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Golem von Rothenfeld

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03.10.2020
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Golem von Rothenfeld

Karl Hartung parkte den Golf in der Garage. Bevor er den Motor ausstellte, blickte er auf die Uhr am Armaturenbrett. Die Zeiger waren leicht verschwommen. Dreiundzwanzig Minuten nach zwei. War er diese Woche in der Spätschicht eingeteilt, oder hatte die Nachtschicht bereits begonnen? Er konnte sich nicht erinnern. Gleich morgen früh würde er den Kalender prüfen.
Unterwegs war ihm die Ruhe in Rothenfeld aufgefallen. Keine anderen Autos auf der Hauptstraße. Nur der Asphalt unter den Scheinwerfern, der leere Parkplatz vor dem Spar, der stillgelegte Bahnhof. Straßenlampe um Straßenlampe zog über die Frontscheibe. Hinter den Fenstern kein Licht. Außer beim Motel, das den Prostituierten aus Osteuropa und Afrika einen Unterschlupf bot. Ein Mädchen so dunkel wie gebrannter Ton hatte ihm zugewinkt.
Beim Verlassen der Garage fiel ihm auf, dass das Haus dunkel war. Drinnen nahm er ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich aufs Sofa vor den Fernseher. In der neutralen Umgebung des Wohnzimmers roch er sich selbst: Eine Mischung aus feuchtem Lehm, Salz und etwas Metallischem, Verbranntem. Das kalte Bier rann seine Kehle hinunter, als müsse er die Nachglut seiner Arbeit löschen.
Vielleicht läuft noch ein Spätfilm, dachte Karl, blieb dann jedoch bei einer Wiederholung der Lokalnachrichten hängen. Der Mann, der zwei Jungen entführt hatte, war nahe der holländischen Grenze in einem Rübenfeld gefasst worden. Die beiden Opfer schienen erschöpft aber wohlauf, er hatte sie mit Handschellen an sich gekettet. In Altwinter war der Bach über die Ufer getreten und lauter Fische zappelten auf der Dorfstraße. Jemand war mit einem Traktor durch sie gefahren und hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
Danach zeigte der Fernseher auf allen Kanälen nur noch das Testbild mit Piepton oder rauschender Schnee. Karl Hartung stellte sein leeres Bier auf das Tischchen, erhob sich und ging ins Schlafzimmer. Zog sich aus. In der Dunkelheit glaubte er, das Grollen und Zischen der Brennöfen zu hören. Er nahm den schweren Geruch der Ziegelei mit sich unter die Decke. Wo Martha mit dem Kopf zur Wand leise schnarchte, als wäre sie vor ihm in den Schlaf geflüchtet.

Am nächsten Morgen traf er Martha in der Küche. Karl fand, Martha sah gut aus im Nachthemd. Das Radio lief. Sie hatte Kaffee aufgesetzt und auf dem Tisch stand ein Teller mit kleinen Pfannkuchen. Normalerweise waren es zwei. Dass einer fehlte, ließ er unkommentiert. Draußen auf dem Rasen glänzte der Tau. Von hier aus konnte er ihn sehen, den hohen Schornstein der Ziegelei, das Wahrzeichen von Rothenfeld. Als Karl sich streckte, krachten seine Knochen.
Wirst ein alter Knacker, sagte Martha und lachte. Aber ihr Blick entlarvte das Lachen als falsch. Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. Die Arbeit in der Brennerei machte seine Haut trocken und spröde. Er hatte sich an das Spannen gewöhnt, und auch daran, dass Martha ihn nur noch selten berührte. Wahrscheinlich sah es in ihm drinnen nicht besser aus. Manchmal hatte er das Gefühl, er atme Kohle und Ruß. Sobald er sich an den Tisch gesetzt hatte, drehte Martha das Radio leiser.
Was war gestern los?, fragte sie.
Arbeit. Nichts als Arbeit, sagte er.
Und da gedenkst du nicht mal zu duschen? Das ganze Haus stinkt nach Brennerei!
Tut mir leid, sagte er und begann zu essen. Ich war einfach zu müde.
Martha schlug mit der flachen Hand auf die Tischfläche. Ach komm, du spinnst doch!
Hättest halt mal auf mich gewartet, sagte Karl und schaute auf den Kalender. Laut diesem hatte er schon die drei letzten Nächte Arbeit gehabt. Gestern war er demnach zu früh nach Hause gekommen. Ja, das Datum war zweimal umkringelt, eindeutig Nachtschicht. Aber das waren die zwei letzten und die zwei nächsten Wochen auch.
Welchen Tag haben wir heute?, fragte er.
Mittwoch.
Ich mein das Datum, sagte er und tippte auf den Kalender.
Der dritte September. Gib Bescheid, wenn du auch noch das Jahr brauchst, antwortete Martha zerknirscht, lockerte aber sogleich ihren Tonfall. Jetzt sag mal, geht’s dir nicht gut?
Karl kratzte sich am Hinterkopf. Die langen Schichten machen mir wohl zu schaffen, sagte er. Unser Vorarbeiter, dieser Kruppke, macht uns echt die Hölle heiß.
Wieso hab ich nicht geduscht?, fragte er sich. Weil du dich so an diesen Geruch gewöhnt hast, dass er ein Teil von dir geworden ist, hörte er Martha die Antwort geben. Aber die blickte ihn nur von der Seite an.
Vielleicht solltest du mal zum Arzt?, schlug sie vor.
Musst dir keine Sorgen machen, sagte er und winkte ab.
Er erhob sich, immer noch kauend, und küsste sie auf die Stirn.
Bis heut Abend. Und danke für die Pfannkuchen.
Du hast doch noch gar keine Schicht!
Flüchtig dachte er an die Nachrichten aus Altwinter, an das Bild der zappelnden und zermatschten Fische. Ein elender Tod aus Ersticken und Zerdrücktwerden.
Ich fahr an den See zum Angeln, sagte er.
Jetzt? Ist doch schon zu spät!
Als ob du dich damit auskennst!, antwortete er, ein wenig schärfer als beabsichtigt.
Sie wandte sich ab und sagte nichts mehr. Karl legte ihr eine Hand auf die Schulter, wusste nicht, was er sagen sollte. Es gab keine Erklärung. Er fühlte sich hilflos, sein eigenes Verhalten kam ihm fremd vor. Sie waren fünfundzwanzig Jahre verheiratet. In diesem Moment realisierte er, dass er seine Frau nicht mehr verstand.

