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Hör gut zu, Seelenscherben

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24.09.2000
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Hör gut zu, Seelenscherben

Hör gut zu, was ich dir sage, sonst ist es für dich zu spät! Bald wirst du sie treffen, den Liebenden und den Mörder. Beide unerwartet und du wirst sie nicht erkennen, ehe es zu spät ist. Darum erinnere dich an das, was ich dir sage.

Der Tag, an dem du auf sie stößt, wird als schwarzer Tag beginnen. Dir geht es nicht gut. Dein Leben ist dir ein einziges Chaos geworden und du erkennst langsam, dass du die Frau, die du bereits als Kind ersehntest zu sein, nie sein wirst. Alleine gelassen von der Welt schlenderst du durch die im Zwielicht schwarz scheinenden Gassen und überlegst lange, ob du nach Hause gehen sollst, denn es wäre dir viel lieber, nie mehr irgendwohin gehen zu müssen. Die Wut, die sich schon so lange angestaut hat, möchte sich nun endlich über dein Dasein ergießen.

Und das ist der Moment, an dem du den Liebenden triffst. Schon lange hast du diesen Mann gesehen – in der U-Bahn, am Tresen in einer Bar, bei dir in der Arbeit vielleicht – aber erst jetzt erkennst du, dass er doch nicht nur der ist, den du von weitem hinterher sinnst. Und auch er wird dich erkennen und fragen, ob alles gut bei dir läuft, ob alles in Ordnung sei und ob er etwas tun könne, um deine Lippen zum Lächeln zu bringen. Und er kann.

Ihr geht essen oder trinken oder nur spazieren. Es ist ganz ungezwungen, ganz einfach, doch voll von Bedeutung. Im Laufe des Gesprächs entschwindet die Wut aus deinem Leben. Ihr lacht und euer Lachen erfüllt noch Stunden lang die Welt. Noch hast du auch allen Grund dazu.

Doch jetzt hör gut zu, denn es wird nun immer gefährlicher. Jeder Schritt den du ab nun tust, treibt dich in die Falle des Mörders. Aber wenn du das Hotelzimmer betrittst, wirst du ihn nicht sehen, gar keinen Gedanken an ihn verschwenden, wenn der Liebende dir deine Bluse öffnet. Dein Verlangen vertreibt alle Bedenken, alle Wut und auch die Vorsicht lässt nichts zurück, als sie aus deinem Leben verschwindet. Küsse und Umarmungen retten dich vor dem Ertrinken in einem Meer, das dir zu stürmisch geworden ist.

Womit habe ich das nur verdient, wirst du bald darauf die Decke des Hotelzimmers fragen, doch sie brüllt dir nur eine stumme Warnung entgegen. Noch vor kurzem war alles anders, nun blickst du voll Gelassenheit und Ruhe auf eine Zukunft mit dem Liebenden neben dir, der noch bevor er tief zu atmen begonnen hatte, dein Leben mit Liebe auszufüllen versprach. Du stiehlst dich aus seiner Umarmung und gehst zu dem Tisch, vielleicht weiß ja er Antwort. Wie kann alles nur so schön sein, wirst du ihn fragen, doch er lässt dich ohne ein Wort zurück.

Im Ringelspiel der Welt tastest du den Tisch nach Antworten ab. Falsche Vorsicht am falschen Ort lässt deine Finger langsam herumtasten, damit du das Briefpapier nicht zu Boden stößt oder dich an dem spitzen Brieföffner stichst - und da spürst du die Tasche oder die Geldbörse auf dem stummen Tisch liegen, die der Liebende zuvor achtlos weggeworfen hatte. Du hebst sie auf. Das Leder oder der Stoff schmeichelt deinen Händen wie zuvor die Liebkosungen deiner Haut und du kannst es nicht mehr weglegen.

Und da ist es nun endgültig zu spät für all die Warnungen. Kein Zurück gibt es mehr, keinen Schutz, keine helfende Hand. Alle Zeichen ausgeschlagen bist du nun endgültig in die Arme des Mörders gelaufen.

