Füreinander
Die Art, wie die schweren Eichenmöbel das Licht des Raumes schlucken ist beruhigend vertraut. Es bildet einen scharfen Kontrast zu den hellen und professionell freundlichen Räumen des Krankenhauses. Der Raum ist nicht hübsch. Alles ist einheitlich, gediegen und aus einer anderen Zeit. Das rollbare Bett ist seit Jahren die erste Veränderung. Jeden Abend stellt sie die Seitenbegrenzung auf der rechten Seite herunter und schiebt ihr eigenes Bett dicht an seines. So kann sie seine Hand halten. Wie früher.
Er sagt immer er habe keine Schmerzen. Er möchte niemandem zur Last fallen. Wenn es ihm überhaupt je in seinem Leben um sich ging, dann ist diese Zeit lange vorbei. Für ihn geht es um sie. Eine Woche lang gibt es keine Minute in der sie nicht irgendetwas tut. Sie kocht die Dinge, die er trotz Appetitlosigkeit noch essen wollen könnte. Sie spricht mit den Ärzten, den Menschen vom Pflegedienst, sie ist da, wenn er auf den Toilettenstuhl muss, sie kontrolliert seinen Katheter, sie spricht mit seiner Schwester, sie reibt seine Brust mit Ölen ein, sie reißt sich zusammen.
Am siebten Tag verlässt sie nach Zureden ihrer Verwandten zum ersten Mal wieder das Haus. Sie geht zum nahen Supermarkt und kauft Marmelade.
Als sie wiederkommt erschrickt sie. Der minimale Abstand lässt sie die Veränderungen der Zeit in seinem Gesicht zum ersten Mal sehen.
In dieser Nacht dringen seine Schmerzen zu ihm durch. Die Hilfe kommt schnell. Er schläft bald ruhig – und lässt am Folgetag endgültig los.
Sie - geht ein Jahr lang jeden Tag zum Friedhof. Immer eine Harke in der Hand und wenn man sie trifft sagt sie, sie gehe ihrem Josef die Haare kämmen.