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Fahrradlampenfinsternis

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26.05.2019
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Fahrradlampenfinsternis

Aus der Ferne sah Sascha noch genauso aus wie früher. Dieselbe hagere Statur, dieselbe leicht gebückte Haltung, dieselben kurzen, dunklen Locken, die im Fahrtwind in alle Richtungen abstanden.
Das Bild schien mich mit zehn- oder elfjähriger Verspätung zu erreichen, als umkreiste ich mit meiner Erde nicht die Sonne, sondern Prokyon, zu dem ich Saschas Blick damals durch die Dunkelheit geführt hatte. Die Nacht war klar gewesen und ohne Streulicht, aber kalt. Zitternd hatte ich den Weg beschrieben, mit der einen Hand in den Himmel zeigend, auf Beteigeuze, Sirius, Prokyon, mit der anderen Hand in Saschas Manteltasche grabend, Saschas Finger umklammernd.
"Da rechts ist doch Orion. Gut, also die linke obere Ecke, der Hellste, der heißt Beteigeuze. Und jetzt nimm noch den da unten und den dazu und du bekommst ein gleichseitiges Dreieck, das Winterdreieck. Die untere Ecke ist Sirius und der andere, das ist Prokyon."
Ob es wohl noch derselbe Mantel war, der von Zeit zu Zeit gegen den lila Rahmen des Fahrrads schlug, während Sascha direkt auf mich zuradelte? Ich kniff die Augen zusammen und blieb stehen. Sicherheitshalber legte ich eine Hand auf das Brückengeländer und tat so, als ließe ich den Blick über den Güterbahnhof schweifen. Gleise und Oberleitungen verbanden die rote Ferne auf der einen Seite der Brücke mit der tiefblauen Ferne auf der anderen. Wo sie unter der Brücke verschwanden, warnten gelbe Schilder vor Hochspannung.
Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke bis unters Kinn, um das Motiv meines Wonder-Woman-Pullovers zu verstecken. Leider war unten noch ein gutes Stück von Wonder Woman’s Stiefeln zu sehen, die fast bis zu meinen Knien reichten. Die Größte war ich ohnehin nie und Jonas hatte mir den Pulli in XL geschenkt. Er mochte diesen Schlabberlook. Kurz dachte ich darüber nach, den Pulli irgendwo reinzustopfen, unter die Jacke oder in die Hose vielleicht, verwarf den Gedanken aber wieder. Am Ende sähe es nur aus, als hätte ich unvorteilhaft zugenommen.
Inzwischen hatte Sascha die Brücke erreicht und schob das Fahrrad den ansteigenden Weg hinauf, der über die Gleise führte. In regelmäßigen Intervallen sandte die Zigarette in Saschas Mundwinkel ein orangefarbenes Glühen durch die Dämmerung.
Mein Schuh war nicht offen und ich überlegte, ihn zu binden, mich in letzter Sekunde mit dem Gesicht zum Brückengeländer zusammenzukauern, um nicht erkannt zu werden.
Dann stand sie vor mir: Sascha Anastasia Sauermann, Hemd, Krawatte, Anzughose, schwarzer Filzmantel, aber offen. Ich hatte ihre Bahnkurve mit der Präzision eines Johannes Kepler vorhergesagt, vom Horizont bis hierher, bis genau vor meine Füße, und trotzdem war ich überrascht.
"Sascha! Wie geht es dir?", fragte ich. Hoffentlich sahen meine Haare weniger fettig aus, als sie sich anfühlten.
Mit Daumen und Zeigefinger nahm Sascha die Zigarette aus dem Mund. Sie atmete aus und ihr Grinsen verschwand für einen Augenblick hinter einer schwefelsauren Venusatmosphäre aus Zigarettenrauch. Ihr Hemd war wie gewöhnlich viel zu weit, vielleicht sogar etwas weiter als früher. Besonders obenherum. Wahrscheinlich hatte Jonas mit seinen Männerbrüsten die größere Oberweite.
"Wie sollte es mir schon gehen? Gut, natürlich. Du weißt doch, mir geht es immer gut, zumindest solange die Kippen nicht ausgehen", sagte Sascha und hob ihre Zigarette.
Statt zu antworten, atmete ich hörbar durch die Nase aus, mein Typisch-Sascha-Geräusch. Lange hatte ich es nicht mehr gebraucht, fast war ich aus der Übung. Und seit mindestens einer Ewigkeit hatte ich auch keine mehr geraucht. Jonas hasste Zigaretten.
"Wie läuft es bei dir? Machst du noch dein Astro-Gedöns?", fragte Sascha.
"Astroteilchenphysik. Seit zwei Monaten fertig mit der Promotion."
"Wie, dann bist du jetzt ganz offiziell Doktor Merz?"
"Für dich natürlich weiterhin Doktor Julia."
Sascha grinste und schüttelte den Kopf. Sie hatte Grübchen wie kleine Mondkrater, unter ihren Augen lagen die Schatten von Mare Crisium und Mare Imbrium. "Glückwunsch, Julia. Wirklich. Glückwunsch. Du hast es verdient, du warst schon immer genial."
"Ach was, ich kann mir nur halbwegs gut Dinge merken und zur richtigen Zeit nachplappern", sagte ich und steckte die Hände in die Taschen. "Null eigene Kreativität. So was wie dein Gedicht, das mit dem Mondkalb, das wäre mir nie eingefallen."
"Und ich dachte die ganze Zeit, du stehst nicht so auf Lyrik." Sascha schnippte die Zigarettenkippe zur Seite, ein kleiner Meteorit, der doch keinen Krater schlagen konnte auf dem staubigen, kaugummigesprenkelten Betonboden.
"Tu ich auch nicht. Aber dafür mache ich eine Ausnahme."
"Du hast mir nie gesagt, dass es dir gefällt." Bevor sie ihr Fahrrad ans Brückengeländer lehnte, hob sie eine Plastiktüte aus dem Fahrradkorb. Sie fischte eine zerknitterte Zigarettenschachtel und eine Dose Energy-Drink heraus, dann landete die Tüte neben dem Fahrrad auf dem Boden.
Achselzuckend sagte ich: "Ich wollte mich nicht einmischen."
"Komm schon, ich habe den Scheiß damals im Flur auf die Tapeten gepinselt." Sascha stellte die Dose auf dem Brückengeländer ab. "Damit war praktisch die ganze Schule eingemischt. Verdammt, war ich wütend damals. Ich dachte ... Die Sache mit Aaron ... Ach, vergiss es einfach."
Eine dunkle Locke ringelte sich auf ihrer weißen Stirn wie eine Spiralgalaxie, ihr kleiner, privater Andromedanebel.
Mit einer beiläufigen Handbewegung fegte Sascha die Galaxie von ihrer Stirn zurück ins Chaos. Eine neue Zigarette qualmte bereits in ihrem Mundwinkel. Sie sagte: "Sag mal, ich habe noch eine Lesung heute, hast du nicht Lust mitzukommen? Ist so ein Jazz-Club. Jazz und Lyrik."
"Vielleicht ein anderes Mal", erwiderte ich. Dienstags schaute ich mit Jonas immer einen Superheldenfilm und Jonas mochte keinen Jazz. Eigentlich hörte er am liebsten Rockballaden.
"Klar, vielleicht ein anderes Mal", sagte Sascha leise und ohne mich anzusehen. Sie hatte die Unterarme auf dem Brückengeländer verschränkt, ich lehnte mit dem Rücken dagegen. Sie schaute der untergehenden Sonne nach, ich suchte in entgegengesetzter Richtung vergeblich nach den ersten Sternen. Mir war, als kreiselten wir um ein gemeinsames Zentrum, und zwischen uns stand unbeweglich, ungeöffnet die Dose mit dem Energy-Drink.
"Wovon lebst du eigentlich, Sascha?", fragte ich, schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken.
"Ich arbeite an der Tanke", antwortete Sascha. Metall knickte, der Überdruck in der Dose entwich zischend in die Erdatmosphäre. Sascha nahm einen Zug. "Die unten beim Friedhof, fast immer nachts, wenn sowieso keiner kommt. Die meiste Zeit schreibe ich an meinen Gedichten."
"Und dein Studium?"
"Ach, wozu brauche ich denn einen Uni-Abschluss? Ich? Dichten lernt man sowieso nicht an der Uni."
"Ein Plan B schadet nie, oder?", wiederholte ich Jonas’ Worte. Spezialisiere-dich-auf-Datenanalyse-Jonas. Das-ist-gesucht-auf-dem-Arbeitsmarkt-Jonas. Falls-es-mit-der-Karriere-in-der-Forschung-nicht-klappt-Jonas.
"Doch." Ich hörte wie Sascha sich bewegte und öffnete die Augen. Sie war ein Stück vom Geländer zurückgetreten und schaute mich an.
"Doch", wiederholte sie, "ich glaube, manchmal tut ein Plan B genau das." Die Streifen auf ihrer Krawatte hatten unregelmäßige Abstände, Spektrallinien im Spektrum der untergegangenen Sonne.
"Meine Stelle an der Uni läuft in vier Monaten aus", gestand ich, "für die Zeit danach habe ich mich bei einer Bank beworben." Mein Schuh war immer noch nicht offen und ich überlegte schon wieder, ihn zu binden. Saschas Lederschuhe, die näher traten, hatten gar keine Schnürsenkel.
"Wolltest du nicht immer in die Forschung? Neue Planeten entdecken?" Sascha stand direkt vor mir, ihre Augen Schwarze Löcher, in deren Nähe die Zeit langsamer verlief, in deren Nähe das menschliche Verständnis von Gleichzeitigkeit seinen Sinn verlor, und plötzlich war ich wieder vor zehn Jahren oder umkreiste Prokyon oder steckte meine Hand in Saschas Manteltasche. Sie umfasste meine Finger. Es roch nach Zigarettenrauch und Energy-Drink und ich atmete tief ein.
Wieder dieses Mondkratergrinsen in Saschas Gesicht, als sie sagte: "Lass uns in den Iran trampen!"
"Was?" Ich zog meine Hand zurück.
"Trampen. Du und ich. In den Iran. Hast du Bock? Von mir aus warten wir noch vier Monate, bis dein Vertrag ausgelaufen ist."
Ich machte das Typisch-Sascha-Geräusch. "Du bist doch völlig wahnsinnig!"
"Denk einfach darüber nach, in Ordnung?" Sascha nahm die Zigarette zwischen die Finger und trank den Rest Energy-Drink, die leere Dose stellte sie zurück auf das Brückengeländer. Sie richtete das Fahrrad auf und sammelte die Tüte wieder ein. "Ich muss los, die Lesung. Melde dich einfach, wenn du dich entschieden hast." Blaue Adern schimmerten auf der Innenseite ihres Handgelenks, als sie die Hand hob und mir ein Peace-Zeichen zeigte.
Ich hielt mich am Geländer fest und nuschelte etwas unverbindlich Unverständliches, während Sascha das Rad die paar Meter bis zum höchsten Punkt der Brücke schob. Ihre Schuhe ohne Schnürsenkel schlurften leise über den Beton. Das Schlurfen verstummte, Sascha beugte sich über den Fahrradlenker und im nächsten Moment wurde der Weg vor ihr von einem Lichtkegel erhellt.
"Sascha!", rief ich plötzlich und folgte ihr zwei Schritte.
"Wasn?" Sie hatte sich zu mir umgedreht.
"Hast du vielleicht ne Kippe für mich?"
"Klar." Ihre Hand verschwand kurz in der Plastiktüte, dann warf sie mir etwas zu. "Fang! Sind sowieso nur noch zwei drin, aber das Feuerzeug will ich wieder haben!" Die Zigarettenschachtel prallte von meinen Fingerspitzen und landete neben mir auf dem Boden. Ich hörte Sascha kichern und bückte mich. Die Schachtel wurde von einem roten Gummiband zusammengehalten.
"Danke!", rief ich, sah auf, doch Sascha war bereits verschwunden. Ich sprintete ein Stück. In meiner Hand klapperte der Inhalt der Zigarettenschachtel. Ganz oben auf der Brücke blieb ich stehen und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Der Weg vor mir führte die Brücke hinunter, dann in mehreren Schleifen durch das Schrebergartengebiet in Richtung Südstadt. Saschas Fahrradlampe folgte dem Weg und mein Blick folgte Saschas Fahrradlampe, bis sie hinter dem Gestrüpp am Wegrand verschwand.
Sie ließ die Welt im Dunkeln zurück, versteckte sich vor ihr wie die Sonne bei einer Sonnenfinsternis. Ich bemerkte, dass schon längst die Sterne leuchteten. Dann, nur einen kurzen Moment später, sah ich sie wieder, erkannte sie wieder, meine winzige Fahrradlampe.
Ich wünschte mir, dass ich Sascha dieses Mal nicht länger vermissen müsste als diese kurze Fahrradlampenfinsternis.