Karl erinnerte sich an einen seiner ersten Arbeitstage in den 60ern. Damals hatten sie noch mit Loren gearbeitet, wo es heute Förderbänder gab. In der Mittagspause erzählte man sich, im zweiten Eröffnungsjahr soll ein ganz besonders ekelhafter Vorarbeiter angestellt gewesen sein. Einem aus seiner Mannschaft habe er psychisch so zugesetzt, dass sich dieser nachts in dessen Haus geschlichen und ihn mit einem Beil erschlagen hatte. Danach zerhaute der Arbeiter seine Leiche in handgroße Klumpen, die er zusammen mit seinen Kumpels noch in derselben Nacht in den Lehm und schließlich in die Ziegel einarbeitete. Heute gäbe es in der ganzen Umgebung von Rothenfeld Dächer, die mit jenem Vorarbeiter versetzt waren.
Karl lenkte den Golf auf den Vorplatz. Die Fassade am Verwaltungsgebäude war abgebröckelt. Auf einem stählernen Schild stand die Aufschrift Ziegelei Rothenfeld GmbH. Er parkte neben einer der Backsteinhallen. In den Fensterbändern war jede zweite Scheibe gesprungen. Die Gebäude hier sind Ende der Zwanziger errichtet worden, hatte ihm Kruppke erklärt.
Ebendieser Kruppke kam ihm jetzt eilig entgegen. Sein verwaschener Overall war voller Staub und unter den Achseln dunkel vom Schweiß. Er schob seine Schirmmütze hoch, die ihm tief in die Stirn gerutscht war, und sein Gesicht wirkte ausgemergelt, die Augen wie verglast von der Glut der Öfen.
Scheiße, Hartung, wo waren Sie?, schnauzte er.
Was? Bei meiner Frau. Ich hab geschlafen.
Kruppkes Lachen klang so trocken wie die Luft, die beim Pressen des Lehms entwich. Und wie Sie geschlafen haben! Lösen Sie sofort Scholz ab, der kippt nächstens aus den Latschen!
Schon gut, bin ja schon dran, sagte Karl und ging an ihm vorbei, über den Platz zum Tor, ohne sich umzudrehen. Vor der Halle Ziegelstapel, pyramidenförmig aufgeschichtet, flatternde Planen. Die alten Gleise der Loren zwischen Unkraut im Beton versunken. Regen fiel in dünnen Fäden. Auf dem Rohmaterialhügel lag ein stumpfer Glanz, dahinter die Lehmgrube, die in matschige Rinnen zerflossen war. Der Ringofen stand noch, obwohl man auf Tunnel umgebaut hatte. Aus der Halle drang das dumpfe Stampfen der Strangpresse, begleitet vom Schnappen der Schneidmaschine.
Aber etwas stimmte nicht. Die Presse klang zu hohl, das charakteristische Zischen fehlte, als würde sie im Leerlauf arbeiten. Rasch betrat Karl die Halle und eine Wand aus Hitze und Staub schlug ihm entgegen. In einem Wellblechcontainer befand sich die Umkleide. Karl nahm seinen Overall und die Arbeitsschuhe aus dem Spind und zog sich um. Nachdem er einen sauberen Spachtel und eine Schaufel ohne wackelndes Blatt gefunden hatte, eilte er durch die Halle zu Scholz Arbeitsplatz.
Die Halle war hoch, das Dach aus Eisenstreben und Glasplatten, viele von ihnen blind vom Staub. Einzelne Neonröhren flackerten und das Licht brach sich wie in einer Nebelkammer. Die anderen Arbeiter nur dunkle Schemen, ihre Bewegungen mechanisch. In den Tunnelmündern ein Glosen und Flackern. An den Backsteinwänden Kondenswasser, Haufen von Ton und Ziegelbruch. Karl fand Scholz und verstand, wieso die Presse nicht korrekt arbeitete. Der Mann stand mit der Schaufel in der Hand vor dem Rohmaterial und starrte auf den Boden.
Was machst du da? Gibt’s ein Problem?, fragte Karl.
Scholz fuhr herum, sichtlich erschrocken, und hob die Schaufel, als wolle er sie seinem Kumpel über den Schädel ziehen. Auf seinem Gesicht hatten der Schweiß und der Staub eine graue Pampe gebildet. Karl wich einen Schritt zurück, hob abwehrend die eigene Schaufel.
Hey, ich bin’s, Mann!, sagte er.
Die Presse schlug hohl und der Einfülltrichter rüttelte. Scholz Schultern sackten zusammen und er ließ die Schaufel sinken.
Ach ... Hartung, sagte Scholz mit brüchiger Stimme, als würde er ihn erst jetzt erkennen. Endlich, ich halte das nicht mehr aus!
Bin bisschen spät, was? Hab einen Anschiss gekriegt von Kruppke, antwortete Karl. Wieso unterbrichst du die Produktionskette? Arbeiten an den Öfen?
Weiß nicht, ob jemand von den Brennern da ist, sagte Scholz und zeigte auf einen der Tunnel. Hab schon lange keinen mehr gesehen.
Ist ja gut. Geh nach Hause und schlaf dich aus, ich übernehme jetzt.
Ohne weitere Worte stolperte Scholz an ihm vorbei und Karls Blick verfolgte ihn, wie er durch die Halle auf den Container zu torkelte. Was stimmt mit dem nicht? Wahrscheinlich überarbeitet, wie wir alle, dachte Karl und verschaffte sich einen Überblick. Scholz hatte nicht nachgeschaufelt, es gab jede Menge verklumpte Stellen und die Masse war schlecht im Trichter verteilt. Karl brauchte fünfzehn Minuten, um die Presse wieder ordentlich in Gang zu bringen. Wieso hatte niemand Scholz zurechtgewiesen? Wie lange hatte der auf den Ton gestarrt, wie so’n versteinerter Götze? Fragen jagten Karl, während er weiterarbeitete.
Schon nach dieser kurzen Zeit setzte ihm die Hitze zu, die Lärmkulisse lullte ihn ein, machte seinen Kopf schwammig. Erneut kamen ihm die Fische auf der Dorfstraße in den Sinn. Genauso fühlte er sich. Kurz vor dem Ersticken und das ständige Schlagen der Maschine presste das Leben aus ihm. Als er einen besonders widerspenstigen Masseklumpen flach klopfte, bemerkte er es plötzlich. Auf den ersten Blick war es nicht besonders gut erkennbar, weil die Konturen sehr unförmig waren und er bereits die eine Hälfte abgegraben hatte. Im Lehm war eindeutig ein Gesicht.

