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Freier Fall

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20.09.2007
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Freier Fall

Schlaflos wälze ich mich in meinen Laken. Es ist zu warm, mein Rücken schmerzt und meine Augen wollen einfach nicht müde werden. Im Nebenzimmer ist es still, bis auf das leise Schnarchen meines Vaters, das ich durch die dünne Wand hören kann. Unruhig drehe ich mich auf die andere Seite.
Schließlich gebe ich den Kampf auf, klettere aus dem Bett und tapse zum Fenster, um es zu öffnen. Ich atme tief durch, in meinem Bauch kribbelt es und ein Schauer läuft mir den Rücken hinunter. Die Nacht ist sternenklar, die Luft kühl und verbraucht, doch ich mag diesen Duft. Ich schließe die Augen. Es kribbelt noch immer, die Füße, die Knie, der Po, der Bauch, der Nacken, die Nase. Adrenalin. Ein Abenteuer. Ein Blick auf die Uhr - viertel nach eins. Ich überlege, was passieren würde, wenn ich jetzt, mitten in der Nacht, einen kleinen Ausflug machte. Ganz allein, mit dem Fahrrad durch die dunklen Straßen und durch die Nachtluft ... Ich weiß, wohin ich möchte. Wohin es mich schon seit Monaten verlangt, doch tagsüber hat mir stets der Mut gefehlt.
Ich schließe das Fenster und ziehe mich an. Auf Zehenspitzen schleiche ich mich aus meinem Zimmer – alles schläft – und aus der Wohnung. So leise wie möglich gehe ich in den Keller um mein Fahrrad zu holen. Es ist alt und klapprig und der Dynamo ist laut, aber ich mag es. Meine Großmutter hat es mir vor einigen Jahren geschenkt, ein echtes Diamant-Fahrrad.
Die Tür fällt sanft hinter mir ins Schloss, ich schwinge mich auf den Sattel und fahre los.

Der Fahrtwind zerrt an meinen Haaren, meine Finger frieren, ich hätte Handschuhe anziehen sollen. Kein Gedanke währt länger als einige Sekunden in meinem Kopf, der Wind trägt ihn sogleich davon. Hätte ich nicht aufpassen müssen, wohin ich fahre, so wäre ich meinem Impuls gefolgt und hätte die Augen geschlossen.
Mein Weg führt mich durch kleine verwinkelte Gassen, über Kopfsteinpflaster, das mich und das klapprige alte Blech unter mir gehörig durchschüttelt. Wahrscheinlich werden alle im Umkreis von einhundert Metern geweckt. Bei dem Gedanken muss ich lachen.
Schließlich erreiche ich die Hauptstraße, die zum Domplatz führt. Verlassen liegt sie da, niemand, der jetzt noch unterwegs ist. Ich kann die Kathedrale sehen, dunkel und grau erhebt sie sich gegen den mit Sternen besprenkelten Nachthimmel. Vor dem Dom biege ich rechts ab und erhasche noch einen Blick auf einige Nachtschwärmer, die lachend über den großen Platz stolpern. Dann kann ich sie nicht mehr sehen, ich fahre die gewundene Straße entlang, die mich bergauf trägt. Ich keuche und stemme mich in die Pedale.
Wie genau ich in die Siedlung kommen soll, weiß ich nicht genau, deshalb folge ich einfach meinem Instinkt. Angst, mich zu verfahren, habe ich keine, obwohl mein Orientierungssinn nicht der beste ist. Die Nacht hat eine seltsame Wirkung auf mich. Niemand drängt mich, meine Zeit scheint mir unbegrenzt, ich bin unsterblich, unantastbar, frei.
Und tatsächlich. Nach einer Weile passiere ich die Bahngleise und sehe die kleine Dorfkirche, die mir sagt, dass ich mein Ziel nicht verfehlt habe.
Ich beschleunige mein Tempo. Ein Straßenname und eine Zahl geistern mir durch den Kopf, doch ich habe keine Ahnung, wo ich das Haus mit der Nummer fünfundzwanzig finden soll, also fahre ich einfach drauflos.
Mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich im alten Ortskern nicht fündig werde und so fahre ich, bis ich in eine Gegend mit neuen Einfamilienhäusern komme. Ich lese die Straßenschilder. Magnolienweg, Ritterspornweg, Geißblattstraße, Fingerhutweg ... Nein, hier bin ich nicht richtig. Keine Pflanzennamen.
Schließlich stehe ich vor einem kleinen, gemütlich aussehenden Häuschen, welches die Nummer fünfundzwanzig neben der Haustür trägt. Es hat einen sonnengelben Anstrich, soweit ich das durch den Schein der Laterne beurteilen kann. In einem Zimmer im ersten Stock brennt Licht.
Ich zittere, wieder schießt Adrenalin durch meinen Körper und lässt mein Herz klopfen. Schließlich lehne ich mein Fahrrad an den Laternenpfahl hinter mir und setze mich auf den Bordstein. Meine Augen sind auf das Fenster fixiert.
Dort sitze ich, fröstelnd aber glücklich. Ich bin ihm nahe, spüre seine Anwesenheit und frage mich, ob auch er fühlt, dass jemand vor seinem Fenster sitzt und ihn liebt. Fühlt er sich geliebt? Ein Lächeln huscht über mein Gesicht.
Dann sehe ich ihn. Sein Gesicht ist am Fenster erschienen, er sieht hinaus und mein Herz macht einen Hüpfer. Er blickt nach rechts, nach links, nicht zu mir, dann kippt er das Fenster an und verschwindet. Wenig später erlischt das Licht.

