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Copywrite Frühschicht

Seniors
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14.08.2012
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Frühschicht

Ich wusste schon lange, dass mein Leben weniger großartig verlief, als ich es mir erträumt hatte, doch als mich Emma rauswarf, verging mir das Lachen endgültig.
Ich sei impotent, meinte sie, jeder kleine Junge ficke besser als ich, und überhaupt sei ich der allerletzte Versager, ob ich da in letzter Zeit mal drüber nachgedacht habe, und ob ich glaubte, sie würde ihre besten Jahre mit einem Langeweiler verplempern wollen, sie sei schließlich keine zwanzig mehr, und wie lange sie sich dieses Trauerspiel noch antun solle und so weiter. Als wäre es meine Schuld, dass ich mein Gerät bei ihr nicht mehr hochkriegte. Wer hätte mit der Kuh auch schlafen wollen?
Es war weit nach Mitternacht, ich stand mit zwei Pappkartons und einem Koffer auf der Straße und ein eisiger Wind pfiff mir um die Ohren. Unter uns gesagt, ich hatte keine Ahnung, wo ich hin sollte. Kurz überlegte ich, bei Theo anzuläuten. Oder bei Matze. Aber allein die Vorstellung, was ich mir von den Witzbolden vermutlich anhören könnte, ließ mich mit den Zähnen knirschen. Auch nach einem Puffbesuch stand mir nicht der Sinn.
Kurzerhand beschloss ich, mich mit dem Wagen vors Werkstor zu stellen. Dort könnte ich in aller Ruhe Radio hören und ein bisschen nachdenken, dazu ein paar Kippen rauchen und darauf warten, dass meine Schicht anfing. Und um sechs dann in die Halle reinmarschieren, mit einem fröhlichen Liedchen auf den Lippen, und so tun, als wäre alles bestens, als wäre alles in Ordnung.
Als wäre auch nur irgendwas in Ordnung in meinem Leben. Dass mich mein kaputter Rücken bei der elendigen Schufterei halb umbrachte, darüber dachte ich schon gar nicht mehr nach. Ich solle mir bloß nicht einbilden, er bezahle mich fürs Herumstehen, hatte ich mir erst kürzlich vom Hormayer anhören müssen. Er ertappte mich im Waschraum, wo ich mit durchgedrücktem Kreuz Fratzen schnitt und nicht wusste, wie ich den nächsten Schritt bewerkstelligen sollte. Typen wie ich stünden Schlange vor seinem Büro, da solle ich mich nur ja keinen falschen Vorstellungen hingeben, um an der Metora zu arbeiten, brauche man bei Gott kein Genie zu sein, er hoffe, dass mir das klar sei. Und so weiter.
Keine Ahnung, wie lange ich diesen Job noch auf der Habenseite verbuchen konnte. Jetzt, da ich nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf hatte, stand es um meine Lebensbilanz wahrlich nicht zum Besten. Ich war noch keine sechzig und pfiff aus dem letzten Loch. So sah es in Wahrheit aus.
Und dann begann es auch noch zu regnen. Genaugenommen waren es winzige Eiskristalle, die mir der Wind waagrecht ins Gesicht peitschte. Eine Sache, die ich noch nie hatte ausstehen können, dieses elende Dreckswetter, diesen elenden Winter. Ich war eher der Schönwettertyp, weiß der Himmel, was ich in dieser Ecke der Welt verloren hatte. Sinnlos, darüber nachzudenken.
Ich sperrte den Wagen auf und warf meinen Krempel in den Kofferraum. Die zwei Dosen Bier, die erfreulicherweise da drin rumkugelten, holte ich raus und setzte mich hinters Steuer. Ich riss eine Dose auf, schaltete das Radio ein und steckte mir eine an. Kurzum, ich tat so, als wüsste ich, was ich tat, als hätte ich einen Plan. Der Plan sah als Nächstes vor, einen Sender zu finden, der die Nacht zumindest ein bisschen erträglicher gestaltete. Im besten Fall spielten sie ein paar alte Schnulzen von Frank Sinatra oder Billie Holiday, so was in der Art schwebte mir vor. Stattdessen geriet ich an eine Sendung, wo Hörer anrufen konnten. Einsame, Verlassene, Schlaflose, Verlierer, Verrückte. Leute, die derart bescheuert waren, dass sie einem Wildfremden den allerletzten Mist erzählten und dabei nicht kapierten, dass sie vom Moderator, einem arroganten Klugscheißer der Extraklasse, schlicht verarscht wurden. Eben als ich aus der Parklücke fuhr, erzählte einer, dass er gerade mit zwei Blondinen im Bett liege und die eine nach Strich und Faden in den Arsch pemperte, während die andere seinen Mordsständer im Mund habe, das ganze Ding, die gesamten fünfundzwanzig Zentimeter, ungelogen, und so weiter. Woraufhin der Moderator, ein Schlaumeier wie gesagt, nicht umhin konnte, ihn zu fragen, wie er sich das vorzustellen habe, was jetzt genau im Arsch der einen und was im Mund der anderen steckte, er besäße ja wohl kaum zwei, oder wie? Was den Typen gehörig aus dem Konzept brachte. „Fick dich selber, Arschloch“, nuschelte der Spinner noch und legte auf. Ich grinste vor mich hin – was konnte meiner Stimmung zuträglicher sein, als zu hören, dass es noch weit Beklopptere als mich gab? Ich fuhr also zur Fabrik, parkte neben Matzes Sattelschlepper und trank das zweite Bier. Da war es halb zwei.
Als ich aufwachte, war es kurz vor vier und mein Rücken endgültig im Eimer. Ich fror erbärmlich, aber ich wagte nicht, mich zu bewegen, ein glühender Schürhaken steckte mir im Kreuz, mir war schleierhaft, wie ich aus dem Wagen rauskommen sollte. Ächzend, fluchend langte ich zum Handschuhfach, in der Hoffnung, dort drin noch ein paar Megacetamol® zu finden, oder zumindest ein Aspirin, irgendwas. Im besten Fall einen Revolver.
Was ich fand, war die Flasche mit dem doppelt Gebrannten vom Höllererbauer, meine eiserne Reserve. Ein erster Lichtblick! Und dann entdeckte ich noch diese Zellophanhülle mit dem Bindfaden drum herum und ein paar minzgrünen Tabletten drin. Die hatte ich doch tatsächlich vergessen. Matze hatte mir die irgendwann geschenkt, keine Ahnung, was für Zeug das war, er jedenfalls schwor darauf. Ich schluckte ein paar von den Dingern und spülte mit dem Obstler tüchtig nach.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass die Windschutzscheibe zugeschneit war. Draußen herrschte tiefster Winter und im Wagen hatte es keine fünf Grad. Grund genug, mich zusammenzureißen und einen Besuch in der Kantine ins Auge zu fassen. Noch lebte ich. Immerhin. Und ein höllisch starker Espresso würde die Sache nicht verschlimmern, redete ich mir ein. Ich steckte noch zwei von den Pillen in den Mund, als Wegzehrung gewissermaßen für den Fußmarsch durch die Arktis, doch eben, als ich die Flasche ansetzte, ertönte ein Klopfen neben meinem linken Ohr. Beinahe verschluckte ich mich. Ich kurbelte das Fenster runter und blickte geradewegs in eine feixende Visage, in eine Visage mit einem dieser idiotischen Hipsterbärte.
„Andi? Bist du das wirklich? Pennst du da drin? Echt?“
Jürgen, mein neuer Partner an der Metora! Die Nervensäge hatte mir gerade noch gefehlt.
„Ist es jetzt so weit, hat dich deine Alte endgültig rausgeschmissen? Ich lach mich kaputt.“
„Ja, lach dich ruhig kaputt, du Komiker. Mal sehen, ob du in dreißig Jahren auch noch lachst.“
Er ging um den Wagen und öffnete die Beifahrertür. Der Wind fegte eine halbe Tonne Schnee herein und riss mir die Zigarette von den Lippen, ich sah zu, schleunigst mein Fenster hochzukriegen. Jürgen ließ sich in den Sitz fallen.
„Mach zu, du Idiot!"
Er schloss die Tür und schaute mich treuherzig an. „Toll, dass es endlich schneit, was?“
Der Typ war wirklich irre, ich fasste es nicht.
„Was treibst du hier überhaupt?", fragte ich ihn. Nicht, dass es mich interessiert hätte. „Spazierengehen? Falschparker aufschreiben?"
„Will mir die Stanze anschauen. Die hat gestern Macken gemacht, so komische Geräusche.“
„Um vier? Zwei Stunden vor Schichtbeginn? Soll das ein Witz sein?“
Das war wieder typisch für diesen Scheißkerl. Nicht genug damit, dass sie mir einen Grünschnabel vor die Nase setzten – einen Praktikanten, das musste man sich mal vorstellen – nein, der Heini glaubte auch noch, in seiner Freizeit an unserer Maschine herumdoktern zu müssen.
„Der Hormayer weiß Bescheid. Der findet das cool, dass ich mich drum kümmern will.“
„So so. Der findet das also cool.“
„Mann, ich mach’s halt, weil ich’s kann. Und ist ja zum Wohle der Firma.“
Ich setzte die Flasche an und trank, bis es mir die Tränen aus den Augen trieb. Jürgen bot ich die Flasche nicht an. Stattdessen nahm ich noch eine von Matzes Tabletten.
Zum Wohle der Firma? Sag mal, hörst du dir eigentlich zu? … Schon mal was von Arbeitszeitregelung gehört, Arschloch?“
„Was?“
„Solidarität, Zusammenhalt unter Arbeitern, Proletarier aller Länder und so weiter. Alles Larifari für dich?“
„Na ja, ich denke halt an meine Zukunft.“
Er dachte also an seine Zukunft. Sehr vernünftig, rechtbesehen, ein wahrlich schlaues Kerlchen. Ich hätte kotzen können. Genau solchen Strebern war es zu verdanken, dass die Stückzahlvorgaben alle paar Wochen hochgeschraubt wurden. Oder dass von einem Tag zum anderen drei Männer die Arbeit von vorher vier schaffen mussten. Erst vor drei Monaten hatten sie Theo nach Hause geschickt, Walter wenige Wochen später. Was einen wie Jürgen nicht weiter juckte, weil er nach seinem Praktikum in der Fertigung in null komma nix eine Etage höher sitzen würde. Um dort dann mit sauberen Händen und einem Leuchten in den Augen den Bossen an den Lippen zu hängen, wenn sie das Hohelied von Rentabilität und Rationalisierung und Automatisierung und Gewinnoptimierung anstimmten. Amen. Während Leute wie ich sich nächtens im Bett dabei ertappten, an den Fingernägeln zu kauen oder sich in die Faust zu beißen, um nicht zu schreien. Während die Heerschar der Verlierer, der Schlaflosen, der Verrückten immer größer wurde. Ich nahm noch einen Schluck.
„Hast du den Theo noch gekannt?“
„Theo? ... Nö, nicht dass ich wüsste.“
„Den Walter?“
„Weiß nicht. Glaub nicht.“
„Schon mal in der Nacht hochgeschreckt, weil du so laut mit den Zähnen geklappert hast?“
„Was?“
„Vergiss es.“ Ich wusste nichts mehr zu sagen. Jürgen offenbar auch nicht.
„Na ja, ich muss dann langsam los. Die Pflicht ruft.“
„Ich wünsch dir eine großartige Zukunft, Arschloch.“
„Mensch, Andi, du kannst mich wirklich nicht leiden, was?“
Erwartete er sich eine Antwort? Ich blickte ihn nicht einmal an, sondern widmete mich wieder der Flasche. Doch eben, als ich sie zum Mund heben wollte, fuhr mir ein Schmerz durch die Lendenwirbel, quer hindurch, ein greller Blitzstrahl. Schlimmer als je zuvor. Mir blieb die Luft weg. Das war’s, dachte ich, Spielabbruch, Ende. Der Schmerz brachte mich fast um und der verfluchte grüne Schnee auf der Scheibe machte die Sache nicht besser. Wie erstickt fühlte ich mich, wie unter Wasser, alles wirkte schemenhaft, alles schien sich zu drehen. Mir war kotzübel, der Scheißwagen, die ganze Scheißwelt drehte sich, mir fehlte völlig der Durchblick. Ich schaltete die Scheibenwischer ein. Mühsam kratzten sie den Schnee vom Glas.
„Alles in Ordnung mit dir?“ Das sagte er nicht, das säuselte er. Dieser Speichellecker.
„Verzieh dich.“
„Bist du dir sicher?“
„Meine Schicht beginnt um sechs!“, brüllte ich.
„Na ja, du musst es wissen.“ Jürgen öffnete die Tür. Ich leerte die Flasche und schleuderte sie an Jürgen vorbei auf den Parkplatz. Sanft landete sie im Schnee, mit einem leisen Pfft, nicht lauter als das Seufzen einer Spitzmaus. Auch das noch. Ich hätte sie ihm an den Schädel schmettern müssen, ich Idiot. Meine Hände verkrampften sich ums Lenkrad. Mir tropfte eiskalter Schweiß von der Stirn.
„Bis dann, Andi.“ Er schickte sich an, auszusteigen. Ich stand im Begriff, das Lenkrad auszureißen.
„Eine Kleinigkeit noch, Jürgen …“, mir kam’s hoch, ich würgte an saurem Schleim, ich schluckte ihn runter, „im Kofferraum … da hab ich eine Decke … kannst mir die noch holen?“
Jürgen grinste mich an und nickte. „Klar, Andi, mach ich. Bist ja mein Kollege, oder?“ Er stieg aus. Sein gönnerhaftes Grinsen hatte mir endgültig den Rest gegeben. Und dieser lächerliche Bart! Ich beugte mich vor und übergab mich in den Fußraum.
Als Jürgen den Kofferraumdeckel wieder zuwarf, hatte ich längst den Motor gestartet und den Retourgang drin. Ein beherzter Tritt aufs Gaspedal und schon sah ich Jürgen im rötlichen Schein der Rücklichter mit den Armen rudern und rücklings zu Boden gehen. Der Wagen machte einen Rumpler und dann noch einen und dann tauchte Jürgen wieder auf, festlich angestrahlt von den Frontscheinwerfern. Ein zuckendes Bündel im Schnee. Dieser Scheißkerl. Konnte genauso gut ein Reh sein. Oder eine Wildsau. Ich setzte weiter zurück, gute fünfzehn Meter, haute den Ersten rein und drückte auf die Hupe. Und mit vollem Karacho drüber. Das machte ich zwei-, dreimal, vor und zurück, ich war wie von Sinnen, ich fühlte mich großartig. Irgendwann ließ ich es gut sein und kurvte vom Parkplatz raus auf die Landstraße, Richtung Autobahn.
Unter uns gesagt, ich hatte keine Ahnung, wo ich hin wollte. Auf jeden Fall würde ich mich für ein paar Tage krankmelden, so viel stand fest.
Sofern ich nicht vorher gegen einen Brückenpfeiler raste. Oder in den Stausee.

