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Flucht
Ein eisiger Wind wehte, als kühler Vorbote des Winters. Meine Hände und Füße waren taub, doch auf solche Kleinigkeiten durfte ich jetzt nicht achten.
Ich musste rennen, rennen und mir dann auch noch ein gutes Versteck suchen, wo sie mich nicht kriegen konnten. Ich drehte mich um, sah aber keinen Verfolger. „Diese Feiglinge“, dachte ich, “wollen sich nicht mal offen zeigen.“
Oh es machte mich so sauer. So sauer, dass ich es war, die hier flüchten musste. Ich fühlte nach dem Stein in meiner Jackentasche. Dem Stein, den ich gestohlen hatte. Aber nicht für mich, für meine so genannten Auftragsgeber. „Pah“, grimmig lachte ich auf. Es war so ungerecht. Ich war mir sicher, dass sie den Stein auch ohne mich hätten stehlen können. Wenn ich das schon schaffte... schließlich waren es Zauberer! Aber nein. Sie mussten natürlich mich anheuern.
( Schnell bog ich in ein kleines Seitensträschen, weil eine Kugel nur knapp mein Ohr verfehlte)
Und ich dumme Kuh hatte auch noch angenommen. Naja, kein Wunder bei den Unsummen von Geld, dass sie mir geboten hatten. Aber ich hätte niemals angenommen, wenn ich gewusst hätte, dass es bei dem Versuch zu entkommen um Leben und Tod ging.
(Wieder bog ich ab. Kanonenkugeln flogen mir um den Kopf. Es war ein Wunder, dass mich noch keine getroffen hatte. Und ich machte mir nichts vor- ich musste schon eine Überdosis an Glück haben um unverletzt an der Villa meines lieben Herrn Auftraggebers anzukommen. Ich hatte erst weniger als die Hälfte der Strecke hinter mir)
Dieser verfluchte Stein, am liebsten hätte ich ihn geradewegs neben mir in die Themse geworfen. Aber das war unmöglich. Dann hätte ich gleich Ärger von zwei Seiten und das würde wohl, milde ausgedrückt, nicht gerade spaßig werden.
„Diese dummen Leute“, dachte ich zornig, als mir wieder einmal ein fröhlich pfeifendes Kind entgegen kam, ohne auch nur irgendetwas von der Hetzjagd mitzubekommen.
Aber eigentlich wusste ich, dass das an meinen Verfolgern, den Dämonenfieslingen lag.
Mit ihren Zaubereien hatten sie wohl irgendwie alles verhext- um mich in ruhe zur Strecke zu bringen.
So langsam dämmerte mir erst richtig, wo ich da reingeschlittert war. Diese Sache ging eigentlich nur dieses Lumpenpack von Zauberern etwas an. Und natürlich diese scheußlichen Dämonen. Aber nun musste ich mich mit ihnen rumschlagen. Ich, das fünfzehnjährige Straßenkind, ohne Zukunft, ohne Zuhause und vor allem ohne Chance. Ich war ja nur eine „gewöhnliche“ ,ohne jegliche Zauberkräfte. Wie um alles in der Welt hätte ich mich also richtig wehren können?
Oh, es war ja so gemein. Dass ich bis jetzt überhaupt entkommen war- wie schon gesagt Glück, pures Glück. Und wie ich meine Glücksfee so kannte, würde die auch bald Kaffeepause machen.
(Wenn ich jetzt so zurückdenke wundert es mich, dass ich fast den ganzen Weg lang keine Angst hatte. Ich war nur immerzu zornig, auf alles und jeden)
Jetzt wäre es Zeit für das letzte Stoßgebet gewesen, aber das war nicht so mein Ding. Vielmehr hielt ich jetzt gezielt Ausschau nach einem guten Versteck, wo sie mich nicht kriegen konnten. Dabei wusste ich nicht einmal, ob es solch ein Versteck überhaupt gab.
Aber wie sagt man so schön- die Hoffnung stirbt zuletzt.
(Wieder bog ich in eine andere Straße. Mein Dämonenverfolger schienen nun ernsthaft wütend zu werden, weil sie es immer noch nicht geschafft hatten, den Zauberstein zu bekommen, der ja noch in meiner Jackentasche ruhte. Jedenfalls schienen sie jetzt andere Seiten aufzuziehen. Sie schossen jetzt mit ziemlich heißen Sachen- im wahrsten Sinne des Wortes. Wie diese Dinger genau hießen... keine Ahnung! Wie gesagt, ich kannte mich mit solchen Sachen nicht aus).
Ich kam an ein paar Mülltonnen vorbei. Genau das richtige Versteck- wenn man vor ein paar Sclägertypen flieht (ich muss es schließlich wissen, ich kenne mich da aus). Aber vor Dämonen kann man sich dort wirklich nicht verstecken.
ich ging noch einmal den Plan durch: Zuerst Stein stehlen, zweitens fliehen, drittens Versteck suchen oder heil an der Villa meines Autraggebers ankommen.
Punkt eins und zwei lagen ja schon hinter mir, obwohl mir immer noch nicht so ganz einleuchtete, wie mir das gelingen konnte. Leider wusste ich noch nicht so ganz, ob ich mir lieber ein Versteck suchen oder lieber versuchen sollte, es bis zur Villa zu schaffen. Mir schien beides absolut unmöglich. Ich entschied mich aber nach reiflicher Überlegung für letzteres, da ich einfach kein gutes Versteck fand- schließlich konnte ich mich schlecht in die Themse werfen. Außerdem war es gar nicht mehr so weit.
(Ich bog noch gerade rechtzeitig ab, als mich ein grüner Giftpfeil um Haaresbreite verfehlte. Hinter mir hörte ich es wütend zischen und fauchen. Meine Verfolger kamen immer näher und mir ging so langsam die Puste aus...)
Meine Seite stach fürchterlich und ich hapste und keuchte. Viel länger konnte ich das nicht mehr aushalten. Ich brachte nicht einmal mehr die Kraft auf, meine Auftragsgeber innerlich anzufluchen. Ich hoffte nur noch sehnlichst, dass sie mir ein Stückchen entgegen kamen- von mir aus auch auf einem Besen...
(Ich erschrack, als ein schwarzer Pfeil zum Glück nicht ganz so knapp an mir vorbei sauste. So viel ich wusste und ich wusste nicht sehr viel, war der Tod bei ihnen besonders qualvoll.)
Mein Herz machte einen Hüpfer, als ich ein weiterse mal abbog und am anderen Ende der Straße die prachtvolle Villa sah- mein Ziel. Ich hatte es fast geschafft. Noch einmal holte ich alles aus mir heraus. Die Villa war umgeben von einem magischen Schutzschild, dass zwar ich, jedoch nicht die Dämonen durchdringen konnten. Ich musste es also nur bis über den Gartenzaun schaffen und war in Sicherheit.
Ich prustete, röchelte und rannte um mein Leben. Ein ganzer Pfeilregen prasselte nun auf mich nieder, aber kein einzigster traf mich.
Ich war jetzt kurz vor dem Gartenzaun und setzte zum rettenden Sprung an. Ich hatte es geschafft, tatsächlich geschafft!!
Doch noch in der Luft bohrten sich zwei schwarze Pfeile durch mein Herz.