Du hörst den Liebenden noch im Schlaf seufzen, als deine Finger bei den zwei oder drei kleinen Erinnerungen hängen bleiben, die er immer bei sich hat. Du nimmst sie heraus und im fahlen Schein der Nacht, der durch den Spalt in den Gardienen fällt, erkennst du zwei Kinder auf den Fotos. Nichts hat er von ihnen erzählt, trotzdem sind sie ihm doch so wichtig. Risse ziehen sich durch die Oberfläche deiner gerade erschaffenen Welt. Geheimnisse schmerzen, falsche Absichten fressen sich wie Ameisen durch dein Herz. Als das Bild der Ehefrau durch das Zwielicht in deinen Augen brennt, spürst du den Mörder heranschleichen.

Wie konntest du nur, entfährt es durch deine zusammengebissenen Zähne, doch der Liebende im Bett schläft weiter. Warum hast du das getan? Doch er bleibt stumm. Zwischen Glück und Unglück hin und her gerissen zu werden, kann so manche Seele brechen. Das laute Knacken tief in dir benebelt deine Sinne und noch ehe du dich versiehst, ergreift deine Hand den spitzen Brieföffner.

Tief in deine wild entschlossenen Seelenscherben blickend merkst du zu spät, dass du nun auch den Mörder getroffen hast.

 

Salve Peter H,

auch mir erschließt sich nicht, weshalb Du den Text hier gepostet hast - ein Mord macht eine Geschichte genauso wenig automatisch zu einem Krimi oder Thriller, wie eine Sexszene zu einer Erotikgeschichte.

Nichtsdestotrotz hat mir Dein kleines Teilchen sprachlich sehr gut gemundet, allzumal es einer der wenigen Texte ist, bei denen ich das "Du" gerne schlucke; der Erzähler spricht nicht den Leser an, sondern dieser wird Zeuge, wie jener sich an einen Dritten wendet.
Gut hat mir auch gefallen, dass die sich gemeuchelt fühlende Seele selbst mörderischen Hass entwickelt. So ist es halt, im Krieg und in der Liebe ...

Dennoch habe ich ein wenig zu meckern.
Da ist zum einen die Perspektive: zuerst redet der Erzähler die in Scherben liegenden Seele an, später, ohne dass ein Perspektivwechsel vollzogen wird, die Frau.
Unklar bleibt auch, warum sie die Geldbörse ihres Geliebten durchsucht, nachdem sie doch vorher ihr Glück noch gar nicht fassen konnte. Sie könnte auch irgendwie anders sein Doppelspiel durchschauen.
Und: das Seelchen muss arg labil sein, wenn es sich so von den Liebesschwüren eines Mannes abhängig macht, dass es ihr den Todesstoß versetzt, wenn sich alles als heiße Luft entpuppt.


LG, Pardus

 

Hallo Chausie,

vielen Dank für dein Feedback. Mir ist es ähnlich gegangen wie dir: Ich habe beim Schreiben der Geschichte an eine alte Zugeunerin oder Handleseriin gedacht - ähnlich einem Orakel. Darum hab ich auch an manchen Stellen Möglichkeiten offen gelassen. Ob sie nun essen gehen, etwas trinken oder nur spazieren, das bleibt dem "Orakel" unklar - klar ist nur, dass die Geschichte nicht gut ausgeht.

Danke auch für deine zwei Korrekturvorschläge, werde ich gleich umsetzen.


Hallo Pardus,

danke auch für dein Feedback. Ich habe auch lange überlegt, ob ich die Geschichte nicht lieber unter Seltsam posten sollte (seltsam ist sie allemal!), habe dann aber entschieden, dass sie eigentlich doch wichtige Eigentschaften eines Krimi aufweist (wenngleich es auch ein seltsamer ist):

- Man weiß von Anfang an, dass es einen Mörder gibt, man weiß nur nicht wer.