Zurück zu Hause stürzte er sich unter die Dusche. Unter dem Strahl klang es, als würde seine Haut zischen, und dichter Dampf füllte den Raum zwischen Wand und Vorhang. Wie lange er mit kaltem Wasser die Hitze aus seinem Körper trieb, konnte er nicht sagen. Schlussendlich stieg er aus der Wanne, trocknete sich ab und beschloss, es mit Schlaf zu versuchen.
Doch das wollte ihm nicht gelingen. Er wälzte sich hin und her, weckte dabei Martha auf. Hast du Alpträume?, fragte sie verschlafen und schob seine Hand weg.
Nein, kann nicht einschlafen, murmelte er.
Du bist so kalt, sagte Martha. Wie lange warst du unter der Dusche?
Ich verbrenne innerlich!, antwortete er mit schwerer Zunge. Ich könnte glatt–
Vergiss es!
Karl drehte sich vom Bauch auf den Rücken. Dabei berührte er Martha an Arm und Bein.
Ich bin nicht in Stimmung! Du bist ein Eisklotz!
Seine Kehle brannte, er musste dringend etwas gegen die Trockenheit unternehmen.
Apropos Eis, sagte er und sein Atem pfiff. Haben wir noch welches?
Was?
Vergiss es, sagte er und stieg aus dem Bett.
Im oberen Eisfach fand er, wonach er gesucht hatte. Vanille-Erdbeere mit Sahne. Mit einem großen Löffel schaufelte er die wohltuende Kälte in sich hinein. Karl dachte daran, wie er mit zwei Lehmgestalten über ein Feld floh. Sie waren mit Handschellen an ihn gekettet. Der Kleinere, der mit dem verklumpten und plump gestalteten Kopf, vervollständigte das groteske Halbgesicht, das er zuvor in der Tonmischung der Ziegelei gesehen hatte. Es war noch feucht, zerfloss beinahe, und musste ausgehärtet werden.
Martha kam in die Küche. Ihr Nachthemd flatterte im Durchzug. Als sie Karl anblickte, waren ihre Augen wässrig vor Tränen.
Was machst du da?, fragte sie und ihre Stimme zitterte. Deine Hände sind ja voller Lehm! Sie hielt sich am Rand der Spüle fest. Karl fuhr sich über die Lippen, spürte den kochenden Atem.
Ich muss mich doch nur abkühlen!
Du machst mir Angst, sagte sie und schlug die Hände vors Gesicht.
Er ließ Martha und das Eis stehen und hastete aus dem Haus. Setzte sich in den Golf. Die Fahrt durch Rothenfeld nahm er kaum wahr, er schaute nicht auf die Straße, sondern zum Schornstein, der sich über den Dächern erhob. Der Industrieschlot, sein Leuchtturm. Ein archaisches Verlangen übermannte ihn: Feuer mit Feuer zu bekämpfen, sich in die Glut zu legen, die Haut zu Ton zu brennen. Alles wäre weniger heiß, erträglicher als sein momentaner Zustand.
Trotz der Not machte er sich die Mühe, seinen Overall in der Umkleidebaracke anzuziehen. Karl Hartung hatte nach Jahrzehnten Arbeit die Routine wahrhaftig verinnerlicht. Monotonie in ihrer pursten Form. Die Schnecke aus Stahl drückte den Ton im Zylinder nach vorne. Das Saugen der Vakuumkammer. Die dumpfe Wucht der Presse. Aus der Matrize der kontinuierliche Strang rechteckiger Ziegel, und das harte Ssssst! der Schneidvorrichtung.
In der großen Halle fiel ihm das Fehlen der anderen Arbeiter auf. Die Ventilatoren mussten kaputt sein. Der Dampf und der Staub standen so dicht, dass er die Backsteinwände kaum sehen konnte.
Dann hörte er Stimmen aus dem gegenüberliegenden Tunnelofen. Hastig schritt er auf ihn zu, hinein in den Atem der Ziegelei. Rötliches und oranges Licht floss über die Wände, hypnotische Lavaströme, und er sah die Schatten seiner Kumpels schwerbeladene Schaufeln heben. Sie beluden einen der feuerfesten Wagen aus Schamottstein. Schlugen mit den Schaufelblättern auf den Haufen, formten ihn zu einer menschenähnlichen Figur aus frischem Lehm.
Scholz drehte sich um. Er hatte sich Hautstreifen von der Stirn gekratzt. Kochendes Blut lief ihm über das Gesicht, verdampfte zischend, bevor es sein Kinn erreichte. In den verdorrten Augen und den Rissen in seiner Haut flimmerte Hitze. An seinem ölig glänzenden Overall klebten Fetzen.
Hilf mit!, sagte Scholz. Ich hab den Vorarbeiter erschlagen und jetzt arbeiten wir ihn in die Ziegel ein! Den lassen wir jetzt richtig brutzeln!
Karls Stiefel klebten und er roch einen säuerlichen Gestank. Er stand mitten im zerhackten Kruppke. Kurz blieb er teilnahmslos, starrte auf die faustgroßen Fleischklumpen, die Überreste von Kruppkes Innereien, selbst der Brechreiz blieb aus. Dann übernahm endlich sein Fluchtinstinkt. Er floh, rannte durch den Tunnel, verfolgt vom Gelächter seiner Kumpels.
In der Umkleide riss er sich den Overall vom Leib und zog seine Kleidung an. Schlafmangel! Er musste halluzinieren, weil er nicht wusste, wann er zuletzt ein Auge zugemacht hatte. Er hatte Schreckliches gesehen. Doch im Grunde war es ihm bereits egal. Nun konnte er es nicht mehr aufhalten. Zumindest dachte er das so lange, bis die letzten menschlichen Empfindungen, Angst und Panik, seine Nervenspitzen wieder auf Hochtouren brachte.
Beim Überstülpen der Socken fiel ihm auf, dass er aus allen Poren dampfte und seine Finger verkohlte Stellen auf der Baumwolle hinterliessen. Auf einem verbeulten Blechschild stand die Aufschrift: Wir achten das deutsche Arbeitsgesetz für Schichtarbeit! Keine Schicht länger als 12 Stunden!
Karl dachte an die osteuropäischen und afrikanischen Mädchen, an die Huren im Motel. Sie hatten die beste Waffe bei der Bekämpfung der Hitze. Für Linderung verkauften sie ihre Körper. Er hätte seinen am liebsten abgestreift wie ein steinernes Korsett und ihn ausgetauscht. Diese Gedanken kamen ihm nicht abwegig vor, denn mit Martha hatte er jahrelang keine Intimität gelebt. Vielleicht brauchte er ja nur eine Frau, um das Feuer in ihm abzukühlen.

Karl verließ die Ziegelei. Hinter der Grube und dem Feld konnte er das Motel sehen. Das rote Licht. Er rutschte in die Lehmgrube hinunter, was seine Schuhe endgültig ruinierte. Auf der anderen Seite kämpfte er sich nach oben, grub mit den Händen neue Rinnen, bis er von Kopf bis Fuß mit grauem Ton bedeckt war. Dann hastete er über das Feld, stolperte immer wieder, das Motel im Blick.
Im Eingangsbereich gab es eine Bar. Die Wände waren mit violettem Samt überzogen, der sich leicht kräuselte, wenn er ihm zu nahe kam. Karl mühte sich schwerfällig auf einen der Barhocker, zwischen zwei Mädchen in spitzenbesetzter Unterwäsche. Eine ältere Hure im Negligé betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. Bemerkte sie seine Veränderung? Hatte er sich überhaupt verändert? In der Umkleide gab es keinen Spiegel, also war er sich nicht sicher. Sicher war nur, dass er der Puffmutter gegenübersaß.
Du willst etwas trinken?, fragte sie. Ein Prosecco?
Karl nickte. Ja, bring gleich die ganze Flasche!, verlangte er. Eisgekühlt!
Du müssen bezahlen im Voraus, antwortete die Frau und tätschelte seine Hand. Karl kramte in seiner Hosentasche, legte einen zerknitterten 20DM-Schein auf den Tresen. Ein Funkenregen fiel von der Decke. Die schweren Vorhänge qualmten und rote Lampen glosten hinter Rattanschirmen.
Da sah er sie wieder. Sie kam in einem durchsichtigen Nachthemd die Treppe hinab. Das Mädchen mit der Haut aus gebranntem Ton. Auf ihren Brustwarzen klebten kleine Sterne. Sie gesellte sich zu ihren Kolleginnen, die an der Bar sassen und lustlos mit Cocktailspießen in ihren Drinks herumstocherten. Das Mädchen blickte zu ihm herüber. Scheu, aber doch offensichtlich. Sie musste seine Flammen sehen. Die Hure im Negligé brachte seinen Prosecco in einem Eiskübel und nahm den Geldschein mit spitzen Fingern.
Karl leerte die Flasche in einem Zug und schob sich Eiswürfel in den Mund.
Die Mädchen an der Bar begannen zu tuscheln.
Riecht ihr das?, fragte eine. Der Typ ist dreckig wie ein Schwein, sagte eine andere. Gutgebaut ist er schon, warf eine Dritte ein. Aber so versoffen! Bestimmt kriegt er gar keinen hoch!
Du willst nur trinken oder auch Vergnügen?, fragte die Puffmutter.
Ich will die da!, sagte er und zeigte auf das tongebrannte Mädchen.
Ah, du ein Kenner der Exotik! Exquisite Wahl. Sie macht alles für hundert, erklärte sie und klopfte auf den Tresen. Veronica! Kundschaft!
Während Veronica zu ihm herüberkam, überlegte Karl flüchtig, ob er Schuld gegenüber Martha empfinden sollte. Aber nein, die Löschung des Brandherdes hatte Priorität! Das musste sie ihm verzeihen. Zwar war er nicht beim Arzt, aber das hier würde ihm genauso helfen. Wenn es nicht sogar besser sein würde.
Veronica lächelte ihn an, etwas steif, aber immerhin. Sie nahm ihn an der Hand und Karl folgte ihr die Treppe hinauf. Sie betraten einen langen Flur und plötzlich war sich Karl unsicher, ob es nicht einer der Tunnel war, der zu den Öfen führte. In Vitrinen standen Lehmfiguren mit aufgequollenen Körpern und verzerrten Gesichtern. Die Schatten seiner Kumpel tanzten mit Glut und Funken über die Wände. Der Teppich am Boden schwelte und der Flur verschwamm in wabernder Hitze.
Veronica öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Dahinter nichts als gleißendes Licht, ein gewölbter Eingang, der tief in das brennende Herz der Ziegelei hineinführte. Er spürte den heißen Atem, hörte das Rauschen der Gasflammen und das Zischen der entweichenden Feuchtigkeit, sah die Brennwagen auf ihren Schienen langsam durch die Kehle des Ofens fahren.
Wollen wir uns ins Feuer legen?, fragte Veronica. Es ist so schön, wenn es uns zu Ton brennt!
Ja, sagte Karl. Einen Moment zögerte er noch, dann trat er ein.