Tausend Gedanken schwirren mir dieses Mal durch den Kopf, der Fahrtwind vermag nicht, sie wegzublasen. Ich schmecke Bitterkeit, Enttäuschung. Doch dann frage ich mich, was ich erwartet habe. Dass er sich gefreut hätte, mich mitten in der Nacht vor seinem Fenster zu sehen? Zu mir hinausgekommen, sich mit mir unterhalten, mich hereingebeten hätte? Kopfschüttelnd beschleunige ich mein Tempo und halte verbissen die Tränen zurück. Das Bild vor mir verschwimmt und ich reiße die Augen weit auf, bis das Wasser verschwindet, doch der Kloß im Hals bleibt. Dann frage ich mich, was ich getan hätte, wenn er mich gesehen und genau so reagiert hätte. Ich stelle es mir vor. Wahrscheinlich wäre es mir peinlich gewesen. Wer bin ich schon? Stehe nachts vor seinem Fenster, feige, weil ich mich tagsüber nicht traue, ihn anzusprechen. Plötzlich schäme ich mich vor mir selbst. Unglaublich, dass ich vor wenigen Momenten noch so glücklich gewesen bin.

Auf dem Flur begegne ich meiner Mutter, im Nachthemd, mit weit aufgerissenen Augen und einem fragenden Ausdruck im Gesicht. Ich sehe sie an und lasse meinen Tränen freien Lauf.

 
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Hallo apfelstrudel,

ich finde deine Geschichte stimmungsvoll aber noch verbesserungswürdig. Hier kommen nun meine Anmerkungen.

1. Schließlich gebe ich den Kampf auf, stehe auf und tapse zum Fenster

Hier hast du eine lästige Wortwiederholung, die sich garantiert vermeiden ließe, wenn du entweder im ersten oder im zweiten Teil des Satzes etwas umformulierst. Glücklicherweise mangelt es da nicht an Möglichkeiten

- Beispiel a: "beende den Kampf"
- Beispiel b: "erhebe mich" oder "verlasse mein Bett" (in diesem Fall müsstest du auf das "Bett" am Anfang verzichten, aber das wäre möglich.

2. die Luft kühl und verbraucht

Wieso verbraucht? Das passt irgendwie nicht im Zusammenhang mir der sternenklaren, kühlen Nacht.