 
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Ich finde die Geschichte wirklich sehr gelungen …
Über dieses Urteil habe ich mich natürlich sehr gefreut, sevas.
Das hingegen ...
… und auch glaubhaft.
... hat mich ehrlich überrascht. Ich ging nämlich davon aus, dass die Geschichte als das gelesen wird, als was sie mir selber erscheint, nämlich als Groteske.
Was du hier zum Beispiel …
Puh … Damit hatte ich echt nicht gerechnet Die nüchterne Art und Weise, wie du den Mord schilderst, ist mir echt unter die Haut gefahren. Krass. Jetzt ist der Weg des Protas endgültig vorbei. Das Spiel mit den Lichtern finde ich extrem gut, hebt die Kaltblütigkeit irgendwie noch besser hervor.
… als kaltblütigen Mord bezeichnest, stellte ich mir eher vor als so eine Art „fahrlässige Körperverletzung unter Drogeneinfluss.“ :Pfeif:

Oder, um anders anzufangen:
Die Story entstand wieder einmal unter furchtbarem Zeitdruck. (Keine Ahnung, warum ich mir das Copywrite immer und immer wieder antue.) Tatsächlich hatte ich am Tag nach(!) der Deadline gerademal einen guten Anfang und ein paar hingeworfene Sätze für einen eventuellen Schluss. Also hab ich mir gedacht, ach was, scheiß auf nachvollziehbare, zeitraubende Figurenentwicklung, auf Folgerichtigkeit der Handlung, auf Plausibilität usw., habe quasi mein Hirn ausgeschaltet und einfach losgeschrieben. Bis tief in Nacht hinein. Um mich dann am nächsten Tag um die allerärgsten Logikfehler zu kümmern. (Zum Beispiel sah Andi am Ende durch die Windschutzscheibe auf sein Opfer, durch diejenige Windschutzscheibe, die ich ein paar Sätze weiter oben als fest zugeschneit beschrieben habe, usw.) Und auch diese dubiosen grünen Tabletten baute ich erst im allerletzten Moment ein, weil selbst mir klar war, dass ich zumindest eine ungefähre Begründung für Andis völliges Durchdrehen liefern müsste. Was natürlich wieder einen Rattenschwanz von zusätzlichen Anpassungen nach sich zog. Kurzum, sehr, sehr mühsam. Zeit, das Ding dann noch gut abhängen und reifen zu lassen, hatte ich dann natürlich nicht mehr, und so war ich sehr froh, dass sich beinahe zwei Tage niemand um das Machwerk zu kümmern schien. Das verschaffte mir immerhin die Möglichkeit, noch jede Menge Änderungen*) vorzunehmen (die jetzige Fassung ist um fast 150 Wörter länger als meine Originaldatei), und allfälligen Kritikern, so sagte ich mir, könnte ich dann entgegnen: „Wieso, das steht doch gar nicht drin.“ :D


*)Das zum Beispiel war so eine Stelle:

"nicht lustig" finde ich hier etwas gar zahm und nicht ganz passend. Der Prota würde hier doch bestimmt einen anderen Ausdruck finden. Muss nicht unbedingt der Ponyhof oder das Zuckerschlecken sein, vielleicht reicht schon "… in Wahrheit kein Spaß ist". Aber "lustig" kam mir hier irgendwie falsch vor, kann aber auch nicht sagen, warum genau.
Ich hab echt keine Ahnung mehr, wie viele verschiedene Varianten ich da ausprobierte, also fünfzehn sicher – und nein, Ponyhof war nicht dabei – und irgendwann hab ich dann halt die simpelste verwendet. Mit der war ich dann aber auch nicht zufrieden und hab sie wieder rausgeschmissen und dann gleich den ganzen Satz verändert. Da war allerdings dein Kommentar offenbar schon geschrieben.
Jetzt lautet die Stelle so: „Ja, lach dich ruhig kaputt, du Komiker. Mal sehen, ob du in dreißig Jahren auch noch lachst.