- Erst am Schluss offenbart sich dem Leser, wer der Mörder wirklich ist.

- Bis dahin bleibt es spannend, wie die Geschichte ausgeht, und der Mörder sein Ziel erreicht.

Ich muss auch zustimmen, dass die Perspektive nur einen gewissen Grad an Spannung zulässt... ich habe es versucht, dieses Manko mit der Sprache zu kompensieren.

Danke für deine positive Anmerkung zur Sprache und der Perspektive. Herrausforderung war es für mich, einen Text in der zweiten Person zu schreiben, ohne dass es zu aufgesetzt und künstlich klingt. Ich hoffe, das ist mir halbwegs gelungen.

Zu deinen Kritikpunkten:

- Hm... das es einen Perspektivenwechsel gibt, habe ich so gar nicht verstanden. Die Seelenscherben und die Person werden hier grundsätzlich als ein Objekt behandelt, damit es nicht zu spirituell wird. Welche Stelle stört dich genau?

- Das mit der Geldbörse war auch eine Herrausforderung beim Schreiben, das muss ich zugeben (ähnlich schwierig war es, einen scharfen/spitzen Gegenstand irgendwo im Hotelzimmer zu platzieren). Ich hab versucht, den Grund für das "Durchsuchen der Geldbörde" im weichen Stoff, sanften Leder zu finden und es grundsätzlich kein Durchsuchen war, sondern eher ein haptisches Genießen eines Gegenstandes des Liebenden. Sie wollte einfach Gegenstände die ihm gehörden genießen.

- Das Seelchen muss arg labil sein, das stimmt. Auch das war schwierig zu schreiben. Wieso soll ihr so ein unehrlicher Geliebter so schlimm zusetzen? Ich habe versucht, während der Geschichte einige Hinweise darauf zu geben: Gleich zu Beginn möchte sie "am liebsten niergens mehr hingehen müssen" doch der Liebende war ihr schließlich die Rettung in einer "Welt, die ihr zu Stürmisch geworden ist". Sie spielt mit Slebstmordgedanken, bevor sie auf ihre Affaire trifft, die sie stakt ablenkt, nur um sie noch weiter zurück zu wefen. Vielleicht waren diese Hinweise zu subtil...

Schön jedenfall, dass euch die Geschichte gefallen hat. Habe sie sogar noch ein bisschen verfeinert.

Vielen lieben Dank,
Peter

 
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Hallo Peter!

Ich bin wie üblich ehrlich und sage dir gleich, dass ich mit deiner Geschichte nicht viel anfangen konnte. Mir ist das alles zu schwammig. Da vorausdeutet ein Irgendwer Irgendetwas und zwar einer Frau, über die der Leser nicht viel erfährt. Da war irgendwie mal Wut/Chaos in der Vergangenheit, aber nichts Genaues weiß man nicht.
Das Ganze erzählst du in einer dem Text wohl angemessenen Sprache, die aber für mich zu hochgestochen ist, so dass ich leider nicht alles verstehe. Beispiel: "Im Ringelspiel der Welt". Sowas löst bei mir nur Fragezeichen aus. Und was ich nicht verstehe, kann mir auch nicht gefallen.

Übrigens: "Beide unerwartet und du wirst sie nicht erkennen, ehe es zu spät ist." => Trotzdessen ich mit deiner Sprache nicht viel anfangen kann, war mir die Lösung so gut wie sicher, als du den Brieföffner erwähntest.

Details, die mir aufgefallen sind:
"Schon lange hast du diesen Mann gesehen" => Meinst du nicht eher: Schon oft?

"Jeder Schritt den du ab nun tust," => Komma nach "Schritt".

"Womit habe ich das nur verdient, wirst du bald darauf die Decke des Hotelzimmers fragen,"
"Wie kann alles nur so schön sein, wirst du ihn fragen,"
=> Wenn es Fragen sind, warum setzt du keine Fragezeichen? Das wäre grammatisch durchaus richtig.