3. Es kribbelt noch immer, die Füße, die Knie, der Po, der Bauch, der Nacken, die Nase.

Eine Aufzählung in einem literarischen Text ist in der Regel unschön, es sei denn, du bezweckst damit was besonders. In diesem Fall ist es eine eher willkürliche Aufzählung, beliebig zu verlängern oder zu kürzen. Schriebst du nun "Es kribbelt noch immer
- überall
- im ganzen Körper
- oder etwas in der Art

würde das meines Erachtens ausreichen um das auszudrücken, was du mit der Aufzählung versuchst. Überlass dem Leser, sich vorzustellen, wo es überall kribbelt, wenn es überall kribbelt.

4. Auf Zehenspitzen schleiche ich mich aus meinem Zimmer – alles schläft – und aus der Wohnung.

Ein Satz, mit dem du es dir unnötig schwer machst. Dadurch, dass sich erst aus dem Zimmer und dann aus der Wohnung geschlichen wird, hast du eine unnötige Doppelung. Und diese eingeschobene Anmerkung, dass alles schläft, ist ungefähr so notwendig, als wenn du noch einmal darauf hinweisen würdest, dass es nachts dunkel ist. Völlig unnötig. Folgerichtig könnte der Satz einfach lauten:

Auf Zehenspitzen schleiche ich mich aus der Wohnung.

Als Leser weiß ich damit, dass die Prota sich somit auch aus ihrem Zimmer geschlichen hat, und da sie beim Schleichen aus der Wohnung niemand ansprach schlussfolgere ich zusätzlich automatisch, dass (vermutlich) alle schlafen. Wissen kann man es ja nicht, oder?

Warum es so wichtig wird, ein "aus" einzusparen wird spätestens deutlich, wenn ein Satz später auch noch das Fahrrad aus dem Keller geholt wird.

5. der Dynamo ist unglaublich laut

Verzichte auf das Wort "unglaublich". Es liest sich in Texten unglaublich unschön und gehört beim Schreiben von literarischen Werken zu den Tabu-Wörtern:
- unglaublich
- unfassbar
- unsagbar
- unbeschreiblich etc.

Weg damit!

6. Kein Gedanke währt länger als einige Sekunden in meinem Kopf, der Wind trägt ihn sogleich davon.

Eigentlich ein schönes Bild. Ich halte es aber in der Aussage für nicht ganz stimmig. Ich denke, dass jeder Gedanke grundsätzlich nur einige Sekunden in unserem Kopf verweilt, um sich dann mit den nachfolgenden Gedanken abzulösen. Ich würde einfach auf die Sekundenangabe verzichten und schreiben: Kein Gedanke währt lange ...

Dann umgehst du auch den unnötigen Hinweis "in meinem Kopf". Wo sollen Gedanken sonst sein, wenn nicht im Kopf?

7. Hätte ich nicht aufpassen müssen, wo ich hinfahre,

klingt unschön. Besser: wohin ich fahre

8. Ich weiß nicht genau, wie der Weg in die Siedlung ist,

klingt ebenfalls unschön. Besser vielleicht: Den Weg in die Siedlung kenne ich nicht genau ...

9. "demmeln" hast du rausgenommen. Richtig so, liest sich geändert besser und wird nun auch in Norddeutschland verstanden

10. Mein Bauch sagt mir, dass ich im alten Ortskern nicht fündig werde

Den Satz hast du im Vergleich zu meinen ausgedruckten Text schon wesentlich verbessert. Ich habe dennoch einen Vorschlag. Was würdest du davon halten, wenn du statt "mein Bauch" "ein Bauchgefühl" schriebst. Ich habe immer ein Problem damit, mir einen sprechenden Bauch vorzustellen.

11. Ich verliere jegliches Gefühl für Zeit, weiß nicht, wie lange ich durch das Dorf fahre, hin und her. Nur, dass ich schließlich vor einem kleinen, gemütlich aussehenden Häuschen stehe

"Nur, dass" liest sich irgendwie komisch. Ich sehe nicht so ganz den Bezug zum Satz davor. Außer dem klingt es auch nicht gut. Wie wäre es mit:

"Bis ich schließlich ..."?

