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gefangen

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18.03.2002
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gefangen

Es war dunkel und so verdammt kalt. Ihre Finger und Zehen fühlten sich schon lange nicht mehr an als ob sie zu ihrem Körper gehören würden. Da war nur dieser beißende Schmerz. Wie lange mochte sie schon in diesem Loch gefangen sein? Das Gefühl für Zeit hatte sie verloren. Sie sehnte die Ohnmacht herbei, die sie seit langem in sich aufkommen spürte und hatte gleichzeitig Angst davor zu sterben, wenn sie tatsächlich das Bewusstsein verlieren würde. Martha versuchte ihre steifen Finger zu bewegen und krallte dabei ihre linke Hand in die gefrorene Erde. Ein dumpfes Stöhnen drängte sich aus ihrem Mund, ein Keuchen. Die Schmerzen waren furchtbar und die Geräusche, die Martha machte, konnte sie nicht mehr kontrollieren.
Bewegen, bewegen, setz dich anders hin. Auf die Knie, nein, oh meine Beine! Tränen liefen ihr die Wangen hinunter.
„Bitte...“, keuchte Martha, „Hilfe... bitte!“ flüsterte sie und schluchzte laut auf.

Frank wachte auf dem Sofa im Wohnzimmer auf. Die Digitaluhr des Videorekorders zeigte 4:56 Uhr. Martha war bestimmt schon im Bett. Er erinnerte sich daran, dass sie sich gestritten hatten. Natürlich war es wieder seine Schuld gewesen. Es tat ihm leid, doch das konnte er nicht zugeben, nicht ihr gegenüber. Das war schon immer sein Problem gewesen, aber so war er nun mal, dachte er. Er liebte Martha, weil sie ihn immer noch liebte. Er bewunderte sie dafür, dass sie immer noch mit ihm zusammen war. Ohne Martha wäre er schon längst völlig zugrunde gegangen. Er mochte sich nicht und hatte schreckliche Schuldgefühle, weil er die Frau, die alles für ihn tat, die sich die größte Mühe gab ihm das Leben lebenswerter zu machen, immer so verletzte. Es war ein Teufelskreis, weil er seine Schuldgefühle und seinen Hass auf sich selbst immer auf sie projizierte, an ihr ausließ. Frank griff nach der Flasche. Als er merkte, dass sie leer war brummte er mürrisch und drehte sich zum Weiterschlafen wieder um.

Sie musste tatsächlich ohnmächtig geworden sein. Martha kam wieder zu sich als sie die kalte Erde roch. Sie lag mit dem Gesicht auf dem Boden, die Arme seltsam verdreht. Ihre Beine spürte sie nicht mehr, an deren Stelle waren nur zwei schwere Klumpen. Es gelang ihr, kurz den Kopf zu heben. Wie lange hatte sie geschlafen?
Es war nicht mehr völlig dunkel. Geräusche klangen an ihr Ohr, halluzinierte sie? Sie konnte nicht erkennen welcher Art die Geräusche waren. Stimmen, Vogelgezwitscher, ein vorbeifahrendes Auto? Martha konzentrierte sich auf die Geräusche und bemerkte, dass diese ganz in der Nähe sein mussten. Sie versuchte um Hilfe zu rufen, doch nur ein heißeres Krächzen kroch aus ihrer Kehle. Sie erkannte das Geräusch. Es war nur ihr eigenes lautes Atmen gewesen, das sie gehört hatte und das sie hoffen ließ bald befreit zu werden. Sie schloss die Augen.
Noch ein weiteres unangenehmes Gefühl war dazugekommen. Martha musste mal ganz dringend. Doch sie war nicht in der Lage sich zu bewegen.

Um 9:28 wachte Frank wieder auf und torkelte zur Toilette. Sein Kopf brummte und er vermisste seine Frau. Im Badezimmer duschte er und putzte sich die Zähne. Er wollte wenigstens gut riechen, wenn er sich jetzt zu Martha ins Bett legen und sich an sie kuscheln würde. Vielleicht könnte er ihr sagen, dass es ihm leid tat und dass er sie liebe. Aber wahrscheinlich würde er das kleine Wort „Entschuldigung“ wieder nicht über die Lippen bringen. Es fiel ihm so schwer. Gut, dass Martha das nicht von ihm verlangte. Sie schien seine Gedanken lesen zu können. Sie wusste was er fühlte, auch ohne Worte.

