich hindurch:

“Machst du nix Quatsch mit Gipsbein. Bleibst du stehen. NEIN. NEIN. Ich sagen, bleibst du jetzt endlich stehen. Nimmst du sofort Gips von den Gummi!“

Während das fidele Balg sein Gipsbein auf das schwarze Gummiförderband des Handgriffs der Rolltreppe artistisch ablegt, rauscht mir sein Roller in die Achillessehne. Autsch! Auf einem Bein balancierend, droht der Knabe auf der schmalen Rolltreppenstufe sein Gleichgewicht zu verlieren. Die Mutter kreischt hysterisch. Das Kind schreit
„Annae, Annae,“
was nach meinem bescheidenen Kenntnisstand der türkischen Sprache soviel wie „Mutter“ heißt. Als hätte seine Platte einen Sprung, wiederholt der Knabe seinen Verzweiflungsschrei etliche Male. Bei mir springt jetzt auch was. Ich greife den Rotzigen an seinem rechten Arm, meine Augen kneife ich bedrohlich zusammen und ich zwinge seinen Blick in meinen. Dann sage ich es:

“Wenn Du nicht sofort dein Bein wieder da runter nimmst, dann verhaue ich dir den Hintern. Und dann haste Grund zum Schreien!“

Der Kleine sieht mich respektvoll an und wuchtet sein Bein vom Gummihandlauf der Treppe. Mit eisernem Griff halte ich ihn an seinem Arm und schreiend und rangelnd erreichen wir das Ende der Rolltreppe. Die Mutter dankt mir überschwänglich für die Rettung des Gipsbeines, der Kleine streckt mir zum Abschied die Zunge entgegen. Das greife ich gerne auf und zeige ihm meine Zunge. Wir sind fertig miteinander.
Im Supermarkt bin ich gleich darauf unterwegs, um eine Tüte Milch für meinen notwendigen Morgenkaffee zu kaufen. Mit der Milchtüte unterm Arm in der Kassenschlange wartend, erreicht mich schon wieder Kindergebrüll. Dieses Mal will ein wohl zweijähriges Kind etwas Süßes. Dann reines Kölsch aus Mutters Mund, ein „Kölsch“, dessen ich nie mehr mächtig sein werde:

„Ich hab‘ dir jesach, heute jibbet hier nix. Halt endlich dinge Schnüss, sonst knallt et jleich.“

Im Gegensatz zu anderen Müttern ist diese Frau pädagogisch konsequent. Heißt doch eine eiserne Erziehungsregel „Drohe nie etwas an, was du nicht durchführen kannst!“ Es macht „Klatsch“ und dann schreit es. Mitten ins Gesicht des zweijährigen Mädchens. Ich gehe zu der Frau, die gerade ihr Kind geschlagen hat und es macht „Klatsch“ in das Gesicht der Frau.
Rechte Seite. Fünf Finger. Rot.
Das Kind hört auf zu weinen und lacht. Die Mutter lacht nicht. Sie ist wütend. Ich auch. Wir starren uns an wie Hühner. Dann gehe ich zurück zur Kasse und zahle meine Milch.

Meine erste Patientin heute ist ein Neurodermitis-Baby. Es sieht aus wie eine kleine Echse und ist erst wenige Wochen alt. Die Mutter reicht mir auf ausgestreckten Armen und mit spitzen Fingern ihre Tochter und sagt:

“Machen sie das hier gesund. Ich muss, nein, ich will in vier Wochen wieder in meiner Kanzlei arbeiten. Das hier raubt mir den letzten Nerv.“

Mein Nerv ist allerdings mittlerweile auch schon etwas dünn heute Morgen und ich nehme das Baby in meine Arme und schicke die Mutter sofort in ihre Kanzlei. Das Kind behalte ich erst erst einmal. Ich lasse mir von der Mutter den Tragesack geben und schnalle mir das Kind samt Sack um.