"Gardienen" => Gardinen

Grüße
Chris

Übrigens, eines habe ich noch vergessen: Wenn dein Orakel der Frau die ganze Geschichte vorausdeutet, weiß sie doch, was passiert; sie ist also gewarnt, das Geschehen wird nicht in der Form, wie es das Orakel beschreibt, geschehen, das Orakel liegt folglich falsch u.s.w. u.s.f.

 

Hey Chris,

danke fürs Lesen. Schade, dass meine kleine Geschichte dich nicht erreicht hat. Ich hoffe, sie hat nicht zu viel Zeit deines Lebens verschwendet.

Komisch finde ich ein bisschen, dass du sie schwer verständlich fandst. Lag es am Österreichisch (Ringelspiel ist ein Karussell) oder an der Sprache oder nur daran, dass es einfach nur eine seltsame Geschichte war. Klär mich ein bisschen auf.

Leider kann die Geschichte wahrlich nicht viel vom Hintergrund verraten. Das liegt leider an der Perspektive....

Zu deinem PS: Das sehe ich völlig anders! Wenn das Orakel die Zukunft vorraussagt, dann wird sie auch so eintreten (vorrausgesetzt, es ist ein gutes Orakel) - komme was wolle. Ich glaube, das ist auch ein wenig das Schlimme am Zukunft vorrausdeuten: Einmal gesehen, KANN man sie einfach NICHT ändern - sonst hätte man sie ja auch nicht sehen können.

Die Geschichte könnte ja auch so weitergegangen sein:

Als die Zigeunerin fertig gesprochen hatte, blieb Natalie stumm, wie die Decke eines Hotels, oder so ähnlich. Die Worte Liebender und Mörder hallten geheimnisvoll in ihrem Verstand nach. Irgendwie hatte sie sich das mit der Zukunft Voraussagen anders vorgestellt. Auch wenn sie nicht viel davon verstanden hat, wollte sie Worte wie Mörder bei Gott nicht durch die lückenhaften Zähne einer alten Frau hören.

Die Zigeunerin wandte den Blick ab, der noch vor einigen Momenten tief in Natalies Seele zu schauen vermochte, hüllte ihre Glaskugel in ein dunkelblaues Tuch und deutete ihr zu gehen. Ratlos befolgte sie die Anweisung.

Aus dem Zelt herausgekommen, hüllte sie die lauwarme Sommerluft in ihren Umhang und machte diese Nacht umso geheimnisvoller. Sie ging langsam auf den Mann zu, der mit hektischen Bewegungen seine Zigarette ausmachte.

„Und, wie war’s?“ fragte er, während er in das Zelt spähte, um einen Blick auf die langen Beine der Zigeunerin zu erhaschen.

„Ein wenig gruselig“ antwortete Natalie.

„Schön“, entgegnete der Mann und brachte es unter großen Anstrengungen zustande, seinen Blick auf das Mädchen zu senken und sie am Arm zu nehmen.

„Jetzt gehen wir noch zum Ringelspiel, stimmt’s?“ Natalies Augen begannen wieder zu leuchten. Die Stimme der Zigeunerin verschwand langsam aus ihrem Unterbewusstsein. Der Jahrmarkt um sie herum jubelte und lachte und freute sich des Lebens.

„Ja, geh nur, ich warte hier“, sagte ihr Vater und zündete sich eine neue Zigarette an. „Komm aber ja bald wieder, hörst du? Morgen ist Schule. Das Leben kann nicht immer lustig sein!“

Natalie nickte und ging alleine durch die Welt, die ihr immer stürmischer zu werden schien.

Oder so ähnlich. Man weiß es nicht. :)

Liebe Grüße aus Wien,
Peter

 

Hallo Peter,

Ich habe auch lange überlegt, ob ich die Geschichte nicht lieber unter Seltsam posten sollte
Der Aufbau deiner Story ist schon ein wenig seltsam. Aber die Geschichte ist interessant. Ich meine sogar, sie überschreitet in ihrem Verlauf die Grenze aller fühlbaren Steigerungsformen von "Interesssant" hin zu einer spannenden Geschichte. Somit war deine Wahl, hier zu Posten, aus meiner Sicht durchaus richtig.