Bestimmt hatte er längst vergessen, dass er sie in das Erdloch im Garten gesperrt hatte. Im Sommer, in seiner guten Zeit, hatten sie die Grube gemeinsam ausgehoben, um darin Kartoffeln und anderes Gemüse frisch zu halten.
Sie war ihm nicht böse, er konnte nichts dafür. Es war der Alkohol. Ja ja, viele sagen, dass der Alkohol keine Entschuldigung sei, aber die waren nie in einer Situation wie der ihren gewesen. Frank war ein wunderbarer Mensch, dann wenn er eine gute Zeit hatte. In den letzten Wochen war es aber nicht leicht für ihn gewesen. Er hatte seine Arbeit verloren und sich mit seinen besten Freunden verkracht. Martha war seit einiger Zeit in einer AlAnon Gruppe, eine Art Selbsthilfegruppe von Angehörigen und Freunden von Alkoholikern. Die Geschichten, die sie dort hörte, hätten alle von ihr stammen können. Dort fühlte sie sich verstanden. Keiner von den meist weiblichen Gruppenmitgliedern hatte ihr jemals gesagt, dass sie sich doch von ihrem Mann trennen sollte. Martha liebte ihn und sie wusste, dass er alles was er ihr antat und was er zu ihr sagte, um sie zu verletzen, nicht so meinte und dass er selber noch mehr darunter litt als sie.

Er öffnete die Tür zum Schlafzimmer und erstarrte. Das Bett war leer. Er ging zurück ins Wohnzimmer, dann in die Küche, nirgends war ein Zettel oder irgendetwas woraus er schließen konnte wohin sie gegangen war. Wahrscheinlich war sie nur zum Bäcker gegangen um frische Brötchen fürs Frühstück zu holen, beruhigte er sich, aber das ungute Gefühl ging dabei nicht weg. Er setzte Wasser für den Kaffee auf, holte die Butter aus dem Kühlschrank und stellte zwei Teller auf den Tisch. Dann machte er ein Feuer im Kamin. Es war ziemlich kalt im Esszimmer, über Nacht war die Tür zum Garten aufgeblieben. Frank holte die Zeitung ins Haus und setzte sich an den Tisch um auf Martha zu warten.

Es ist schon hell, bestimmt wird es bald wärmer und ich kann mich wieder bewegen, ich kann mich aufrichten und Frank um Hilfe rufen. Bestimmt wird er mich hören. Vielleicht schläft er noch. Wenn er aufwacht erinnert er sich vielleicht an das was heute Nacht passiert ist und befreit mich sofort. Bestimmt wird er das. Nur noch ein bisschen schlafen. Ich darf nicht sterben. Ich darf ihn nicht alleine lassen. Nur noch ein bisschen schlafen. Ich darf nicht sterben, darf nicht sterben. Nur noch schlafen. Nur noch... schlafen.

 

Hallo lunaluna,

über Alkohol und Eheprobleme konnte man schon oft im Forum lesen. Deine Geschichte zeichnet sich aber (1.) durch die gelungene Parallel- Handlung aus, (2.) werden die zwei so unterschiedlichen Seiten des Mannes dargestellt (er ist halt nicht nur der Böse), und (3.) reagiert die Frau nicht mit Haß (obwohl man da auch ein unwahrscheinliches Verhalten sehen könnte).
Mit „wahrscheinlich würde ein Blick und ein Streicheln ausreichen“ zerstörst Du etwas das positive Bild des Mannes, das klingt doch ganz schön selbstgerecht und mechanistisch.

Bei „... und anderes Gemüse frisch zu halten. Sie war ihm nicht böse ...“ - klingt es im ersten Moment so, als ob sie ihm nicht böse ist, weil er die Frischhaltemöglichkeit geschaffen hat.
Noch eine Winzigkeit: Wenn Du „Erdloch“ - „Loch“ vermeiden willst, bietet sich Grube an.

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

für Deine produktive Kritik bin ich Dir sehr dankbar. Deine Anregungen sind wirklich sehr hilfreich und wahrscheinlich werde ich sie auch alle irgendwie umsetzen.