 
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Hallo @Tarkus ,

schöne Geschichte, habe diesen kleinen Ausschnitt aus dem Leben von Julia gerne gelesen. Du verstehst es, mir ein Bild der beiden jungen Frauen in den Kopf zu Pflanzen, die eine Streberin, die andere eher ein Freigeist, ein Rebell und trotzdem sind beide miteinander verbunden – ach wie schön. Der Jonas bleibt schwammig, aber das ist egal, denke ich, was der Dicke Mann am Anfang soll, weiß ich nicht so recht.

Der Bezug auf astronomische Begriffe ist in meinen Augen einerseits eine Stärke, andererseits eine Schwäche der Geschichte. Dadurch wird mir die Prota klarer gezeichnet, ich halte direkten Einblick in ihre Gedankenwelt, einige Verknüpfungen sind sehr geschickt. Ich mag das sehr, aber andererseits vernebeln sie auch das Setting des Textes. Dass es schon dunkelte, als Sascha kommt (zumindest gehe ich davon aus, da es ja am Ende Nacht ist und so viel nicht gesprochen oder ich keinen Hinweis darauf erhalte, dasss viel Zeit vergangen ist.) und dass Setting mit der Brücke geht ein wenig unter neben diesen vielen astronomischen Referenzen. Außerdem werde ich am Anfang der Geschichte geradezu davon erschlagen, eh ich mitbekomme, dass es sich um einen Tick der Prota handelt, haben mich diese Schlagworte schon in eine ganz andere Richtung geführt bzw. angefangen zu nerven, weil ich sie nicht einordnen konnte. Ich würde gerade am Anfang der Geschichte kürzen in dieser Sache, erst mal das Setting klären und dann so geschickt, wie du es sonst tust, die Referenzen einbauen. Denn unter der Masse verlieren einige davon auch einen Teil ihrer Wirkung. Das ist mein Empfinden zu dieser Sache, kein wissenschaftlicher Bericht.

Hier noch Textstellen:

schwarze Löcher
Wenn Singularitäten gemeint sind, wird auch "Schwarz" großgeschrieben.
Sie hatte Grübchen wie kleine Mondkrater, unter ihren Augen lagen die Schatten von Mare Crisium und Mare Imbrium
Das gefällt mir sehr gut. Ein Beispiel für die vielen Sgtellen, an denen diese Anspielungen so treffend und vielsagend sind.
Eine dunkle Locke ringelte sich auf ihrer weißten Stirn wie eine Spiralgalaxie,

"für die Zeit danach habe mich bei einer Bank beworben."
fehlt hier ein "ich"?
Ich hielt mich am Geländer fest und nuschelte etwas unverbindlich Unverständliches, während Sascha das Rad die paar Meter bis zum höchsten Punkt der Brücke schob.
Hier hätte ich gerne eine etwaige Vorstellung davon gehabt, was sie da nuschelt und vllt auch warum genau.
Ein Radfahrer zog mit wichtiger Mine vorbei und trat noch einmal besonders kräftig in die Pedale, als er kurz darauf auch an mir vorbeifuhr.
Hatte ich schon erwähnt, warum wird dieser Radfahrer nur so genau beschrieben?


Insgesamt gefällt mir die Szene echt gut, sie mag auf den ersten Blick ein wenig knapp wirken, aber letztendlich erhalte ich einen Einblick in die Leben der beiden jungen Frauen und auch ein Gefühl der Wehmut, das Leben zieht so an den beiden vorbei, jede lebt ihr Leben, obwohl eine so starke Bindung zwischen den beiden herrscht. Wie gesagt, am Anfang kam ich schlecht rein, hier noch haben mich die astronomischen Referenzen zumeist eher gestört, sie lenkten ab, vom Setting und auch von der Richtung, in die die Geschichte läuft.


Das alles meine persönliche Meinung, hoffe, du kannst damit etwas anfangen.

MfG

 

Moin @Tarkus,
und vielen Dank für dein kleines Rendezvous zwischen zwei interessanten Charakteren, auf der Brücke im Sonnenuntergang.

Ich konnte mich ganz gut in das Setting einfinden, doch dann hat mich - wie vor mir von @Putrid Palace bereits erwähnt - die Anzahl an astronomischen Vokalen und der Hang zur "Erklärbär-Mentalität" der Prota leider straucheln lassen. Das lag auch teilweise daran, wie du es geschrieben hast:

Da rechts ist doch Orion. Das Stundenglas mit den drei Kleineren in der Mitte. Gut, also die linke obere Ecke, der Hellste, der heißt Beteigeuze. Und jetzt nimm noch den da unten und den dazu und du bekommst ein gleichseitiges Dreieck, das Winterdreieck. Die untere Ecke ist Sirius und der andere, das ist Prokyon.
Da dies eine rückblickende Erklärung von Julia an Sascha sein soll, hätte ich es in wörtliche Rede, evtl. sogar noch dazu kursiv gesetzt. Außerdem hätte ich die Namen der Sterne in einfache ›Guillemets‹ (Möwchen) gesetzt:

»Da rechts ist doch ›Orion‹. Das Stundenglas mit den drei Kleineren in der Mitte. Gut, also die linke obere Ecke, der Hellste, der heißt ›Beteigeuze‹. Und jetzt nimm noch den da unten und den dazu und du bekommst ein gleichseitiges Dreieck, das Winterdreieck. Die untere Ecke ist ›Sirius‹ und der andere, das ist ›Prokyon‹«.

