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Haut-Farben
Als ich mich gestern zu einer stoischen Ruhe gebettet hatte, da fiel ich in einen tiefen, fruchtigen Schlaf und erhob mich sogleich darauf in einem von Farben umspielten Hain, in dem der tosende Wind fremdartig musizierte.
Ich drehte und wand mich, sondierte gehetzt die Umgebung, suchte nach einem Versteck für meine Gestalt, verbarg mich zwischen gesprenkelten Pilzen und unter knorrigen Ästen und beobachtete das Geschehen.
Sogleich krabbelten jadegrüne, waldige Menschen aus einer übbigen Baumreihe auf eine in goldenen Sonnenstrahlen getränkte Lichtung und breiteten sonderlich pralle Früchte in saftigem Abendrot und berstendem Purpur auf silbrigem Stein aus.
Smaragdgrüne Menschen erschienen und schöpften Wasser aus einer klaren Quelle, als auch schon kehlige Betlaute an mein Ohr drangen. Aus meiner Verhüllung observierte ich kobaltblaue Priesterinnen mit wallenden Gewändern.
Ausgemergelt und demütig schleppten sich die Diener höherer Mächte auf ihrem Bußgang vom Himmel herab den Pilgerpfad entlang, erreichten die Lichtung, hielten für eine kurze Pause inne und wurden augenblicklich von Waldmenschen umringt.
Die Jade- und Smaragdgrünen boten den kobaltblauen Priesterinnen süßliche, triefende Früchte und glitzerndes, reinstes Wasser und schnell erhob sich ein Geschwätz über die Götter, die Natur und alle andere Schöpfungen.
Ich verließ mein Versteck, ließ den verstohlenen Hain hinter mir, fand mich sogleich auf einer kargen Steppe mit karmesinroten Gräsern und duftender Erde wieder und entdeckte nicht weit von hier eine Stadt mit einem fiebrigen Platz davor.
Eine Phalanx aus opalenen Adeptinnen glitt wie wallende Vipern über die Ebene, zu auf ein gläsernes Gebirge, welches von quellenden Wolken umhüllt wurde. Ihre Zaubersprüche und druidischen Gesänge schwängerten die Luft und magische Wirbel umspielten ihren Weg.
Dürstend überquerte ich die flirrende Einöde in sengender Hitze, bis ich endlich den geschäftigen Marktplatz erreichte, wo mir von einem magentanen Wächter ein asch-hölzerner Eimer mit erdbeerblauem Wasser überreicht wurde.
Ich trank gierig und beobachtete fasziniert türkisene Weber, cyane Töpfer, anthrazitgraue Abte, altrosa Schneider, ananasgelbe Spielmänner, roséene Krämer, aquamarine Schreiber, beige Ausrufer, bronzene Schleifer, dunkellilane Kesselflicker, haselnussbraune Stallknechte und Indigo-Bogenbauer mit purpurnen Händlern feilschen.
Ockerfarbene Fremdländerinnen spielten gemeinsam mit nebulösen Flickschustern und fahlen Gerbern mit einer Hundertschaft an bunten Kindern, die voller Freude zwischen den eisblauen Zunftmeistern und sonnengelben Gelehrten mit den Tieren der phosphornen Schäfer tollten.
Die Stadttore öffneten sich und das gemeine Volk strömte auf den pulsierenden Marktplatz, um zu handeln und zu erwerben, zu sehen und gesehen zu werden. Es waren die Schwarzen, die Braunen, die Roten und die Gelben und jeder hätte sich gewundert, wenn sie nicht gekommen wären. Das freudige Treiben des Volkes vitalisierte Jung und Alt.
Und als selbst jene aus dem Untergrund und dem Nebel und die Seeleute von den purpurnen Häfen jenseits des Mondes und die Onyxen-Reiterinnen aus der Wüste der Zeit den Marktplatz erreichten, da waren sie alle vereint.
Eine vielschichtige Musik erklang bei jedem Stand, in jeder Ecke und auf all den Wegen und während das bunte Volk zu tanzen begann, bereiteten die orangenen Meisterköche ein Festmahl und tränkten die Luft mit Düften von fremden Gewürzen und brutzelndem Gut.
Ohne es zu wollen erwachte ich aus meinem fruchtigen Traum und fand mich in einer farblosen, weißen Welt wieder.