Dankeschön :-)

lunaluna

 

Ich finde es sehr schlimm, dass sie am schluss in der Grube liegt und erfriert... es klingt alles gar nicht gut.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo

anacrion: Tut mir wirklich leid, aber ein Happy End konnte ich der Geschichte nicht geben.

Woltochinon: Ich konnte dank Deiner Kritik leichte Veränderungen vornehmen. Scheint mir so auch besser zu sein.

Ich wurde privat von drei Freunden/ Verwandten, denen ich die Geschichte gezeigt habe, gefragt, was ich mir beim Schreiben eigentlich gedacht habe. Vielleicht interessiert es auch hier einige Leser, deshalb habe ich eben noch einige Erläuterungen geschrieben. Bevor ich die veröffentliche (wenn überhaupt), möchte ich allerdings noch ein paar Antworten abwarten.

Bitte bewertet mich! Gebt mir eine Note! :D

lunaluna

 

hi lunaluna

Note will ich dir keine geben, Noten sollten objektiv sein.
Was du dir bei der Geschichte gedacht hast, würde ich allerdings auch gerne wissen.
Sie ist soweit flüssig zu lesen, schnörkelloser Stil.
Da sind diese zwei Menschen, der eine ein bemitleidenswerter, hilfloser Trinker und die andere eine liebevoll naive Person, die etwas wie Muttergefühle für ihren Partner hegt.

Es gibt also weder den Helden, noch den Gegner. Eigentlich interessant, aber irgendwie stört mich das hier. Die Message klingt für mich ungefähr so: Alle Menschen sind gut, der Alkohol macht sie zeitweilig böse, aber im großen und ganzen verdient jeder unser Mitleid.
Über die Aussage muss jeder für sich urteilen.

Aber was mich stört, was mich sogar zum Schmunzeln bringt, ist, dass die Frau mitten in der Nacht bei Eiseskälte in ihrem Loch eingesperrt ist und dann munter aus ihrem Eheleben vor sich herplappert, wie am Kaffeetisch mit der Freundin.
Rückblenden gehören meiner Meinung nach weder in Kurzgeschichten, noch in "in medias res" stories.

Wie gesagt, das is nur meine Meinung. Um die Uhrzeit werde ich immer kritischer ;) Würde mich sehr interessiern, was deine Hintergedanken waren.

Liebe Grüße
wolkenkind

 

Guten Morgen

Wolkenkind: ich musste bei Deiner Kritik auch gerade schmunzeln, denn genau das, die Rückblenden etc. wollte ich eigentlich vermeiden und habe genau das auch in meine Erläuterungen geschrieben. Das einzige was ich doch erklären wollte war, wo das Loch denn herkommt, denn darüber wären bestimmt einige gestolpert. Diese Szene meintest Du doch, oder?
Für eine weitere Meinung dazu wäre ich dankbar

Na schön, dann kommen jetzt die Erläuterungen:

Zunächst hat mich das Thema „in medias res“ inspiriert. Eine Geschichte ohne Einleitung, die einfach mitten drin anfängt. Also habe ich den ersten Absatz geschrieben ohne mir den Fortgang der Geschichte zu überlegen. Eine Frau sitzt irgendwo eingesperrt in der Kälte. Vorher muss irgendetwas stattgefunden haben und man fragt sich was weiter passieren wird.

Diesen ersten Absatz habe ich zwei Tage ruhen lassen, bis ich selber wusste wie es weitergehen wird. Ich habe versucht zwei realistische Charaktere zu erschaffen, die ich in der Geschichte selber nicht analysieren wollte. Stattdessen habe ich rein ihre Gedankenwelt geschildert, die parallelen Handlungen sollten aus der Sicht der zwei Protagonisten beschrieben werden, ohne eine Wertung meinerseits.

Meine Absicht war kein Appell, ich wollte nur, dass sich jeder Leser in mindestens eine der beiden Personen hineinversetzen kann. Wenn der eigentliche Täter unwillkürlich sogar sympathischer erscheint als die Frau, das Opfer, freut mich das, auch wenn es anfänglich nicht so geplant war.