So liest es sich einfacher. Was denkst du?

Sie hatte Grübchen wie kleine Mondkrater, unter ihren Augen lagen die Schatten von Mare Crisium und Mare Imbrium.
Auch hier, wie eigentlich bei allen Sternnamen, würde ich sie als solche markieren. Und das war dann auch eine der Stellen, die mich leider herausgerissen haben, da ich mir unter den Schatten der besagten Mondmeere (bis eben, kurz vorm Googlen) nichts vorstellen konnte.

Eine dunkle Locke ringelte sich auf ihrer weißten Stirn wie eine Spiralgalaxie, ihr kleiner, privater Andromedanebel. Vera Rubin hatte in den sechziger Jahren entdeckt, dass manche Spiralgalaxien an den Rändern schneller rotierten, als ihnen der Virialsatz erlaubte. Wenn alles mit rechten Dingen zuginge, müssten sie auseinanderfliegen und trotzdem wurden sie irgendwie zusammengehalten. Von etwas Nicht-Leuchtendem, Nicht-Sichtbarem, von Dunkler Materie, oder wer weiß von was. Vielleicht gab es einfach keinen Satz, der beschreiben konnte, wie Galaxien zusammenhielten.
Diese komplette Markierung würde ich streichen. Du schreibst über Saschas Haare, da fühlt sich alles, was nach "Andromedanebel" kommt, für mich wie ein unnötiger Infodump an. Mach es kürzer, knackiger. Das gilt übrigens für den gesamten Text, ich würde schauen, wo weitere Kürzungen Sinn ergeben, um ein wenig am Tempo zu schrauben. Zum Beispiel am Ende, bei der Zigarettenschachtel.

Was ich u.a. klasse fand, war, wie du es mMn geschickt vermieden hast, gleich zu Beginn klarzustellen, dass es sich bei beiden Charakteren um Frauen handelt. Auch deren Gefühle zueinander erwachen in meinem Kopfkino durch den von dir gewählten Stil zum Leben. Das gefällt mir.

Eine Sache frage ich mich dennoch: Warum treffen sich die beiden? Oder habe ich da was überlesen? Sie treffen sich nicht zufällig, ansonsten müsste nach meinem Empfinden der erste Dialog anders ablaufen, oder?

Wie gesagt, gerne gelesen.
Beste Grüße
Seth

 
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Hola @Tarkus,

ob mich ‚Fahrradlampenfinsternis‘ neugierig macht oder an den Kopf fassen lässt, ist mir unklar.
Doch wenn Putrid Palace sagt: ‚schöne Geschichte‘, dann überwiegt die Neugier.

Guter Start – bis:

… als umkreiste ich mit meiner Erde nicht die Sonne, sondern Prokyon, ...
Was, zum Geier, ist das? Schon ärgerlich für mich als uninformierter Leser – entweder google ich oder verzichte aufs Weiterlesen. Es sei denn, gleich im nächsten Satz erführe ich Näheres über P.

Und so ist es; hat was mit Orion zu tun. Peace.

Sicherheitshalber legte ich eine Hand auf das Brückengeländer und tat so, als ließe ich den Blick über den Güterbahnhof schweifen.
Die ganze Brückenszene finde ich total gelungen. Sehr schön.

… einen Kometenschweif aus frischem Schweißgeruch.
Passt und gefällt. Allerdings finde ich die wissenschaftliche Fußnote entbehrlich:
Unabhängig von der Flugrichtung zeigt der Schweif eines Kometen immer weg von der Sonne, …

… aber das wusste vermutlich weder der Fahrradfahrer, noch wusste es Sascha mit der Zigarette im Mundwinkel, dem Fahrradlenker in der Hand, jetzt fast bei mir.
Das Kursive versteht sich von selbst – selbstverständlich ist es der Lenker vom Fahrrad. Doch Sascha kommt nicht mit dem Lenker in der Hand, weil es einen Zwischenfall gab und der Rest des Fahrrads Schrott ist, sondern 'über den Lenker gebeugt' oder so ähnlich.

Eine dunkle Locke ringelte sich auf ihrer weißten Stirn wie eine Spiralgalaxie, ihr kleiner, privater Andromedanebel.
weißten
Mach endlich dieses blöde ‚t‘ weg!
Das Kursive scheint mir zu viel, ein Gleichnis genügt. Aber wer schreibt, weiß wie es drängt, alles rauszuhauen, was …

Vera Rubin hatte in den sechziger Jahren entdeckt, dass manche Spiralgalaxien an den Rändern schneller rotierten, als ihnen der Virialsatz erlaubte.
Der ‚Virialsatz‘ ist für den unbedarften Leser schon hart, trotzdem finde ich das okay – schließlich hat sie das Universum unter der Schädeldecke.

Sie hatte die Unterarme auf dem Brückengeländer verschränkt, ich lehnte mit dem Rücken dagegen. Sie schaute der untergehenden Sonne nach, ich suchte in entgegengesetzter Richtung vergeblich nach den ersten Sternen.
Ei, das ist richtig fein. Großes Kompliment.

Metall knickte, der Überdruck in der Dose entwich zischend in die Erdatmosphäre.
Die Sinne einer Wissenschaftlerin sind stets hellwach. Was Dumpfmeister alles verpassen!
Besonders beim Sixpack.

Die Streifen auf ihrer Krawatte hatten unregelmäßige Abstände, Spektrallinien im Spektrum der untergegangenen Sonne.
Macht Spaß, Dein Text.

"Lass uns in den Iran trampen!"
Total spannend! Die bringen das, keine Frage.

Bin froh, Deinen Text trotz des (für mich) nur subantörnenden Titels zu lesen. Und fehlerfrei ist ja auch ganz schön.

Nach den letzten Sätzen habe ich das rare Gefühl, wieder einmal einen außergewöhnlichen Text gelesen zu haben, der alles hat, was es braucht, dass sich der Leser sinnierend zurücklehnt und das großartige Gefühl genießt, etwas Besonderes, mit viel Grips, Charme und Humor Geschriebenes direkt vom Autor*) im Logenplatz serviert zu bekommen.
Da kann ich nur sagen: ‚Hut ab!‘

Meine besten Wünsche, Tarkus.
José

*) ... oder der Autorin :).

 

Hey @Tarkus,
du hast mich mit deiner Geschichte total abgeholt. Die Stimmung erschien mir ruhig, unaufregend, aber voller Bedeutung - das gefällt mir sehr. Die Einbindung wissenschaftlicher Erkärungen erfreut mein Forscher-Herz, doch mag an manchen Stellen etwas viel sein. Du grenzt deine Leserschaft selbst ein. Entschuldige die Unterstellung, doch da hatte ich eher den Eindruck, dass du der Leserschaft zeigen wolltest, wie gut du dich mit dem Thema auskennst. Trotzdem hast du tolle Vergleiche schaffen können, die die Story besonders machen. Wäre José mir nicht zuvor gekommen, hätte ich hiermit meine erste Empfehlung ausgesprochen.

Es wurde schon viel gesagt, doch da ich den Text toll finde, gebe ich einfach meine Meinung oben drauf. Hier ein paar Anmerkungen:

