Frühling in Wien
Es hämmerte an die Haustür. Die Spannung hielt Anna in Schach. " Das überleb ich nicht", dachte sie.
Es war Frühling, 1945 in Wien.
Anna war alleine in der Empfangshalle der elterlichen Villa im vornehmen 9. Wiener Bezirk. Die Hausangestellten waren vor mehreren Tagen geflohen, nur ihre kranke Mutter befand sich noch im Haus.
"Wumm, bumm, bumm", krachte es wieder gegen die massive, hölzerne Tür.
Anna wurde es schwindelig, sie wußte wer vor der Tür stand, das schillerne Licht des Kronleuchters blendete sie, alles verschwamm vor ihren Augen.
Sie mußte den Russen aufmachen. Sie nahm all ihre Kraft zusammen und öffnete die Tür, ihr wurde wieder schwartz vor Augen, das letzte was sie wahrnahm war ein hühnenhafter Russe, der auf sie herabsah. Sie fühlte seine harte , breite Brust, als sie in sich zusammensackte und gegen ihn fiel.
Führerbunker unter der Reichskanzlei, Berlin, Frühling
Adolf Hitler erschoss erst Eva Braun, dann sich selbst.
Der Diktator war tot. Die Russen eroberten die Stadt.
Anna wachte auf, es war, als wäre Nebel überall um sie herum. Der Nebel lichtete sich. Der russische Riese saß neben ihrem Bett, guckte sie neugierig an. "Ich bin Igor", sagte er mit starkem, russischem Akzent", ich finde dich wunderschön".
Igor führte Anna ins Kaminzimmer. Die großen Flügeltüren führten in den Park hinaus. "Ich bin die Tochtter von SS Ortsgruppenleiter von Fritzleben und flirte hier mit einem Russen. Wo endet das alles noch?", dachte sie und folgte Igor zur Sitzgruppe am Kamin.
Herta von Fritzleben nahm behutsam den kleinen, schwartzen Revolver aus der Kommode. "Dem Russen zeig ichs, der wird mich kennenlernen", dachte sie kämpferisch. Sie schlich die mit Teppich ausgelegte Freitreppe der Empfangshalle herab und näherte sich mit vorgehaltener Waffe dem Kaminzimmer, aus dem sie eine tiefe, russische Stimme hörte.
Da sie halbblind war, feuerte sie auf die schemenhafte Gestalt neben dem Kamin.
Anna schrie gellend auf. Ihre Mutter schoss auf sie, sie war von mehreren Kugeln getroffen. Sterbend sank sie auf dem Perserteppich in sich zusammen.
Herta von Fritzleben erkannte , dass sie ihre Tochter getötet hatte und schoss sich selbst in den Kopf, ihr Leben bedeutete ihr nichts mehr.
Igor , der sich in Anna verliebt hatte, hielt das tote Mädchen in den Armen.
Nach Stunden, es war schon dunkel geworden, hielt er Anna noch immer fest und weinte vor Schmertz. Das Feuer des Kamins war erloschen, nur der Mond erhellte mit seinem fahlen Licht das Zimmer.