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Guten Tag, Leere meines Kühlschranks

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14.02.2004
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Guten Tag, Leere meines Kühlschranks

Wenn du ein fauler, fetter und stinkender Fettsack bist, und die Leute dich meiden, weil sie sich ekeln oder sich dafür schämen, mit dir gesehen zu werden, ist der Kühlschrank dein bester Freund.
Das ist mein Kühlschrank. Es gibt viele andere, aber keiner hat jemals so viele Bierdosen, so viele Erdnussbuttergläser und so viele Chipstüten in sich gehabt, wie meiner.
Meine Mutter fragt mich immer, warum ich die Chipstüten eigentlich in den Kühlschrank verstaue, woraufhin ich ihr antworte: »Weil die Schränke in der Küche unordentlich überfüllt mit verschimmelten Esswaren und Kackerlacken sind« Dann murmle ich vor mich hin, was für eine alte, hässliche Schachtel sie sei und ärgere mich über ihr kleines, matschiges Gehirn, das vergesslich und senil geworden ist. Und dann bringe ich sie wieder zurück ins Altersheim und hoffe, dass sie mich nie wieder besuchen kommt.
So ist mein Leben, wenn man davon absieht, dass ich zwischen diesen Vorfällen auch noch fernsehe oder ins Büro gehen muss und die Schrottkiste von PC zum arbeiten brauche. Das heißt, Moment, ich habe meinen Job ja vor zwei Monaten verloren. Ja, genau. Ja, ja. Dumme Sache. Hab vergessen zu duschen. Obwohl… alle zwei Wochen hätte eigentlich genügen sollen, aber da war mein Chef anderer Meinung.
»Sie wollen mich feuern, weil ich nicht dusche?«, fragte ich ihn und runzelte dabei meine fettgepolsterte Stirn, wobei ich dadurch den Schweiß aus den Poren presste und ihn mein nasses Gesicht hinunterrinnen spürte. Er sah mich an und war sichtlich angewidert.
»Nun ja… es ist ja nicht nur das, Mister Lopster« Und dabei gab er sich auch wirklich mühe, das op in Lopster nicht als Würggeräusch zu imitieren.
»Gibt es noch mehr, das ich falsch mache?«
»Oh – ja - es gibt noch mehr - natürlich« Meine kleinen Augen schauten zwischen ihren aufgeblasenen Lidern hervor und schauten ihn erwartungsvoll an. »Wissen Sie, also wissen Sie, wir von der Leitungsabteilung sind der Auffassung, dass Sie einfach nicht hierher gehören, Mister Lopster«
Tja, so läuft das eben, wenn man fett ist. Aber scheiss drauf. Zuhause warten dein bester Freund, dein Kühlschrank, und dein zweitbester Freund, der Fernseher, und solange du sie mit Strom fütterst bleiben sie dir bis in alle Ewigkeit erhalten und geben nicht einmal eine Bemerkung über deine Figur von sich. Na, was sind Menschen schon dagegen? Kannst du einen Mensch aufmachen und ein gutes, kühles Bier aus ihm herausnehmen? Oder kannst du einen Menschen mit der Fernbedienung einknipsen und dir Talkshows oder Pornos in seinem Gesicht ansehen? Nein, kannst du alles nicht. Also kommt endlich von eurem bekloppten, kollegialen und selbstgerechten Gesellschaftstrip runter, legt euch Kabelfernsehen und einen hübschen, großen Kühlschrank zu, gebt euern Job auf und bezieht vom Staat die nötigen Moneten dafür. Was will man mehr? Eine geile, russische Sexmaschine mit meilenlangen Beinen? Schön, dann sperrt die Augen auf und sucht euch das nahegelegenste Puff aus und bumst euch glücklich. Gewissensbisse braucht ihr ja keine zu haben, ihr könnt nichts dafür, dass Burger King und McDonalds gutes Essen machen und Sport so anstrengend ist. Und wenn euer Kühlschrank mal Hunger bekommt, dann verzagt nicht, sondern seit gelassen, sagt »Guten Tag, Leere meines Kühlschranks« und bestellt euch bequem ein paar Kisten Bier oder ein paar Kartons mit Erdnussbutter gleich vor die Haustür.
Und mit Ethik muss mir niemand kommen, die ist seit Ende des 20. Jahrhunderts nämlich ausgestorben.
… Ich geh fernsehen.

 

Hi Clyan,

ein schön sarkastisch-irnosicher Text, der mich persönlich gerade gegen Ende eher an eine Glosse oder einen Essay erinnert... könntest du die Handlung vielleicht noch etwas ausbauen?

Meine Mutter fragt mich immer, warum ich die Chipstüten eigentlich in den Kühlschrank verstaue und ich sage ihr, dass die Schränke in der Küche unordentlich überfüllt mit verschimmelten Esswaren und Kackerlacken sind und dann murmle ich vor mich hin, was für eine alte, hässliche Schachtel sie sei und ärgere mich über ihr kleines, matschiges Gehirn, das vergesslich und senil geworden ist.
Der Satz ist mir etwas zu lang - auch wenn er echt gut ist, ich würd zwei draus machen. So liest es sich mühsam.