12. Ein grundsätzliches Problem bei deinem Text ist die Tatsache, dass viele (zu viele!) Sätze mit "Ich" beginnst. Das musst du vermeiden. Außerdem wirst du feststellen, dass der Rhythmus deiner Sätze und der Klang sich erheblich verbessert und fließender wird, wenn du das änderst.

Beispiel für eine "Ich" - Inflation:

Ich beschleunige mein Tempo. Ein Straßenname und eine Zahl geistern mir durch den Kopf. Ich habe keine Ahnung, wo ich das Haus mit der Nummer fünfundzwanzig finden soll, also fahre ich einfach drauflos.
Mein Bauch sagt mir, dass ich im alten Ortskern nicht fündig werde und so fahre ich, bis ich in eine Gegend mit neuen Einfamilienhäusern komme. Ich lese die Straßenschilder. Magnolienweg, Ritterspornweg, Geißblattstraße, Fingerhutweg ... Nein, hier bin ich nicht richtig. Keine Pflanzennamen.
Ich verliere jegliches Gefühl für Zeit, weiß nicht, wie lange ich durch das Dorf fahre, hin und her. Nur, dass ich schließlich vor einem kleinen, gemütlich aussehenden Häuschen stehe, welches die Nummer fünfundzwanzig neben der Haustür trägt. Es hat einen sonnengelben Anstrich, soweit ich das durch den Schein der Laterne beurteilen kann. In einem Zimmer im ersten Stock brennt Licht.
Ich zittere, wieder schießt Adrenalin durch meinen Körper und lässt mein Herz klopfen. Ich lehne mein Fahrrad an den Laternenpfahl hinter mir und setze mich auf den Bordstein. Meine Augen sind auf das Fenster fixiert.
Dort sitze ich, fröstelnd aber glücklich. Ich bin ihm nahe. Ich spüre seine Anwesenheit und frage mich, ob auch er fühlt, dass jemand vor seinem Fenster sitzt und ihn liebt.

Das ist einfach zu häufig, da musst du unbedingt nacharbeiten.

So das wirkt jetzt mir den vielen Anmerkungen fast etwas sehr negativ, ist aber gar nicht so gemeint. Nimm es am besten als kleine Hinweise, wie du (meiner Meinung nach) deinen guten Text noch verbessern kannst.

Grüße von Rick

 
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Hallo Rick!

Ich danke dir vielmals für deine umfangreiche Kritik und die Verbesserungsvorschläge! Freut mich zu hören, dass du dich so intensiv damit beschäftigt hast! Und im Gegenteil: Ich sehe das überhaupt nicht negativ, viele Dinge, die du angeregt hast, haben mich selbst auch gestört, andere Sachen, die dich gestört haben, fand ich wiederum gut gelungen. ;)

Was die Wortwiederholungen angeht: Da hast du natürlich Recht. Mich stört sowas auch immer, aber mir selbst fällt das schon gar nicht mehr auf bei meinem eigenen Text, deshalb danke dafür. Dass die Sätze zu oft mit 'Ich' anfangen, weiß ich auch schon, ich habe schon versucht, das zu vermeiden, aber ich war mit dem Resultat auch nicht zufrieden.

2. die Luft kühl und verbraucht

Wieso verbraucht? Das passt irgendwie nicht im Zusammenhang mir der sternenklaren, kühlen Nacht.

Warum nicht? Morgens ist die Luft frisch, Nachts ist sie verbraucht vom langen Tag. Ich sehe da keine Unlogik.

3. Es kribbelt noch immer, die Füße, die Knie, der Po, der Bauch, der Nacken, die Nase.

Eine Aufzählung in einem literarischen Text ist in der Regel unschön, es sei denn, du bezweckst damit was besonders. In diesem Fall ist es eine eher willkürliche Aufzählung, beliebig zu verlängern oder zu kürzen. Schriebst du nun "Es kribbelt noch immer
- überall
- im ganzen Körper
- oder etwas in der Art

würde das meines Erachtens ausreichen um das auszudrücken, was du mit der Aufzählung versuchst.