Karl erwachte schlotternd im Rübenfeld nahe der Ziegelei. Tastete blind über seine Kleidung, er trug noch den Overall, der jetzt klamm vor Feuchtigkeit war. Mühselig kam er auf die Füße. Sein Golf stand am Straßenrand. Mit schweren Schritten stapfte er aus dem Feld. Er setzte sich hinters Steuer und raste nach Hause. Seine Abkühlung verflüchtigte sich bereits und die Temperatur im Fahrzeug stieg empfindlich. Der Motor des Golfs und sein Herz waren eins. Karl war geblendet, er konnte nicht sagen, ob der Mond oder die Sonne schien. Die Umgebung verwischte, die Fenster schmolzen in der Hitze und die Karosserie ächzte protestierend.
Im letzten Augenblick drückte er den Knopf des automatischen Garagentors. Nachdem der Motor aus war und durch die Abkühlung leise knackte, saß er einen Moment in der Stille und überlegte, wieso er nach Hause gefahren war. Er sollte seine Sachen packen und sich vom Acker machen. Danach die Scheidung von Martha einreichen. Er würde das für sie tun. Nicht, weil er sie nicht mehr liebte, sondern weil er spürte, dass er nicht mehr derselbe war, dass er nie wieder Karl Hartung sein würde. Aber konnte er das wirklich tun? Das Brennen in seinem Körper trieb ihn ins Haus.
Sein Gesicht spaltete sich, brach auf, machte Raum für etwas Neues. In seiner Haut waren tiefe Risse, aus denen Hitze entwich, und er glaubte, ein Glühen in seinem Fleisch zu sehen. Rastlos fuhr er sich über die Arme, setzte sich aufs Sofa und stand wieder auf, weil er brennenden Stoff roch. Wo war Martha? Karl wollte sich zumindest von ihr verabschieden. Er polterte nach oben ins Schlafzimmer, aber das Bett war leer. Seine nackten Füße hinterließen verkohlte Abdrücke auf den Dielen.
Zurück in der Küche kippte er zwei Liter Leitungswasser in sich hinein, doch es half alles nichts. Bevor es seinen Magen erreichen konnte, verdampfte es zischend. Karl gab sich geschlagen. Verzweifelt stand er vor den Fernseher und knipste ihn an. Die Lokalnachrichten liefen.
Und jetzt noch eine Anekdote, eine kleine Kuriosität sozusagen, sagte der Nachrichtensprecher und lachte in die Kamera. Im Städtchen Rothenfeld erzählt man sich, der neunzehnhundertachtundzwanzig erschlagene Vorarbeiter treibe sein Unwesen als menschgewordenes Lehmungeheuer! Der Sprecher zuckte mit den Schultern und führte sein Mikro ganz nah an den Mund, grinste verschwörerisch. Sollten Sie also dieses Wochenende in Rothenfeld unterwegs sein, passen Sie gut auf!
Die Kamera schwenkte von ihm weg über das dahinterliegende Rübenfeld. Am Rand des Feldes schwelte die ausgebrannte Ruine des Motels im kalten Morgenlicht. Hier soll er zuletzt gesehen worden sein, sagte der Nachrichtensprecher. Sie nennen ihn das tongebrannte Fleisch. Der Golem von Rothenfeld!

 
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Hi, DM! Ziemlich wirr, erinnert mich ein wenig an 'ne alte Gänsehaut-Episode, nur eben für Erwachsene. So vom Aufbau her echt ähnlich. Wusste nur nicht recht, wie die Erzählstimme in meinem Kopf dazu passt. Der Schluss reißt das Konfuse wieder rum, die offenen Fragen, die so während dem Lesen entstanden sind, klären sich. An machen Stellen machst du's aber unnötig wirr, finde ich.

Die Zeiger waren leicht verschwommen
standen aber eindeutig auf ... sind für mich Gegensätze. Also gerne erklären warum er sie verschwommen sieht.

Außer beim Motel, dass den Huren aus Osteuropa und Afrika einen Unterschlupf bot.
Der Satz kommt da so plump reingeschleudert. Hat mich bisschen rausgebracht.
,und sich Martha wohl schlafen gelegt hatte.
kein Komma vors und. Nur wenn der Teil "sich Martha wohl schlafen gelegt hatte" als Satz alleine stehen kann.
Beim Verlassen der Garage fiel ihm auf,
Hier stolpere ich ebenfalls.
Er fährt in die Garage, erinnert sich an die Fahrt? Und steigt dann aus dem Auto aus? Also ...
Unterwegs war ihm die Ruhe in Rothenfeld aufgefallen. Keine anderen Autos auf der Hauptstraße. Nur der Asphalt unter den Scheinwerfern, der leere Parkplatz vor dem Spar, der stillgelegte Bahnhof. Straßenlampe um Straßenlampe zog über die Frontscheibe. Hinter den Fenstern brannte kein Licht. Außer beim Motel, dass den Huren aus Osteuropa und Afrika einen Unterschlupf bot. Ein Mädchen so dunkel wie gebrannter Ton hatte ihm zugewinkt.
Warum nicht einfach diesen Teil an den Anfang setzen? So würdest du das wirre umgehen.
Die beiden Opfer
Rechtlich passt Opfer, weil sie einen Schaden davon getragen haben. Aber bei Opfer denk ich an Tote.
In Altwinter war der Bach über die Ufer getreten und lauter Fische zappelten auf der Dorfstraße. Jemand war mit einem Traktor durch sie gefahren und hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
Das müsstest du von den News zuvor abgrenzen, das liest sich kurz so als stünde es im Zusammenhang mit den Jungens.
In der Dunkelheit glaubte er(KOMMA) das Grollen ...

Sie hatte Kaffee aufgesetzt und auf dem Tisch stand ein Teller mit kleinen Pfannkuchen. Normalerweise waren es zwei. Dass einer fehlte, ließ er unkommentiert.
Normalerweise zwei Teller mit Pfannkuchen?

Auf dem Rasen vor dem Fenster glänzte der Tau.
hinter dem Fenster? Draußen meinst du? Er sieht das doch von drinnen.

