Was ist neu

Happy Birthday

Mitglied
Beitritt
27.08.2007
Beiträge
5

Happy Birthday

Der Mann geht freundlich lächelnd in die Knie. Ein kleines Mädchen läuft strahlend und mit weit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Es trägt ein rosafarbenes Kleid. In seinem Schopf steckt eine große weiße Schleife.

Der Mann ist mit 64 Jahren schon reichlich alt um der leibliche Vater einer Dreijährigen zu sein. Er ist eher klein und sein schwarzes Haar ist schütter aber sein braungebrannter Körper ist noch drahtig, wie sein weit aufgeknöpftes Hemd erkennen lässt.

Seine Kleidung ist fast vollständig in weiß gehalten. Ebenso die der Menschen, die um die beiden herum stehen: Familienmitglieder und Angestellte.

Lachend schließt er seine Tochter in die Arme und stemmt sie in die Höhe. Heute ist der Geburtstag des Mädchens. Er hebt sie auf einen weißen Stuhl an der Stirnseite der gedeckten Tafel. Es ist herrliches Wetter, deshalb hat man alles im Freien auf der großzügigen, von exotischen Pflanzen gesäumten Terrasse angerichtet.
Der Mann gestikuliert beiläufig. Aus der Reaktion der Dienstboten ist ersichtlich dass er keinen Widerspruch duldet. Sie vermeiden es, ihn direkt anzusehen.

Die Familienmitglieder nehmen nach und nach an der Tafel Platz. Als zwei Angestellte eine gewaltige Geburtstagstorte mit drei brennenden Wunderkerzen herantragen, zieht sich auch der Mann einen Stuhl heran.
Er rückt ihn neben den seiner Tochter. Mit einer knappen Handbewegung bedeutet er, dass die Torte angeschnitten werden soll. Die Stimmung ist scheinbar fröhlich und gelöst. Es wird viel gelacht. Der Mann beginnt das Mädchen mit einem Stück Torte zu füttern. Seine weißen Zähne strahlen in der Sonne.

Die Gelegenheit ist günstig, er wird sich vermutlich einige Minuten nicht von der Stelle rühren.

„Exakte Entfernung?“, frage ich knapp.

„637 Meter, kein Seitenwind“, flüstert mir Fernandez zu.

Ich nicke stumm und justiere ein letztes Mal die Optik. Gerade als der Mann seinen Blick in unsere Richtung wendet, lässt das Projektil der 7,62 mm Patrone sein Gesicht explodieren.
Ich sehe schon nicht mehr, ob er zu Boden geht. Binnen Sekunden wickele ich mich aus dem Tarnschal und gleite aus der Stellung. Ich schultere das M40 Scharfschützengewehr und Fernandez klaubt die restliche Ausrüstung zusammen.

Wir fallen in einen leichten Trab.

Auf dem Weg zum Extraktionspunkt drehe ich mich noch einmal zu der Villa um.

„Das Arschloch schmuggelt nie wieder Koks.“

Fernandez grinst.

 

Moin.
Ehrlich gesagt konnte mich deine Geschichte nicht überzeugen. Das Setting erinnert an einige am. Actionfilme der letzten Jahre: Amerikaner machen in Südamerika (bevorzugt Kolumbien) Jagd auf Drogenbarone.
Nix dagegen einzuwenden.
Nur: Dein Text ist gewissermaßen lediglich die Schilderung einer Szene. Kühl und sachlich schilderst du, wie bei einer Geburtstagsfeier jemand abgeknallt wird. Mir fehlt da durch die völlige Absenz von Emotionen ein Bezug zu den Figuren, ganz zu schweigen von Spannung: Schuss, Mann tot, aus. Als Leser zucke ich mit den Achseln und widme mich einer andere Story.
Stilistisch ist das schnörkellos und, passend zum Inhalt, distanziert geschrieben.
Vielleicht können ja andere mehr mit diesem Text anfangen.

 

Hallo Rainer,

danke dass Du meine Geschichte gelesen hast. Ich kann Deine Bedenken zum Teil nachvollziehen. Als ich mich an den Text gesetzt habe, hatte ich eine bestimmte Szene vor Augen: Scharfschützenteam liquidiert Drogenbaron. Ursprünglich wollte ich die Geschichte auch ausführlicher gestalten aber die Essenz wäre immer diese Szene geblieben. Die zusätzlichen Ausschmückungen hätten vermutlich eher noch geschadet.


Nur: Dein Text ist gewissermaßen lediglich die Schilderung einer Szene. Kühl und sachlich schilderst du, wie bei einer Geburtstagsfeier jemand abgeknallt wird. Mir fehlt da durch die völlige Absenz von Emotionen ein Bezug zu den Figuren, ganz zu schweigen von Spannung:.

