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Himmelsstürmer
Himmelsstürmer
Der Sturm blies uns scharf ins Gesicht, als wir durch den feuchten Sand stapften.
Die Gesichter der Kinder waren gerötet und die Vorfreude blitzte in ihren Augen.
Die Mimik des Drachen war gespannt und er riss ungeduldig an der kurzen Leine.
Groß war er, ein rautenförmiges Gebilde aus buntem Papier, dass mit seinem Schwanz um die Wette raschelte.
Harald nahm die Leine und ich hielt ihn zum Start bereit.
„Höher Papa“, rief das eine, „schneller Papa“, rief das andere Kind. Der Wind zerfetzte ihre gutgemeinten Ratschläge, aber ihr Vater wusste, mit dem Widerspenstigen umzugehen.
Dieser schwang sich hinauf, pfiff durch die salzige Luft, erklomm den grauen Himmel, als sei das seine Bestimmung immer höher zu steigen.
Mein Herz flog mit ihm. Übermütige Lebensfreude ließ in purzeln. Als er drohte abzustürzen, zog mein Liebster an den unsichtbaren Fäden. So rettete Harald ihn immer wieder, verhalf ihm zu einem gleichmäßigen Tanz. Makellos schwebend, wunderbar, ein bunter Klecks über uns. Mit einem Mal zog er wieder, zerrte mit aller Macht hinauf.
Ich sah meinem Mann in die Augen. Dachte er ebenso? Die Leine ruckte, als alles Band abgespult war. Einen Moment lang verharrte mein Angetrauter, stemmte sich gegen die Kraft des Aufbegehrenden. Dann suchte er meinen Blick, erfasste meinen Gedanken, hob die Arme und ließ ihn frei.
Der Drache stob davon, frei ohne Furcht steuerte er auf den Horizont zu. Da, wo Wasser und Erde sich vermischten, verschmolz er und wurde eins mit den Elementen.