Von hier aus konnte er ihn sehen, den hohen Schornstein der Ziegelei, das Wahrzeichen von Rothenfeld. Karl fand, Martha sah gut aus im Nachthemd. Als er sich streckte, krachten seine Knochen.
Das passt nicht zusammen, ich weiß nicht. Erst das Wahrzeichen, seine Arbeit und dann Martha im Nachthemd sieht gut aus. Da wäre Dialog cool. Weiß nicht, anscheinend sind die ja ziemlich abgefuckt drauf wie sie reden. Also vielleicht den hohen Schornstein als Anspielung nutzen, um seiner Frau mal wieder an die Wäsche zu gehen. :D

In der Mittagspause erzählte man sich, im zweiten Eröffnungsjahr sei ein ganz besonders ekelhafter Vorarbeiter angestellt gewesen.
das versteh ich nicht. Da fehlt irgendwas. Ein Vorarbeiter angestellt gewesen gewesen. So. Aber das ist komplett falsch. Habe es einen Vorarbeiter gegeben, der ... sei ein Vorarbeiter eingestellt worden, der ...?
Dächer, die mit jenem Vorarbeiter versetzt waren.
Karl lenkte den Golf auf den Vorplatz.
Würde da noch einen Abschnitt reinmachen zwischen die zwei. Find die Idee gut, mit dem Vorarbeiter, den man verarbeitet hat. :D

Die 12 Stunden-Schicht würde ich so nicht erwähnen, vielleicht einfach Überstunden. Wenn man das recherchiert, spielt die Geschichte wohl eher weit vor Fernsehtestbildern.

Karl verfolgte ihn, wie er durch die Halle auf den Container zu torkelte.
Er verfolgt ihn ja nicht wirklich. Sondern sein Blick.

Das müssen bezahlen im Voraus, antwortete die Frau
Da fehlt ein "Sie".

Ja, irgendwie ganz witzig zu lesen, trotz wirr, aber denke, da kannst du noch Arbeit reinstecken. Hab leider nicht genug Zeit für ganz ausführlichen Kommentar. Kind etwas krank, braucht Liebe.

Gruß
Jahny

EDIT: Ich haue immer mal noch was dabei, was mir auffällt, sobald ich Zeit hab.

Außer beim Motel, dass (welches = das) den Huren aus Osteuropa und Afrika einen Unterschlupf bot.

 

Hallo @deserted-monkey,
Momentaufnahme von einem kleinbürgerlichen Ehepaar. Man hat Wohlstand wie Haus und Auto, ist aber trotzdem frustriert. Lebt nur nebeneinander her. Wohl die übliche Arbeitsteilung. Mann geht arbeiten, Frau macht den Haushalt. Irgendwie kann das nicht alles sein, denken beide. Besonders er kotzt ab. Das Bier schmeckt ihm nicht, im Fernsehen läuft nichts. Wie bei vielen Männern sucht er Abwechslung im Puff. Das Mystische, was Du da eingebaut hast, fand ich ziemlich obskur. Aber die Story um das Paar sehr zutreffend. Entfernt vom Thema her erinnert mich das an Fassbinders "Warum läuft Herr A Amok".

Du hast versucht, eine Symbiose von Gesellschaftskritik und Horror zu schaffen.
Las sich in der ersten Hälfte sehr flüssig.
Gruß FK

 

Hej @deserted-monkey

Ein guter Text, aus dem sich mMn noch einiges rausholen lässt. Sehr gelungen finde ich wie die Beziehung zwischen dem Paar geschildert wird, der Rest an Liebe, aber auch der Ekel voreinander, mit dem beide nicht umgehen können. Letztes Jahrhundert, Passivität letztlich bei ihm und bei ihr, als ob man nichts mehr ändern könne, aber der Mann doch derjenige ist, der etwas aktiver agiert. Sind natürlich Alltagsschilderungen und würde ich nur dies lesen, würde ich mich langweilen, also braucht es etwas Suspense, das Unheimliche, der Golem eben. Die Idee finde ich auch gut, wenngleich nicht vollständig überzeugend ausgeführt.
Klar, in den jüdischen Legenden aus dem Prager Ghetto wird vom Golem berichtet, den ein Familienvater aus Lehm erschafft, aber er macht ihn dann zu seinem Diener, den er nicht mehr beherrschen kann. Wozu also die Brennerei und all das, wenn es eine naheliegender Lösung gäbe, wenn der Golem im Haus des Protagonisten erschaffen werden könnte?
Dazu kommt, dass ich das mit dem Vorarbeiter nicht ganz verstehe und es sich am Ende so liest, als würde der Protagonist irgendwie selbst zum Golem oder vom Golem besessen. Da bräuchte er mehr Klarheit, denke ich.
Sind aber meine vorläufigen Gedanken und wie oben gesagt, glaube ich, dass die Substanz der Geschichte gut ist, und mit etwas Schliff auch die Story selbst profitieren würde.

Paar Stelle:

Ein Mädchen so dunkel wie gebrannter Ton hatte ihm zugewinkt.
sehr schön ohne ins rassistische abzugleiten

Beim Verlassen der Garage fiel ihm auf, dass auch sein Haus schon dunkel war
Würde ich die Füllwörter weglassen: dass das Haus dunkel war.

Als ob du dich damit auskennst!, antwortete er, ein wenig schärfer als beabsichtigt.
Sie wandte sich ab und sagte nichts mehr. Karl legte ihr eine Hand auf die Schulter, wusste nicht, was er sagen sollte. Es gab keine Erklärung. Er fühlte sich hilflos, sein eigenes Verhalten kam ihm fremd vor. Sie waren fünfundzwanzig Jahre verheiratet. In diesem Moment realisierte er, dass er seine Frau nicht mehr verstand.
auch die Stelle stark

Auf den ersten Blick war es nicht besonders gut erkennbar, weil die Konturen sehr unförmig waren und er bereits die eine Hälfte abgegraben hatte. Im Lehm war eindeutig ein Gesicht.
okay, jetzt erscheint der Golem; wird er hier erschaffen?

Karls Stiefel klebten und er roch einen säuerlichen Gestank. Er stand mitten im zerhackten Kruppke. Kurz blieb er teilnahmslos, starrte auf die faustgroßen Fleischklumpen, die Überreste von Kruppkes Innereien, selbst der Brechreiz blieb aus. Dann übernahm endlich sein Fluchtinstinkt. Er floh, rannte durch den Tunnel, verfolgt vom Gelächter seiner Kumpels.
bisschen drüber, oder willst du bewusst Wirkung erzielen?
Während Veronica zu ihm herüberkam, überlegte Karl flüchtig, ob er Schuld gegenüber Martha empfinden sollte. Aber nein, die Löschung des Brandherdes hatte Priorität! Das musste sie ihm verzeihen. Zwar war er nicht beim Arzt, aber das hier würde ihm genauso helfen. Wenn es nicht sogar besser sein würde.
hübsche Ausrede und die Brandmetapher funktioniert

Die Lokalnachrichten liefen.
Und jetzt noch eine Anekdote, eine kleine Kuriosität sozusagen, sagte der Nachrichtensprecher und lachte in die Kamera. Im Städtchen Rothenfeld erzählt man sich, der neunzehnhundertachtundzwanzig erschlagene Vorarbeiter treibe sein Unwesen als menschgewordenes Lehmungeheuer! Der Sprecher zuckte mit den Schultern und führte sein Mikro ganz nah an den Mund, grinste verschwörerisch. Sollten Sie also dieses Wochenende in Rothenfeld unterwegs sein, passen Sie gut auf!
mmm, na ja, eine ernste Geschichte, aber jetzt etwas wie Satire?

Hat mir gefallen, wirklich, danke für die Geschichte und würde sie gerne erneut lesen, wenn du daran gearbeitet hast.

Viele Grüße und eine perfekte restliche Woche wünscht
Isegrims

 

Hallo @deserted-monkey,

zunächst mal das positive: Ich finde, dass du die Beziehung der beiden gut beschreibst. In ihrem Umgang miteinander kann ich mich gut einfühlen – sowohl in Karls POV als auch bei Martha. Ich meine, mich würd's auch ankotzen, wenn sich einer ungeduscht neben mich legt. Zumal bis dahin sicher noch ganz viele andere Sachen sind, die die beiden Entfremden. Sowas ist ja dann fast schon eher das Endstadium (hoffe ich).
Bei den wirren Szenen fand ich gut, dass du viele Dinge einstreust – vor allem mit den Nachrichten – die er dann in seinem Wahn mit den seinen "Erfahrungen"(?) verknüpft, wie etwa das von dem Typen, der die beiden Jungs entführt und an sich gekettet hat, verknüpft mit dem halben Lehmgesicht.