Da rechts ist doch Orion. Das Stundenglas mit den drei Kleineren in der Mitte. Gut, also die linke obere Ecke, der Hellste, der heißt Beteigeuze. Und jetzt nimm noch den da unten und den dazu und du bekommst ein gleichseitiges Dreieck, das Winterdreieck. Die untere Ecke ist Sirius und der andere, das ist Prokyon.
fand ich zu viel des Guten
Mit der einen Hand in den Himmel zeigend, auf Beteigeuze, Sirius, Prokyon, mit der anderen Hand in Saschas Manteltasche grabend, Saschas Finger umklammernd.
Ob es wohl noch derselbe Mantel war, der jetzt von Zeit zu Zeit gegen den lila Rahmen des Fahrrads schlug, während Sascha direkt auf mich zuradelte?
Sieht sie das nicht? Die anderen Details konnte sie vorher auch schon erkennen.
Unabhängig von der Flugrichtung zeigt der Schweif eines Kometen immer weg von der Sonne, aber das wusste vermutlich weder der Fahrradfahrer, noch wusste es Sascha mit der Zigarette im Mundwinkel, dem Fahrradlenker in der Hand, jetzt fast bei mir.
auch mE unnötig
Ich hatte ihre Bahnkurve mit der Präzision eines Johannes Kepler vorhergesagt, vom Horizont bis hierher, bis genau vor meine Füße, und trotzdem war ich überrascht.
ein genialer Satz
auf ihrer weißten Stirn
Eine dunkle Locke ringelte sich auf ihrer weißten Stirn wie eine Spiralgalaxie, ihr kleiner, privater Andromedanebel. Vera Rubin hatte in den sechziger Jahren entdeckt, dass manche Spiralgalaxien an den Rändern schneller rotierten, als ihnen der Virialsatz erlaubte. Wenn alles mit rechten Dingen zuginge, müssten sie auseinanderfliegen und trotzdem wurden sie irgendwie zusammengehalten. Von etwas Nicht-Leuchtendem, Nicht-Sichtbarem, von Dunkler Materie, oder wer weiß von was. Vielleicht gab es einfach keinen Satz, der beschreiben konnte, wie Galaxien zusammenhielten.
Puh, da lässt sich drüber streiten. Ich hätte den Teil nicht gebraucht.
Mit einer beiläufigen Handbewegung fegte Sascha die Galaxie von ihrer Stirn zurück ins Chaos.
Auch super. Verdeutlicht zusätzlich Saschas Art.
ungeöffnet die Dose mit dem Energy-DrinkPunkt
ihre Augen schwarze Löcher, in deren Nähe die Zeit langsamer verlief,
Okay, ich sags nochmal: Sehr guter Satz. U.a. hier hast du die Synergie von Wissenschaft/ Alltag/ Sinneseindrücken super hinbekommen.
"Lass uns in den Iran trampen!"
kam für mich überraschend und hat mE nicht zum Rest gepasst

Zu Beginn war mir unklar, ob sie sich wirklich zufällig treffen. Das könntest mit einem kleinen Hinweis verdeutlichen. Auch dass Sascha sich als Frau herausstellt, fand ich als kleinen Twist interessant. Der Wechsel anfangs ist dir gut gelungen zwischen Ich verstecke meinen Wonder Woman-Pulli und ich überlege, meinen Schuh neu zu binden, um nicht erkannt zu werden. Sascha ist für mich (zu?) unnahbar. Ich kann nicht nachvollziehen, was sie denkt und ob sie die Beziehung zwischen den beiden, diese Spannung, ebenso einschätzt. Dennoch wirklich gelungen, wie du die Charaktere entwickelst. Zwar ist Julia die Prota, doch irgendwie geht es doch um Sascha. Du stellst unaufdringlich, passiv die Unterschiede zwischen Sascha und Jonas dar, sowie Julias Sehnsucht nach ihrer Leichtigkeit, Coolness, in Verbindung mit den letzten Sätzen. Auch dass du ihre Beziehung und was genau da lief nicht wirklich aufdeckst, verschafft dem/der Leser:in Freiraum und Platz für eigene Gedanken.
Sehr realitätsnah und detailliert geschrieben, in ruhiger, durchdachter Sprache. Ich kann mir die Szenen perfekt vorstellen und kaufe es dir Eins zu Eins ab. Mich hast du voll erwischt. Weiter so!

Bis dahin und liebe Grüße,
Waldläufer

 

"Glückwunsch, Julia. Wirklich. Glückwunsch. Du hast es verdient, du warst schon immer genial."

Wie wahr, wie wahr,

da muss ja der letzte Fußgänger (und gelegentliche Radfahrer) und
zugleich Verächter der zumeist raumfressenden Autoimmobilien,
der nicht mal einen Führerschein hat und auch keinen braucht, denn unser schönes Land sollte eigentlich genug von Führern haben, dass es nicht noch ihn benötige,
vor allem aber ein Liebhaber des Wolfes und seiner Derivate – selbst wenn der Große Hund auf uns vom Himmel herabschaut in Deinem m. E. gelungenen Debut,

@Tarkus -

und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!

Da will ich nicht lange drum rum reden, da hat @josefelipe wohlgetan mit der Empfehlung – Euch beiden also herzlichen Glückwunsch! – und ja, ich freu mich, dass nun noch jemand hier an Bord den Konjunktiv irrealis beherrscht!

Aber ach, es gibt noch ein paar – durchaus überschaubare – Korrekturen am Fahrrad vorzunehmen!, wobei beim „Wonder Woman“ mir nicht klar ist, ob das ein (ins Deutsche entlehntes) Wort ist oder doch noch in seinen Genitiefen des Apostrophes bedarf (selbst wenn im Englischen der „man“ im Plural schon eindeutig zu erkennen ist).
Sollen Anglisten sich drum kümmern ...!

Leider war unten noch ein gutes Stück von Wonder Womans Stiefeln zu sehen, …
Enkel sprechen es gekonnt im englischen Sound aus - da fürchte ich, dass der Haken angesetzt werden sollte oder gar müsste ...

Die Größte war ich ohnehin nie gewesen und Jonas hatte mir den Pulli in XL geschenkt.
Dieses „gewesen“ behauptet an sich, dass das erzählende Ich nun doch zu „den Größten“, zumindest "größeren" (ich denke, auf jeden Fall vom Körperwuchs her) zu zählen ist.

Aber dann kommt an sich eine Katastrophe für die schreibende Zunft im Deutschen, die Miene mit der Mine zu velwechsern

Ein Radfahrer zog mit wichtiger Mi[e]ne vorbei und trat noch einmal besonders kräftig in die Pedale, als er …

Buchstäblich kleine Flüchtigkeiten, hier
Achselzuckend sagte ich: "Ich wollte mich nicht einmischen".
ist der Punkt einzufangen!, und hier
Eine dunkle Locke ringelte sich auf ihrer weißten Stirn wie eine Spiralgalaxie, i…
ein t zu streichen!

"Doch[...]", wiederholte sie, "ich glaube, …

Keine FRage,
gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo Tarkus,
Dein Text hat mir sehr gut gefallen. Einer der außergewöhnlichen Texte, zumal ich eigentlich "Beziehungsthemen" gar nicht so gerne lesen.

Mir haben die Metaphern und Anspielungen aus der Physik sehr gut gefallen (vielleicht mehr, als den anderen Kommentatoren). Aber ich in auch ein echter Physik- und Weltraum-Nerd. :D

Was die Fehler angeht, haben meine Vor-Schreiber ja schon das eine oder andere angemerkt. (Es gilt hier im Forum als höflich, wenn Du reagierst und Dinge änderst, oder zumindest kommentierst.)

Aus der Ferne sah Sascha noch genauso aus wie früher. Dieselbe hagere Statur, dieselbe leicht gebückte Haltung, dieselben kurzen, dunklen Locken, die im Fahrtwind in alle Richtungen abstanden.
Schöner Einstieg. Nur Fahrtwind und "alle Richtungen" schien mir widersprüchlich.

Wenn es irgendwo in der Nähe von Prokyon Aliens gäbe und diese Aliens ausgerechnet heute auf die Idee kämen, ein hinreichend starkes Teleskop auf die Erde zu richten, so würden sie mein elf Jahre jüngeres Ich sehen. Mit der einen Hand in den Himmel zeigend, auf Beteigeuze, Sirius, Prokyon, mit der anderen Hand in Saschas Manteltasche grabend, Saschas Finger umklammernd.
Das gefällt mir gut.

Gleise und Oberleitungen, gerade wie Lichtstrahlen im gravitationsfeldfreien Raum, verbanden die rote Ferne auf der einen Seite der Brücke mit der tiefblauen Ferne auf der anderen. Wo sie unter der Brücke verschwanden, warnten gelbe Schilder vor Hochspannung.
Hier bin ich gestolpert. "Lichtstrahlen im gravitationsfreien Raum" klingt gut, aber Oberleitungen und Gleise sind nicht so gerade.

Ein Radfahrer zog mit wichtiger Mine vorbei und trat noch einmal besonders kräftig in die Pedale, als er kurz darauf auch an mir vorbeifuhr. Er hatte Oberschenkel, die wahrscheinlich so dick waren wie Saschas gesamter Körper, und einen Kometenschweif aus frischem Schweißgeruch. Unabhängig von der Flugrichtung zeigt der Schweif eines Kometen immer weg von der Sonne, aber das wusste vermutlich weder der Fahrradfahrer, noch wusste es Sascha mit der Zigarette im Mundwinkel, dem Fahrradlenker in der Hand, jetzt fast bei mir.
Hier stört der "Infodump" auch meinen Lesefluss. Ich mag diese Tatsache sehr, aber hier ist es vielleicht zu viel.

Mein Schuh war nicht offen und ich überlegte, ihn zu binden, mich in letzter Sekunde mit dem Gesicht zum Brückengeländer zusammenzukauern, um nicht erkannt zu werden.
Das lässt mich mit der Protagonistin mitfühlen. Gut so.