Die derben Stellen im Text finde ich äußerst gelungen. Wobei ich nicht sicher bin, ob sowas tatsächlich über den Äther gejagt werden würde (werden Sendungen mit Höreranrufen heute überhaupt noch live ausgestrahlt?)
Also bei uns schon. Und zwar auf FM4, einem der ganz wenigen österreichischen Radiosender, die man noch hören kann, ohne sich andauernd die Haare raufen zu müssen. Die Sendung heißt Bonustrack und läuft jeden Mittwoch um Mitternacht. (Übrigens auch in der Nacht, als ich den Text schrieb. :Pfeif:)
Ist aber auch egal, die Vorstellung allein ist köstlich. Unsicher bin ich mir, ob es "pimperte" statt "pemperte" heißen sollte.
Im Duden wirst du „pempern“ tatsächlich vergeblich suchen und selbst die Word-Rechtschreibprüfung schlägt stattdessen „pimpern“ vor. Allerdings kannst du den Begriff im Österreichischen Wörterbuch finden. Irgendwo zwischen Mulatschag" und „pudern". Und ja, ich bin Wiener. Was auch den Begriff „herumkugeln" (im Sinne von herumliegen) erklären sollte. :D


Tja, sevas, ich finde es wirklich schön, dass dir der Text so gefallen hat, und natürlich auch, dass du mir deine Leseeindrücke so umfänglich vermittelt hast. Und dass du ihn ernster nehmen konntest als ich selber, ist natürlich ein feines Kompliment, vielen Dank dafür.

offshore

Ach ja, willkommen hier bei uns. :)

 

Hallo @ernst offshore ,

ich gehöre zu denen, die gespannt auf deinen Text gewartet haben. Und dann war ich nach dem Lesen ratlos. Meine Frage war die:
Was um Himmels Willen ist so faszinierend an einem kaputten und unsympathischen Kerl, dass du dich ihm widmest?
Ich habe jetzt angefangen, die Kommentare zu lesen und deine Antworten. Ich glaube, da kriege ich Antworten. Morgen geht es weiter. Heute habe ich mich genug im Forum getummelt .
Also erstmal gute Nacht!

wieselmaus

 
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ich gehöre zu denen, die gespannt auf deinen Text gewartet haben. Und dann war ich nach dem Lesen ratlos. Meine Frage war die:
Was um Himmels Willen ist so faszinierend an einem kaputten und unsympathischen Kerl, dass du dich ihm widmest?
Ich will dir deine Frage noch schnell beantworten, liebe wieselmaus, weil ich in den nächsten Tagen wahrscheinlich nicht viel Zeit haben werde.

Ich vermute, du kennst einige meiner Geschichten. Und sollte dem so sein, müsstest du wohl zugeben, dass (außer in „Pflichterfüllung“, wo die Hauptfigur zugegebenermaßen ein ausgemachter Dreckskerl ist) alle meine Protagonisten seelenvolle, großherzige, ungemein sympathische Charaktere sind. (So zumindest die Meinung der allermeisten Kommentare.) Was also liegt näher, als sich einmal an was ganz anderem zu versuchen? Die Arten, wie Menschen durchs Leben gehen, die Arten, wie Menschen die Welt erleben und erfahren, die Arten, wie Menschen auf die Welt und andere Menschen reagieren usw. sind derart vielfältig und zahllos, dass es doch langweilig wäre, sich immer und immer wieder in ein und derselben Ecke, in ein und derselben Wohlfühloase herumzutreiben.
Auch wenn ich mich nicht als Autor verstehe (also nicht als Autor im Sinne von zum Beispiel Jimmy oder Peter und vielen anderen hier), sondern was das Schreiben betrifft mich eher für einen Scharlatan halte, so habe auch ich bisweilen das Bedürfnis, was Neues auszuprobieren. Mich sozusagen aus meinem behaglichen Sofa zu erheben und mich ins Dunkel der Nacht hinauszuwagen, um finstere Ecken zu biegen, um zu sehen, was dort auf mich wartet.
Vor Jahren hat @Fliege unter einer Story von mir das geschrieben:

Der Text ist völlig in Ordnung, aber ... vielleicht solltest Du Dich mal davon trennen, es Deinem Leser schön zu machen. Nimm ihm die Decke und den Kakao weg. Und vor allem: Tue Deinen Figuren weh! Lass sie leiden! Quäle sie! In diesem Sinne, warte ich geduldig auf einen Text von Dir, der mich nicht streichelt, sondern der mir volle Kanne eins auf die Nase haut."

Keine Ahnung, ob Fliege damit meinte, ich solle Geschichten wie diese hier schreiben. Aber vielleicht ja doch.

 

Danke erstmal. Ja, das klingt überzeugend. Jetzt muss es nur noch der Text sein. Wir werden sehen.

wieselmaus

 

Lieber Herr Offshore,

ich habe den Text noch nicht gelesen, Du bist einfach noch nicht an der Reihe. Aber die Zeit wird kommen! Da Du mich hier aber schon zitierst, wollt ich nur sagen, das habe ich garantiert geschrieben, bevor Du Jorska gekillt hast. Das Herz haste mir zerfetzt, Du Lump! :herz: Wollt sagen, dieser Kritik biste schon lang entwachsen.

Keine Ahnung, ob Fliege damit meinte, ich solle Geschichten wie diese hier schreiben. Aber vielleicht ja doch.
Wir werden sehen ...

Mich sozusagen aus meinem behaglichen Sofa zu erheben und mich ins Dunkel der Nacht hinauszuwagen, um finstere Ecken zu biegen, um zu sehen, was dort auf mich wartet.
... und ich bin sehr gespannt! (Vorsichtshalber hab ich noch mal nach den tags geguckt, nicht, dass da was mit Horror kommt. Bin beruhigt :D.

Bis bald und mit allerbesten Grüße,
Fliege

 

So, @ernst offshore, nun bist du dran, denn deine Frühschicht - der Titel ist super - hättest du gerne mit Horror taggen können, vor allem, weil ich aus Emmas' Ex nicht ganz schlau werde. Ja, er ist nicht besonders hell, aber doch empathisch, wenn ich an den Teil des Dialogs denke, in dem es um Kollegialität geht, um Solidarität unter Arbeitern. Und auch sonst überdenkt er den Verlauf seines bisherigen Lebens durchaus schlüssig. Es mag seinem Leidensdruck zu verschulden sein, dem legendären Tröpfchen im Fass, dass der Kerl am Ende die ... Haltung verliert.

Meine Unzufriedenheit liegt darin, dass mir das stetige Anbahnen der Eskalation nach offshore’scher Manier abgeht. Der Protagonist stellt sich mir nicht als Psychopath dar. Du zeigst ihn doch als einen, der sich sehr wohl wahrnimmt wie es um ihn bestellt ist, er wägt ab, resümiert. Ich habe im Verlauf den Wunsch, ihm zu sagen, dass da noch was geht, so Einiges für ihn möglich ist. Das liegt natürlich an deinem Stil, der Typ wird greifbar und nahezu real, ich kann ihn vor der Tür mit den Kartons stehen, im Wagen sitzen sehen, wie er raucht und denkt, nach einem weiteren Sinn und Schluss sucht.
Nein, ernst, so richtige Dreckskerle kannst du nicht erfinden, dabei bleib ich. Auch dieser hier hat Herz, das Leben hat ihm übel mitgespielt. Ich erzähle mir seine Geschichte selbst, wenn du sie mir hier verwehrst, er ist eben mehrmals im Leben falsch abgebogen, aus Trägheit vielleicht, oder weil der Mut fehlte, die Energie, er hat sicher geliebt und gelitten ... das lese ich zwischen den Zeilen. Und deshalb mag er, übermüdet, frierend, enttäuscht, von Schmerzen geplagt den armen Kollegen wohl im Affekt überfahren haben, aber mir weismachen, mir davon zu erzählen, seinem Leben ein Ende bereiten zu wollen ...

Unter uns gesagt, ich hatte keine Ahnung, wo ich hin wollte. Auf jeden Fall würde ich mich für ein paar Tage krankmelden, so viel stand fest.
Sofern ich nicht vorher gegen einen Brückenpfeiler raste. Oder in den Stausee.

Und am Ende machst du es genau so. Netter Versuch. :kuss:

Gruß, Kanji

 
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Hallo @ernst offshore ,
das Copywrite-Format scheint dich herauszufordern, die armseligsten Männerfiguren unter die Lupe zu nehmen. Du wirst dich erinnern: 04.04.2016 Heimfahren

Ich zitiere mal aus deiner Antwort auf meinen Kommentar:
" Im niederösterreichischen Alpenvorland nämlich habe ich schon in meiner Jugend gelernt, das ländliche Leben per se als Groteske zu begreifen ...
Man kann meinen Text durchaus als Groteske lesen, immerhin ist er ja wirklich eine derbkomische, drastische Darstellung mit bewusst karikierender Verzerrung und Übersteigerung, allerdings ist er nicht allzuweit von der Realität entfernt."

Nach dem ersten Lesen dachte ich, eine Interpretation unter dem Aspekt Groteske könnte mir ganz gut helfen. Ist ja schon ein Primitivling, dein Prota und ein Mörder dazu.

Als wäre es meine Schuld, dass ich mein Gerät bei ihr nicht mehr hochkriegte. Wer hätte mit der Kuh auch schlafen wollen?

Tja, wenn das das Wichtigste ist, was er glaubt, bieten zu können?

Kurzerhand beschloss ich, mich mit dem Wagen vors Werkstor zu stellen. Dort könnte ich in aller Ruhe Radio hören und ein bisschen nachdenken, stellte ich mir vor,

Keine schlechte Idee, was immer er sich unter "nachdenken" vorstellt.

Ich war noch keine fünfzig und pfiff aus dem letzten Loch. So sah es in Wahrheit aus.

Sieht ganz so aus. Fast könnte ich Mitleid mit ihm kriegen.

Stattdessen geriet ich an eine Sendung, wo Hörer anrufen konnten. Einsame, Verlassene, Schlaflose, Verlierer, Verrückte. Leute, die derart bescheuert waren, dass sie einem Wildfremden den allerletzten Mist erzählten und dabei nicht kapierten, dass sie vom Moderator, einem arroganten Klugscheißer der Extraklasse, schlicht verarscht wurden

Ich grinste vor mich hin – was konnte meiner Stimmung zuträglicher sein, als zu hören, dass es noch weit Beklopptere als mich gab? I

Ja, es ist immer befriedigend, sich welche zu zu suchen, denen es noch schlechter geht. Es könnte tatsächlich bewirken, dass das Selbstwertgefühl steigt.:peitsch:

Leider hält das nicht lange vor. Da müssen stärkere Tröster her.