Ach ja, hier noch was zum Thema Orakel/Zukunft:
Wenn die Vorhersage des Orakels immer eintreffen muss, weil die Zukunft, einmal gesehen, nicht abzuändern ist, dann kann oder sollte das Orakel folgende (fettgedr.) Bemerkung nicht machen:

Hör gut zu, was ich dir sage, sonst ist es für dich zu spät![/QUOTE]

Gesamturteil: Sehr gern gelesen!

Gruß
Asterix

 

Hey Peter,

gleich vorweg sage ich mal, dass mir deine Geschichte recht gut gefallen hat, trotz der etwas fremden Perspektive bleibt sie doch verhältnismäßig schlüssig und hätte ich dem Titel etwas mehr Zeit gewidmet, hätte ich mich sicher auch schneller in das Konstrukt reinfinden können.
So habe ich in den ersten Absätzen die ganze Zeit auf das gewartet, was du dann in der Fortsetzung deiner Geschichte geschrieben hast (mit der sie mir übrigens wesentlich besser gefällt).

Kritisch sehe ich allerdings das Ende der ursprünglichen Geschichte, dafür scheint mir die Charakterisierung der Frau einfach zu sprunghaft.
Am Anfang der Geschichte wirkt sie auf mich, wie ein Mensch, der, von seinem Leben ein wenig zu oft enttäuscht worden wäre, um erwartungsvoll in die Zukunft zu schauen, dann trifft sie einen, wie es scheint Seelenverwandten und verbringt mit ihm eine stürmische Nacht.
So weit so gut, weil durchweg nachvollziehbar.

Dann jedoch, kurz nach gemeinsamer Ekstase und in einer Situation in der man einfach nur zufrieden in den Schlaf versinken möchte, beginnt die Prot. plötzlich damit dem Liebenden nachzuschnüffeln und bringt diesen dann auch noch - als wäre das noch nicht genug - kurzerhand um die Ecke, als sie Familienfotos in seiner Geldbörse entdeckt.
Also entweder das war nicht ihr erster Mord und sie hat es im allgemeinen einfach auf die bösen, bösen Männer abgesehen, oder aber sie wird zu diesem Zeitpunkt zum weiblichen Hulk.

Wer sagt denn, dass die Frau nicht einfach seine Exfrau ist, die Scheidung läuft, es vielleicht seine Schwester ist, oder sie in Trennung leben?
All diese Möglichkeiten sollten der Ertrinkenden in diesem Augenblick doch wie ein rettender Strohhalm zumindest mal durch den Kopf gehen, oder?
Der Schrecken von Kinderbildern in der Geldbörse erschließt sich mir ohnehin nicht.
Ich hätte nichts dagegen gehabt, hätte sie ihn geweckt und im folgenden Streit per Unfall ins Nirvana befördert, so aber wirkt der Mord doch sehr kaltblütig und somit leider unpassend.

Zum Schluss noch ein paar Sachen, die mir so während des lesens aufgefallen sind:

- Wenn es wirklich die Prophezeiung einer Wahrsagerin sein sollte, erscheint das Wort 'Mörder' etwas zu naheliegend. Die Stärke solcher Medien liegt ja eher in der Verschleierung und nicht in der Dampfhammermethode.

- Gardiene schreibe ich im deutschen ohne ie, weiß aber nicht, wies im österreichischen gehandhabt wird.

- Die Metapher mit der stummen Zimmerdecke wirkt auf mich etwas zu konstruiert, im ansonsten wirklich gelungenen Schriftbild. Vor allem, weil Natalie darauf später noch einmal eingeht.

