Hallo in die Runde.
Dann will ich, als Besitzer eines DVD-Regals voller §131er, mal ein wenig klugscheißen. Der von Perdita herangezogene Wikipedia-Artikel ist ein schönes Beispiel dafür, dass man im Zweifelsfall Wikipedia nicht unbedingt vertrauen sollte.
Die Aussage auf Wikipedia "Gewaltdarstellung ist in Deutschland gemäß § 131 des Strafgesetzbuches (StGB) ein Vergehen" ist nicht nur falsch, sondern dämlich! (Man muss nur den Fernseher einschalten, um das zu erkennen
)
Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird nicht bestraft, wer Gewalt darstellt oder verherrlicht, denn beides ist, so auch der private Konsum solcher Medien, erlaubt; sondern bestraft wird, wer nach §131 eingestufte Medien verkauft, bewirbt, verbreitet und der Öffentlichkeit, insbesondere Jugendlichen unter 18 Jahren, zugänglich macht.
Einem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass in §131 auch die Herstellung unter Strafe steht. Zum Glück betrifft das nicht den Verfasser, den Urheber, also den Autor eines Werks, es sei denn, er ist tatsächlich auch Verleger bzw. Hersteller, was bei einem Selfpublisher z.B. der Fall wäre. Ob ein Medium unter §131 fällt, oder nicht, also beschlagnahmt werden kann, muss in jedem einzelnen Fall vorher erstmal von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien festgestellt und abschließend von einem Richter bzw. Staatsanwalt geklärt werden. Ist es dann tatsächlich beschlagnahmt, würde sich z.B. ein Verlag strafbar machen, wenn er ein solches Werk in den Druck (=herstellt) gibt.
Diese Aussage
Anders als vielleicht gedacht, spielt in diesem Fall der Jugendschutz keine Rolle: Solches dürfen bei uns auch Erwachsene nicht lesen.
ist ebenfalls (und doppelt) falsch, denn erstens ist der Jugendschutz hier ganz klar der Auslöser für die Indizierung durch die Bundesprüfstelle, und zweitens darf ein Erwachsener in Deutschland konsumieren, was auch immer er möchte – ohne sich damit strafbar zu machen. (Die Diskussion über Sinn und Unsinn eines Verkaufsverbots für Erwachsene aus Jugendschutzgründen hat wirklich einen langen, sehr langen Bart.)
Der reine Konsum umfasst dabei tatsächlich alles! Von Heroin, über Kinderpornographie, bis zu Snuff-Filmen. Aufschrei? Tut mir leid, mag zwar berechtigt sein, aber für den reinen Konsum wird in Deutschland niemand bestraft. Bei Besitz* sieht die Sache natürlich wieder vollkommen anders aus. Und Besitz geht meistens automatisch mit dem Konsum einher. Gerade am Computer.
(Edith: *Gilt nur für illegale Substanzen etc; der Erwerb und Besitz von beschlagnahmten Medien dagegen ist nicht verboten.)
Eins noch: So lange die Bundesprüfstelle ein Werk, und sei es noch so menschenverachtend (eine Ausnahme stellt Kinderpornographie dar, da ist, wie gesagt, schon der reine Besitz strafbar), nicht auf den Index setzt – die Vorstufe zur bundesweiten Beschlagnahmung nach §131 – darf es auch frei verkauft und beworben werden. Allerdings, da "ungeprüft", nur an Erwachsene.
"Beschlagnahmung" hört sich hier härter an, als es ist, denn wirklich beschlagnahmt wird nur in Ausnahmefällen, z. B. bei rechtsextremen oder kinderpornographischen Schriften. Eine Beschlagnahmung nach §131 bedeutet eigentlich nur, dass der Vertrieb in Deutschland erheblich eingeschränkt ist. Erheblich, d.h. nur für deutsche Händler, so kann ein österreichischer Händler nach §131 beschlagnahmte Ware unbehelligt nach Deutschland verkaufen.
Also, lieber Chuck. Um deine eingangs gestellten Fragen zu beantworten:
Wenn die Gewalt überspringt auf Perverses Verhalten eines Serienkillers, dessen Taten detailiert beschrieben werden und halt schon sehr Bizzar sind würde das ganze noch erlaubt sein?Wo sind die Grenzen in einer Buchwelt?
Schreiben darfst du alles. Veröffentlichen darfst du das, bis ein Richter es dir verbietet. Das Geschriebene in deinem stillen Kämmerlein zu lesen, kann dir nicht mal ein Richter verbieten.
Eine Grenze gibt es nicht.
(Warum ich das alles um halb fünf in der Früh, noch dazu an einem Donnerstag, schreibe? Der Thread hat mich getriggert. Bin sowas wie der white knight von Cannibal Holocaust und Braindead
)
Zufrieden zu Bett gehend,
Analog