Was ich fand, war die Flasche mit dem doppelt Gebrannten vom Höllererbauer, meine eiserne Reserve. Ein erster Lichtblick! Und dann war da noch diese Zellophanhülle mit einem Bindfaden drum herum und ein paar minzgrünen Tabletten drin.
Na, wer sagt's denn? Wer Sorgen hat, hat auch Likör.

Ich kurbelte das Fenster runter und blickte geradewegs in eine feixende Visage, in eine Visage mit einem dieser idiotischen Hipsterbärte.

Ein neuer Feind, einer, dem man alles Ungemach und Pech in die Schuhe schieben kann.

Zum Wohle der Firma? Sag mal, hörst du dir eigentlich zu? … Schon mal was von Arbeitszeitregelung gehört, Arschloch?“
„Was?“
„Solidarität, Zusammenhalt unter Arbeitern, Proletarier aller Länder und so weiter. Ist das alles Chinesisch für dich?“
„Na ja, ich denke halt an meine Zukunft.“
Er dachte also an seine Zukunft. Sehr vernünftig, rechtbesehen, ein wahrlich ehrgeiziges Kerlchen. Ich hätte kotzen können.

Diese Passage kommt mir ein wenig auktorial vor. Wieso hat sich dein Prota nicht gewerkschaftlich engagiert? Lieber Ernst, ich glaube, da bist du aus der Groteske ausgestiegen. Hast selbst Mitleid mit deinem Prota bekommen.:sad: Ganz so mies soll er doch nicht rüberkommen. Der Hipster ist ja auch wirklich ein eingebildeter Schnösel.

Aber dann Finale furioso

Ein zuckendes Bündel im Schnee, grellgrün. Dieser Scheißkerl. Könnte genauso gut ein Reh sein. Oder eine Wildsau.

Und ein glorreicher Abgang, sogar mehrere Varianten.

Unter uns gesagt, ich hatte keine Ahnung, wo ich hin wollte. Auf jeden Fall würde ich mich für ein paar Tage krankmelden, so viel stand fest.
Sofern ich nicht vorher gegen einen Brückenpfeiler raste. Oder in den Stausee.

Also das Humoristische hast du -so sehe ich es - weitgehend weggelassen. Bist ja auch vier Jahre älter geworden.

Weißt du, was ich dir hoch anrechne? Ich kenne keine einzige Geschichte von dir, die Frauen in einem so negativen Licht darstellt wie die Männer. Bist halt doch ein Verehrer des weiblichen Geschlechts.:herz:

Zum Schluss noch eine fundamental ehrliche Meinung: Schreiben kannst du (wie ein Profi).

wieselmaus

 

Hey @ernst offshore,

... so habe auch ich bisweilen das Bedürfnis, was Neues auszuprobieren. Mich sozusagen aus meinem behaglichen Sofa zu erheben und mich ins Dunkel der Nacht hinauszuwagen, um finstere Ecken zu biegen, um zu sehen, was dort auf mich wartet.

Ich geh mit Dir niemals nicht des Nachts um irgendwelche finsteren Ecken ... nein, nein, nein! Und Du tust ja nicht deinem Prot. weh, sondern dein Prot. tut dem Jürgen weh. Der arme Kerl bekommt es aber auch dicke. Jetzt wird er schon zum zweiten Mal überfahren. Ich kann total verstehen, dass Dich das gereizt hat, mal wen plattfahren, einfach, weil der doof ist, wer weiß, wie der Typ in deinem Kopf hieß, den Du uns hier als Jürgen verkaufst :D. Und mal was Neues probieren, da bin ich unbedingt dafür, dafür ist das Forum ja da und die KW sowieso und das CW ist ja förmlich eine amtliche Einladung dafür. Und ich fand das alles ja auch unterhaltsam, irgendwie. Na ja,Handwerk haste halt drauf, Du kannst mir sicher auch erzählen, wie man ein Rührei brät und ich würde Dir zuhören. Ich hat schön gefunden, wenn der Schalk Dir noch etwas mehr auf dem Buckel gekrochen wär, wenn ich hier gesessen und immer nur den Kopf geschüttelt hät ... ich mein, so richtig ernst nimmt man den Typen ja eh schon irgendwie nicht. Und mein lieber Herr Offshore, mit Alkohol und Pillen, da kann man praktisch jeden ans Steuer des Autos setzen, denn sie wissen ja nicht, was sie tun. Das ist doch faul von Dir! :baddevil: Da hättest Dir die ganze Vorarbeit mit der Ollen und dem Rauswurf und dem Streber-Jürgen auch sparen können. Na gut, vielleicht nicht ganz, denn das fand ich wirklich gut an der Geschichte, diesen Hass auf die frisch von den Unis kommenden Spunde, die dann an Schreibtischen sitzen und Controlling machen und für jeden Rücken den sie brechen, 'ne Prämie einstreichen. Das hat mir wirklich gefallen. Das die ein gutes Feindbild abgeben, da geh ich mit. Auch ganz ohne Schalk im Nacken. Ja, der Text tanzt so zwischen Tragik und Komik, zwischen ich will was mit Thema, aber auch nur im Vorbeigehen, zwischen Charakterstudie und Alk + Droge - Tat. Muss ich Dir aber alles gar nicht erzählen, bist ja selbst schon groß. Das macht es mir auch bisschen schwierig, den zu fassen zu bekommen. Ich vermisse eine wirklich strenge Autorenhand. Auf der anderen Seite steht natürlich die Freude am Schreiben und das hier überhaupt mal wieder was von Dir zum Lesen erscheint und ach, Scheiß der Hund drauf, ich hoffe, Du hast deine Teilnahme nicht bereut.

Dort könnte ich in aller Ruhe Radio hören und ein bisschen nachdenken, ...
Echt, das ist ein Typ der gern mal nachdenken will und dem was Gutes abgewinnen kann? Passt für mich nicht.

Kurzum, ich tat so, als wüsste ich, was ich tat, als hätte ich einen Plan.
Man soll ja nicht vom Prot. auf den Autor schließen, aber das ist 'ne Steilvorlage :sealed: Aber auch ohne dem mochte ich den Satz gern.

Eben, als ich aus der Parklücke fuhr, erzählte einer, dass er gerade mit zwei Blondinen im Bett liege und die eine nach Strich und Faden in den Arsch pemperte, während die andere seinen Mordsständer im Mund habe, ...
Da habe ich mich aber auch gefragt, was für ein Mutant das wohl ist ...

„Fick dich selber, Arschloch“, nuschelte der Spinner noch und legte auf.
:D

Grund genug, mich zusammenzureißen und einen Besuch in der Kantine ins Auge zu fassen.
Um 4.00 Uhr? Und die haben da offen? Cool.

Er dachte also an seine Zukunft. Sehr vernünftig, rechtbesehen, ein wahrlich ehrgeiziges Kerlchen. Ich hätte kotzen können. Genau solchen Strebern war es zu verdanken, dass die Stückzahlvorgaben alle paar Wochen hochgeschraubt wurden. Oder dass von einem Tag zum anderen drei Männer die Arbeit von vorher vier schaffen mussten. Erst vor drei Monaten hatten sie Theo nach Hause geschickt, Walter ein paar Wochen später. Was einen wie Jürgen nicht weiter juckte, weil er nach seinen paar Praktikumswochen in der Fertigung in null komma nix eine Etage höher sitzen würde. Um dort dann mit sauberen Händen und einem Leuchten in den Augen den Bossen an den Lippen zu hängen, wenn sie das Hohelied von Rentabilität und Rationalisierung und Automatisierung und Gewinnoptimierung anstimmten. Amen. Während Leute wie ich sich nächtens im Bett dabei ertappten, an den Fingernägeln zu kauen oder sich in die Faust zu beißen, um nicht zu schreien.
Ach - so ein schönes Thema! Aber auch so schön!

„Verpiss dich, Arschloch … ich wünsch dir eine großartige Zukunft.“
Ich kann es ihm nicht mal übel nehmen.

Der Schmerz brachte mich fast um und der verfluchte grüne Schnee auf der Scheibe machte die Sache nicht besser.
habe mich schon gefragt, was diese Pillen denn nun eigentlich machen. Dauerständer wäre auch cool - so als Hommage an den Anfang.

... mit einem leisen Pfft, nicht lauter als das Seufzen einer Grille.
Schön!

Ein zuckendes Bündel im Schnee, grellgrün.
Grüne Pille macht alles grün - total logisch :D.

:anstoss:, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

@sevas @wieselmaus @Kanji @Fliege

Ihr müsst euch fürs Erste mit einem schlichten Dankeschön von mir begnügen, die Woche geht’s leider ein bisschen rund bei mir. Sobald ich Zeit finde, werde ich euch natürlich ausführlich antworten. Das kann aber möglicherweise bis Samstag dauern. Bis dahin bitte ich euch um Geduld.
Danke für euer Verständnis. :shy:

offshore

 

– was konnte meiner Stimmung zuträglicher sein, als zu hören, dass es noch weit Beklopptere als mich gab?

„..., – wer auf dem Kopf geht, der hat den Himmel als Abgrund unter sich.“
definiert Paul Celan* das Groteske,

lieber ernst,

und das ist bekanntermaßen nicht einmal Büchners "Lenz" im Gebirg gelungen.

Aber steht in dieser kleinen Erzählung irgendwer oder was kopf? Nicht mal das Weltbild des gedemütigten Andi. Vllt. ist er bereits in den Wechseljahren (Verminderung der Sexualfunktion, Abnahme der Muskelmasse, Zunahme des Bauchfetts, vermehrten Haarausfall und/oder eine depressive Gemütslage lt. Netz) und somit „Schicht“ beim Jungbrunnen.

Aber ist man als abhängig Beschäftigter nicht immer in der Klemme zwischen einem „Hormayer“ und einem vermeintlichen Grünschnabel von „Jürgen“? Mit dem Auto als Waffe wird das Dramolett zur Tragödie, angereichert um die komische Nummer im Rundfunkempfänger.

Zwo Flusen

„Ist es jetzt so[...]weit, hat dich deine Alte endgültig rausgeschmissen? Ich lach mich kaputt.“
Ich setzte weiter zurück, gute fünfzehn Meter, haute den Ersten rein und drückte auf die Hupe.
M. E. ist dem „Ersten“ die Minuskel zu gönnen, als Attribut des Ganges

Fein, mal wieder was von dir gelesen zu haben,

findet der

Friedel


*Paul Celan in Der Meridian. Rede anlässlich der Verleihung des Georg-Büchner-Preies 1960, Ffm 1961, S. 14

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe/r @sevas, @Kanji, @wieselmaus, @Fliege, @Friedrichard

so richtige Bedenken der Story gegenüber habt ihr ja nicht geäußert (Fliege hat es für mein Gefühl schön auf den Punkt gebracht:

Und ich fand das alles ja auch unterhaltsam, irgendwie.
.… wobei sie den Satz vermutlich mit Betonung auf „irgendwie“ verstanden wissen wollte :D)

... und auch an meiner (besser gesagt: an Andis) Erzählsprache habt ihr nichts beanstandet, drum will ich euch der Einfachheit halber alle in einen Antworttopf kippen. (Und einmal kräftig umrühren.) Oder, anders gesagt, ich werde jetzt nicht chronologisch auf jede einzelne eurer Aussagen eingehen, sondern nur den einen oder anderen Gedanken aufschreiben, der mir dazu durch den Kopf ging:

Nach dem ersten Lesen dachte ich, eine Interpretation unter dem Aspekt Groteske könnte mir ganz gut helfen. Ist ja schon ein Primitivling, dein Prota und ein Mörder dazu.
Nein, ernst, so richtige Dreckskerle kannst du nicht erfinden, dabei bleib ich. Auch dieser hier hat Herz, das Leben hat ihm übel mitgespielt.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich beim Schreiben nicht recht wusste, wie ich den Andi wirken lassen wollte. Natürlich orientierte ich mich weitgehend am Protagonisten aus linktofinks Story, und der erfährt dort ja schon aufgrund seiner Erzählsprache eine gewisse Charakterisierung, stellt sich dem Leser als das dar, was man landläufig (und durchaus abwertend) als echten Proleten bezeichnet. Aber auch wenn ich selber – im wirklichen Leben – mich dieses Sprachduktus allemal zu bedienen weiß – zumindest, wenn es die Umstände erfordern – so kann und vor allem will ich nicht so schreiben. Und das war eigentlich meine größte Sorge, also dass man die Erzählsprache des Andi als völlig unauthentisch empfinden könnte. Immerhin denkt und reflektiert der Typ nicht nur in Begriffen wie sich anschicken, bewerkstelligen, nicht umhin können und so weiter, sondern befleißigt sich zum Beispiel auch der korrekten Verwendung des Konjunktivs, was jetzt nicht unbedingt nach der Sprache eines typischen Unterschichtlers klingt. Und ich hab genug einschlägige Kommentare von zum Beispiel Jimmy gelesen, um zu wissen, dass ich mich damit auf verdammt dünnes Eis bewege, dass ich die gesamte Glaubwürdigkeit der Figur (und damit der Story) aufs Spiel setze. Was dann eben auch einer der Gründe war, dass ich die Story kurzerhand als Groteske bezeichnete und sie mir selber damit quasi schönredete. (Ein Kerl haut sich mit Schnaps und Drogen das Hirn zu Matsch, fährt dann seinen Kollegen zu Matsch und erzählt und kommentiert gleichzeitig das ganze Geschehen so eloquent wie ein …pff, keine Ahnung, wie der Moderator aus der Radiosendung zum Beispiel. Also wenn das nicht grotesk ist ...
Oder auch das:
Grüne Pille macht alles grün - total logisch :D.
Mir fehlen ja jegliche eigene Erfahrungen mit so Chemo-Zeugs und weil ich auch keine Zeit für Recherche hatte, geschweige denn für Selbstversuche, hab ich halt einfach den erstbesten Quatsch hingeschrieben, der mir eingefallen ist. Im Sinne von: „Alles so schön bunt hier ..." (© Nina Hagen) Kann ich natürlich irgendwann nachholen, dir zuliebe, Fliege. Also die Recherche. :Pfeif:

Aber vielleicht sollte ich mich einfach mit Friedels Lesart abfinden:

... wird das Dramolett zur Tragödie

Nochmals vielen Dank für euren Besuch,
offshore

PS

Auf der anderen Seite steht natürlich die Freude am Schreiben und das hier überhaupt mal wieder was von Dir zum Lesen erscheint und ach, Scheiß der Hund drauf, ich hoffe, Du hast deine Teilnahme nicht bereut.
Nö, hab ich nicht. Also die ersten vier Wochen nach der Auslosung schon, aber wie mir dann der Knopf aufgegangen ist, hat's richtig Spaß gemacht.

 

Hey Ernst,

schön, mal wieder was von dir zu lesen. Habe jetzt etwas länger gebraucht zum Kommentieren, aber es ist auch krass mit dem Copywrite, wenn man ja auch noch auf die erhaltenen Kommentare reagieren will. Merke ich mir auf jeden Fall fürs nächste Mal :D

Ich mag deine Art zu schreiben. Hat etwas Rohes und Ehrliches. Trotzdem ist das handwerklich gut. Hier und da bemerke ich vertane Chancen, was den Stil, gute Formulierungen etc. angeht; trotzdem sehe ich da jetzt bei weder bei mir noch bei dir Handlungsbedarf. Ich weiß nämlich nicht, ob dir das wichtig ist. Vielleicht bist du auch so jemand, bei dem das dann gemeinsam mit dem Lektorat gemacht wird. Es ist nicht die Essenz des Textes sozusagen, finde ich. Die sehe ich eben in der starken Haltung des Protagonisten und in den Schilderungen von den Widrigkeiten der Arbeitswelt, des Malochens, von denen dieser Protagonist erzählt.
Das Ende ist natürlich krass. Habe mich an Herostratos von @AWM erinnert – da überlege ich noch, nachträglich eine Empfehlung zu schreiben, weil ich sie so gut finde. Hier fand ich es am Ende etwas unwirklich. Habe das eher wie so eine Rache-Fantasie im Kopf des Protagonisten gelesen – nicht mal dass das unbedingt wirklich passiert ist; vielleicht dass er das hier nur erzählt; dafür wäre es mir allerdings auch etwas zu unentschieden; ich denke schon, dass du das so gemeint hast, wie es da steht. Es macht den Protagonisten natürlich nochmal komplexer. Am Anfang bin ich beim ihm, teile seine Abneigung gegen den Hipster-Fuzzi – auch wenn der Protagonist hier schon sehr verachtend ist. Am Ende verlier ich meinen Respekt vor ihm – aber das hatte ich auch bei Three Billboards Outside Ebbing, Missouri. Ist dann halt moralisch nicht so übereindeutig. Finde ich auch gut.

Unter uns gesagt

Spannende Erzählhaltung. Ist das wieder Stempel 'Rollenprosa', was ich hier lese?

Auch nach einem Puffbesuch stand mir nicht der Sinn.

hehe. Okay, hier weiß ich, was für ein Kaliber ich vor mir habe. Erinnert mich an Faktotum von Bukowski – vielleicht aber auch nur, weil ich nicht viel Vergleichbares gelesen habe (?).

Genaugenommen waren es winzige Eiskristalle, die mir der Wind waagrecht ins Gesicht peitschte.

oah, nee ... keinen Bock. Konnte ich mitfühlen, als du eins zum anderen den Konflikt hoch und höher geschraubt hast.

Ich war eher der Schönwettertyp, weiß der Himmel, was ich in dieser Ecke der Welt verloren hatte.

haha. Sympathisch. Sind wir nicht alle irgendwie der Schönwettertyp?

dass sie vom Moderator, einem arroganten Klugscheißer der Extraklasse, schlicht verarscht wurden

hatte sofort das Bild im Kopf. Dachte dann auch an Domian, obwohl der, fand ich zumindest, immer fair war und auch einfühlsam. Das hatte schon immer was, diese Geschichten anzuhören, um zwölf oder so, obwohl man am nächsten Tag um 8 in der Schule sein musste (weiß nicht, was davon genau stimmt; schon was länger her).

was konnte meiner Stimmung zuträglicher sein, als zu hören, dass es noch weit Beklopptere als mich gab?

Auf den Punkt gebracht, was da für eine psychologische Struktur hintersteckt.

Megacetamol®

willst du damit an den Markt? :D

oder zumindest ein Aspirin, irgendwas. Im besten Fall einen Revolver.

würde hier das 'irgendwas' streichen, weil die beiden Sätze (Einschränkung durch 'zumindest' und Wunsch 'im besten Fall') dadurch für mein Empfinden gestört werden.

Ich setzte die Flasche an und trank, bis es mir die Tränen aus den Augen trieb. Jürgen bot ich die Flasche nicht an. Stattdessen nahm ich noch zwei von Matzes Tabletten, das Zeug begann mir zu gefallen.

Der Typ hat echt Haltung. Kann man sich hier wirklich mal parademäßig anschauen. Da gibts keine Höflichkeiten; der ist straight heraus. Jürgen soll sich verpissen.

