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Feuer

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07.04.2004
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Feuer

Es gibt Menschen, die mitunter das starke Bedürfnis verspüren, ihre eigenen Grenzen zu entdecken und an diese zu stoßen – sie gar zu erweitern. So etwas kann in Form von körperlicher Ertüchtigung geschehen oder durch die Annahme besonderer Herausforderungen psychischer Natur.
Es gibt aber auch solche, die gern herausfinden möchten, wo die Grenzen anderer Menschen liegen, und zwar die deren Geduld oder Gutmütigkeit. Zu eben solchen zählte Hannes – abstehende Ohren, auffallend große Nase und mit Pomade zurückgekämmtes Haar. Hannes war nicht das, was man gemeinhin als kräftig bezeichnen würde. Das war auch nicht nötig, denn stets versammelte er seine Brüder und deren Freunde um sich, die ihn in Schutz nahmen, wenn er sein Spiel einmal wieder zu weit getrieben hatte.
Täglicher Treffpunkt der „Boyz“ war „Der Dorn im Auge“, eine Kleinstadtkneipe mit Billard, Dart, Flipper und einem Spielautomat. Natürlich war das Lokal schon am Nachmittag geöffnet. Wo sonst hätte die arbeitslose Dorfjugend ihre Unmengen von Zeit totschlagen sollen? Aber wie es nun einmal ist, kann selbst an Orten, die der Vertreibung der Langeweile dienen sollen, dieselbe eintreten.
So kam es Hannes sehr gelegen, als sich eines Nachmittags durch lautes Brummen von Motorrädern eine Rockerbande ankündigte, denen jeder, der sie kannte mehr als bloßen Respekt erwies – außer Hannes.
Die Männer, etwa zehn an der Zahl, traten ein, nahmen auf den Barhockern Platz und bestellten friedlich ihre Drinks. Ließ man sie in Ruhe, ließen sie einen auch in Ruhe. Eine Tatsache, mit der sich ein Gast nicht recht abfinden wollte.
Hannes saß bereits neben einem der Männer in Kutte, die auf dem Rücken das Emblem der Clique zeigte – einen Stahlhelm tragenden Schädel –, und spielte mit seinem Feuerzeug. Ständig fielen ihm die Fransen auf, mit welchen die Kutte behangen war. Sie ließen ihm keine Ruhe. Was würde wohl passieren, wenn . . .? Konnte Hannes diese Frage noch unbeantwortet lassen? Die Versuchung drängte sich geradezu auf: Der Rocker saß mit dem Rücken zu ihm gewandt und unterhielt sich mit seinem Sitznachbarn. Hannes hielt das Feuerzeug bereits seit geraumer Zeit in der Hand. Es galt im Grunde lediglich, eine einfache Bewegung mit dem Arm auszuführen, dann eine weitere mit dem Daumen, und es würde sich eine völlig neue Situation ergeben!
Jetzt war er bereit. Er erledigte sein Vorhaben. Die Fransen fingen sofort Feuer, Hannes aber wartete noch ein wenig ab, bis es sich unbemerkt weiter ausgebreitet hatte. Anschließend tippte er dem Mann auf die Schulter und sagte: „Hey – deine Jacke brennt!“ Drei kurze Worte von folgenschwerer Bedeutung.
Hannes schrie, bettelte, wimmerte, als man ihm den Kopf im Aschenbecher auszudrücken versuchte. Seltsam, diesmal kamen ihm die Brüder mit ihrer Gefolgschaft nicht zu Hilfe.
Hannes hat dafür eine seiner Grenzen kennen gelernt: die Schmerzgrenze.

 
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Hallo Jens!

Mir gefällt Deine Geschichte leider überhaupt nicht. Daß ich sie nicht satirisch finde, spielt dabei gar keine so große Rolle mehr, denn auch in Humor oder sonstwo würde sie mir nicht gefallen.