Das Stilmittel 'Aufzählung' gibt es aber nunmal, und ich habe es auch schon oft in literarischen Texten gelesen, mich hat das nie gestört (vielleicht ist das auch Geschmackssache und über Geschmäcker lässt sich nunmal streiten ;)). Außerdem bezwecke ich durchaus was damit. Es kribbelt nunmal nicht überall. Bei meiner Protagonistin kribbelt es nicht im Hals, nicht im Rücken, nicht in den Waden, nicht in den Oberschenkeln. :D Ich finde das viel interessanter, einige Details, die jetzt nicht unbedingt wichtig für die Handlung sind (die den Leser aber auch nicht durcheinander bringen), aber zur Stimmung beitragen. Sonst wirkt der Text doch irgendwann steril, wenn ich immer nur so allgemein bleibe, oder?
4. Auf Zehenspitzen schleiche ich mich aus meinem Zimmer – alles schläft – und aus der Wohnung.

Ein Satz, mit dem du es dir unnötig schwer machst. Dadurch, dass sich erst aus dem Zimmer und dann aus der Wohnung geschlichen wird, hast du eine unnötige Doppelung. Und diese eingeschobene Anmerkung, dass alles schläft, ist ungefähr so notwendig, als wenn du noch einmal darauf hinweisen würdest, dass es nachts dunkel ist. Völlig unnötig.

Hm ... Kann sein, dass du Recht hast, aber ich fand diesen Satz eigentlich besonders schön und kann mich nur schwer davon trennen ... ;)
6. Kein Gedanke währt länger als einige Sekunden in meinem Kopf, der Wind trägt ihn sogleich davon.

Eigentlich ein schönes Bild. Ich halte es aber in der Aussage für nicht ganz stimmig. Ich denke, dass jeder Gedanke grundsätzlich nur einige Sekunden in unserem Kopf verweilt, um sich dann mit den nachfolgenden Gedanken abzulösen. Ich würde einfach auf die Sekundenangabe verzichten und schreiben: Kein Gedanke währt lange ...

Dito.

Was die Punkte 7, 8, 10 und 11 betrifft danke ich dir vielmals, die Formulierungen sind wirklich besser und gefallen mir auch gut.

Werde mich gleich ans Überarbeiten machen!

Liebe Grüße,
vom Strudel


Nachtrag:

Habe den Text jetzt nochmal gründlich überarbeitet und auch versucht, die Anregungen von bernadette einzubauen. Ich hoffe es ist jetzt besser ...

 
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Ich beschleunige mein Tempo. Ein Straßenname und eine Zahl geistern durch meinen Kopf. Keine Ahnung, wo ich das Haus mit der Nummer fünfundzwanzig finden soll. Also fahre ich einfach drauflos.
Mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich im alten Ortskern nicht fündig werde und so radle ich, bis ich in eine Gegend mit neuen Einfamilienhäusern komme. Aufmerksam betrachte ich die die Straßenschilder. Magnolienweg, Ritterspornweg, Geißblattstraße, Fingerhutweg ... Nein, hier bin ich nicht richtig. Keine Pflanzennamen.
So langsam verliere ich jegliches Gefühl für Zeit, weiß nicht, wie lange ich noch durch das Dorf fahren muss, hin und her. Bis ich schließlich vor einem kleinen, gemütlich aussehenden Häuschen stehe, welches die Nummer fünfundzwanzig neben der Haustür trägt. Es hat einen sonnengelben Anstrich, soweit ich das durch den Schein der Laterne beurteilen kann. In einem Zimmer im ersten Stock brennt Licht.
Wieder schießt Adrenalin durch meinen Körper und lässt mein Herz klopfen. Aufgewühlt lehne ich mein Fahrrad an den Laternenpfahl hinter mir und setze mich auf den Bordstein. Meine Augen sind auf das Fenster fixiert.
Dort sitze ich, fröstelnd aber glücklich. Bin ihm nahe. Spüre seine Anwesenheit. Und frage mich, ob auch er fühlt, dass jemand vor seinem Fenster sitzt und ihn liebt.