Wie auch immer, mir gefallen Aufbau und Perspektive, dass sich dahinter keine große Story verbirgt, scheint da fast logische Folge und stört mich eigentlich nicht weiter.

Gern gelesen,

marvin

 

Hallo Peter!

"Ich hoffe, sie hat nicht zu viel Zeit deines Lebens verschwendet." => Nicht doch. Bei Texten, die mir nicht gefallen oder die ich nicht verstehe, lerne ich unheimlich viel - nämlich, wie meine eigenen Texte nicht aussehen sollen. Das soll kein Vorwurf sein, nur eine Feststellung.

Dann versuche ich mal, mich zu erklären.

Nein, es liegt nicht grundsätzlich am Österreichischen. Auch wenn ich nicht gewusst haben, dass ein Ringelspiel ein Karussell ist - solche Begriffe an sich stören mich nicht. Regionale Begriffe erklären sich oft durch den Zusammenhang und sie machen Texte eigentlich immer sympathisch.

Das ich etwas nicht verstehe, liegt meist am Gebrauch vom Metaphern und am Satzbau (oder am Gebrauch von Fremdwörtern, mit der die "Hausfrau von nebenan" nichts anfangen kann).

Metaphern sind ein zweischneidiges Schwert, weil, wenn ein Autor ein Bild in Worten benutzt, bei dem Leser durch diese Worte ein gänzliches anderes Bild entstehen kann - oder nur Verwirrung.

Satzbau: Man kann einfache Sätze schreiben, oder man kann komplizierte, verschachtelte Sätze schreiben. Einfache Sätze tragen nur den Inhalt. Verschachtelte Sätze tragen sich selbst (und oft das Ego des Autors), Inhalt ist Nebensache.

Das Ganze in Beispielen:

"Im Ringelspiel der Welt tastest du den Tisch nach Antworten ab." => Eine Metapher, eigentlich sogar zwei. Ins Deutsche übersetzt: "Im Karussell der Welt ..." => Ich habe keine Ahnung, was du, der Autor damit sagen willst. Dass sich die Welt dreht, die Zeit vergeht? Oder dass es ein ewiger Kreislauf ist? Beim letzteren müsste die Frau andauernd, immer wieder Tische abtasten.

"Falsche Vorsicht am falschen Ort lässt deine Finger langsam herumtasten, damit du das Briefpapier nicht zu Boden stößt oder dich an dem spitzen Brieföffner stichst" => Wieso "falsche Vorsicht"? Sie will nichts runterstoßen, also ist die Vorsicht doch angebracht, oder nicht? (Übrigens, Wiederholung "tasten" aus dem letzten Satz.)

"und da spürst du die Tasche oder die Geldbörse auf dem stummen Tisch liegen," => Und wieso tastet sie eigentlich bloß? Ist sie blind? Aber sie weiß ja, dass da Briefpapier und Brieföffner liegen (bevor sie es ertastet hat) - wieder Fragezeichen bei mir.
"stummer Tisch" => Ist eine nachsagende Metapher, da Tische nunmal allgemein nicht reden. (Oder soll das als Gegensatz zur brüllenden Decke stehen?)

Naja, und so weiter. Vermutlich könntest du mir alle deine Metaphern erklären, aber das bringt ja nichts. Wenn ich als Leser beim Lesen diese Bilder nicht sehen kann, ist das Lesen frustrierend.

Noch hierzu: "Wenn das Orakel die Zukunft vorraussagt, dann wird sie auch so eintreten (vorrausgesetzt, es ist ein gutes Orakel) - komme was wolle. Ich glaube, das ist auch ein wenig das Schlimme am Zukunft vorrausdeuten: Einmal gesehen, KANN man sie einfach NICHT ändern" => Das hat Asterix ja bereits schön ausgedrückt: Gleich der erste Satz: "Hör gut zu, was ich dir sage, sonst ist es für dich zu spät!" drückt aus, dass etwas geändert werden kann, sonst brauchte das Orakel nicht so eindringlich zu warnen.

Grüße
Chris

 

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