„Kommen Sie in drei Monaten vormittags wieder her. Dann wird Ihre Tochter gesunde Haut haben.“

Die Mutter stellt mir freudig -und vor allem unaufgefordert- einen Scheck über 5000,- Euro aus und sagt:

“Der war eigentlich für mein neues Pferd. Aber so ist das Geld auch gut angelegt.“

Sie küsst mich erleichtert auf meine Wangen und tänzelt aus meiner Praxis. Der Tag fängt doch gar nicht mal so schlecht an. So kann es weitergehen.
Von mir aus.

 

Nun, lieber Knallfrosch, du machst es mir nicht einfach einen geeigneten Kommentar zu schreiben.
Knallfrosch ist schon einmal sympatisch, ein schwerer Kater kann gut mithalten, vor allem einer,
der stummelschwänzig striezeln, also ein aus Teigzöpfen geflochtenes Brot herstellen kann,
oder liege ich hier falsch?
Ich lese weiter - und es liest sich gut. Ein kleiner Hopser:
... und stelle auf „STRAHL“, Einstellung hart und drücke ab ...
ein Komma würde ich setzen nach hart
und noch Einem bei:
und so beschließe ich,-nach einer unglaublich frühen Morgenmahlzeit– einen heißen und harten Arbeitstag zu
,- ist nicht die feine Art, am Besten die Gedankenstriche weglassen und nichts oder Kommas verwenden.
Ansonsten lese ich entspannt weiter.
Das NEIN, NEIN stört mich nicht weiters, auch wenn die Großbuchstaben hier nichts zu suchen haben,
setze einfach ein Ausrufezeichen ans Ende,
auch die ungewohnte Weise, wörtliche Rede kursiv zu setzen, stört nicht mein Lesen,
dann aber ist Ende mit der Gemütlichkeit und die Satire beginnt.
Deiner Auslegung von Satire kann ich dann nicht mehr folgen. Ihre Definition ist ja nun
im Wandel der Zeiten sehr wechselhaft, für jeden Text wird sich sicher irgendeine Beschreibung finden,
die auch für deinen Text die Kategorie Satire zuläßt.
Nur, mir hat sie nicht gefallen. Ob es die "Fünf-Finger, rot" sind oder ein ausgetauschtes Baby, es ist keine gut geschriebene Satire.
Ich weiß, was du meinst, und du meinst das Richtige. Dieses so zu schreiben, wie du es machst, ist eine Möglichkeit, aber kunstvolle Satire, nein, das ist es nicht. Ich finde es zu hart, zu deutlich, zu übertrieben, zu freudlos, zu eindeutig ... und hätte lieber deine Geschichte ohne den Satireanspruch zu Ende gelesen.

Liebe Grüße
Jürgen

 

@Tierfreund

Hach, du machst es mir auch nicht leicht, auf deinen Kommentar zu antowrten. es ist schon spät und eigentlich fallen mir nur zwei Antworten ein:

1. Ich freue mich, dass du dir die Arbeit gemacht hast.
2. Ein Text wird durch eine Sortierung in eine Sparte nicht besser nicht schlechter.

Entweder es ist für den geneigten Leser ein guter oder kein guter Text.

Ob sich der Text verbessert, wenn er in der Alltagsrubrik stehen würde? Keine Ahnung. Ich denke mal darüber nach.

Das der Text dir nicht gefallen hat-tja, das ist ganz sicher Geschmacksache. Ich hatte nicht den Anspruch "eine kunstvoll geschriebene" Satire einzustellen. Was ist das überhaupt "kunstvoll"? Meinst du damit eine spezielle stilistische Richtung? Eher Andeutungen? So die feine englische Art?

So läßt du mich auch etwas ratlos zurück. Macht aber nichts, weil ich deine Meinung gut stehen lassen kann. Letzendlich kann ich sie reduzieren auf: "Du, die Geschichte hat mir irgendwie nicht gefallen".

Schade.

Ich grüße dich trotzdem herzlich und meine das auch so,

und PENG - bin ich wech.