Damit komm ich aber auch schon zu dem Punkt, der mich (und das mag auch nur mein persönlicher Eindruck sein) störend war. Die wirren Szenen waren mir zu wirr und auch zu oft zu szenenhaft und zu unverbunden hineingeworfen. Ich verstehe nicht, was in seinem Kopf vorgeht und damit meine ich nicht den Wahnsinn, sondern mehr das fragmentarische, das springen von hier zu dort und dann auch die (so kam es mir vor) Szenen, die nicht wirklich nötig sind. Etwa der von seinem (ich glaub) Chef zerstückelte Kollege. Die Szene war groß aufgearbeitet, so als wäre das der Climax, letztlich - also als ich fertig gelesen hatte - kam mir dann aber eher das Gefühl, dass das wieder nur so eine Aufarbeitung von dem erfahrenen ist. Also dass er da einfach die Legende verknüpft, dass da einer halt eingearbeitet wurde. Vom Wahnsinn her mag es passen, da sind sicher einige Schübe länger als andere und ganz sicher weiß man nicht mehr, was real ist und was nicht. Erzähltechnisch fand ich persönlich es aber etwas unglücklich gewählt, weil es unverhältnismäßig lang ist, besonders im Vergleich zu dem, was dann (anscheinend) tatsächlich passiert ist: Er hat das Motel angezunden, oder? Wobei – sofern ich das richtig verstanden habe, ich auch hier den Zusammenhang bzw. den Weg nicht verstehe, weil da gibst du mir als Leser keine Szenen, die verzerrt die Realität darstellt. Ich hab nur den Beginn von Sex im Bordell mit dem letzten Satz, der sich aufs Feuer bezieht und dann wacht er in irgendeinem Feld auf. Wenn er das Bordell angezündet hätte, hätte ich zumindest eine kleine Verbindung machen können, aber so frag ich mich: Wieso das Motel? Was bringt ihn dazu, welche (wirre) Eingebung? Oder hab ich was überlesen? ^^"

Danach zeigte der Fernseher auf allen Kanälen nur noch das Testbild mit Piepton oder rauschender Schnee.
"rauschenden Schnee" würd ich sagen.

Wirst ein alter Knacker, sagte Martha und lachte.
Warum eigentlich keine Anführungszeichen? Ich finde Dialoge immer schwer zu lesen, wenn die fehlen.

Es gab keine Erklärung. Er fühlte sich hilflos, sein eigenes Verhalten kam ihm fremd vor. Sie waren fünfundzwanzig Jahre verheiratet. In diesem Moment realisierte er, dass er seine Frau nicht mehr verstand.
Hier verstehe ich den Gedankensprung nicht. Zuerst kommt sein Verhalten ihm fremd vor und dann versteht er seine Frau nicht? Was bringt ihn von A nach B?

Du hast doch noch gar keine Schicht!
Flüchtig dachte er an die Nachrichten aus Altwinter, an das Bild der zappelnden und zermatschten Fische. Ein elender Tod aus Ersticken und Zerdrücktwerden.
Hier wird von Angeln gesprochen, danach fährt er zur Schicht. Kann gut sein, dass das irgendein Subtext ist, den ich einfach nicht begreife, ich spreche kein "Beziehung", aber hier war ich ein wenig verwirrt, vor allem, als er dann doch in die Firma fährt und keinen Gedanken mehr an das Angeln verschwendet. Nur die Fische, die ersticken kommen wieder. War das für ihn sowas wie ne Metapher für das Arbeiten da? Aber was angelt er, in der Metapher ist er dann ja selbst der Fisch. Oder hat er die Frau einfach nur angelogen, damit sie sich nicht ärgert, damit er arbeitet? Wobei sich auch das irgendwie nicht so angefühlt hat.

Was machst du da?, fragte sie und ihre Stimme zitterte. Deine Hände sind ja voller Lehm! Sie hielt sich am Rand der Spüle fest. Karl fuhr sich über die Lippen, spürte den kochenden Atem.
Ich muss mich doch nur abkühlen!
Du machst mir Angst, sagte sie und schlug die Hände vors Gesicht.
Das verstehe ich nicht. Hat er sich das mit dem Duschen eingebildet oder ist das Gespräch mit der Frau Einbildung (weil sie am Ende der Geschichte gar nicht mehr da ist)? Generell bin ich mir in der Geschichte oft nicht sicher, was real ist und was nicht. Was an und für sich ein tolles Stil-Element ist, mir persönlich war es hier aber ein wenig zu viel. Teilweise war ich mir nicht mal sicher, ob er an bestimmten Orten wirklich war/ist, träumt oder wach ist. Wenn das so gewollt war, gut. Für mich war es teilweise einfach ein wenig anstrengend – aber ich lese ja auch nicht sehr oft Horror-Texte.

Feuer mit Feuer zu bekämpfen, sich in die Glut zu legen, die Haut zu Ton zu brennen. Alles wäre weniger heiß, erträglicher als sein momentaner Zustand.
Hier konnte ich den Umschwung auch nicht ganz verstehen. Er will zuerst alles tun, um sich abzukühlen – dann denkt er: Ja Hitze, das wird helfen – und danach im Bordell versucht er sich wieder abzukühlen. Zudem spielt später die Szene, in der er in den Gedärmen seines Kollegen steht, auch keine Rolle mehr. Damit meine ich: Für mich fühlte es sich eher so an, als hätte er das geglaubt, also dass das wirklich passiert, dass er flieht. Dann zieht er aber (fast schon gemütlich) seine Socken aus und im nächsten Moment denkt er schon gar nicht mehr an die Szene. Vielleicht auch dem Wahnsinn geschuldet, ich konnte dem einfach gedanklich nicht so schnell folgen. Also diesem Umschwung.

In der Umkleide riss er sich den Overall vom Leib und zog seine Kleidung an. Schlafmangel! Er musste halluzinieren, weil er nicht wusste, wann er zuletzt ein Auge zugemacht hatte.
Hat er nicht erst geschlafen und ist nach dem Schlaf direkt in die Arbeit gefahren? Er wacht auf und frühstückt mit seiner Frau und fährt dann zurück zur Arbeit, arbeitet dann Schätzungsweise 12 Stunden, fährt (glaub ich heim) und dann in der Nacht – als er nicht schlafen kann – wieder in die Arbeit (falls das real war) und dort ist dann die Zerstückelungsszene. Also eig. nicht mal ein Tag. Oder war da ein Zeitsprung oder war die ganze Anfangsszene mit der Frau Einbildung und hat er gar nicht geschlafen?

Karl dachte an die osteuropäischen und afrikanischen Mädchen, an die Huren im Motel. Sie hatten die beste Waffe bei der Bekämpfung der Hitze. Für Linderung verkauften sie ihre Körper.
Hier wird die Hitze in seinem Inneren auf einmal zu sexuellem Verlangen. Das passt zwar zu diesem Beziehungsproblem, was immer wieder aufkommt, dass sie ihn nicht berührt, ihn abweist etc., aber ich persönlich bekomm's nicht mit der Arbeits-Hitze in Einklang. Die eine ist ja ein Verlangen und das andere ein unangenehmes Brennen, was mit Erschöpfung und Übermüdung einher geht. So zumindest hab ich das beim Lesen verstanden. Wie das alles dann noch mit dem verkaufen des eigenen Körpers zusammenhängt, war mir dann völlig unklar. Vor allem, als dann noch kommt, dass er den Körper gerne wechseln wollen würde und das irgendwie auch mit der Prostitution gleichsetzt (nur das er das halt nicht kann, also den Körper wechseln, während sie durch das Verkaufen ihrer Körper Linderung erfahren – den Gedankengang kann ich überdies auch nicht nachvollziehen, sofern ich den überhaupt richtig verstanden habe, aber das ist ja wiederum das Denken des Protagonisten und das kann ja desynchron zu meinem sein).

