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Frauensache

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21.10.2009
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Frauensache

Langsam stieg sie die letzten Stufen zu ihrer Wohnung hinauf. Sie stellte träge ihre Handtasche zu Boden um die Haustürschlüssel aus ihrer Manteltasche zu holen. Sie war geschafft. Geschafft vom Geräusch ihrer hohen Stöckelschuhe auf dem harten Parkettboden, auf dem sie jeden Tag laufen musste. Geschafft vom nervendem Freiton, der immer wenn sie einem Mann anrufen musste, augenblicklich noch ätzender wurde. Geschafft vom ständigen Druckgefühl, das sie wegen ihres zu kleinen Kostüms im Bauchbereich hatte. Geschafft vom täglichen „Machen Sie davon noch 20 Kopien!“, „Ordnen Sie diese Akten bis spätestens 15 Uhr!“ und „Bringen Sie mir einen Kaffee, Entkoffeinierter aber!“. Hatte sie das verdient?

Sie betrat die warme Wohnung, streifte den Mantel ab und lies sich auf das bequeme Sofa plumpsen. Regen peitschte gegen das Fenster. Kein gutes Wetter um auszugehen. Aber das hatte sie sowieso schon lange nicht mehr getan. Das wollte sie auch gar nicht mehr. Nach den letzten Enttäuschungen hatte sie sich geschworen, niemals wieder so einen Fehler zu machen. So wie es auf der Arbeit jeden Tag war, war es auch in ihrem privaten Leben gewesen. Regelmäßige Demütigungen waren zur Gewohnheit geworden. Im Büro arbeitete sie erst seit fünf Monaten. Sie hatte die Arbeit gewechselt, als das andere Geschlecht zu weit gegangen war; sexuelle Belästigung war da nicht das größte Übel gewesen. Ihr neuer Wirkungskreis war jedoch nicht besser, wie sie sich nach nur einer Woche eingestehen musste. Das gleiche Spiel wie beim letzten Mal.

Doch hatte sie sich etwas geschworen. Sie hatte sich geschworen an der Gattung Mann, Rache zu nehmen. Das tat sie auch, wie sie lächelnd bemerkte. Ja, da war doch etwas gewesen. Das hatte sie nur den ganzen Tag über verdrängt. Lächelnd stand sie auf. Sie ging in die Küche und holte ein Weinglas heraus. Ein guter Tropfen konnte nicht schaden. Langsam ging sie in ihr Schlafzimmer und öffnete ihren Kleiderschrank. Sie sah die gepflegten Lackschuhe auf dem Schrankboden stehen. Daneben säuberlich zusammengelegt, ein blaues Hemd. Es gehörte Thomas. Zudem eine schicke, schwarze Anzughose und eine grüne Krawatte. Auch diese gehörten Thomas. Er war ein Kollege von der Arbeit, ein ziemlich ungehobelter Kollege. Sie grinste.

Hektisch schnappte sie sich die Klamotten, und trat mitsamt mit dem Wein aus der Wohnungstür. Ohne das Licht im Treppenhaus anzuschalten, ging sie nach unten. Gesehen zu werden, das wollte sie nicht. Sie öffnete im Erdgeschoss die Tür zum Heizungskeller und betrat den kleinen Vorraum. Dieser Teil des großen, achtstöckigen Wohnhauses benutzte keiner. Sie ging durch eine weitere Tür, spürte dann die Anwesenheit der anderen Person. Spürte den schweren Nebel, der im Raum schwebte. Hörte den langsamen Atem der Gestalt, die vor ihr lag. Sah den leichten Umriss des Mannes, der bis auf seine Unterhose, völlig nackt ihr ausgeliefert war. Roch den beißenden Geruch vom abgestandenen Schweiß ihres Opfers. Sie entzündete das Licht. Ängstliche Augen blickten in ihr Gesicht. Er war schon der Dritte. Sacht schloss sie die Tür hinter sich und widmete sich, mit einem irren Grinsen auf dem Gesicht, ihrer bevorstehenden Tat.

 

Hallo Vivii,
herzlich willkommen hier!