Zum Wohle der Firma? Sag mal, hörst du dir eigentlich zu? … Schon mal was von Arbeitszeitregelung gehört, Arschloch?“
„Was?“
„Solidarität, Zusammenhalt unter Arbeitern, Proletarier aller Länder und so weiter. Alles Larifari für dich?“
„Na ja, ich denke halt an meine Zukunft.“

fand ich stark. Es stellt wunderbar dieses überkapitalistische Denken, jeder für sich, in Frage. Gleichzeitig stößt das bei Jürgen, finde ich, ja auch schon auf Grenzen, die hier nach meinen Ansichten vernachlässigt werden. Diese Neoliberalismuskritik macht eben auch so ein Schwarz-Weiß-Denken auf, was seine Entsprechung in der Schlussszene deines Textes findet (insofern fiel es mir auch schwer, dass real zu lesen – eben weil ich auch Jürgen seine Obergelecktheit am Ende nicht mehr abgekauft habe – so Marionette ist wirklich niemand, der mir je begegnet ist und an der Uni, gerade im Ellenbogen-Forschungsbereich, gibt es viele solche.)

wenn sie das Hohelied von Rentabilität und Rationalisierung und Automatisierung und Gewinnoptimierung anstimmten. Amen.

Megagut.

Während Leute wie ich sich nächtens im Bett dabei ertappten, an den Fingernägeln zu kauen oder sich in die Faust zu beißen, um nicht zu schreien. Während die Heerschar der Verlierer, der Schlaflosen, der Verrückten immer größer wurde. Amen. Ich nahm noch einen Schluck.

Fand ich auch stark. Erst als er das dann vor Jürgen nochmal wiederholt, wars mir ein bisschen selbstmitleidig; aber das kann ich auch so nicht verteidigen, immerhin ist es nicht mein Schmerz.

mit einem leisen Pfft,

fand ich schön wie Fliege.

Jürgen grinste mich gönnerhaft an und nickte. „Klar, Andi, mach ich. Bist ja mein Kollege, oder?“

Das habe ich nicht gekauft. Da wurde es dann für mich Fantasie.

Das Original habe ich damals wohl verpennt und noch nicht nachgeholt. Sollte ich, schreibe ich dir noch was zum Vergleich ins Edit. Das muss kein leeres Versprechen bleiben, habs immerhin mit Chutney und Novak (glaube) auch hingekriegt. Du schreibst gut, finde ich.

Lieben Gruß
Carlo

 

Lieber @Carlo Zwei, lieber @AWM,
vielen Dank für eure ausführlichen Kommentare und ‘tschuldigung, dass eine angemessene Antwort etwas dauern wird.
Ich fahre nämlich morgen in aller Herrgottsfrüh auf eine Montage, von der ich vermutlich erst Sonntagabend zurückkomme, vielleicht sogar erst am Montag. Und in diesen drei Tagen habe ich wohl kaum Muße, mich mit der Story und euren Anmerkungen dazu auseinanderzusetzen.
Habt also noch ein bisschen Geduld.
Danke.

offshore

 

Lieber Ernst,

als copywrite finde ich es perfekt. Genauso könnte ich mir die Vorgeschichte zu der Geschichte von Linktofink vorstellen. Biss haben deine Sachen ja immer, deine Sprache rauscht so durch, du setzt immer noch einen drauf, bis das Ganze nicht mehr witzig ist, wobei man sich fragt, ob es das jemals war.

Als wäre es meine Schuld, dass ich mein Gerät bei ihr nicht mehr hochkriegte. Wer hätte mit der Kuh auch schlafen wollen?
Da ist gleich maximale Kälte. In der Ehe und auf der Arbeit geht es nur um eins: Leistung
Passt zum Wetter.

Er ertappte mich im Waschraum, wie ich mit durchgedrücktem Kreuz Fratzen schnitt und nicht wusste, wie ich den nächsten Schritt bewerkstelligen sollte.
Du bist ziemlich gut darin, schmerzhafte Zustände zu schildern. Mir tut schon beim Lesen der Rücken weh. Grauenhaft, wie sich das am Ende steigern wird.

Woraufhin der Moderator, ein Schlaumeier, wie gesagt, nicht umhin konnte, ihn zu fragen, wie er sich das vorzustellen habe, was jetzt genau im Arsch der einen und was im Mund der anderen steckte, er besäße ja wohl kaum zwei Pimmel, oder wie?
Das ist sehr komisch und ich hege ein bisschen Hoffnung, dass es nicht ganz so schlimm wird. Wird es aber doch.


Ich fror erbärmlich, aber ich wagte nicht, mich zu bewegen, ein glühender Schürhaken steckte mir im Kreuz, mir war schleierhaft, wie ich aus dem Wagen rauskommen sollte.
Oje.

Ich kurbelte das Fenster runter und blickte geradewegs in eine feixende Visage, in eine Visage mit einem dieser idiotischen Hipsterbärte.
Ojeoje.

„Ist es jetzt so weit, hat dich deine Alte endgültig rausgeschmissen? Ich lach mich kaputt.“
Gut, da fehlt dem Jürgen jetzt ein Stück weit die Empathie.:D


Er schloss die Tür und schaute mich treuherzig an. „Toll, dass es endlich schneit, was?“
Das "treuherzig" finde ich hier sehr schön gewählt. Das macht Jürgen so harmlos. Ist er aber nicht. Im Folgenden frage ich mich, ob er einfach unfassbar naiv ist oder bösartig.


„Was treibst du hier überhaupt?", fragte ich ihn. Nicht, dass es mich interessiert hätte. „Spazierengehen? Falschparker aufschreiben?"
Sehr schön.

„Mann, ich mach’s halt, weil ich’s kann. Und ist ja zum Wohle der Firma.“
Ich glaube, er weiß schon, was er da tut.

„Solidarität, Zusammenhalt unter Arbeitern, Proletarier aller Länder und so weiter. Alles Larifari für dich?“
„Na ja, ich denke halt an meine Zukunft.“
Eben.

Um dort dann mit sauberen Händen und einem Leuchten in den Augen den Bossen an den Lippen zu hängen, wenn sie das Hohelied von Rentabilität und Rationalisierung und Automatisierung und Gewinnoptimierung anstimmten. Amen. Während Leute wie ich sich nächtens im Bett dabei ertappten, an den Fingernägeln zu kauen oder sich in die Faust zu beißen, um nicht zu schreien. Während die Heerschar der Verlierer, der Schlaflosen, der Verrückten immer größer wurde.
Ich glaube, so tiefgreifend willst du es gar nicht, aber das kommt gerade durch das krasse Ende rüber, dass die Gewinner des Systems den Hass der Opfer nicht unterschätzen sollten. Man kann also Gesellschaftskritik drin sehen, einen Verzweifelten.

Wenig überraschend vor mir, festlich angestrahlt von den Frontscheinwerfern. Ein zuckendes Bündel im Schnee, grellgrün. Dieser Scheißkerl.
Oder einen Mann, der es sich mit allen verdirbt, der lieber vor der Fabrik wartet, als zu seinen "Freunden" zu gehen, einen, der sein Versagen auf andere schiebt. Denn weder Schmerzen noch Drogen rechtfertigen das, was er schließlich tut. Und auch mit welcher Kaltblütigkeit. "Festlich angestrahlt", puh, das ist schon böse.

Ist thematisch und von der Brutalität her nicht so meins, aber ich habe mich gefreut, mal wieder was von dir zu lesen. Dein Stil ist einfach klasse.

Liebe Grüße von Chutney

 

Dein Andi ist ein echt mieser Zeitgenosse, vielleicht mal nett gewesen, inzwischen einfach nicht mehr. Aber das macht gar nix. Du schreibst das so unterhaltsam runter, dass das völlig wurscht ist.
Das hat mir so gut gefallen, dass ich mal so nach anderen KG von dir gesucht habe und bei "Männergespräch" gelandet bin. Und was seh ich da? Ach, du weißt es eh :)
Mag ich.

Na ja,Handwerk haste halt drauf, Du kannst mir sicher auch erzählen, wie man ein Rührei brät und ich würde Dir zuhören.
Und ich würde mich daneben setzen :)

 

Unter uns gesagt, Vitja
Was'n, Giovanni?
Scheiße, so ein Hurensohn, der Corona
Komm schon, saufen per Skype geht schon auch.
Is nicht dasslbe, echt nicht
Sag mal, haste was vom Offshore gehört
Ne, nur so Geschichtenzeugs
Hat der wieder?
Ja. Auf dieser Weicheiplattform? Wortkrieger?
Scheiße, ja!
Und?
Nix und. Schreibt über so nen impotenten Flachwichser, der von seiner Alten rausgeworfen wird und im Auto schläft.
Na super!
Und der Idiot hat nicht mal Wodka dabei, obwohl's schneit.
Sauber!
Erinnert mich an Walter.
Welcher Walter?
Na - der Walter!
Der Wirt im "Goldenen Bären", den meinst du?
Wen sonst, du Lappen.
Was der wohl gerade macht?
Keine Ahnung. Gestern stand sein Auto bei mir vor'm Haus, Mitten im Regen.
Jesses!
Und dann?
War's weg.
Scheiße
Kannste sagen.
Auf Walter!
Auf Offshore!
Und setz ja die verfickte Maske auf, Mann!
Ich hasse diesen Corona!
Prost!

Ich mag den Text. Du bewegst dich in bekannten Bahnen, findest immer noch den Ton, den Ausgleich zwischen Realität und Aberwitz, insofern eine wirklich gelungene Offshore'sche Groteske.

Ich sei impotent, meinte sie, jeder kleine Junge ficke besser als ich,
besser trifft es nicht ganz, weil, he, an den kleinen Jungen kann man schwerlich Qualitätsansprüche stellen.

Unter uns gesagt, ich hatte keine Ahnung, wo ich hin sollte. Kurz überlegte ich, bei Theo anzuläuten.
Mm. der auctorial Erzähler quatscht mit mir, na ja, ziemlich unmodern und anbiedernd, zumal du die selbe Wendung mehrfach benutzt

Er ertappte mich im Waschraum, wie ich mit durchgedrücktem Kreuz Fratzen schnitt und nicht wusste, wie ich den nächsten Schritt bewerkstelligen sollte.
was für einen Schritt?

Ächzend, fluchend langte ich zum Handschuhfach, in der Hoffnung, dort drin noch ein paar Megacetamol® zu finden, oder zumindest ein Aspirin, irgendwas. Im besten Fall einen Revolver.
beste Stelle, wegen des Revolvers!

„Mann, ich mach’s halt, weil ich’s kann. Und ist ja zum Wohle der Firma.“
:D

„Verpiss dich, Arschloch … ich wünsch dir eine großartige Zukunft.“
„Mensch, Andi, du kannst mich wirklich nicht leiden, was?“
„Nein, ihr Typen kotzt mich an“,
könnte mehr Fahrt haben, der Dialog, klingt schon bisschen autorlastig

Unter uns gesagt, ich hatte keine Ahnung, wo ich hin wollte. Auf jeden Fall würde ich mich für ein paar Tage krankmelden, so viel stand fest.
Sofern ich nicht vorher gegen einen Brückenpfeiler raste. Oder in den Stausee.
Hübsches Ende . unter uns gesagt.

So, jetzt mal schauen, ob ich noch ne Lampe montiert kriege oder lieber zum Goethehaus fahre
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich mag deine Art zu schreiben. Hat etwas Rohes und Ehrliches. Trotzdem ist das handwerklich gut.
Du weißt, wie sehr ich dich als Autor schätze, Carlo, und so was von einem wie dir zu hören, ist natürlich immer ein besonderes Kompliment, vielen Dank dafür.
Das Ende ist natürlich krass. […]Hier fand ich es am Ende etwas unwirklich. Habe das eher wie so eine Rache-Fantasie im Kopf des Protagonisten gelesen – nicht mal dass das unbedingt wirklich passiert ist; vielleicht dass er das hier nur erzählt; dafür wäre es mir allerdings auch etwas zu unentschieden; ich denke schon, dass du das so gemeint hast, wie es da steht.
Vermutlich sind beide Lesarten möglich. Abhängig wohl davon, welchen Einfluss auf Andis Geisteszustand der Leser den Tabletten beimisst.
Ich selbst tendiere allerdings zur radikalen Variante, also dass Andi den Jürgen tatsächlich totfährt. Schon weil ich es linktofinks Vorlage schuldig zu sein glaube.
Es macht den Protagonisten natürlich nochmal komplexer. Am Anfang bin ich beim ihm, teile seine Abneigung gegen den Hipster-Fuzzi – auch wenn der Protagonist hier schon sehr verachtend ist. Am Ende verlier ich meinen Respekt vor ihm –
Völlig zu Recht, Carlo, der Andi ist im Grunde ja eine wirklich jämmerliche Figur, jetzt mal ganz abgesehen von seiner Wahnsinnstat am Ende, die man noch mit diesem aberwitzigen Schnaps/Drogen-Cocktail erklären könnte. Seine Verachtung Jürgen gegenüber zum Beispiel ist ja völlig überzogen.
fand ich stark. Es stellt wunderbar dieses überkapitalistische Denken, jeder für sich, in Frage. Gleichzeitig stößt das bei Jürgen, finde ich, ja auch schon auf Grenzen, die hier nach meinen Ansichten vernachlässigt werden. Diese Neoliberalismuskritik macht eben auch so ein Schwarz-Weiß-Denken auf, was seine Entsprechung in der Schlussszene deines Textes findet (insofern fiel es mir auch schwer, dass real zu lesen – eben weil ich auch Jürgen seine Obergelecktheit am Ende nicht mehr abgekauft habe – so Marionette ist wirklich niemand, der mir je begegnet ist und an der Uni, gerade im Ellenbogen-Forschungsbereich, gibt es viele solche.)
Genau. Der Jürgen ist ja in Wahrheit auch gar kein Arschloch, sondern im Grunde ein ganz normales Kind unserer Zeit, einfach ein williges, strebsames Kerlchen. :Pfeif:
Und er buhlt ja förmlich um Andis Zuneigung. Andi hingegen projiziert offenbar all die Scheiße, in der er steckt, auf den armen Jürgen. Er macht ihn quasi zum Sündenbock für sein verpfuschtes Leben. Wo er ihn vermutlich schlicht um seine Jugend beneidet und die entsprechende Unbekümmertheit. Oder so.
Ich will dir jetzt einfach noch ein bisschen zur Figurengenesis erzählen, Carlos. Du musst wissen, dass der Anfang der Story (einschließlich der Szene mit der Radiosendung) seit dem letztjährigen Copywrite als Fragment bei mir in der Schublade lag. Ursprünglich hätte das die Bearbeitung einer weltenläufer-Story werden sollen, ich kam damit aber nicht zurande und hab’s dann wieder beiseite gelegt. Wie ich mir dann linktofinks Geschichtenliste durchgesehen habe, blieb ich sehr bald an der Jürgen-Story hängen, weil dort der Protagonist ebenso ein Fabriksarbeiter ist wie die Figur in meinem Fragment und ebenso von der Frau verlassen wurde. Es lag also nahe, an diesem Fragment weiterzuarbeiten, und dadurch war Andis Charakter gewissermaßen schon festgelegt. Und den Jürgen hab ich im Grunde 1 : 1 aus linktofinks Vorlage übernommen, auch wenn er dort gar nicht leibhaftig auftritt.
Unter uns gesagt
Spannende Erzählhaltung. Ist das wieder Stempel 'Rollenprosa', was ich hier lese?
Keine Ahnung, ich hab ehrlich gesagt nicht drüber nachgedacht, ich hab’s einfach hingeschrieben. Aber zu dem Thema schreib ich noch was im *)Anhang zur Antwort an AWM.
Fand ich auch stark. Erst als er das dann vor Jürgen nochmal wiederholt, wars mir ein bisschen selbstmitleidig;
Na ja, da bist du als Leser natürlich im Nachteil, weil du ja schon vorher in Andis Kopf drin warst. Der Jürgen hingegen kann nicht wissen, worüber sich Andi gerade den Kopf zerbrochen hat, für ihn kommt die Frage also quasi aus heiterem Himmel. Weshalb er auch nichts darauf zu antworten weiß.
So gesehen fand ich das nicht unoriginell, wie Andi dem Jürgen einfach so diese Frage nach dem Zähneklappern hinwirft.

Tja, Carlo, ich hab mich wirklich gefreut, dass du so augenscheinlich Spaß mit der Story hattest und mir auch so ausführlich davon erzählt hast. Vielen lieben Dank dafür.


Du solltest aber an der einen oder anderen Stelle etwas entschlacken.
finde ich überflüssig
finde das Zweite überflüssig.
Würde ich streichen. Das ist unnötig.
Finde ich redundant
würde erstaunlicherweise streichen.
Wenn du das streichst, verliert dein Text nichts, sondern gewinnt.
Kann weg.
Würde das "also" streichen.
vorher" streichen.
Einmal Amen langt.
unbedingt streichen.
Würde ich auch unbedingt streichen.
usw.
Okay, okay, AWM, ich glaub, ich hab’s kapiert! :D

Aber im Ernst jetzt, rein rational (=leidenschaftslos) betrachtet, also unter dem Gesichtspunkt von Erzählökonomie, Stringenz, usw. müsste ich beinahe allen deinen Kürzungsvorschlägen zustimmen.
(Und den einen oder anderen habe ich auch schon umgesetzt.) Aber deine Beanstandungen betreffen auch viele Stellen, die ich, auch wenn sie nicht unbedingt die Geschichte voranbringen oder sogar redundant sind, zu brauchen meine. Weil sie entweder als Überleitung von einem Gedankengang des Andi zum nächsten dienen oder weil sie gewissermaßen Andi auch charakterisieren.
Ich meine, wir haben es hier immerhin mit einem Ich-Erzähler zu tun, und auch wenn es in dem Sinne kein innerer Monolog*) ist, so sind es doch Andis Gedanken und Formulierungen, die wir hier lesen, und dass der Typ ein bisschen geschwätzig wirken soll, lag durchaus in meiner Absicht.

Wie auch immer, ich habe so ziemlich alle deine Vorschläge ausprobiert, x-mal gelesen, zurückverändert, wieder gelesen usw., und ein paar davon habe ich wie gesagt übernommen. Die führe ich jetzt aber nicht mehr extra an, schön langsam (sic) fehlt mit nämlich der Durchblick. Aber über ein paar Sachen möchte ich noch reden mit dir:

Ich wusste schon lange, dass mein Leben weniger großartig verlief, als ich es mir erträumt hatte, doch als mich Emma rauswarf, verging mir das Lachen endgültig.
Ich finde den ersten Satz eigentlich gut, weil er Neugierde weckt. Besser wäre aber: Mein Leben verlief schon lange weniger großartig, als ich es mir erträumt hatte, doch als mich Emma rauswarf, verging mir das Lachen endgültig.
Abgesehen davon, dass meine Variante drei klitzekleine Wörter mehr hat, erkenne ich da ehrlich gesagt keinen großen (qualitativen) Unterschied. Und wie gesagt, der Typ ist geschwätzig.
hatte ich mir erst kürzlich vom Hormayer anhören müssen.
hatte ich mir erst am Dienstag vom Hormayer anhören müssen. Sowas fände ich besser. Glaube er erinnert sich da genau dran.
Tatsächlich stand da die längste Zeit „vorgestern“. Aber irgendwie erschien es mir suspekt, in einer im Präteritum erzählten*) Geschichte, in der es ja kein eindeutiges „heute“ geben kann, von „vorgestern“ zu schreiben. Deshalb habe ich dann das etwas unkonkretere „kürzlich“ gewählt.
als hätte ich einen Plan. Der Plan sah als Nächstes vor, einen Sender zu finden, der die Nacht zumindest ein bisschen erträglicher gestaltete.
Beißt sich. Der Satz davor sagt, er hat keinen Plan. Der nächste zeigt, dass er einen hat. Auch wenn es ein nichtiger Plan ist, ist es doch ein Plan.
Ist jetzt vielleicht Haarspalterei, aber so zu tun, als hätte man einen Plan ist für mich nicht gleichbedeutend mit gar keinen Plan zu haben. Der Plan, der als Nächstes irgendwas vorsieht, ist einfach derjenige Plan, von dem Andi so tut, als hätte er ihn … öhm, kannst du mir folgen? :Pfeif:
Ich fror erbärmlich, aber ich wagte nicht, mich zu bewegen, ein glühender Schürhaken steckte mir im Kreuz, mir war schleierhaft, wie ich aus dem Wagen rauskommen sollte.
Finde das Bild mit dem glühende Schürhaken hier ungeschickt, weil du davor schreibst, dass er erbärmlich fror.
Aber wenn es nun mal Andis Empfindungen entspricht? Man kann doch völlig durchfroren sein und trotzdem einen heißen Schmerz im Rücken spüren. Behaupte ich jetzt einfach mal.
Stattdessen nahm ich noch zwei von Matzes Tabletten, das Zeug begann mir zu gefallen.
Wieso beginnt es ihm zu gefallen? Ich lese absolut nichts über die Wirkung bisher.
Ja, der Satzteil ist mittlerweile wieder rausgeflogen. Den hab ich auch sehr spät noch eingefügt, erst als mir dämmerte, dass ich diese verdammten Drogen etwas mehr thematisieren sollte.
„Na ja, ich muss dann schön langsam los. Die Pflicht ruft.“
schon
Das passiert mir hier im Forum nicht zum ersten Mal, dass ich auf diesen vermeintlichen Tippfehler hingewiesen werde.
Tatsächlich jedoch sind „schön langsam und „schon langsam“ zwei verschiedene Paar Schuhe. Aber der gewaltige semantische Unterschied erschließt sich einem möglicherweise nur, wenn man südlich des 48. Breitengrades Deutsch sprechen gelernt hat. Will sagen, „sche laungsaum“ (im Sinne von „nur ned hudln, gaunz pomali“) ist offenbar eine endemisch österreichische Formulierung, um nicht zu sagen, ein Austriazismus. Oder so.
„Verpiss dich, Arschloch … ich wünsch dir eine großartige Zukunft.“
Bisschen zu viel stellenweise. Hier wäre: Ich wünsche dir eine großartige Zukunft alleine viel vielsagender.
Da bin ich noch am Überlegen. Mit der Stelle war ich selber höchst unzufrieden.
„Nein, ihr Typen kotzt mich an“, sagte ich und gönnte mir den nächsten Schluck.
Auch das. Einfach zu deutlich teilweise. Lass ihn doch nur einen Schluck nehmen.
Und hier ebenfalls. Da stand auch die längste Zeit was anderes, ich weiß leider nicht mehr, was. Aber ich denke drüber nach.
mit einem leisen Pfft, nicht lauter als das Seufzen einer Grille.
Belasse es bei dem Pffft. Das ist gut. Die Grille als Bild passt überhaupt nicht in den Winter.
Ja, ist so ein verdammter Scheiß-Darling. Stammt von einem Story-Fragment aus meiner Schublade. Aber hier passt es wirklich nicht, hast recht. Ursprünglich versuchte ich es – eben weil Winter – mit „Pinguin“, um dann doch wieder die Grille zu nehmen, einfach weil die noch leiser seufzt als ein Pinguin. Nehme ich zumindest an.

*)Überhaupt hatte ich ziemliche Bedenken wegen dieser Erzählperspektive (Ich-Erzähler und Präteritum): Wem erzählt der Erzähler/Protagonist die Geschichte eigentlich? Sich selber? So wie er es darstellt, wirkt es ja, als würde er es eben erleben, oder? … Pff, echt keine Ahnung, mit so erzähltheoretischem Kram kenne ich mich einfach nicht aus. Na ja, und da bietet sich halt an zu sagen, das Ding sei eine Groteske. Oder so.

Mir hat deine Geschichte gefallen.
:thumbsup:

Vielen Dank, AWM, für deine vielen Gedanken.


So, ein schnelles aber nichtsdestotrotz großes Dankeschön für das vorbehaltlose Lob an dich, @feurig, geht sich noch aus und ein herzliches Willkommen auch.

Ihr drei anderen allerdings (@Chutney, @snif, @Isegrims) müsst euch noch ein bisschen in Geduld üben,
neben der Arbeit finde ich momentan nicht wirklich viel Zeit für anderes. Ihr möget es mir nachsehen. Danke. :)

 
Zuletzt bearbeitet:

als copywrite finde ich es perfekt. Genauso könnte ich mir die Vorgeschichte zu der Geschichte von Linktofink vorstellen.
Du bist die erste hier im Thread, liebe Chutney, die explizit auf linktofinks Vorlage Bezug nimmt und sich zur Umsetzung des Copywrite-Gedankens äußert. Und es freut mich natürlich, dass dir diese Umsetzung gelungen erscheint.
Umso mehr, weil ich mich ja quasi unlauterer Methoden bedient habe. Insofern, dass ich ein älteren Geschichtenanfang von mir wieder aus der Schublade hervorgekramt und einfach weitergeschrieben habe. In Wahrheit besteht ja beinahe das gesamte erste Drittel der jetzigen Geschichte, bis auf ein paar wenige Anpassungen, wortwörtlich aus diesem Text vom Vorjahr. Aber der passte für mein Gefühl einfach perfekt zur Jürgen-Story von linktofink. Und ob ich die kreative Leistung nun innerhalb der vier Wochen des diesjährigen Copywrites erbracht habe oder schon vor einem Jahr, ist doch eigentlich wurscht, oder? Sollte es irgendwelchen (ungeschriebenen?) Copywrite-Regeln widersprechen, dann … na ja, dann hab ich’s einfach nicht gewusst. :Pfeif:
Du bist ziemlich gut darin, schmerzhafte Zustände zu schildern.
Glaub mir, Chutney, fünfunddreißig Jahre in der Metallbearbeitung lehren dich so einiges über Schmerzen. :D
Das "treuherzig" finde ich hier sehr schön gewählt. Das macht Jürgen so harmlos. Ist er aber nicht. Im Folgenden frage ich mich, ob er einfach unfassbar naiv ist oder bösartig.
Nein, Chutney, der Jürgen ist tatsächlich harmlos. (Sofern ein Typ mit einem Hipsterbart überhaupt harmlos sein kann.) Der freut sich zum Beispiel wirklich darüber, dass es schneit. Und kann man ihm denn vorwerfen, dass er seinen Job ernst nimmt und sich dementsprechend engagiert? Dass er mit seinem Übereifer die Arbeitsbedingungen seiner Kollegen gleichsam sabotiert, will ich ihm nicht unbedingt als vorsätzliche Bosheit ankreiden. Das ist einfach seinem naiven Ehrgeiz geschuldet, sag ich mal.
Und er entstammt halt eindeutig der falschen Generation, um mit dem idealisierten, um nicht zu sagen, mit dem romantisierten Bild „des aufrechten Werktätigen“, wie es Andi offenbar im Kopf hat, auch nur irgendwas anfangen zu können. Ein ganz normales Kind unserer heutigen Zeit, nannte ich ihn in meiner Antwort an CarloZwei, dieser so wunderbaren Zeit, in der das individuelle Streben nach Erfolg allemal mehr gilt als so exotische Spinnereien wie zum Beispiel Gemeinwohl usw.
Ich glaube, so tiefgreifend willst du es gar nicht, aber das kommt gerade durch das krasse Ende rüber, dass die Gewinner des Systems den Hass der Opfer nicht unterschätzen sollten.
Wow, also für diesen Satz liebe ich dich Chutney, echt. Jetzt müssten wir es nur noch irgendwie schaffen, diese Einsicht auch der stetig wachsenden Heerschar der Opfer zu vermitteln, auf dass sie die richtigen Konsequenzen daraus ziehen. Krieg den Palästen, Friede den Galaxien, und so weiter … (oh Mann, eigentlich bin ich ja schön langsam zu alt für diese ganze Weltverbesserungsscheiße, die Fackel der Empörung hab ich ja längst an meine Söhne weitergereicht. :drool:)
Man kann also Gesellschaftskritik drin sehen, einen Verzweifelten. Oder einen Mann, der es sich mit allen verdirbt, der lieber vor der Fabrik wartet, als zu seinen "Freunden" zu gehen, einen, der sein Versagen auf andere schiebt. Denn weder Schmerzen noch Drogen rechtfertigen das, was er schließlich tut. Und auch mit welcher Kaltblütigkeit. "Festlich angestrahlt", puh, das ist schon böse.
Also nicht, dass ich jetzt Andis Wahnsinnstat rechtfertigen will, aber ich glaube, dass er nicht wirklich wusste, was er tat. Er hat’s mit diesen … äh, „Tabletten“ eindeutig übertrieben, sag ich mal, er war einfach nicht mehr Herr seiner Sinne. War definitiv eine Überdosis, was er seinem armen Hirn da zugemutet hat. Oder, anders gesagt, in Wahrheit gibt’s in dieser Story keinen wirklich Bösen. Weder Andi, noch Jürgen. So richtig böse ist eigentlich nur dieser Zufall, dass sich die beiden zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt über den Weg laufen. Oder, noch anders gesagt, schuld an der ganzen Misere ist letztlich das Leben, diese dumme alte Sau.

Dein Stil ist einfach klasse.
Was für ein wunderbares Schlusswort. :herz:
Vielen Dank, Chutney

So, Mittagspause ist zu Ende, ich muss wieder in die Werkstatt. @snif & @Isegrims, ihr seid heute Abend dran. Oder spätestens morgen. Versprochen.

offshore

 

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