Das Fehlen von Emotionen ist bewußt so angelegt. Die Bilder sollen das widerspiegeln, was dem Schützen durch den Kopf geht - und der ist natürlich distanziert und ein Stück weit dem Geschehen gegenüber gleichgültig. Er nimmt auch nur die notwendigen Informationen in sich auf und verheddert sich nicht in Details (ausschweifende Schilderung des Gartens o.ä.). Aber das Grundproblem bleibt, es gibt keinen Handlungsbogen, sondern nur ein Schlüsselszene. Der Twist (nämlich die Erkenntnis, dass der Leser durch das Visier eines Scharfschützengewehres blickt) scheint auch nicht wie eine Bombe einzuschlagen.

Ich bin bei der Geschichte zwiegespalten - mir gefällt die Szene nach wie vor und ich glaube eine reine Anreicherung von Details würde sie nicht verbessern. Auf der anderen Seite bleibt ein schaler Geschmack doch nur ein halbgares Ergebnis geliefert zu haben. Vielleicht nutze ich die Grundidee noch mal für einen völlig neuen Anlauf - an dem (ja ohnehin sehr kurzen) Text ist wohl nicht mehr viel zu machen.
Naja ich verbuchs unter Erfahrungen und danke für die Kritik.

Gruß,
MC

 

Hallo, MC.

Der Twist (nämlich die Erkenntnis, dass der Leser durch das Visier eines Scharfschützengewehres blickt) scheint auch nicht wie eine Bombe einzuschlagen.

Ich hoffe, du sitzt gerade und hältst keinen Strick oder Giftbecher in der Hand, aber: Der vermeintliche "Twist" ist leider kein Hammer. Irgendjemand muss diese Leute ja beobachten - entweder ein auktorialer oder ein Ich-Erzähler.

Als ich mich an den Text gesetzt habe, hatte ich eine bestimmte Szene vor Augen: Scharfschützenteam liquidiert Drogenbaron

Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Nur reicht halt eine Szene nicht aus, um einen spannenden Film oder eine mitreißende Geschichte zu erzählen. Ich verstehe schon, wie du es meinst: Mir geht es ja nicht anders beim Ersinnen von Storys. Da ist eine Szene - vielleicht der Schluss der Geschichte oder ein Dialog -, die den Kern bildet, um den herum die Story aufgebaut wird.

Das Fehlen von Emotionen ist bewußt so angelegt. Die Bilder sollen das widerspiegeln, was dem Schützen durch den Kopf geht - und der ist natürlich distanziert und ein Stück weit dem Geschehen gegenüber gleichgültig. Er nimmt auch nur die notwendigen Informationen in sich auf und verheddert sich nicht in Details (ausschweifende Schilderung des Gartens o.ä.). Aber das Grundproblem bleibt, es gibt keinen Handlungsbogen, sondern nur ein Schlüsselszene

Eben! Geschichten leben, ja, definieren sich über Emotionen - andererseits liefert man einen Bericht oder Essay ab. Etwa so, als hätte Remarque "Im Westen nichts Neues" wie ein kühles, militärisches Protokoll verfasst.

mir gefällt die Szene nach wie vor und ich glaube eine reine Anreicherung von Details würde sie nicht verbessern

Um kein Missverständnis zu erzeugen: Ich wollte dich nicht dazu auffordern, üppige Details einzuflechten. Es geht vielmehr um die Position, die der Leser in solchen Geschichten einnimmt. Ein Krimi, in dem der Detektiv oder Polizist sofort einen Tatverdächtigen ausmacht und fünf Minuten später unumstößlich dessen Schuld nachweisen kann, wird den Leser befremden. Er will überrascht werden, emotional bewegt, vielleicht sogar zum Nachdenken angeregt werden.

Das war´s von meiner Seite aus. Vielleicht gibt es ja weitere Meinungen dazu. Hallo, Regie? Ist noch jemand in der Leitung?

 

Regie an Aufnahmeleitung: Yepp, wir sind da, können aber nicht viel Ergänzendes zur Kritik beisteuern.

@ Mohammed

Eigentlich wollte ich diese Szene (denn mehr ist es wirklich nicht) gar nicht kommentieren. Und jetzt brauche ich sie auch nicht zu kommentieren, denn Rainer hat alles Wesentlich aufgezeigt. Es ist und bleibt eine Szene, die m.M.n. an eine ähnliche Szene in dem Film/dem Buch "Das Kartell" von Tom Clancy erinnert. Ob Du aus dieser Szene mehr machst, indem Du sie in eine längere Geschichte einbindest, bleibt Dir überlassen. So, mehr fällt mir im Moment nicht ein. Ich gebe zurück zur Aufnahmeleitung.

Gruß
George

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom