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Freundschaft Plus +
Da liegen sie – betrunken und im Liebesrausch – auf der Couch des Hotelzimmers, da sie ja nicht miteinander ins Bett gehen. Hungrig verzehren sie den Körper des jeweils anderen, als ob ihre Leben davon abhängen würde – und wer weiß, vielleicht tun sie das ja auch. Und dann stoppt er plötzlich und unerwartet und hebt den Kopf, um ihr zum ersten Mal, seitdem sie das Hotel betraten, direkt in die Augen zu sehen. Auch seine Partnerin erstarrt in ihrer Bewegung; in ihrem Gesicht ist die Verwirrung klar zu erkennen – noch nie unterbrach er ihr Liebesspiel. Durch das durch die Jalousien gedämpfte Licht der Morgendämmerung entsteht ein bisher noch nie dagewesener Blickkontakt zweier Menschen, die ansonsten bereits jeden anderen erdenklichen Kontakt miteinander hatten.
Er schafft es zuerst, sich aus der unangenehm ungewohnten Stille zu reißen, räuspert sich, richtet sich etwas weiter auf, als wolle er einen Überblick über die Situation erhalten und mit einer immer noch rauchig belegten Stimme und einem ernsten Gesichtsausdruck spricht er mehr zu sich selbst als zu ihr: „Nach dem heute – also, dem hier – Du willst doch keine ernste Beziehung. Also mit mir, oder?“ – „Nein, natürlich nicht,“ kommt ihre Antwort – für den genauen Betrachter vielleicht ein bisschen zu schnell – gefolgt von einem kurzen Lacher. „Du etwa?“, hängt sie mit einer hochgezogenen Augenbraue ihren letzten Worten an. Wieder ein Räuspern von ihm, und nach kurzem Überlegen: „Gut, ich nämlich auch nicht – ist schließlich nur zum Spaß.“ Das bleiben auch die einzigen Worte bis zum Abschluss ihres Liebesspiels, das die beiden, wenn auch etwas zögerlich, wieder aufnehmen.
Erst als beide wieder bei Atem sind erhebt sie sich langsam aus ihrem Liebesnest und beginnt, ihre zuvor übereifrig abgelegten Kleidungsstücke aufzusammeln. Er – mittlerweile auf der Couch sitzend – sieht ihr dabei in Gedanken versunken zu – sagt aber nichts und auch sie bleibt stumm. Bevor sie ganz aus dem Hotelzimmer verschwindet, wirft sie ihm noch einen letzten Blick zu: „Nächstes Mal gehen wir ins Bett – die Couch ist ziemlich ungemütlich.“ Was er nur mit einem abwesenden Nicken bestätigt.
Was sie - nun hinter der geschlossenen Tür lehnend, unfähig, sich jetzt schon vom Ort des Geschehens zu entfernen - schließlich wusste sie nicht, wann - und ob - sie sich das nächste Mal wiedersehen würden - nicht sieht, und er niemals zugeben würde, ist die Reaktion seines Körpers auf die vergangenen Stunden - wahrscheinlicher jedoch auf das Gespräch, das die beiden zuvor führten. Seine Schultern sacken nach unten, ihm wird kalt - eine Kälte, die nicht einmal die warme Decke vertreiben kann- und er würde noch stundenlang hier, auf der Couch liegen und nachdenken, über Dinge, die für ihn fremd waren. Bevor schließlich auch er das Hotelzimmer verlässt, dreht er sich noch einmal um, spürt die Angespanntheit seines Körpers und denkt: "Das nächste Mal gehen wir wirklich ins Bett - die Couch ist ziemlich ungemütlich."