Ursprünglich hatte die Frau auch Erinnerungen an die guten Zeiten. Ich habe mir überlegt was sie denn an ihrem Mann so liebt, was das tolle an ihm ist, warum sie bei ihm bleibt, obwohl er sie verletzt. Dann habe ich aber für mich entschieden, dass das in diese Geschichte nicht hineingehört (schon gar nicht mit dem Thema "in medias res") und nicht nötig ist, um die Stimmung, die Verzweiflung und die auswegslose Situation rüber zu bringen. Schließlich sollte die Geschichte eine Momentaufnahme sein. Während die Frau in der Grube liegt, überlegt sie sich nicht, warum sie ihren Mann liebt. Hätte ich es trotzdem in die Geschichte gebracht, wären das nur Erklärungen für die Leser gewesen. Ich hoffe, dass Marthas Verhalten trotzdem glaubwürdig erscheint.

Als die Geschichte in ihrer Rohform fertig war habe ich noch ein paar Änderungen gemacht, damit ich später behaupten kann, dass man das Gefangensein der Frau in der Grube im Garten als Metapher für die Ausweglosigkeit in der Beziehung sehen kann. Meine Mutter entdeckte, dass auch das Fremdwerden der Gliedmaßen eine Metapher dafür sein könnte, dass die Frau sich selber nicht mehr gehört.

So. Jetzt habe ich gebrüllt und hoffe auf Reaktionen. Ich freue mich über jede produktive Kritik und Anregung, um meine Geschichte vielleicht so verändern zu können, dass zumindest ein Teil meiner Absicht bei den meisten Lesern ankommt.

Viele Grüße

lunaluna

 

Der Vollständigkeit halber muss ich noch etwas erwähnen.
Vor kurzem hatte ich eine Diskussion mit einer Freundin. Sie meinte, dass sie es nicht verstehen könne, wenn eine Frau bei einem prügelnden Mann bleibt. Die Frau müsse ja blöd sein und der Mann ein Arschloch.
Ich fand, dass sie es sich mit ihrer Meinung zu einfach machte. Ihre Haltung war in meinen Augen unfair. Während und nach dem Gespräch habe ich versucht, mich in solche Menschen hineinzuversetzen.
Wahrscheinlich bin ich so auf die Geschichte gekommen.

MFG luna

 

Hallo lunaluna,

Deine Geschichte schifft haarscharf an medias res Grenze, finde ich.
Gut - die Spannung ist da und es wirkt auch kein bisschen langweilig, die Frau ist am Ende und am Anfang in der Grube.
Das Einzige, was mich stört, ist die Nebenblende auf den Mann. Sie gibt der Story immer einen gewissen Ruhepol, vor allem da der Mann irgendwie nicht so richtig wie ein Alki auf mich wirkt. Ich hätte es besser gefunden, wenn die Frau in wirren Gedankenbruchstücken den Hintergrund selbst zusammenfasst...
Aber das ist nur meine Meinung.

Und ich muss auch wolkenkind widersprechen.
Wenn Du lange - denn mittlerweile ist der Mann ja bereits wieder nüchtern... - in einer Grube liegst und Du Dir sonst schon über alles Gedanken gemacht hast, dann fangen Deine Gedanken an, sehr ungewöhnliche Kreise zu ziehen. Du flüchtest entweder in eine Fantasiewelt oder beschäftigst Dich mit den schönen Dingen in Deinem Leben, weil Du Dich von dem erlebten Horror abgrenzen willst - (nicht nur, aber auch...)

Trotz allem eine gute und spannende Geschichte. Aber ich bin nicht wirklich sicher, ob sie hier herein gehört. Das ist aber eher eine Gefühlssache - begründen kann ich es leider nicht.
Deswegen lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen.

Zum Alkoholismus nochmal ganz kurz:

Normalerweise läuft das ja nach folgendem Schema ab. Man lernt jemanden kennen und beide Personen zeigen sich von der besten Seite. Erst nach und nach verschlimmert sich die Lage, bis der Alkoholiker zum ersten Mal ausflippt - sich betrinkt, dahin vegetiert, rabiat wird, etwas oder jdn. schlägt...

Auch dabei gibt es unterschiedlichste Varianten. Aber man erinnert sich auch an die guten Seiten eines Menschen, an den Anfang einer Beziehung - wie schön alles begonnen hatte...