Grüße von Rick

 

Hallo Rick!

Ehrlichgesagt finde ich das übertrieben. Das 'Ich' darf wohl überhaupt nicht am Satzanfang stehen? Danke für die Mühe die du dir machst, aber ich denke, ich werde es jetzt so lassen. Würde ich diesen Absatz, den du jetzt als Beispiel angeführt hast, so übernehmen, wäre das ein richtiger Bruch zum restlichen Stil der Geschichte.

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo apfelstrudel,

Zitat: Würde ich diesen Absatz, den du jetzt als Beispiel angeführt hast, so übernehmen, wäre das ein richtiger Bruch zum restlichen Stil der Geschichte.

Wie du schon richtig schreibst, sollte das nur als Beispiel dienen. Außerdem haben deine aktuellen Korrekturen den Absatz schon erheblich verbessert.

Und natürlich dürfen Sätze weiterhin mit "Ich" beginnen.

ICH *g* habe nur die Erfahrung gemacht, dass es in vielen Fällen anders besser klingt. Nicht immer natürlich.

Es sind ja eh alles nur Anregungen, aus denen man sich das herauspicken sollte, was man vor sich selbst noch verantworten kann. Vor allen Dingen, wie du ja richtig anmerkst - muss der eigene Stil gewahrt bleiben. In diesem Sinne: weitermachen!

Grüße von Rick

 

Hallo Apfelstrudel,

eine schöne Geschichte hast du hier abgeliefert. Ich bin deiner Protagonisten den Weg durch die Nacht gefolgt und habe den Fahrtwind im Gesicht gespürt. Das hast du wirklich sehr realitätsnah beschrieben. Zwischen den Zeilen schimmert ein sanfter Hauch Romantik durch, der die Reise trotz der Kühle der Nacht angenehm warm gestaltet hat.

Es (dennoch) gab einige Dinge, die mich aus dem Lesefluss geworfen haben.

Sie ist völlig ausgestorben
Das ist zu umgangssprachlich und sprengt aus dem an sich sehr gewählten Ton. Zudem ist ausgestorben ausgestorben. Völlig hat hier gar keinen Berechtigung. Ich würde nach einer schöneren Umschreibung als ausgestorben suchen. Etwas, das nicht gegen die Romantik arbeitet.
Wenn du beispielsweise verlassen wählen würdest, träfe das den Ton deiner Kg wesentlich besser - und du deutest schon auf das Ende der Kg voraus.
Angst, mich zu verfahren, habe ich keine, obwohl mein Orientierungssinn praktisch gar nicht vorhanden ist.
Wieder etwas, das nicht den Ton trifft. Auch hier zu umgangssprachlich.
Die Nacht hat eine seltsame Wirkung auf mich. Meine Zeit scheint mir unbegrenzt, ich bin unsterblich, unantastbar, frei.
Das finde ich sehr schön, zumal ich dieses Gefühl sehr deutlich nachempfinden kann
Niemand, der mich drängt.
Dieser Nachsatz verstärkt die Wirkung jedoch nicht, sondern bremst sie aus. Unnötig, zu viel des Guten - streichen!
Mein Zeitgefühl habe ich längst verloren, ich weiß nicht, wie lange ich durch das Dorf fahre, hin und her
Das passt nicht zu dem Aspekt des Zeitlosen, den du zuvor angebracht hast.

So, das wären meine Vorschläge, um der kg einen runderen Schliff zu verpassen.
Gerne gelesen

grüßlichst
weltenläufer

 
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Hallo weltenläufer!