Nicht nur, daß es mir gegen den Strich geht, daß der "Trottel der Geschichte", Hannes, natürlich einer mit abstehenden Ohren und großer Nase ist. Sowas find ich nicht nur primitiv und diskriminierend, sondern es erinnert mich auch an Zeiten, in denen die Menschen ebenfalls nach Äußerlichkeiten eingeteilt wurden - die Guten hatten blaue Augen, blonde Haare, und natürlich gerade Nasen und keine abstehenden Ohren.
Und wenn es tatsächlich so sein sollte (was ich aber nicht glaube), daß Menschen mit abstehenden Ohren öfter Mist bauen als andere, dann liegt das ganz bestimmt an denen, die sie immer wegen ihrer abstehenden Ohren gehänselt haben.

Auch die Aussage, die letztlich dahinter steckt, gehört in dieselbe Ecke: Sind andere stärker und/oder in der Überzahl, dann halte gefälligst Deinen Mund und laß sie gewähren. Wenn Du aufmuckst, bist Du selbst schuld, wenn Dir dann keiner hilft. - Klar ist in dem Fall das Aufmucken ein bisschen ungeschickt, aber das liegt ja auch daran, daß Du den Protagonisten negativ darstellen wolltest. Aber meinst Du nicht, daß es vergleichbar ist mit der Aussage "Wer sich gegen die Nazis gewehrt hat, war selbst schuld, wenn ihm dann keiner geholfen hat..."?

- Vielleicht, oder sogar wahrscheinlich hattest Du ja an eine Aussage in Deiner Geschichte gar nicht wirklich gedacht, aber sie ist trotzdem da, wenn man so drüber nachdenkt. Gerade so unbedacht Gesagtes zeigt meist die in der Bevölkerung noch fest verwurzelten Reste dieses Denkens...

Denk mal drüber nach. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

keine politischen Absichten

Hallo Susi,
du hast leider völlig recht. Ich habe mir tatsächlich in dieser Richtung keine Gedanken gemacht. Hatte nicht die Absicht, Menschen mit bestimmten äußeren Merkmalen zu diskriminieren. Ich dachte eher an einen Comic-Strip in Form einer Kurzgeschichte. In Comics werden Leute wie Hannes häufig so dargestellt. Dazu gesellt sich das Bild von einem Typen mit den beschriebenen Äußerlichkeiten, den ich tatsächlich kannte, und der auch solche Scherze getrieben hat. Die Geschichte hat sich vor einigen Jahren in ähnlicher Weise abgespielt. Als sie mir einmal erzählt wurde, musste ich bei dem Satz "Hey, deine Jacke brennt" total lachen. Hannes war für mich auch nicht der Trottel, sondern der Clown oder Joker – ist für mich etwas anderes. Auf Grund dieses Moments fand ich die Geschichte schreibenswert.
Bei den Rockern handelt es sich übrigens nicht um Nazis. Ein politischer Hintergrund war nicht beabsichtigt – aber das hast du ja schon gemutmaßt.

Lieben Gruß zurück,
Jens

 

Hi Jens,

ich muss zugeben, auch mir gefällt die Geschichte nicht. Zum einen, weil ich mich beim lesen erst gefreut habe, jetzt etwas von den Boyz zu lesen, was aber dann nicht stattfand. Zum Anderen hab ich das ganz ähnlich wie Häferl empfunden, als ich dann den Schluß las.
Aber mal abgesehen von der politischen, ethischen Seite hast Du nur in Ansätzen eine Person dargestellt, die keinen Grund hat, solche eine Aktion zu machen. Warum sollte grade er die Jacke anzünden? Nur aus Langeweile? Auch die Reaktion des Angezündelten ist nicht wirklich witzig.

Schade eigentlich, denn Dein Intro war ganz gut.

Grüße!

hexy

 

Hallo, nochmals, Jens!

Bei den Rockern handelt es sich übrigens nicht um Nazis.
Das wollte ich damit auch keinesfalls sagen, gut, daß Du das anmerkst - Rocker sind natürlich keineswegs Nazis. ;)
Es ging mir nur um den Vergleich, daß man sich von Leuten, die stärker sind als man selbst, alles gefallen läßt. Wenn man sich zu wehren beginnt, ist man alleine - auch, wenn das Wehren nicht im Anzünden einer Jacke besteht, sondern vielleicht bloß in Worten. Es hilft einem dann aus Feigheit niemand. - Das wars, was mich so an jene Zeit erinnert hat, weil ja damals bekanntlich auch oft zugesehen wurde, wie die Nachbarn verschleppt oder das Geschäft des Friseurs, bei dem man immer war, mit Hakenkreuzen vollgesprüht wurde.
Aber es scheint doch irgendwie ein dem Menschen eigener Zug zu sein, denn es trifft ja nicht nur auf die jüngere Geschichte zu, sondern auch auf viele andere Epochen, wo Massen von Menschen zugesehen haben, wie einzelne von wenigen hingerichtet oder gefoltert wurden - und nicht nur in der Vergangenheit...