 

Hallo Mensch,
(Hallo Knallfrosch ist mir zu blöd)

2. Ein Text wird durch eine Sortierung in eine Sparte nicht besser nicht schlechter.
Ich weiß, aber trotzdem danke für deinen Hinweis. Mir geht es nicht um die Rubrik, sondern um deinen Anspruch, eine Satire geschrieben zu haben.

Entweder es ist für den geneigten Leser ein guter oder kein guter Text.
Vielleicht für den geneigten Leser, wie sieht es aber für den Aufrechten aus? Kann der Texte differenzierter sehen? Ich glaube schon

Ob sich der Text verbessert, wenn er in der Alltagsrubrik stehen würde? Keine Ahnung. Ich denke mal darüber nach.
Und wieder: Mir geht es nicht um die Rubrik, sondern um deinen Anspruch, eine Satire zu schreiben.

Macht aber nichts, weil ich deine Meinung gut stehen lassen kann. Letzendlich kann ich sie reduzieren auf: "Du, die Geschichte hat mir irgendwie nicht gefallen".
Hört sich für mich an wie: Mich interessiert deine Meinung nicht, weil sie mir nicht gefällt. Und deswegen lese ich deinen Kommentar auch nicht aufmerksam.
Schade. Um die Zeit.

Gruß
Jürgen

 

Hallo Jürgen,

wenn ich es richtig verstehe, dann kritisierst du drei verschiedene Dinge:

1. Zwei, drei Interpunktions-Irrtümer. Das sehe ich nicht als eigentliche Kritik oder schwerwiegend an.

2. Dann vor allem, dass es für dich gar keine Satire und vor allem keine kunstvoll geschriebene Satire ist, weil sie dir zu eindeutig, freudlos, hart usw. ist.

Das ist eine globale Kritik zu der ich nicht ernsthaft Stellung beziehen kann. Ich schreibe, wie ich nun mal schreibe. Ich kann nach deinem Kommentar nicht hingehen und sagen: Klar, Jürgen, ich nehme mir den Text noch mal vor und mache eine kunstvolle Satire daraus.
Vor allem, da du auf meine Frage welche Kriterien du an eine kunstvolle Satire anlegst, nicht geantwortet hast. Sondern sehr allgemein bleibst. Und zu deinem rein subjektiven Empfinden ist nun mal nicht viel zu sagen...

3. Dass ich wohl diese Rubrik gewählt habe, um den Anspruch an meinen Text zu untermauern.

Dem ist nicht so. Ich bin mir unsicher, ob der Text in diese Rubrik gehört. Da hast du schon Recht.

Hört sich für mich an wie: Mich interessiert deine Meinung nicht, weil sie mir nicht gefällt. Und deswegen lese ich deinen Kommentar auch nicht aufmerksam.
Schade. Um die Zeit.

Ich habe deinen Kommentar höchst aufmerksam gelesen und dir bereits gedankt für die Mühe, die du dir gemacht hast. Ich bin sehr lernfähig und kann gut mit konstruktiver Kritik umgehen.
Deine Kritik ist nicht konstruktv, sondern bleibt bei deinem persönlichen Empfinden und vor allem in einem bestimmten Genre hängen. (Bis auf die Interpunktionsvorschläge, das werde ich ändern.:thumbsup:)

Das ist nicht hilfreich.

Und darum bleibe ich dabei: Dir hat die Geschichte nicht gefallen. Punkt.

Was soll ich denn dazu noch sagen?

Aber beleidigt sein mußt du nicht :confused:. Vielleicht fragst du dich mal, welche Reaktion du von mir erwartet hast?

Grüße

ein Mensch, der sich hier Knallfrosch nennt

 

Hallo Knallfrosch,

sehe ich das richtig, dass du mit einem Verschieben deiner Geschichte nach z.B. Alltag einverstanden bist?

Lieben Gruß
lakita

 

Verschieben

@ Lakita:

Ja bitte. Wenn du auch der Meinung bist, dann schieb mal hinüber in den Alltag.

Danke dir.

Der knall peng frosch

 

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