Eine von männlichen Übergriffen gefrustete Frau hat sich im Keller eine Folterkammer eingerichtet. Sie will sich für all die Demütigungen rächen.
Ein interessanter Plot für die Rubrik Spannung.
Am Anfang deiner Geschichte beschreibst du sehr ausführlich die Situation, in der sich die Frau befindet. Leider weiß ich als Leser lange Zeit nicht, warum du mir das alles erzählst. Ich dachte zunächst, da hat wieder eine Autorin die falsche Rubrik gewählt; da wird nur rumgenörgelt nach dem bekannten Motto: Scheiß Männer, scheiß Job. Das ist langweilig, denn ich ahne ja noch nichts von den Rachegelüsten und den Vorgängen im Keller.
Der Spannungsbogen beginnt dann erst im vorletzten Absatz. Das ist viel zu spät. Du solltest also darüber nachdenken, auf welche Weise du die Spannung gleich zu Beginn der Geschichte aufbauen kannst; freilich ohne dabei zu viel zu verraten.
Ein Vorschlag von mir: Beginne doch mit folgendem Satz aus dem vorletzten Absatz:

Sie hatte sich geschworen an der Gattung Mann, Rache zu nehmen.
... wütend (nicht langsam, denn sie hat ja wieder so einen demütigenden Tag hinter sich) stapfte sie die Stufen zu ihrer Wohnung hinauf.
Sie war geschafft
Würde sagen, sie hatte es schon lange satt... oder so ähnlich. Da sollte mehr Wut reingelegt werden. Der Leser muss spüren, das sich da was Spektakuläres entwickelt.
Als weitere Maßnahme, um mehr Schwung in die Story zu bringen, würd ich die ersten beiden Absätze etwas kürzen, natürlich ohne deren Aussage zu schmälern. Bei so einem kurzen Text sollte jeder Satz ein Kracher sein! Mit tausend Ausrufezeichen dahinter! Du musst hier kein braves Mädchen sein. Wenn dir das schwerfällt, leih dir von Papa eine AC/DC CD, setz Kopfhörer auf, schieb den verdammten Lautstärkeregel hoch, bis zum Anschlag oder besser noch ein Stück weiter, und los geht’s!

Viel Spaß dabei!

Asterix

 

Frauensache - ich äußere mich trotzdem mal dazu ;-) .

Die Geschichte ist meines Erachtens gut aufgebaut. Etwas zu viel "geschafft" am Anfang, das wirkt auf mich langweilig. Maximal drei Mal hätte ich besser gefunden und stattdessen jeweils zwei Gründe für dieses "Geschafft sein" in einem Satz zusammengefasst (beispielsweise). Du verwendest es insgesamt fünf Mal. Oder Du benutzt Synonyme, für "geschafft" gibt es fast unendlich viele (erschöpft, erledigt, fertig, ausgelaugt, abgehetzt, entkräftet, erschlagen, ...).

Allerdings scheint es am Ende tatsächlich eine Frauensache zu sein. Denn ganz weiß ich nicht, was sie vorhat. Will sie ihn wirklich töten?

Liebe Grüße - Thomas

PS: Ach ja - Thomas ist kein guter Name für solch ein Opfer ;-) !

 

Hallo Vivii!

Überarbeitet hast du den Text ja bisher nicht, daher kann ich nur zu dieser Version einen Kommentar anbieten. Asterix hat dir ja schon gute Tipps gegeben.

Deine Protagonistin ist also eine Frau, die im "wirklichen Leben" vor Männern kuscht, sogar vergewaltigt wird (so deute ich das hier: "sexuelle Belästigung war da nicht das größte Übel gewesen.") und die in ihrer "Freizeit" dann Männer einfängt und im Keller vermutlich foltert und umbringt (vermutlich, weil du das ja aussparst - und wie sie das anstellt, lässt du leider auch weg).

Ich finde, du solltest mehr (persönliches, mehr Gedanken) deiner Protagonistin zeigen, sie besser beschreiben. Warum z.B. geht sie nicht zur Polizei, nachdem sie vergewaltigt wurde? Hat sie keine Freundinnen, keine Verwandten, mit denen sie über das Geschehen sprechen könnte? Hat sie überhaupt keine Angst, dass vielleicht doch mal jemand in den Keller geht? Der Heizungsmonteur zum Beispiel? Oder Kinder (die bekanntlich überall herumschnüffeln)?

Und wieso lässt sie sich alle Demütigungen gefallen? Wenn die sie doch so offensichtlich nerven? (Und warum trägt sie ein "zu kleines Kostüm"?) Das passt meiner Meinung nach nicht zu einer Feierabend-Männer-Killerin. Da fehlt mir das gewisse Etwas bei der Beschreibung deiner Protagonistin.

Naja, soviel erstmal von mir. Mal sehen, was du aus deinem Text noch machst.

Grüße
Chris

 

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