Was ist neu

Haariger Wahn

Mitglied
Beitritt
05.03.2021
Beiträge
54
Zuletzt bearbeitet:

Haariger Wahn

Ein Blick in den Spiegel. Ein Blick ins Leere.
Die Frau ist dieselbe und doch erkennt sie sich nicht.
Liegt es an der Frisur, die längst keine mehr ist?

Ein Frisörtermin ist fällig.
Gedankenversunken greift sie zur Schere. Sie würde morgen anrufen und sich einen Termin geben lassen.
Und wie die kaputten Spitzen zu Boden fallen, freut sie sich auf die bunten Zeitschriften, zu denen sie sich öffentlich nie bekennen würde.
Der Frisör als Ausnahmezustand.
Magische Hände, denen sie bereitwillig nicht nur ihren Kopf anvertraut, sondern auch die eigene Lebensgeschichte. Ungeachtet dessen, dass diese geschickten Hände auch Ohren und schlimmer noch ein Mundwerk besitzen.
Was im Frisörsalon passiert, bleibt im Frisörsalon. Ein naives Vakuum voll von Geheimnissen, die sich mit den nassen Haaren auf dem Boden und dem Haarspray in der Luft zu einer süssen Trance vermischen.

Und sowie die Schere ihr Werk tut, bastelt sie an ihrem Monolog, den sie bald zum Besten geben würde. Dieses Mal soll es an Stoff nicht fehlen.
An tröstenden Händen umso weniger.
Diesen Termin hat sie sich regelrecht verdient.
Wie den ersten Orgasmus nach einer monatelangen Dürrezeit. Oder den ersten überhaupt.
Und sie schweift zurück zu den Nächten, in denen sie schreit, und er gleich umso mehr.
Angetrieben von seiner animalischen Lust.
Sie wünscht sich nur, er würde endlich kommen. Der Moment, in dem er ihre Haare loslässt und zur Besinnung kommt.
Und sie hofft, er würde dastehen, klebrig tropfend mit Büscheln von Haaren in den Händen und schockiert über seine Grobheit weinen.
Aber immer nur lachte er und strich ihr übers Haar. „Ich liebe deine Mähne, Wildkatze.“

Sie erinnert sich schwach an Samson aus der Bibel, dessen Kraft in seiner Haarpracht lag. Und plötzlich durchdringt sie die Erkenntnis, dass es bei ihr genau andersrum sein muss. Ihr Haar strotzt vor einem Gift, das Körper und Geist von Grund auf verdirbt und schwächt.

Nicht einmal als er gehen wollte, konnten ihre Haare ihn zurückhalten.

Und nun gibt es auch für sie kein Halten mehr. Kurz müssen sie sein. Kurz. Nichts mehr zum Klammern und Liebhaben als Ersatz ihrer selbst.
Und sie begreift, wie sie oft nur ihre Frisur aus dem Haus geschickt und sich selbst unter der Bettdecke versteckt hatte.
Ihre Haare waren es, die auf Parties gingen, die die Beförderung bekamen und schliesslich auch ihren Mann kennenlernten.
Natürlich schön, wild gewachsen, ungefärbt und doch die pure Lüge.
Nach Reinheit trachtend, schneidet und schneidet sie. Gleichzeitig malt sie sich ihre neue Frisur aus, die sie nach unzähligen Hochglanzmagazinen und eingehender Beratung wählen würde.

Und dann hält sie plötzlich inne. Sie fühlt sich als Klischee ertappt.
Mit neuem Schnitt in ein neues Leben.
Wie sie Frauen hasst, die glücklich den Salon verlassen und verkünden, ab jetzt wären sie ein anderer Mensch.
Am Ende des Jahres stellen sie dann fest, dass das ganze Haushaltsgeld für haarige Selbsthilfetherapien drauf ging, und frau nach Dauerwelle, kurz, angesetzt, gestreckt, blond, rot, pink zur Faschingsikone geworden ist und sich keinen Deut verändert hat.