Und man versucht verzweifelt wieder dahin zurück zu kommen - diesen Punkt gibt es auch in "normalen" Beziehungen...Und heisst es nicht immer "in guten wie in schlechten Zeiten"?
Woran erkennt man den Unterschied zwischen einer (nur) "schlechten Zeit" und dem absoluten "Abschuss" einer Beziehung. Jeder Mensch hat da seinen eigenen Überwindungspunkt, an dem es einfach nicht mehr weiter geht.

Und noch eine Frage:
Soll man die Leute nicht auch ein bisschen bewundern, dass sie versuchen trotz all der Schwierigkeiten Ihrem Mann - oder ihrer Frau - zur Seite zu stehen, auch wenn die Lage schwierig wird?
Was wäre, wenn wir in eine solche Lage geraten würden - aus welchen Gründen auch immer? Wären wir nicht über jede Hilfe froh?

Hiermit beende ich den kleinen philosophischen Exkurs...schließlich geht es hier ja um Geschichte und nicht um Ethik. Wollte nur ein paar Denkanstöße geben .

Henry Bienek

 

hallo nochmal

Danke für deine Erläuterungen, lunaluna.

Meine Absicht war kein Appell, ich wollte nur, dass sich jeder Leser in mindestens eine der beiden Personen hineinversetzen kann.

Ich bin fast der Meinung, dass die beiden ziemlich ähnlich sind. Der Alkohol ist wie eine fremde Sache dazwischen, als ob keine Verbindung zwischen dem Mann und seinem Problem bestünde.

Mit dem Rückblick haben wir uns missverstanden, glaub ich. Ich meinte nicht nur die eine Stelle.

Martha war seit einiger Zeit in einer AlAnon Gruppe, eine Art Selbsthilfegruppe von Angehörigen und Freunden von Alkoholikern. Die Geschichten, die sie dort hörte, hätten alle von ihr stammen können.

Sowas meine ich. Das klingt so nach Roman-Plauderton, irgendwie. Mag sein, dass sie über einiges nachdenkt, während sie dort bibbert, aber kann sie wirklich so klar konstruierte Gedankenketten denken? Müsste sie nicht etwas verstörter sein?

Ich habe da leider weniger Hintergrundwissen als Henry Bienek, würde mich deshalb auch nicht an son Thema rantrauen. ;)

Liebe Grüße
wolkenkind

 

@ Wolkenkind,

(obwohl das ja eigentlich lunalunas Geschichte ist, grins...)

Die Frage ist immer, wie lange war sie in der Grube und wie lange ist man verstört?

Ganz nebenbei, worüber sollte sie verstört sein? Sie hat schon mehrere Anfälle ihres Freundes mitbekommen und "das" scheint ja "nur" ein weiterer zu sein, der halt bloß in der Grube endet...

So hab ich das jetzt mal interpretiert...;-)

Henry Bienek

 

Hallo und danke für die Antworten,

ich finde es schön, dass meine Geschichte zum Nachdenken anregt. Henrys Interpretationen bzw. Gedanken zu diesem Thema kommen meinen sehr nahe.

Mal sehen, ob ich den "Roman-Plauderton" noch rausstreichen bzw ersetzen kann. Ich meine schon, dass die Frau in der Grube "aktiv leidet" und dabei auch daran denkt, dass die meisten Menschen wohl nicht verstehen könnten, warum sie trotz allem Leid bei ihrem Mann bleibt. Für sie selbst ist es gar keine Frage ob sie sich von ihm trennen wird oder nicht. Sie wird bei ihm bleiben, aus Gründen, die Henry ganz gut angedeutet hat. (Bis eben der Punkt kommt, dass es gar nicht mehr geht - in dieser Geschichte der Tod).
Um etwa das deutlich zu machen habe ich die Rückblende mit der AlAnon-Gruppe reingebracht. Ich versuche etwas zu finden um das zu ersetzen, vielleicht finde ich sogar etwas besseres.

Zu den Nebenblenden auf den Mann (@Henry Bienek): Gerade das gefällt mir an der Geschichte richtig gut und ich habe eigentlich auch nicht das Gefühl, dass es dem Challenge-Thema widerspricht.
Wenn ich die Frau "in wirren Gedankenbruchstücken den Hintergrund selbst" zusammenfassen lassen würde, wäre das 1. eine ganz andere Geschichte, u.a. weil sie nur die Sicht der Frau darstellen würde und 2. meiner Meinung nach auch unrealistisch, wenn es die folgenden zwei Bedingungen erfüllen soll: 1. nur solche Gedanken der Frau darstellen, die sie genau in diesen Stunden hat und 2. den Leser nicht allzu verwirrt zurücklassen.
Diese beiden Ziele konkurrieren.
Ich bin ein Fan der einfachen Sprache, ich mag es, wenn man eine Geschichte nur einmal lesen braucht um etwas darin zu entdecken. Das heißt natürlich nicht, dass man beim zweiten lesen oder beim darüber Nachdenken nicht noch auf Erkenntnisse stoßen kann, die beim ersten Lesen verborgen blieben.

Dankeschön!

lunaluna

 

Hallo lunaluna,

zu den Gedanken der Frau:
Gerade weil die Frau klaren (unumnebelten) Verstandes ist, hättest Du den Mann sehr gut beschreiben können - in ihren Worten...

Wie liebevoll er ist, wenn er nüchtern ist, und das die anderen Leute das doch so gar nicht sehen.
Dass es ihr dann jedes Mal schwer fällt, den letzten Schritt zu tun, und dass es ihm ja auch leid tut, er sich aber von dem Teufel (Kraken) Alkohol einfach nicht befreien kann...

das ist natürlich nur eine vage Richtungsvorgabe - ist ja schließlich Deine Geschichte, grins...

Henry Bienek

 

Hi lunaluna,

muss mich Woltochinon anschließen. Positiv finde ich die zwei Handlungsstränge und die Tatsache, dass der Alkoholiker nicht als ´Abschaum´, der nur ´Böse´ geschildert wird, sondern auch seine gute Seite gezeigt wird. D.h. nicht unkritisch schwarz-weiß gemalt wird.
Mich hat die Geschichte angesprochen. Allerdings beuge ich mich auch den Argumenten von Henry Bienek, der offensichtlich entsprechendes Hintergrundwissen hat und so einige Schwachstellen aufdecken kann, die dem ´normalen´ Leser nicht so ins Auge springen. (Soll nicht heißen, dass HenryBienek nicht normal sei :D )

Bzgl. Medias res: Sicher wirken die Szenen mit dem Mann etwas beschaulicher, aber wo steht, dass medias res bedeutet nur aktionsgeladene Schilderungen zu schreiben? Zum Bsp. erfüllt die Geschichte von Woltochinon in meinen Augen die Challengevorgaben ohne jeglichen hektischen Aktivismus.

Daher, mE eindrucksvoller, guter Challengebeitrag.

Gruß vom querkopp

 

Hi Laluna - ich unterstütze mal was querkopp sagt in zweierlei hinsicht..

1. finde ich es gerade gut, das der mann als alki nicht einfach der "böse" ist sondern, auch er - wie alles im leben - zwei seiten hat..deshlab gefällt mir gerade die differenziertheit der betrachtung..die geschichte ist einfach interessant und interessant geschrieben..sie lädt ein zum weiterlesen - ohne dass sie dafür die spannung braucht, ob sie denn nun gerettet wird oder nicht..gelungen..

2.und dann finde ich auch, dass die story zu medias res passt - je nachdem, wie eng man es auslegt....ich dachte schon, es ging nur im indiana jones-stil: schnell, hektisch, action...ob nun aber wirklich alles in der story eliminiert wurde, dass nicht die handlung vorantreibt..?? ist halt ne frage der auslegung..

prima story auf jeden fall

grüße, streicher

 

Seas Lunaluna!

Dein Text hatt mir gut gefallen. Der Perspektivenwechsel pro Absatz lässt die Geschichte nicht langeilig werden und durch deinen Schreibstil, ließt man sie flüssig. Auch hast du es dir nicht so einfach gemacht und polarisiert, Schuld zugewiesen oder ähnliches. In der wirklichen Welt gibt es eben kein Gut oder Böse. Nie und niergends. Somit hat mir die Geschichte ausgezeichnet gefallen.

In medias res nicht in Reinform, aber eine akzeptable Abart, wie ich finde.

Note: 1- (subjektive Hrubi-Note! ;))

Liebe Grüße aus Wien, Peter Hrubi

 

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