Aber ich will Deine Geschichte nicht weiter zu einem Politikum machen, sondern wollte nur vermeiden, daß es durch meinen Kommentar Mißverständnisse gibt. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 
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Hi Hexy,
Danke erstmal!
Natürlich bildet die Langeweile den Hintergrund der Story und rechtfertigt damit Hannes' Handeln, finde ich. Die Gewalt, die dadurch ausgelöst wird, wollte ich keineswegs verherrlichen, sondern vielmehr als skurril und sinnlos darstellen. Bei dem Witz, den ich darin sehe, habe ich entfernt an Anthony Burgess' Clockwork Orange gedacht.

Gruß,
Jens

 

Hallo, hallo alter Partner,

der Kritik meiner und deiner schreibenden Kollegen möchte ich mich nur bedingt anschliessen.
Unverstaendlich, oder doch wenigstens erklärungsbeduerftig ist zwar das Ende der Geschichte, doch gefaellt mir der gerade Aufbau, den Du ohne überflüssige und langatmige Ausfuehrungen fast preisverdaechtig kurz gestaltet hast.
Allenfalls etwas mehr Atmosphaere haette ich mir gewuenscht; doch ist dies eine Frage der persönlichen Vorliebe.
Auch mit Blick auf deine beiden anderen stories gefaellt mir das Vermoegen, zwischen kurz und lang unterscheiden zu koennen und den Leser nicht mit sinnlosen und langatmigen Ausschmueckungen zu foltern, wie es leider doch hier und dort in diesem club gelegentlich anzutreffen ist.
Ich wuerde mich freuen, beizeiten etwas Neues von Dir zu lesen....

Gruss,

- Larry Moreno -

 

Moin!

Öhm... nun gut, über Güte und Gehalt des Textes kann man sicher diskutieren, aber der auffällige und eklatante Mangel an jeglicher satirischer Qualität nötigt mich zu der Frage: Wohin möchtest Du's verschoben haben? :D

Gruß,
Horni

 

Text wurde auf Wunsch des Autoren von Satire hierher verschoben.

 
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Wer spricht denn hier von Lederfransen? Lederfransen sind nirgendwo erwähnt! Viele Rocker tragen Lederjacken, darüber Jeanskutten mit Fransen, und die brennen sehrwohl. Nun ist es so, dass ich mir die Geschichte nicht komplett neu ausgedacht habe. Die zentrale Szene mit den Fransen ist also keine Fiktion. Selbst der Protagonist sah aus wie beschrieben. Ich habe der Geschichte lediglich mein Bild gegeben - sie gemäß meiner Vorstellung verpackt, weil ich das Motiv tatsächlich komisch fand, als ich die Story gehört hatte. Dass sie nicht in die Rubrik Satire passt, habe ich doch schon längst eingesehen!
Und überhaupt: was haben meine Beschreibungen mit arisch oder nicht arisch zu tun? Der Makel liegt hier wohl in den Augen des Lesers und nicht in der Intention des Verfassers ("Wehe dem, der Böses dabei denkt"). Aber bitte schön, dein Polarisierungsversuch deutet darauf hin, dass du dich auf eine ähnliche Ebene begibst wie das, was du verurteilst. Schon mal darüber nachgedacht, dass mein Proti überdurchschnittlichen Mut an den Tag legt und eher als Held aus der Geschichte herausgeht, weil er derjenige ist, der nicht wie der Durchschnitt vor den Rockern kriecht? In diesem Zusammenhang auch meine letzte Frage: Wie kommst du darauf, ich würde Segelohren und einer großen Nase negative Attribute zuordnen?
Danke für die messerscharfe Beobachtung!
Jens

 

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