Das müssen bezahlen im Voraus, antwortete die Frau und tätschelte seine Hand.
Ist hier bewusst was weggelassen, weil sie einen Akzent hat?

Wollen wir uns ins Feuer legen?, fragte Veronica. Es ist so schön, wenn es uns zu Ton brennt!
Ja, sagte Karl. Einen Moment zögerte er noch, dann trat er ein.

Karl erwachte schlotternd im Rübenfeld nahe der Ziegelei. Tastete blind über seine Kleidung, er trug noch den Overall, der jetzt klamm vor Feuchtigkeit war. Mühselig kam er auf die Füße. Sein Golf stand am Straßenrand. Mit schweren Schritten stapfte er aus dem Feld. Er setzte sich hinters Steuer und raste nach Hause. Seine Abkühlung verflüchtigte sich bereits und die Temperatur im Fahrzeug stieg empfindlich.

In meinem Kopf spielt die obere Szene noch im Bordell, dann auf einmal er wacht er am Rübenfeld und ihm ist Kalt. Später erfährt man, dass das Motel, in dem die Huren wohnen, abgebrannt ist und dem Leser wird nahegelegt, dass Karl das war. Den Zusammenhang checke ich nicht wirklich. Zusätzlich wird ihm dann auch gleich wieder heiß im Auto. Soll ich als Leser daraus schließen, dass er sich nur durchs Feuerlegen und abbrennen von Gebäuden abkühlen kann?

Also insgesamt bin ich ein wenig verwirrt. Trotzdem habe ich die Geschichte gerne gelesen.

LG Luzifermortus

 

Hallo @deserted-monkey ,

atmosphärisch finde ich das schon sehr eindrücklich, am Ende der Geschichte konnte ich Lehm und Hitze spüren. Sehr düster, hoffnungslos und morbide das Ganze. Ein Alptraum. Gehe ich da mit Logik ran, passen die Fäden nicht aneinander. Von Anfang an gibt es Hinweise, dass das Ganze nicht in dieser Welt spielt, sondern in einer Art Endlosschleife, in irgendeiner Zwischenwelt, durch die dieser Hartung taumelt. Vielleicht ist die Auflösung, dass er selbst der Golem von Rothenfeld ist. Damit wäre er selber der Vorarbeiter, der ermordet wurde. Andererseits schilderst du ihn präzise in der Rolle des Zeugen. Die andere Möglichkeit ist, dass das Ganze doch in der Realität spielt, er aber wahnsinnig wird. Aber das überzeugt mich weniger. Die Szene mit den Kindern auf dem Feld macht noch ein Fass auf. Das wird nicht geklärt, was ich unbefriedigend finde. Irgendwie scheint das Ganze ja das Ergebnis eines Verbrechens zu sein und da will ich doch gerne wissen, welches denn nun zählt, wie sie zusammenhängen. Ich finde, es ist nicht leicht, so einer Geschichte ein Geheimnis zu lassen auf der einen Seite, aber auch befriedigende Momente des Erkennens zu schaffen. So hat das Ganze momentan die Logik oder Unlogik eines Traums.

Die Zeiger waren leicht verschwommen. Dreiundzwanzig Minuten nach zwei. War er diese Woche in der Spätschicht eingeteilt, oder hatte die Nachtschicht bereits begonnen? Er konnte sich nicht erinnern.
Ich denke, er befindet sich außerhalb der Zeit.
Normalerweise waren es zwei. Dass einer fehlte, ließ er unkommentiert.
Weil du dich so an diesen Geruch gewöhnt hast, dass er ein Teil von dir geworden ist, hörte er Martha die Antwort geben. Aber die blickte ihn nur von der Seite an.
Hier hatte ich geschlossen, dass er für sie nicht da ist. Dachte aber, sie sei wirklich da und eben allein. Deshalb nur ein Pfannkuchen. Auch, dass er sie reden hört, obwohl sie ihn nur ansieht.
Ebendieser Kruppke kam ihm jetzt eilig entgegen. Sein verwaschener Overall war voller Staub und unter den Achseln dunkel vom Schweiß. Er schob seine Schirmmütze hoch, die ihm tief in die Stirn gerutscht war, und sein Gesicht wirkte ausgemergelt, die Augen wie verglast von der Glut der Öfen.
Auch der wirkt gespenstisch, scheint für mich schon zu der Anderswelt zu gehören.
Die alten Gleise der Loren zwischen Unkraut im Beton versunken. Regen fiel in dünnen Fäden. Auf dem Rohmaterialhügel lag ein stumpfer Glanz, dahinter die Lehmgrube, die in matschige Rinnen zerflossen war. Der Ringofen stand noch, obwohl man auf Tunnel umgebaut hatte. Aus der Halle drang das dumpfe Stampfen der Strangpresse, begleitet vom Schnappen der Schneidmaschine.
Aber etwas stimmte nicht. Die Presse klang zu hohl, das charakteristische Zischen fehlte, als würde sie im Leerlauf arbeiten.
Die ganze Anlage wirkt wie so eine Art "Fliegender Holländer" an Land.
Wahrscheinlich überarbeitet, wie wir alle, dachte Karl und verschaffte sich einen Überblick. Scholz hatte nicht nachgeschaufelt, es gab jede Menge verklumpte Stellen und die Masse war schlecht im Trichter verteilt. Karl brauchte fünfzehn Minuten, um die Presse wieder ordentlich in Gang zu bringen. Wieso hatte niemand Scholz zurechtgewiesen? Wie lange hatte der auf den Ton gestarrt, wie so’n versteinerter Götze? Fragen jagten Karl, während er weiterarbeitete.
Schon nach dieser kurzen Zeit setzte ihm die Hitze zu, die Lärmkulisse lullte ihn ein, machte seinen Kopf schwammig. Erneut kamen ihm die Fische auf der Dorfstraße in den Sinn.
Ich glaube, ich würde komplett bei den Bildern von Lehm und Brennöfen bleiben. Mit den Fischen auch noch, das kommt mir überfrachtet vor. Vor allem ist das so ein unmotivierter Wechsel zu heiß und trocken zu kalt und nass. Mit den Kindern und den Fischen, das wirkt collagenartig, unverbunden auf mich.
Er ließ Martha und das Eis stehen und hastete aus dem Haus. Setzte sich in den Golf. Die Fahrt durch Rothenfeld nahm er kaum wahr, er schaute nicht auf die Straße, sondern zum Schornstein, der sich über den Dächern erhob. Der Industrieschlot, sein Leuchtturm. Ein archaisches Verlangen übermannte ihn: Feuer mit Feuer zu bekämpfen, sich in die Glut zu legen, die Haut zu Ton zu brennen. Alles wäre weniger heiß, erträglicher als sein momentaner Zustand.
Wie es ihn immer wieder auch dahintreibt, das hat was vom Ort des Verbrechens, den er immer wieder aufsuchen muss.
Die Schnecke aus Stahl drückte den Ton im Zylinder nach vorne. Das Saugen der Vakuumkammer. Die dumpfe Wucht der Presse. Aus der Matrize der kontinuierliche Strang rechteckiger Ziegel, und das harte Ssssst! der Schneidvorrichtung.
Tolle Beschreibung!
Seine nackten Füße hinterließen verkohlte Abdrücke auf den Dielen.
Zurück in der Küche kippte er zwei Liter Leitungswasser in sich hinein, doch es half alles nichts. Bevor es seinen Magen erreichen konnte, verdampfte es zischend.
Interessant, wie er diese Dinge immer so stoisch hinnimmt.
Sie betraten einen langen Flur und plötzlich war sich Karl unsicher, ob es nicht einer der Tunnel war, der zu den Öfen führte. In Vitrinen standen Lehmfiguren mit aufgequollenen Körpern und verzerrten Gesichtern. Die Schatten seiner Kumpel tanzten mit Glut und Funken über die Wände. Der Teppich am Boden schwelte und der Flur verschwamm in wabernder Hitze.
Eine Vorhölle.
Die Kamera schwenkte von ihm weg über das dahinterliegende Rübenfeld. Am Rand des Feldes schwelte die ausgebrannte Ruine des Motels im kalten Morgenlicht. Hier soll er zuletzt gesehen worden sein, sagte der Nachrichtensprecher. Sie nennen ihn das tongebrannte Fleisch.
Ja, der Golem. Eigentlich eine Figur aus der jüdischen Mystik, lt. Wiki Menschengemacht aus Lehm um das jüdische Volk zu schützen ohne eigenen Willen. Jedenfalls anfangs. (Bin gerade an dem Stummfilm von 1920 hängengeblieben.) War das auch die Inspiration für den Text? Da schwingen auch so Themen mit wie "Der Mensch als Sklave der Arbeit, der mit dem Material verschmilzt." Arbeitsbedingungen. Ja, auch die Wirkung auf die menschlichen Beziehungen. Interessant, was du gerade so ausprobierst!

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo @Jahn van Halen

Danke Dir sehr für deine intensive Auseinandersetzung mit dem Golem von Rothenfeld! Habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut. Ich verstehe mit etwas Abstand jetzt auch, dass der Text leicht zu Verwirrung und vielleicht auch Überforderung des Lesers führen kann. Ich versuche im Moment, Geschichten zu schreiben, die zwar in unserer Welt spielen, aber trotzdem irgendwie losgelöst davon sind, von unseren bekannten Regeln und Gesetzen, dass da noch etwas anderes lauert, dass dann teilweise durchbricht und mit unserer Realität verschmilzt.

erinnert mich ein wenig an 'ne alte Gänsehaut-Episode
Ah, die guten, alten Gänsehaut! Wer hat sie nicht gelesen? War für mich der Einstieg ins Horror-Genre, schon in ganz jungen Jahren, nachdem ich die ganzen Schnulzenromane und Krimis meiner Mutter durchhatte, wendete ich mich dann etwas düsterer Materie zu. Interessant, dass Du R.L. Stine erwähnst in dem Sinne, ich wäre da nicht drauf gekommen, dass man Verbindungen oder Paralellen sehen kann. Wirklich spannend!

Der Schluss reißt das Konfuse wieder rum, die offenen Fragen, die so während dem Lesen entstanden sind, klären sich. An machen Stellen machst du's aber unnötig wirr, finde ich.
Dass der Schluss einiges von dem Konfusen auflöst, ist schonmal sehr gut! Das fand ich toll zu lesen, dass das zumindest im Ansatz geklappt hat. Ja, Du hast schon recht, teilweise ist das recht verwirrend erzählt, gibt ja noch andere Rückmeldungen mittlerweile, die in diese Richtung gehen. Also das ist schon beabsichtigt, ich wollte das alles als eine Art Strudel schreiben, der den Leser und den Protagonisten immer weiter reinzieht, ob das so tatsächlich geklappt hat, muss ich jetzt mal anhand der Rückmeldungen beurteilen.

Normalerweise zwei Teller mit Pfannkuchen?
Ja, genau! Ich glaube, das versteht man noch nicht so recht, man bezieht das eher auf die Anzahl Pfannkuchen. Ist ein Detail, aber gerade auch da sollte der Text sitzen, ich habe versucht, es klarer zu machen.

Das passt nicht zusammen, ich weiß nicht. Erst das Wahrzeichen, seine Arbeit und dann Martha im Nachthemd sieht gut aus. Da wäre Dialog cool. Weiß nicht, anscheinend sind die ja ziemlich abgefuckt drauf wie sie reden. Also vielleicht den hohen Schornstein als Anspielung nutzen, um seiner Frau mal wieder an die Wäsche zu gehen. :D
Guter Einwand. Nun, die Idee finde ich ganz witzig, den Schornstein mit seinem Gemächt irgendwie gleichzusetzen, aber ich weiss nicht, glaube, das wäre dann doch etwas zu viel des Guten ... Vielleicht für eine andere Story? :-) Anyway, ich habe das ein wenig umgestellt, so sollte es kohärenter wirken.

Aber das ist komplett falsch. Habe es einen Vorarbeiter gegeben, der ... sei ein Vorarbeiter eingestellt worden, der ...?
Mmmh, bist Du sicher? Ich glaube, man kann das schon so schreiben. Aber ich sehe, dass es unnötig zu Verwirrung führt. Ich habe es nun leicht umgeschrieben.

Die 12 Stunden-Schicht würde ich so nicht erwähnen, vielleicht einfach Überstunden. Wenn man das recherchiert, spielt die Geschichte wohl eher weit vor Fernsehtestbildern.
Meinst Du, 12 Stunden-Schichten waren damals Gang und Gäbe? Das kann schon sein. Drinlassen möchte ich es auf jeden Fall, weil das Schild ist ja in dem Moment auch eine Verhöhnung, Karl arbeitet ja nur noch, der macht nichts anderes mehr, der ist ständig in der Ziegelei.

Ja, irgendwie ganz witzig zu lesen, trotz wirr
Hey, das freut mich!

Jahny, ich danke Dir für deinen erneuten Kommentar, weiss ich sehr zu schätzen und wünsche Dir ein tolles Weekend.



Beste @Frieda Kreuz

Auch Dir meinen herzlichen Dank für die Lektüre und deinen Kommentar. Scheinst ja eine treue Leserin meiner Stories zu sein, das ist grossartig.

Momentaufnahme von einem kleinbürgerlichen Ehepaar. Man hat Wohlstand wie Haus und Auto, ist aber trotzdem frustriert. Lebt nur nebeneinander her. Wohl die übliche Arbeitsteilung. Mann geht arbeiten, Frau macht den Haushalt. Irgendwie kann das nicht alles sein, denken beide. Besonders er kotzt ab. Das Bier schmeckt ihm nicht, im Fernsehen läuft nichts. Wie bei vielen Männern sucht er Abwechslung im Puff.
Ja, das hatte ich selbst beim Schreiben nicht wirklich auf dem Schirm, also dieses normale Leben, die Schilderungen daraus, das war mir eigentlich gar nicht so wichtig, aber es ist schön zu sehen, wenn LeserInnen da an Bekanntem andocken können.

Das Mystische, was Du da eingebaut hast, fand ich ziemlich obskur.
Dieser Satz hat mich am allermeisten gefreut. Dass Du die unerklärlichen Ereignisse, das Mythische, als 'obskur' bezeichnest. Genau so eine Reaktion schwebte mir während dem Schreiben vor: Ich finde das ein sehr schönes Wort und meiner Meinung nach beschreibt es die Story perfekt. Also ganz vielen Dank dafür! Es ist auch etwas, was ich vertiefen möchte, dieses Gefühl beim Lesen zu erwecken, etwas Anderweltliches, Obskures, etwas, dass man sich im ersten Moment nicht richtig erklären kann, etwas, dass mit unserer Realität spielt, sie aufbricht und Raum für das Dunkle öffnet, was dahinter liegt. Ich danke Dir!

Beste Grüsse,
d-m

 

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