Ich hatte ihre Bahnkurve mit der Präzision eines Johannes Kepler vorhergesagt, vom Horizont bis hierher, bis genau vor meine Füße, und trotzdem war ich überrascht.
Das gefällt mir auch. Ich würde aber Keplers Vornamen weglassen.

mein Typisch-Sascha-Geräusch
Das gefällt mir richtig gut. Hier spüre ich richtig die Beziehung der beiden Frauen und ihre gemeinsame Geschichte.

"Astroteilchenphysik. Seit zwei Monaten fertig mit der Promotion."
"Wie, dann bist du jetzt ganz offiziell Doktor Merz?"
"Für dich natürlich weiterhin Doktor Julia."
Der Dialog ist gut, auch wenn ich den Begriff "Teilchen-Astrophysik" lieber mag, als den gebräuchlicheren Astroteilchenphysik.

Achselzuckend sagte ich: "Ich wollte mich nicht einmischen".
"Komm schon, ich habe den Scheiß damals im Flur auf die Tapeten gepinselt." Sascha stellte die Dose auf dem Brückengeländer ab. "Damit war praktisch die ganze Schule eingemischt. Verdammt, war ich wütend damals. Ich dachte ... Die Sache mit Aaron ... Ach, vergiss es einfach."
Gefällt mir gut.

Eine dunkle Locke ringelte sich auf ihrer weißten Stirn wie eine Spiralgalaxie, ihr kleiner, privater Andromedanebel. Vera Rubin hatte in den sechziger Jahren entdeckt, dass manche Spiralgalaxien an den Rändern schneller rotierten, als ihnen der Virialsatz erlaubte. Wenn alles mit rechten Dingen zuginge, müssten sie auseinanderfliegen und trotzdem wurden sie irgendwie zusammengehalten. Von etwas Nicht-Leuchtendem, Nicht-Sichtbarem, von Dunkler Materie, oder wer weiß von was. Vielleicht gab es einfach keinen Satz, der beschreiben konnte, wie Galaxien zusammenhielten.
Das ist schon cool beschrieben, aber es unterbricht den Handlungsfaden sehr.

... ihr kleiner, privater Andromedanebel. Mit einer beiläufigen Handbewegung fegte Sascha die Galaxie von ihrer Stirn zurück ins Chaos. (So vielleicht. Aber ich bin nicht sicher.)
Mit einer beiläufigen Handbewegung fegte Sascha die Galaxie von ihrer Stirn zurück ins Chaos.

Sie schaute der untergehenden Sonne nach, ich suchte in entgegengesetzter Richtung vergeblich nach den ersten Sternen. Mir war, als kreiselten wir um ein gemeinsames Zentrum, und zwischen uns stand unbeweglich, ungeöffnet die Dose mit dem Energy-Drink
Das ist klasse. Unterschiedliche Blickrichtungen und die Dose als Trennung und gleichzeitig Mittelpunkt des privaten Gravitationsfeldes.

"Ich arbeite jetzt an der Tanke", antwortete Sascha. Metall knickte, der Überdruck in der Dose entwich zischend in die Erdatmosphäre. Sascha nahm einen Zug. "Die unten beim Friedhof, fast immer nachts, wenn sowieso keiner kommt. Die meiste Zeit schreibe ich an meinen Gedichten."
Das nimmt mich wieder richtig hinein in Deine Geschichte. Nur das "Erd-" würde ich streichen. Ist überflüssig.

"Doch.", wiederholte sie, "ich glaube, manchmal tut ein Plan B genau das." Die Streifen auf ihrer Krawatte hatten unregelmäßige Abstände, Spektrallinien im Spektrum der untergegangenen Sonne.
#daumenhoch

Sascha stand jetzt direkt vor mir, ihre Augen schwarze Löcher, in deren Nähe die Zeit langsamer verlief, in deren Nähe das menschliche Verständnis von Gleichzeitigkeit seinen Sinn verlor, und plötzlich war ich wieder vor zehn Jahren oder umkreiste Prokyon oder steckte meine Hand in Saschas Manteltasche.
Wow.

Saschas Fahrradlampe folgte dem Weg und mein Blick folgte Saschas Fahrradlampe, bis sie plötzlich hinter dem Gestrüpp am Wegrand verschwand.
Sie ließ die Welt im Dunkeln zurück, versteckte sich vor ihr wie die Sonne bei einer Sonnenfinsternis. Erst jetzt bemerkte ich, dass schon längst die Sterne leuchteten. Dann, nur einen kurzen Moment später, sah ich sie wieder, erkannte sie wieder, meine winzige Fahrradlampe.
Ich wünschte mir, dass ich Sascha dieses Mal nicht länger vermissen müsste als diese kurze Fahrradlampenfinsternis.
Hier scheint mir das Personalpronomen falsch.

Am Schluss könntest Du den Absatz mit den Spiralgalaxien und dem Virialsatz einsetzen, und Dich fragen, was euch eigentlich dazu bringt, so umeinander zu kreisen, ohne Euch wirklich voneinander entfernen zu können.

Aber all das sind Anmerkungen zu einem sowieso beeindruckenden Text, der mir schon jetzt sehr gut gefallen hat.

Alles Gute,
Gerald

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Tarkus

Ich mag vieles an deinem Text. Vor allem gefällt mir, wie du die beiden Figuren und die Begegnung insgesamt gestaltet hast. Das betrifft zum einen die Zurückhaltung, die du bezüglich der Vorgeschichte der beiden übst. Hierbei brennt sich das Bild der Hand ein, die in der Manteltasche Saschas Finger umklammert. Viel mehr Konkretes erfahren wir nicht, und das ist gut so. Dann gefällt mir nicht nur die Diskrepanz zwischen den beiden Figuren, sondern auch die Diskrepanz zwischen Saschas eher kühlem Verhalten und ihren übertrieben überschwänglichen Vorschlägen (Lyrikabend, Trampen durch den Iran), die ein noch vorhandenes Interesse an Freundschaft und vielleicht mehr suggerieren, aber - zumindest der zweite - derart unrealistisch sind, dass Sascha keine Gefahr läuft, wirklich aus der Komfortzone gehen zu müssen. Am Ende ist es dann - aus Saschas Perspektive - Julia, an der eine erneute Annäherung scheitert, nicht wahr? ("Du wolltest ja nicht mit mir in den Iran!") Zum anderen finde ich auch Julia überzeugend charakterisiert, da spürt man, ohne dass du es auch nur ansprichst, einen Schmerz, ein Zögern, aber eben auch Neugier und eine Verbundenheit, die in ihren genauen Beobachtungen sowohl Saschas als auch ihrer eigener Verfasstheit zum Ausdruck kommt. Sehr schön, das alles!

Auf der anderen Seite habe ich zwei grössere Schwierigkeiten mit dem Text. Die eine betrifft Julias besondere Sichtweise und der Einbezug astronomischer Perspektive und Denkweise. Das ist mir einerseits schlicht zu viel, andererseits, gravierender, ist es mir zu lose mit dem Thema des Textes verknüpft. Du hast hier eine Stelle, die ich toll finde:

Vera Rubin hatte in den sechziger Jahren entdeckt, dass manche Spiralgalaxien an den Rändern schneller rotierten, als ihnen der Virialsatz erlaubte. Wenn alles mit rechten Dingen zuginge, müssten sie auseinanderfliegen und trotzdem wurden sie irgendwie zusammengehalten. Von etwas Nicht-Leuchtendem, Nicht-Sichtbarem, von Dunkler Materie, oder wer weiß von was. Vielleicht gab es einfach keinen Satz, der beschreiben konnte, wie Galaxien zusammenhielten.
Das gefällt mir sehr gut, weil ich das, was über die Spiralgalaxien gesagt wird, auf Julia und Sascha übertragen kann. Was ist die dunkle Materie, die die beiden verbunden hat und auf eine bestimmte Art noch immer verbindet? Das finde ich ein stimmiges Bild und hier trägt die besondere Denkweise Julias zur Gestaltung des Themas wesentlich bei.
An vielen anderen Stellen hatte ich hingegen den Eindruck, das sei ein Text, der nach der Vorgabe geschrieben wurde, möglichst viele astronomische Begriffe und Metaphern und Vergleiche einzubauen. Und auch wenn viele davon durchaus gelungen und hübsch sind, hatte ich auf einmal den Eindruck, eine Fingerübung zu lesen, was ich sehr schade fand, denn das hat der Text nicht verdient. Also nicht bloss die schiere Quantität des eingeflochtenenen astronomischen Wissens hat mich irritiert, sondern vor allem auch dessen thematische Unverbundenheit.

Zweitens hatte ich einige Mühe mit den Dialogen. Die sind mir an einigen Stellen zu sehr für den Leser geschrieben, zu sehr darauf getrimmt, die Unterschiedlichkeit der beiden schnell auf den Punkt zu bringen. An einer Stelle erzählt Sascha zum Beispiel, was Julia längst weiss. Aber auch sonst sind mir die Dialoge zu staight, zu erklärend. Ich zitiere unten das eine oder andere Beispiel.