Ohne sie.
Die Schere fällt zu Boden.
Ob vergiftet oder nicht, das Fehlen eines Mannes darf nicht den Verlust ihrer Weiblichkeit bedeuten.
Und wenn sie jetzt etwas braucht, dann einen Vorhang, hinter dem sie ihre Tränen verbergen kann.
Der Frisör würde ihre Geschichte nie und nimmer zu hören kriegen, soll er warten, bis er schwarz wird.
Die Wahrheit gehört nur ihr allein.
Triumphierend legt sie sich ins Bett und schläft mit einem selbstzufriedenen Lächeln ein.
Der Haarteppich zieht sich durch die ganze Wohnung.

 

Gerne auch Feedbacks zu den Tags. Wusst nicht recht, wo platzieren...

 

Ich kann leider nur Feedback zum Format geben: Der zentrierte Flattersatz lässt sich nicht lesen. Bitte linksbündig und gut.

Es geht um Haare. Und um eine Trennungsgeschichte. Wie das eine mit dem anderen zusammenhängt? Das könnte interessant sein, bin gespannt.

 

Hallo @Akelei,

erstmal ein herzliches Willkommen bei uns!
Dein Text gefällt mir. Nur die Form irritiert mich. Es soll ja eine Kurzgeschichte sein, kein Gedicht, von daher wäre es gut, wenn du das noch anpassen könntest, ansonsten wirkt es missverständlich.

Inhaltlich hast du die innere Not dieser Frau gut auf den Punkt gebracht. Ein paarmal musste ich lachen, keine Ahnung, ob das beabsichtigt war, aber ich finde, ihre Misere hat etwas Tragisch-Komisches. Einerseits verdeutlicht sie die momentane Einsamkeit, sodass ein Friseurbesuch schon wie das größte Abenteuer überhaupt scheint. Andererseits nimmst du den Wunsch vieler Frauen auf die Schippe, durch eine neue Frisur in ein neues Leben zu starten. Das Abschnippeln im Alleingang zeigt dann auch nochmal den Grad der Verzweiflung.

Gedankenversunken greift sie zur Schere. Sie würde morgen anrufen und sich einen Termin geben lassen.
Anfangs hatte ich mit der Schnippelei Schwierigkeiten und musste mehrmals lesen, weil ich dachte, sie ist selbst Friseurin. Liegt wohl an dem Wort: Gedankenverloren. Das klingt mir zu harmlos dafür, dass es eine Verzweiflungstat ist.

Und wie die kaputten Spitzen
als

Ein naives Vakuum
Hier gefällt mir das naiv nicht. Klingt abfällig in meinen Ohren. Es sei denn, sie hält sich selbst für naiv, weil sie glaubt, alles, was sie erzählt, unterliegt der Schweigepflicht.

Wie den ersten Orgasmus nach einer monatelangen Dürrezeit. Oder den ersten überhaupt.
:D

Und sie begreift, wie sie oft nur ihre Frisur aus dem Haus geschickt und sich selbst unter der Bettdecke versteckt hatte.
Schön.

Gern gelesen. Freue mich auf mehr.

Viele Grüße,
Chai

 

Ich kann leider nur Feedback zum Format geben: Der zentrierte Flattersatz lässt sich nicht lesen. Bitte linksbündig und gut.

Es geht um Haare. Und um eine Trennungsgeschichte. Wie das eine mit dem anderen zusammenhängt? Das könnte interessant sein, bin gespannt.

erledigt. :-)

Hallo @Akelei,

erstmal ein herzliches Willkommen bei uns!
Dein Text gefällt mir. Nur die Form irritiert mich. Es soll ja eine Kurzgeschichte sein, kein Gedicht, von daher wäre es gut, wenn du das noch anpassen könntest, ansonsten wirkt es missverständlich.

Inhaltlich hast du die innere Not dieser Frau gut auf den Punkt gebracht. Ein paarmal musste ich lachen, keine Ahnung, ob das beabsichtigt war, aber ich finde, ihre Misere hat etwas Tragisch-Komisches. Einerseits verdeutlicht sie die momentane Einsamkeit, sodass ein Friseurbesuch schon wie das größte Abenteuer überhaupt scheint. Andererseits nimmst du den Wunsch vieler Frauen auf die Schippe, durch eine neue Frisur in ein neues Leben zu starten. Das Abschnippeln im Alleingang zeigt dann auch nochmal den Grad der Verzweiflung.


