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Gary Payne
Der Mann, der es mag.
Gary Payne. Name ist Programm. Nummer 58. Hier und Jetzt. Und wie immer ist es irgendein Hotelzimmer in irgendeiner Stadt mit irgendeinem Mädchen aus irgendeiner Familie...
Auch dieses Mal wieder: Aufstehen, Roboten, nach Hause kommen, Zeitung lesen und auf einmal ist es da. Dieses Gefühl, Verlangen, mächtiger als irgendein Junkie es fühlen könnte.
Und auch die Prozeduren danach wiederholen sich. Ins Bad gehen, Wasser aufdrehen, Handtuch aus der Tasche nehmen, erst sich waschen, dann sie. Waschen. Den Schmutz des Gewissens abspülen. Noch einmal voll und ganz auf das konzentrieren was gerade geschah... Er hatte Glück.
Vier Monate vom letzten zu diesem Mädchen. Lange für ihn, Pech für sie. Er hat sich Zeit gelassen. Acht Stunden und 35 Minuten um genau zu sein. Beinahe vier Stunden über dem Durchschnitt. Drei Stunden und 44 Minuten... um genau zu sein. Payne ist Perfektionist.
Er traf sie am Kiosk. Völlig überraschend war sie da. Und sie war alleine. Noch überraschender, wenn man beachtete wie schön sie war. Sie strahlte Jugend aus, dass mochte er an ihr. Sie diskutierte mit dem Verkäufer. Sie behauptete ihren Ausweis nur zu Hause vergessen zu haben und doch öfter hier zu sein. Er behauptete, dass sie doch noch nichtmal wüsste wie man Whiskey schreibt und Mädchen in ihrem Alter längst im Bett sein müssten. Es war neun Uhr siebenundzwanzig und er hatte leichtes Spiel. Sie trank Single Mault, schottisch. Seine Lieblingsmarke... Er hatte Glück.
Nachdem er seine Tasche wieder gefüllt hatte, schaute er sie noch ein letztes Mal an. Sie hatte sich verändert. Für Payne war sie jetzt, im dunklen Licht der Leuchtreklame, sogar noch schöner als am Kiosk. Sie lag nackt auf dem Bett und war perfekt. Alles an ihr war perfekt. Er genoß sie, zog sie mit tiefen Atemzügen in sich ein und hielt die Luft an. Dann war er weg. Das Polaroid ihres perfekten Körpers in der Brusttasche, einzig darauf wartend, in seinem Arbeitszimmer an die Wand zu kommen.
Als Payne und das Mädchen früher am Abend in das Hotel kamen, war der Whiskey halb leer, sie voll und er hungrig. Ungewöhnlich für ihn. Hunger um diese Zeit. Eigentlich kann man nach Paynes Körper die Uhr stellen. Egal um was es geht.
Da Payne es vorzog Hotels zu meiden in denen er seine Personalien abgeben muss, ging er einfach ohne auszuchecken. Das Geld hatte das Mädchen.
Als sie ihn das erste Mal in Mund nahm, war es vorbei. Pipecuronium, ein Muskelrelaxan verwendet bei Narkosen um Muskelzucken durch zeitlich begrenzte Lähmung der Muskeln zu verhindern. Sie sieht, schmeckt, riecht alles... Vor allem aber spürt sie alles und kann sich doch nicht bewegen. Direkt in die Halsschlagader injiziert. Drei Minuten klang sie nach gutem Sex. Dann konnte sie gar nichts mehr sagen. Er fing langsam an. Wie immer. Verwöhnte sie. Strich ihr mit der kalten Klinge über den gesamten nackten Körper. Dann stach er zu. In den Fuß und schrie sie an sich zu wehren. Mit der Präzision eines Chirurgen und den Mitteln eines Handwerkers fing er an, sie nach seiner Vorstellung zu verfeinern. Er fing immer mit den Füßen an. Mit den Zehen. Er schnitt die Haut an den Seiten ab. Nicht ganz, er nähte die Hautlappen zusammen, welche nebeneinander lagen. Und desinfizierte die Wunden mit Spiritus. Wollte sie seiner Vergangenheit angleichen, sie so machen wie er es damals in seinen Büchern sah.
Er ging. Ließ sie atmen ohne zu Leben. Ließ sie fühlen ohne zu sein.
Wissen. Wissen verstand er und er nutzte es. Sie wusste nicht. Wiedermal ihr Pech.
Er ging, Sie blieb und trotz allem, verändert hatte sich nichts. So sehr er arbeitete, niemand wusste von seinem Werk. Warscheinlich besser so. Zumindest für ihn. Er. Dritte Person Singular, Erster Fall. Er hasste sich und das war ihr Pech. Ihm war es egal, was mit ihm geschah. Endlose Monotonie.
Als seine Mutter starb, schickte er einen Blumenstrauß zu ihrem Grab. Er wohnt 5 Minuten vom Friedhof entfernt. Vier Minuten und Sechsundfünfzig Sekunden... an guten Tagen... Payne ist Perfektionist.