Weitere Details:

Nachthimmel geführt hatte.
Da rechts ist doch Orion. Das Stundenglas mit den drei Kleineren in der Mitte. Gut, also die linke obere Ecke, der Hellste, der heißt Beteigeuze. Und jetzt nimm noch den da unten und den dazu und du bekommst ein gleichseitiges Dreieck, das Winterdreieck. Die untere Ecke ist Sirius und der andere, das ist Prokyon.
Wenn es irgendwo in der Nähe von Prokyon Aliens gäbe und diese Aliens ausgerechnet heute auf die Idee kämen, ein hinreichend starkes Teleskop auf die Erde zu richten, so würden sie mein elf Jahre jüngeres Ich sehen. Mit der einen Hand in den Himmel zeigend, auf Beteigeuze, Sirius, Prokyon, mit der anderen Hand in Saschas Manteltasche grabend, Saschas Finger umklammernd. Ob es wohl noch derselbe Mantel war, der jetzt von Zeit zu Zeit gegen den lila Rahmen des Fahrrads schlug, während Sascha direkt auf mich zuradelte?
Hm. Ich finde das etwas unordentlich. Natürlicher wäre, wenn nach dem ersten Absatz (Nachthimmel geführt hatte) zur Szene übergeleitet würde, wie Sasha und Julia in den Himmel blicken (von mir aus mit den Aliens als Einführung) und erst danach würde geschildert, was Julia zu Sascha gesagt hat. ich würde also hier die Absätze tauschen (und die Übergänge verputzen).
zu dem ich Saschas Blick damals durch den Nachthimmel geführt hatte.
Etwas sperrig. Bei einer anderen Abfolge wäre das dann eh entbehrlich, da würde viel schneller klar, dass sie den Himmel beobachten.
Ob es wohl noch derselbe Mantel war, der jetzt von Zeit zu Zeit gegen den lila Rahmen des Fahrrads schlug,
Du hast 8x "jetzt" im Text. Vielleicht kannst du das eine oder andere streichen.
Ein Radfahrer zog mit wichtiger Mine vorbei und trat noch einmal besonders kräftig in die Pedale, als er kurz darauf auch an mir vorbeifuhr. Er hatte Oberschenkel, die wahrscheinlich so dick waren wie Saschas gesamter Körper, und einen Kometenschweif aus frischem Schweißgeruch. Unabhängig von der Flugrichtung zeigt der Schweif eines Kometen immer weg von der Sonne, aber das wusste vermutlich weder der Fahrradfahrer, noch wusste es Sascha mit der Zigarette im Mundwinkel, dem Fahrradlenker in der Hand, jetzt fast bei mir.
Der Radfahrer nimmt m.E. zu viel Raum ein, Streichkandidat.
Ich hatte ihre Bahnkurve mit der Präzision eines Johannes Kepler vorhergesagt, vom Horizont bis hierher, bis genau vor meine Füße, und trotzdem war ich überrascht.
Sehr schön!
"Ach was, ich kann mir nur halbwegs gut Dinge merken und zur richtigen Zeit nachplappern", sagte ich und steckte die Hände in die Taschen. "Null eigene Kreativität. So was wie dein Gedicht, das mit dem Mondkalb, das wäre mir nie eingefallen."
Hier ein Beispiel, wie schnell die beiden beim Thema: Ich bin so und du bist anders ankommen. Da klingeln bei mir sofort die Alarmglocken und ich denke mir: Für die Leser gesagt und nicht wirklich zum Gegenüber.
"Komm schon, ich habe den Scheiß damals im Flur auf die Tapeten gepinselt." Sascha stellte die Dose auf dem Brückengeländer ab. "Damit war praktisch die ganze Schule eingemischt. Verdammt, war ich wütend damals. Ich dachte ... Die Sache mit Aaron ... Ach, vergiss es einfach."
Das ist die Stelle, die ich oben gemeint habe.
"Vielleicht ein anderes Mal", erwiderte ich. Dienstags schaute ich mit Jonas immer einen Superheldenfilm und Jonas mochte keinen Jazz. Eigentlich hörte er am liebsten Rockballaden.
Diese Erklärung kann für mich weg. Ich würde da noch mehr Offenheit reinbringen, die Leser*innen können das gut selber füllen.
"Ich arbeite jetzt an der Tanke", antwortete Sascha.
Das z.B. kann weg
"Ein Plan B schadet nie, oder?", wiederholte ich Jonas’ Worte. Spezialisiere-dich-auf-Datenanalyse-Jonas. Das-ist-gesucht-auf-dem-Arbeitsmarkt-Jonas. Falls-es-mit-der-Karriere-in-der-Forschung-nicht-klappt-Jonas.
"Doch." Ich hörte wie Sascha sich bewegte und öffnete die Augen. Sie war ein Stück vom Geländer zurückgetreten und schaute mich an.
"Doch.", wiederholte sie, "ich glaube, manchmal tut ein Plan B genau das."
Dieser Dialog hat mir sehr gut gefallen. Der Punkt nach dem "Doch" muss weg.
"Denk einfach darüber nach, in Ordnung?" Sascha nahm die Zigarette zwischen die Finger und trank den Rest Energy-Drink, die leere Dose stellte sie zurück auf das Brückengeländer. Sie richtete das Fahrrad auf und sammelte die Tüte wieder ein. "Ich muss los, die Lesung. Melde dich einfach, wenn du dich entschieden hast."
Figuren dürfen gerne mal Füllwörter benutzen, aber vielleicht nicht zweimal dasselbe kurz hintereinander.
"Sascha!", rief ich plötzlich und folgte ihr zwei Schritte.
Das Wort "plötzlich" gehört für mich aus der Literatur verbannt. Du hast es 4x im Text und ich denke, du kannst es jedes Mal ohne Verlust streichen.

Ich habe den Text gerne gelesen und ich finde, du kannst Figuren mit sehr feinem Pinsel charakterisieren. Da ist viel Gespür. Am Rest lässt sich arbeiten.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo zusammen,

vorweg möchte ich für meine leicht verspätete Reaktion in aller Form um Entschuldigung bitten. (Wer hätte gedacht, dass mich eine kleine Impfung für zwei Tage komplett außer Gefecht setzen würde?) Tatsächlich frage ich mich beim groben Überfliegen der Kommentare und dem darin enthaltenen Lob, ob ich nicht immer noch im Fieber-Wahn gefangen bin.

Vielen, vielen Dank an alle, die sich derartig detailliert mit meinem Text befasst haben. Ich werde die Kommentare selbstverständlich noch einzeln durchgehen und beantworten.

Inzwischen sind übrigens die Tippfehler ordentlich verbessert, vielen Dank an die Entdecker. Und die Zweit-Entdecker. Und die Dritt-Entdecker. Dass der Miene-Mine-Fehler zwei Tage lang unverbessert für die ganze Welt sichtbar hier rumstand, ist mir doch etwas peinlich!

Viele Grüße
Tarkus

 

Hallo @Putrid Palace ,

schöne Geschichte, habe diesen kleinen Ausschnitt aus dem Leben von Julia gerne gelesen.
Vielen Dank, das freut mich.

was der Dicke Mann am Anfang soll, weiß ich nicht so recht.
Gute Frage, tatsächlich bin ich mir selbst nicht so ganz sicher, warum es der Fahrradfahrer eigentlich in die finale Version des Textes geschafft hat. Ich habe direkt einen Versuch gemacht, ihn auszubauen.

Außerdem werde ich am Anfang der Geschichte geradezu davon erschlagen, eh ich mitbekomme, dass es sich um einen Tick der Prota handelt,
Sehe ich ein. Ich habe auch die Stelle mit den Lichstrahlen im gravitationsfeldfreien Raum gestrichen (auch weil sie ihnaltlich nicht ganz treffend ist). Hoffentlich macht es das insgesamt zumindest etwas erträglicher.

Hier hätte ich gerne eine etwaige Vorstellung davon gehabt, was sie da nuschelt und vllt auch warum genau.
Hatte es mir so vorgestellt, dass Julia selbst nicht weiß, was sie eigentlich antworten will und deshalb nichts verständliches dabei herauskommt.

Das alles meine persönliche Meinung, hoffe, du kannst damit etwas anfangen.
Klar konnte ich damit etwas anfangen, vielen Dank für den hilfreichen Kommentar.

Viele Grüße
Tarkus


Guten Abend @Seth Gecko ,

und vielen Dank für dein kleines Rendezvous zwischen zwei interessanten Charakteren, auf der Brücke im Sonnenuntergang.
Gern geschehen!

So liest es sich einfacher. Was denkst du?
Die äußeren Anführungszeichen habe ich übernommen. Die astronomischen Eigennamen möchte ich ungern besonders kennzeichnen, weil die erzählende Prota das selbst auch nicht machen würde. Für sie sind die Begriffe vertraut und nicht besonders. Da muss der Leser einfach durch.

Auch hier, wie eigentlich bei allen Sternnamen, würde ich sie als solche markieren. Und das war dann auch eine der Stellen, die mich leider herausgerissen haben, da ich mir unter den Schatten der besagten Mondmeere (bis eben, kurz vorm Googlen) nichts vorstellen konnte.
Siehe oben.

Diese komplette Markierung würde ich streichen.
Du hast vermutlich recht. Schweren Herzens habe ich die Stelle gestrichen.

Eine Sache frage ich mich dennoch: Warum treffen sich die beiden? Oder habe ich da was überlesen?

Der Text gibt diesbezüglich keinen Hinweis. Ich habe mir in etwa vorgestellt, dass sie sich nach dem "Auseinanderleben" nur von weitem oder mit dem Fahrrad aneinander vorbeifahrend getroffen haben. Jetzt stehen sie sich durch Zufall gegenüber. Ob der Dialog in dieser Situation realistisch ist, weiß ich auch nicht genau.

Vielen Grüße und danke für deinen Kommentar!
Tarkus


Hi @josefelipe ,

Doch wenn Putrid Palace sagt: ‚schöne Geschichte‘, dann überwiegt die Neugier.
Puh, da habe ich aber Glück gehabt! Aber ja, der Titel erfordert etwas Durchaltevermögen (und das ist nicht unbedingt die beste Eigenschaft für den Titel einer Geschichte), weil erst im letzten Satz klar wird, was dieses sperrige Wort überhaupt soll. Ich hatte gehofft, dass der Aha-Effekt das wieder wettmacht.

Allerdings finde ich die wissenschaftliche Fußnote entbehrlich:
Ist inzwischen gestrichen.

Mach endlich dieses blöde ‚t‘ weg!
Abbitte! Das "t" ist weg. :)

Nach den letzten Sätzen habe ich das rare Gefühl, wieder einmal einen außergewöhnlichen Text gelesen zu haben, der alles hat, was es braucht, dass sich der Leser sinnierend zurücklehnt und das großartige Gefühl genießt, etwas Besonderes, mit viel Grips, Charme und Humor Geschriebenes direkt vom Autor*) im Logenplatz serviert zu bekommen.
Da kann ich nur sagen: ‚Hut ab!‘

So ein Kompliment hört man nicht alle Tage. Danke dafür.

Viele Grüße
Tarkus


Hey @Waldläufer ,

Entschuldige die Unterstellung, doch da hatte ich eher den Eindruck, dass du der Leserschaft zeigen wolltest, wie gut du dich mit dem Thema auskennst.
Ein bisschen hast du mich vermutlich schon ertappt. Ich hoffe es ist noch einigermaßen erträglich.

fand ich zu viel des Guten
Ich habe es ein ganz winziges bisschen gekürzt. Zu mehr kann ich mich gerade nicht durchringen. :)

Sieht sie das nicht? Die anderen Details konnte sie vorher auch schon erkennen.
Könnte auch ein anderer, sehr ähnlicher Mantel sein...

kam für mich überraschend
Sascha ist für mich (zu?) unnahbar. Ich kann nicht nachvollziehen, was sie denkt und ob sie die Beziehung zwischen den beiden, diese Spannung, ebenso einschätzt.
Ich denke, dass es Julia ganz ähnlich geht, von daher finde ich deinen Kommentar sehr passend.

und hat mE nicht zum Rest gepasst
Du hast schon recht, es ist ein gewisser Bruch, aber Sascha ist eben eine Person, die nicht so richtig in das Leben von Julia passt.

Sehr realitätsnah und detailliert geschrieben, in ruhiger, durchdachter Sprache. Ich kann mir die Szenen perfekt vorstellen und kaufe es dir Eins zu Eins ab. Mich hast du voll erwischt. Weiter so!
Vielen Dank für das Lob und fürs Lesen der Geschichte.

Viele Grüße
Tarkus

 

Hi @Tarkus ,
im Grunde genommen wurde hier ja schon alles gesagt. Mittlerweile haben sich die Stärken und Schwächen herauskristallisiert, doch ich möchte auch einen Kommentar dalassen, denn du hast die Aufmerksamkeit verdient. Du hast dir echt Mühe gegeben. Es ist wirklich vortrefflich geschrieben. Du erzeugt Bilder im Kopf, haust gut und passende Dialoge rein und achtest auf feine Details. Nur wie meine Versprecher schon sagten, wird das Ganze durch die zig Fachbegriffe dann etwas holprig. Sehr schade. Aber so was kann man ja gut ausmerzen, sodass man sich bei dir keine Sorgen machen muss, dass es dir nicht gelingen würde, erneut abzuliefern.

n meiner Hand klapperte der Inhalt der Zigarettenschachtel
schön die Sinne angesprochen. Solche Details machen es unheimlich authentisch.
"Da rechts ist doch Orion. Gut, also die linke obere Ecke, der Hellste, der heißt Beteigeuze. Und jetzt nimm noch den da unten und den dazu und du bekommst ein gleichseitiges Dreieck, das Winterdreieck. Die untere Ecke ist Sirius und der andere, das ist Prokyon."
Das ist halt sehr heftig. Besonders für Leute, die mit so was gar nichts am Hut haben.
Ich hatte ihre Bahnkurve mit der Präzision eines Johannes Kepler vorhergesagt
Sehr cooler Vergleich :)

 

Hallo @Friedrichard ,

und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!
Vielen Dank, eine kleine Weile bin ich ja schon lesend und gelegentlich kommentierend dabei, weshalb ich natürlich weiß, dass deinem Adlerauge keine Flüchtigkeit entgeht.
(Und dass deine Kommentare meist raffinierter formuliert sind, als der kommentierte Text. :) )
Die Fehler sind selbstverständlich verbessert.

Es freut mich außerordentlich, dass dir meine Geschichte gefallen hat.

Liebe Grüße
Tarkus


Hi @C. Gerald Gerdsen ,

Mir haben die Metaphern und Anspielungen aus der Physik sehr gut gefallen (vielleicht mehr, als den anderen Kommentatoren). Aber ich in auch ein echter Physik- und Weltraum-Nerd.
Das freut mich zu hören. :)

Was die Fehler angeht, haben meine Vor-Schreiber ja schon das eine oder andere angemerkt. (Es gilt hier im Forum als höflich, wenn Du reagierst und Dinge änderst, oder zumindest kommentierst.)
Klar, entschuldige nochmal, die Fehler sind inzwischen verbessert. ;)

Schöner Einstieg. Nur Fahrtwind und "alle Richtungen" schien mir
Wer nicht allzu schnell fährt und eine entsprechende Frisur hat, kann es vermutlich schon schaffen, dass die Locken eher in alle Richtungen abstehen, als dass sie nach hinten geweht werden.

aber Oberleitungen und Gleise sind nicht so gerade.
Da hast du recht und das war auch zu viel des Guten, die Stelle habe ich inzwischen aufgrund deiner Anmerkung gestrichen.

Hier stört der "Infodump" auch meinen Lesefluss. Ich mag diese Tatsache sehr, aber hier ist es vielleicht zu viel.
Der ganze Radfahrer ist inzwischen aus der Geschichte gestrichen.

Ich würde aber Keplers Vornamen weglassen.
In meinen Ohren klingt "mit der Präzision eines Kepler" seltsam. Dagegen würde ich mir "mit der Präzision von Kepler" noch gefallen lassen, klingt aber irgendwie nicht so schön. Vermutlich einfach eine Geschmacksfrage.

Das ist schon cool beschrieben, aber es unterbricht den Handlungsfaden sehr.
Ich trauere dieser Stelle gerade sehr nach.

Nur das "Erd-" würde ich streichen.
Als Wissenschaftlerin neigt die Prota zu präzisen Gedanken. :)

Am Schluss könntest Du den Absatz mit den Spiralgalaxien und dem Virialsatz einsetzen, und Dich fragen, was euch eigentlich dazu bringt, so umeinander zu kreisen, ohne Euch wirklich voneinander entfernen zu können.
Das ist in der Tat ein ziemlich guter Vorschlag, wobei ich am Ende dann gerne wieder bei der "Fahrradlampenfinsternis" ankommen würde, damit der Titel aufgeht. Ich muss mir den Text nochmal in Ruhe schief ansehen, ob ich das irgendwie hinbekomme.

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren!
Tarkus


Guten Abend @Peeperkorn ,

vielen Dank für deinen detaillierten Kommentar zu meinem Text. Die Schwierigkeiten, die du entdeckt hast, haben mich ganz schön ins Grübeln gebracht.

Im Grunde dient die astronomische Erzählperspektive dazu, zu illustrieren, dass die Ich-Erzählerin "das Universum unter der Schädeldecke trägt", wie josefelipe das so schön formuliert hat.

Damit erst soll dem Lesenden richtig klar werden, welchen Verlust die Prota dabei empfinden muss, sich bei einer Bank zu bewerben und ihren Traum von der astronomischen Forschung aufzugeben (über die Gründe könnte man spekulieren). Gleichzeitig wird damit auch die Bewunderung verdeutlicht, die sie folglich Sascha (oder Saschas Lebensentwurf) entgegenbringt, die es (scheinbar?) irgendwie schafft, ihren Traum zu leben.