Vielen lieben Dank!!
Ich fand für mich, dass es sich mittig besser las, aber hab's geändert. :-)
Und ja, es darf schon komisch sein..

Gedankenversunken greift sie zur Schere. Sie würde morgen anrufen und sich einen Termin geben lassen.
Anfangs hatte ich mit der Schnippelei Schwierigkeiten und musste mehrmals lesen, weil ich dachte, sie ist selbst Friseurin. Liegt wohl an dem Wort: Gedankenverloren. Das klingt mir zu harmlos dafür, dass es eine Verzweiflungstat ist.

Möcht ganz gerne, dass es anfangs harmlos ist und sich dann steigert, aber finde das Gedankenverloren auch nicht ganz richtig. Vor allem wenn es verwirrt...
Mal überlegen, was da besser passen könnte. Danke dir!


Und wie die kaputten Spitzen
als
geht "wie" nicht auch?
Ein naives Vakuum
Hier gefällt mir das naiv nicht. Klingt abfällig in meinen Ohren. Es sei denn, sie hält sich selbst für naiv, weil sie glaubt, alles, was sie erzählt, unterliegt der Schweigepflicht.
Mir persönlich gefällt das naive Vakuum sehr. Ja, sie hält sich selbst für naiv und alle Kunden, die da tratschen, nicht weil sie denken, es unterliegt der Schweigepflicht, eher weil sie genau wissen, dass es weiter erzählt wird, es aber nicht wahrhaben wollen und ihre Geheimnisse trotzdem erzählen. Aber wenns nicht rüberkommt, vielleicht doch nicht der richtige Begriff...

Wie den ersten Orgasmus nach einer monatelangen Dürrezeit. Oder den ersten überhaupt.
:D

Und sie begreift, wie sie oft nur ihre Frisur aus dem Haus geschickt und sich selbst unter der Bettdecke versteckt hatte.
Schön.

Gern gelesen. Freue mich auf mehr.

Viele Grüße,
Chai

Danke dir!!!

 

Hallo @Akelei,

geht "wie" nicht auch?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass es "als" heißen müsste. Ob beides geht, weiß ich allerdings nicht. Vielleicht meldet sich dazu ja noch ein Grammatik-Spezialist.

Viele Grüße,
Chai

 

Und sie begreift, wie sie oft nur ihre Frisur aus dem Haus geschickt und sich selbst unter der Bettdecke versteckt hatte.
...
Der Frisör als Ausnahmezustand.

Das kenn ich, schon so lang ich denken kann. Da nimmt einem wer auch immer was und will dafür auch noch bezahlt werden. Schlimmer als das Finanzmysterium, sag ich da bloß,

Akelei,

schöner Text für Zwischendurch, die es auch geben muss, wie ich finde.

Und damit welcome to the pleasuredome!

Bissken Flusenlese incl. Antwort zum Unterschied vergleichender Konjunktionen ...

Die Frau ist dieselbe, und doch erkennt sie sich nicht.
Komma weg!, das und ersetzt es vorzüglich (Ausnahme wäre, wenn nach Komma + und ein Hauptsatz folgte. Was nicht der Fall ist)

Versuch hier mal selber

Ungeachtet dessen, dass diese geschickten Hände auch Ohren, und schlimmer noch, ein Mundwerk besitzen.

Diesesmal soll es an Stoff nicht fehlen.

An tröstenden Händen umsoweniger.

„dieses mal“ und „umso weniger“ (anders beim verkürzten „diesmal“)

Hier verrat ichs Dear nicht, kommstu selber drauf

Und sie schweift zurück zu den Nächten, in denen sie schreit, und er gleich umsomehr.

Was die vergleichenden Konjunktionen „wie“ und „als“ betrifft,
- moin, @Chai -
so weist „als“ auf Unterschiede ( er ist größer als ich) und „wie“ auf Egalität hin (er ist so klein wie ich).

So, nun aber raus auf zehn Pfoten ... Ach, ich bin ja Fisch ...