Hier und da wars mir zu explizit:

Tja, so läuft das eben, wenn man fett ist.
und da wars ganz schlimm:
»Sie wollen mich feuern, weil ich nicht dusche?«, fragte ich ihn und runzelte dabei meine fettgepolsterte Stirn, wobei ich dadurch den Schweiß aus den Poren presste und ihn mein nasses Gesicht hinunterrinnen spürte. Er sah mich an und war sichtlich angewidert.

Und mit Ethik muss mir niemand kommen, die ist seit Ende des 20. Jahrhunderts nämlich ausgestorben.
… Ich geh fernsehen.
:lol:
Der Schluss ist großartig.

liebe Grüße,
Anea

 

Hi Anea,

Sorry, wegen der verspäteten Verbesserung. Zuerst wollte ich warten, da ich mir dachte, dass eventuell noch mehr Feedbacks kommen und ich dann gleich alle Korrekturvorschläge auf einmal nutzen könnte. Aber dann sind keine Feedbacks gekommen und ich habs irgendwie vergessen.
Tja, jetzt ists mir ja wieder eingefallen, aber ich muss dir leider mitteilen, dass ich nur den einen, grossen Satz verbessert hab. Er ist jetzt nicht nur halbiert worden, sondern auch umformuliert. Is doch besser so, nicht?
Ich hab leider nicht ganz verstanden, wie du das mit dem "zu explizit" gemeint hast... ironisch vielleicht?
Anfangs wollte ich mehr Handlung, hab mir dann aber doch gedacht, so genüge es. Wahrscheinlich ist dieser Text nicht mal eine richtige Kurzgeschichte, da sie eher eine Kritik an die Gesellschaft darstellt. Jedenfalls seh ich hier keine Lücken, wo ich noch Handlung reinstopfen könnte... dann wäre es ohnehin nicht mehr dasselbe. Hoffe, das macht nicht allzu viel aus.
Freut mich übrigens, dass du den Ethik-Satz gut findest. Is mir gleich da eingefallen, als ich zum Tippen des letzten Satzes ansetzte *g*. Ich finde, auch wenn nicht grade einen ernsten Ton in sich hat, so stimmt diese Aussage dennoch und das macht mir manchmal grosse Schwierigkeiten. Ich lege grossen Wert auf Ethik.

Liebe Grüsse,
Clyan

 

Hi Clyan,

mit dem "zu explizit" meine ich eher, dass du etwas unnötig deutlich machst, anstatt subtiler zu formulieren. Du nimmst dem Leser an manchen Stellen zuviel, was er sich eigentlich lieber selbst gedacht hätte, wirst zu wertend und drängst den Leser dadurch in eine von dir vorgegeben Richtung. Mir persönlich ist es lieber, als Leser diese Richtung selbst finden zu können.

Wahrscheinlich ist dieser Text nicht mal eine richtige Kurzgeschichte, da sie eher eine Kritik an die Gesellschaft darstellt.
Auch Kurzgeschichten können eine Kritik an der Gesellschaft darstellen. Und der Text ist grad noch so im Rahmen, um als Geschichte durchgehen zu können.

Grüße,
Anea

 

Hi Clyan,

Nun ja, da hast du ja ein recht gutes Werk abgeliefert. Aber es stimmt, was Anea sagt. An manchen Stellen gibst du dem Leser wirklich zuviel und hättest manchmal nur andeuten sollen.

Insgesamt liest sich deine Geschichte wirklich flüssig und man lässt sich gern einfangen. Der Kritikpunkt, dass die Geschichte zum Ende hin handlungsmäßig nachlässt, wurde ja schon angespochen. UNd genau, das ist das Probolem, dass du meinst, dass es zu sehr die Kritik verdeutlichen willst. Aber dennoch, weiter so. Kurz, prägnant, deutlich!

Meine Mutter fragt mich immer, warum ich die Chipstüten eigentlich in den Kühlschrank verstaue, woraufhin ich ihr antworte: »Weil die Schränke in der Küche unordentlich überfüllt mit verschimmelten Esswaren und Kackerlacken sind«. Dann murmle ich vor mich hin, was für eine alte, hässliche Schachtel sie sei und ärgere mich über ihr kleines, matschiges Gehirn, das vergesslich und senil geworden ist. Und dann bringe ich sie wieder zurück ins Altersheim und hoffe, dass sie mich nie wieder besuchen kommt.
Ich hab ihn zwar fett gemacht, erkennt man aber nicht. Du hast den Punkt nach der wörtlichen Rede vergessen. :D
Sonst is mir nix aufgefallen....

cu_christoph

 

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