Ich gebe zu: höchstwahrscheinlich ist es insgesamt deutlich zu viel, um wirklich realistisch zu sein, aber es hat einfach verdammt viel Spaß gemacht, sich das auszudenken. :)

Du hast insofern Recht, als dass der ganze Spaß natürlich gewissermaßen austauschbar ist. Julia könnte auch Botanikerin sein, dann würde sie die Locke auf Saschas Stirn eben an die Hülsen von Medicago Sativa, dem Ewigen Klee, erinnern, usw.

Ob das jetzt wirklich ein Problem ist, weiß ich auch nicht recht. Dass der Text durch diese Austauschbarkeit etwas in Richtung einer Fingerübung abgleitet, ist schon irgendwie blöd und hinterlässt ein nicht zufriedenstellendes Gefühl.

Das Bild mit den Spiralgalaxien, die scheinbar gegen die Gesetze der Physik (Virialsatz) dann doch zusammengehalten werden, ist eigentlich auch eines meiner Lieblingsbilder im Text. Inzwischen habe ich es gestrichen, weil ich mit zahlreichen Kommentierenden der Meinung bin, dass es da, wo es stand, einfach unter den ganzen anderen Astrophysikanspielungen untergegangen ist und den Lesefluss zu sehr gestört hat.

Vielleicht mache ich noch einmal eine Überarbeitung und versuche es an einer zentraleren Stelle wieder unterzubringen, so wie C. Gerald Gerdsen vorgeschlagen hat.

Hm. Ich finde das etwas unordentlich.
Stimmt, ich werde das bei Gelegenheit aufräumen. Die Aliens sind für mich übrigens Streichkandidaten, im Prinzip wird nur die Tatsache wiederholt, dass das Licht von Prokyon zur Erde etwa elf Jahre braucht.

Du hast 8x "jetzt" im Text.
Danke für den Hinweis, ich habe einige gestrichen.

Ich bin so und du bist anders ankommen. Da klingeln bei mir sofort die Alarmglocken und ich denke mir: Für die Leser gesagt und nicht wirklich zum Gegenüber.
Julia ist eine Person, die, wenn man von ihren Erfolgen spricht, ihre Schwächen aufzählt oder schnell das Thema von sich auf die andere Person wechselt.

Das macht sie hier beides. Kommt mir nicht so unplausibel vor, es gibt durchaus Menschen, die nicht gut mit Lob umgehen können.

Das ist die Stelle, die ich oben gemeint habe.
Da hast du schon eher recht, ich würde mich damit rausreden wollen, dass Sascha noch Redebedarf über die Vergangenheit hat und deshalb Tatsachen wiederholt, die Julia schon weiß.

Das Wort "plötzlich" gehört für mich aus der Literatur verbannt.
Ganz so eng würde ich es mit dem "plötzlich" generell nicht sehen, aber ich habe das ein oder andere entfernt.

Ich habe den Text gerne gelesen und ich finde, du kannst Figuren mit sehr feinem Pinsel charakterisieren. Da ist viel Gespür. Am Rest lässt sich arbeiten.
Vielen Dank und ich muss sagen, du hast mir richtig Lust gemacht, gleich mit dem Arbeiten anzufangen.

Ganz liebe Grüße
Tarkus


Hey @Pepe86 ,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar, es freut mich, dass die Fachbegriffe dich nicht so weit rausgerissen haben, dass gar keine Bilder in deinem Kopf entstanden sind.

Aber so was kann man ja gut ausmerzen, sodass man sich bei dir keine Sorgen machen muss, dass es dir nicht gelingen würde, erneut abzuliefern.
Jetzt baust du aber Druck auf. :)

Viele Grüße
Tarkus

 

Hallo @Tarkus,

ja, so ist sie besser, gestraffter. Ich mag auch die "blaue Ferne" und die "rote Ferne". Obwohl Du dir eventuell eine der doppelten Ferne sparen könntest.

... verband die rote Ferne auf der linken Seite mit der blauen auf der rechten Seite.

Auf jeden Fall immer noch ein toller Text. Auch beim vierten Lesen noch schön.

Liebe Grüße,
Gerald

PS: Ich vermisse ein bisschen die "dunkle Materie" und die nicht erklärbare Anziehungskraft als Metapher für ihre Beziehung. LG, G.

 

Guten Abend @C. Gerald Gerdsen ,

vielen Dank fürs erneute Lesen!

Obwohl Du dir eventuell eine der doppelten Ferne sparen könntest.
Inzwischen bin ich in Bezug auf Wortwiederholungen relativ entspannt. (Zumindest wenn sie nicht übertrieben häufig passieren. Erfahrungsgemäß ist das krampfhafte Vermeiden einer Wiederholung manchmal schlimmer als die Wiederholung selbst.)

Ich vermisse ein bisschen die "dunkle Materie" und die nicht erklärbare Anziehungskraft als Metapher für ihre Beziehung.
Jaaaa, ich auch, aber ich habe es auf die Schnelle nicht wieder an anderer Stelle organisch reingebastelt bekommen:crying:

Viele Grüße
Tarkus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Tarkus,

eine sehr schöne Geschichte: ein kleines Schlaglicht, was zwischen dem "Coming of Age" so an Abgrund lauern könnte ...

Ich denke, es ist bewusst so gemacht, aber es wirft einen, und damit meine ich mich^^, komplett raus:

Mit Daumen und Zeigefinger nahm Sascha die Zigarette aus dem Mund. SIE atmete aus und IHR ..."

Sascha ist für mich in erster Linie ein Männername:

Sascha ist sowohl ein männlicher als auch ein weiblicher Vorname. Im deutschsprachigen Raum wird er überwiegend für Männer verwendet. (Wiki)

Vor allem, weil es da diesen Musik-Kommerzknecht gibt, der ... ;)

Es "evoziert" (ja, ich habe studiert^^) also in der Vorstellung eben auch einen Mann, und dann muss man plötzlich umdenken ... Das kann man machen; sollte dann aber eben nicht in einem plötzlichen: "sie" statt "er" daherkommen, sondern besser inszeniert sein. (Oder ich habe nicht aufgepasst und mir ist was entgangen)

Wieder dieses Mondkratergrinsen in Saschas Gesicht, als sie sagte: "Lass uns in den Iran trampen!"
"Was?" Ich zog meine Hand zurück.
"Trampen. Du und ich. In den Iran. Hast du Bock? Von mir aus warten wir noch vier Monate, bis dein Vertrag ausgelaufen ist."
Ich machte das Typisch-Sascha-Geräusch. "Du bist doch völlig wahnsinnig!"
"Denk einfach darüber nach, in Ordnung?"

Und das finde ich - äh - "unglaubwürdig". :D Vielleicht gibt es tatsächlich ein Treffen danach, vielleicht auch nicht. Aber ich denke, meine Meinung, das man eher so was sagt wie: "Bist du morgen im Park?" Oder: "Ich geh später noch ins Sub". Als: Hey, hast du Lust - wir kennen uns ja gar nicht mehr, aber hey: Lass und wochenlang aufeinander hocken in fremden Ländern!" Nee. :)

P.S.: Der Titel ist so sperrig, dass er schon wieder gut ist. ;) Lass ihn so.

*wink*

 

Mon @Dante,

besser spät als nie, würde ich sagen, deshalb bekommst du doch noch eine Anwtort.

Zunächst einmal: vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.

Das kann man machen; sollte dann aber eben nicht in einem plötzlichen: "sie" statt "er" daherkommen,
Es soll ja sogar Protas geben, die mehrmals innerhalb einer einzigen Geschichte ihr Personalpronomen wechseln. Genügend geistige Flexibilität, um ein Mal umzudenken, erwarte ich dann schon von meinen Lesern (insbesondere den studierten Lesern^^).

Warum sollte ich da eine aufwendige Inszenierung daraus machen? Das wäre eine Verletzung der Erzählperspektive, denn für die Ich-Erzählerin ist es völlig klar und keineswegs ungewöhnlich, dass Sascha weiblich ist.

Und das finde ich - äh - "unglaubwürdig". :D
Das kann ich nachvollziehen. Als mildernden Umstand möchte ich vorbringen, dass sich die beiden früher sehr nahe standen und vielleicht in der Vergangenheit bereits Pläne für eine gemeinsame Abenteuerreise hatten. In diesem Fall würde Sascha nur eine alte Idee wieder aufgreifen. Tatsächlich gibt es darauf aber keine konkreten Hinweise (mehr) im Text.

P.S.: Der Titel ist so sperrig, dass er schon wieder gut ist. ;) Lass ihn so.
Danke! :D
(Das nächste Mal werde ich aber auf jeden Fall einen weniger kontroversen Titel wählen.)

Viele Grüße
Tarkus

 

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