Vielen Dank für deine lieben Worte! Ich werde nochmal über die Geschichte lesen und nachsehen, welche Änderungsvorschläge ich einbringen werde. Den Satz "Sie ist völlig ausgestorben" wurde jetzt schon zum zweiten Mal kritisiert, also werd ich mich wohl beugen. ;) Ich trauere um die ausgestorbene Straße ... (haha welch Wortwitz) Was das Umgangssprachliche betrifft, hast du wahrscheinlich recht, werde ich ändern. Mit vielen Dingen, die du angesprochen hast, war ich selbst auch nicht 100%ig zufrieden, aber man selbst kann das nach tausendmal lesen nicht mehr beurteilen, deshalb nochmals danke für deine Kritik!

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo Strudel,
ich wollte mich zu später Stunde auch noch schnell in die Reihe der Lobenden einreihen, gefällt mir sehr gut diese Geschichte.
Ich finde es fast schade, dass sie in der Romantik-Kategorie - wo sie natürlich eindeutig hingehört - zu finden war, denn so konnte ich schon erahnen, dass deine Protagonistin zu einem Jungen fahren will, deine Geschichte an sich baut das aber viel spannender auf und wenn man nicht wüsste, dass die Geschichte früher oder später was mit Liebe zu tun haben wird, wäre das sicher viel interessanter gewesen :D
Ich hoffe, du kannst mir folgen - Ist keine Kritik, du kannst ja auch nix dafür, dass du die Geschichte in die Kategorie ordnen musst, in die sie gehört. ;)

Ansonsten finde ich auch, dass du alles flüssig und anschaulich erzählt hast und 2:30 in der Nacht ist auch die beste Zeit glaube ich, so eine Geschichte zu lesen, denn so lockt mich die Nacht auch nach draußen aufs Fahrrad...
(nur wüsste ich gerade niemanden, vor dessen Fenster ich warten könnte :D)

Nichtsdestotrotz widerstehe ich diesen Verlockungen und wandel jetzt in mein Bett und bedanke mich hiermit für eine sehr harmonische und schöne Gutenachtgeschichte ;)

Liebe Grüße,
Sebastian

 

Hallihallo Smilodon!

Hatte deinen Kommentar fast übersehen, vielen Dank dafür!
Das ist immer so eine Sache mit den Rubriken, alles hat seine Vorteile und Nachteile. Ich überlege mir auch immer wieder, dass es doch auch mal ganz spannend wäre, überhaupt nicht zu wissen, was passieren kann. Und so könnte z.B. eine Horrorgeschichte ein total überraschendes Ende haben, was aber mit dem Wissen, eine Horrorgeschichte zu lesen, nicht der Fall wäre. Ich hoffe, jetzt kannst du mir folgen. :D

Ansonsten finde ich auch, dass du alles flüssig und anschaulich erzählt hast und 2:30 in der Nacht ist auch die beste Zeit glaube ich, so eine Geschichte zu lesen, denn so lockt mich die Nacht auch nach draußen aufs Fahrrad...
Hehe, ja, die Versuchung war bei mir auch schon groß, aber der Mut fehlte dann doch. ;)

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hm, ja, ist wohl eine Mischung aus Beidem. Außerdem ist es draußen zur Zeit so kalt... :p

 

Auch wenn die Geschichte bzw. der Thread schon älter ist, sie gefällt mir besonders gut da ich selbst mit der Thematik gut vertraut bin. Nachts aufzuwachen, nicht mehr schlafen zu können und weil ständig die Frage durch den Kopf geht, was eine genau bestimmte Person jetzt noch macht. Schläft sie schon? Ist sie noch wach? Ist sie traurig, ist sie glücklich? Um das herauszufinden gibt es natürlich nur eine logische Konsequenz, und zwar hinfahren und - wenn auch heimlich - nachsehen. Und dieses Gefühl von Nähe das man schließlich empfindet, dass das alles hier in dieser Gegend ein fester Teil im Leben dieses Menschen ist wo sich Geschichten verbirgen, und dass man durch seine Anwesenheit selbst nun auch Teil davon ist, hast du ganz gut beschrieben. Allerdings hättest du, sofern hier für dich ein Schwerpunkt lag, das sicher auch noch etwas weiter ausführen können. Aber natürlich ahbe ich die Geschichte auch so wie sie jetzt ist sehr gerne gelesen.

 

Hallo merian!

Also so alt ist die Geschichte nun auch wieder nicht, dass man nicht noch kommentieren könnte. ;) Es freut mich natürlich, dass es dir gefallen hat. Was das Ausbauen der Geschichte betrifft: Manchmal liegt einfach in der Kürze die Würze, ich glaube die Wirkung wäre echt flöten gegangen, wenn ich das noch weiter ausgedehnt hätte. Aber vielleicht ist das auch Ansichtssache, ändern werde ich jedenfalls nichts mehr.
Danke fürs Lesen und Gutfinden!

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo jukogami!

Vielen Dank für dein Kommentar, freut mich, dass du dich in der Geschichte wiederfinden konntest. ;)
Was den Stil betrifft, das stimmt natürlich, das muss immer zum Protagonisten passen, aber trotzdem kann man daran immer ein bisschen feilen. Feinarbeit eben. ;) Ich bin aber eigentlich ganz zufrieden wie es jetzt ist.

Also liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Eine sehr schön geschriebene Geschichte, finde ich. Es soll keine Kritik sein, wenn ich sage, dass sie mich inhaltlich kaum angesprochen hat - so etwas ist immer Geschmackssache. Um so begeisterter bin ich von deiner Beschreibung der Nachtfahrt. Du hast es verstanden, ein eigentlich unspektakuläres Ereignis so zum Leben zu erwecken, dass man als Leser mit auf dem Rad saß. Großartig!

Viele Grüße von Richard

 

Hallo RichardB!

Freut mich, dass die Geschichte so vielen gefällt. Dass sie dich inhaltlich nicht angesprochen hat, naja, man kann halt nicht jedem gefallen, wäre ja auch schlimm. :p Umso mehr freuts mich ja, dass sie dich trotzdem begeistern konnte.

Grüße zurück,
apfelstrudel

 

Hi Zicke, äh, Nachtschatten! :p

Irgendwem muss es ja nicht gefallen. :D Was den Titel angeht: klar, weiß ich, da hast du recht. Ich hab da immer so meine Probleme, aber ändern werd ich an der Geschichte nichts mehr, nicht mal den Titel.

Zitat:
Meine Großmutter hat es mir vor einigen Jahren geschenkt, ein echtes Diamant-Fahrrad.
sinnlose stelle
Jo kann sein, aber sowas darf ruhig auch in eine Geschichte. Man darfs halt bloß nicht übertreiben, aber ich finde, grad so kleine Details machen manchmal auch was aus.

Und die Wortgewalt: Okay, das ist sicher Ansichtssache, aber ich fände das in der Geschichte eher unpassend ein riesen Tamtam zu veranstalten. An der Stelle ist weniger halt mehr, finde ich zumindest.

Aber danke für deine Kritik!

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo Pistole!

Vielen Dank für deinen Kommentar erstmal.

Das Komische an deiner Geschichte ist ja: Der Junge, um den es geht, um den geht es nicht.
Ja da hast du recht. Aber das habe ich ganz bewusst weggelassen, mir ging es mehr um die Atmosphäre und um das Gefühl. Hätte ich da noch groß was über den Jungen geschrieben wäre das wahrscheinlich eine typische Teenager-Verliebtheits-Geschichte geworden und das wollte ich eigentlich nicht. Eine wirkliche Handlung in dem Sinne gibt es ja nicht und von daher ist die Bemerkung
Wenn ich gemein wäre, würde ich behaupten, hier hat sich jemand ins Verliebt-Sein verliebt.
gar nicht so gemein. ;)
So oder so, mir hat deine Geschichte gefallen.
Darum gehts ja. :) Danke nochmal!

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo someday!

Danke für die Blumen, freut mich, dass die Geschichte immer noch kommentiert wird und dass sie dir im Gedächtnis geblieben ist umso mehr. :) Also, was soll ich weiter sagen als dankesehr :D

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

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