Friedel

 

Und wie die kaputten Spitzen zu Boden fallen, freut sie sich auf die bunten Zeitschriften, zu denen sie sich öffentlich nie bekennen würde.
Es geht ja nicht um einen Vergleich, hochverehrter (@Friedrichard ) Friedel, deshalb klingt das wie hier falsch in meinen Ohren. So als könne man beides sagen. Dann könnte ich ja z.B. auch sowas sagen wie: Es war schon nach Mitternacht, wie ich gestern nach Hause kam. Das heißt doch als, oder nicht? :confused: Es sei denn, ich sage: Ich weiß nicht mehr, wie ich nach Hause kam. Aber das ist ja sinngemäß was ganz anderes.
Auf dem Schlauch stehende Grüße von Chai

 

M. E. ist allein der geschilderte Vergleich mit unterschiedlicher Verwendung zu beachten. Ansonsten ist es dem Brett, gegen das ich wohl gerade gelaufen bin, ziemlich egal, ob ich mit "Als ich gerade eben gegen das Brett gelaufen, ..." oder "wie ich gerade eben gegen das Brett gelaufen bin, ..." beginne ...

Aber ich schau mal nach und meld mich wieder ...

In Bälde ....

 

Ja, dat is ja ma'ne Vroide!

Abba ich bring'ma'n Helge aus Mülheim mit. Müssen mer getz durch, wennet heißt:

"Um Gleichheit und Ungleichheit geht es im folgenden Artikel: Heißt es wirklich „anders als“? Ist nicht eher „anders wie“ üblich oder geht vielleicht gar beides? Hätten Sie’s gewusst?

Die Vergleichspartikel als drückt standardsprachlich Ungleichheit aus, die Vergleichspartikel wie dagegen Gleichheit*. Daher steht nach einem Komparativ immer als, nicht wie: Die Welt ist tief und tiefer als der Tag gedacht (Nietzsche), mehr als genug, eine härtere Strafe[,] als die Elevin zu verbannen. Nicht standardsprachlich ist also: [Deine Hände] sind kleiner wie meine. Damit kommst du besser in die Ecken beim Putzen (Helge Schneider).

Ebenfalls nicht standardsprachlich ist die Verwendung von als wie anstelle eines schlichten als: Das schmeckt doch viel besser als wie Sprudel mit ohne Geschmack. Da mit anders, niemand, nichts, umgekehrt und Ähnlichem ebenfalls Ungleichheit ausgedrückt wird, verwendet man auch nach diesen Ausdrücken als, nicht wie: anders als bei Verben wie..., nichts als heiße Luft."
https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/alswie

Het windje

* nur für den Vergleich bleibt der Unterschied. Zudem ist das "wie" vielseitiger zu verwenden als ein als ...

 

Die Vroide is janz meinerseits, lieber @Friedrichard, und schön, dass der Helge aus Mühlheim auch gleich mal zu Wort kam, wenn auch mit falschem Vergleichs-Wie. :D Das Wie durch während zu ersetzen, ist mir eine gute Krücke, lieber @Willibald. Das heißt also, immer, wenn das passt, kann das Wie nicht verkehrt sein. Zumal man eben nicht sagen würde: Es war schon nach Mitternacht, während ich nach Hause kam.

 

Der schräge Helge zeicht ma' nu', wie't im Pott so klingt ...

Nu is' abba auch jut!

Tschüssikowski, sacht der

Friedel

 

Guten Morgen @Friedrichard @Chai
Danke für euren Diskurs! ??
? heisst das jetzt, ich kann das „Wie“ stehen lassen? Ich glaube, ich muss es nach meinem ersten Kaffee nochmals genau durchlesen.
Einen schönen Morgen schonmal!

 

Danke dir @Friedrichard !
Hab alles brav korrigiert, sofern ich es richtig verstanden hab.

Echt gar kein Komma hier ab dass??
Ungeachtet dessen, dass diese geschickten Hände auch Ohren, und schlimmer noch, ein Mundwerk besitzen.

Und dieses mal mit Mal dann gross aber, oder?

Gruss, Akelei

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom