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Novelle Hinter den Dingen

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Hinter den Dingen

Samstag, 30. Juli
Ich blinkte, bog in die Auffahrt ein und fuhr durch den Schatten des Walnussbaums auf den sonnigen Hinterhof. Als Kind hatte ich hier mit meinen Freundinnen gespielt. Wäscheleinen, auf denen die Wäsche der Hausbewohner trocknete, waren zwischen Metallpfosten gespannt. Nach der Wende war der Trockenplatz durch fünf Parkplätze ersetzt worden. Ich parkte auf dem Stellplatz mit der Nummer Vier, nahm den Rollkoffer aus dem Kofferraum und klingelte an der Haustür. Es summte und ich betrat das kühle Treppenhaus. Der Boden war mit Linoleum belegt, Stäbchenparkettoptik. Es roch nach meiner Kindheit in diesem Treppenhaus: nach gekochten Kartoffeln, nach Muff und Enge.

Meine Mutter stand schon in der Tür, als ich die Stufen ins zweite Geschoss hochstieg. Ihre Daumen steckten in den Taschen ihrer Kittelschürze, sie lächelte mich an. „Hast du Hunger?“
„Hab unterwegs gegessen.“ Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange. War sie noch zerbrechlicher geworden seit meinem letzten Besuch? „Aber einen Kaffee würde ich nehmen.“ Ich stellte den Koffer in den Flur und während ich meine Sandalen auszog, trug meine Mutter ihn in mein altes Zimmer.
„Vati ist im Garten“, sagte sie aus dem Zimmer heraus. „Setz dich auf den Balkon! Ich bring dir gleich den Kaffee.“
Ich folgte ihr in die kleine, vom Walnussbaum beschattete Küche. „Schön kühl hier!“ Ich setzte mich an den Küchentisch und legte die Hände flach auf die karierte Wachstuchdecke, vermied es aber, meine nackten Unterarme darauf abzulegen. Meine Mutter stellte eine Tasse Kaffee mit Milch vor mich und setzte sich mir gegenüber.
„Und wann geht’s heute abend los?“, fragte sie.
„Um acht im Belling.“
„Wird Alex auch da sein?“
„Ich denke schon!“
„Du hast sie lange nicht mehr gesehen.“
„Ja, Mutti, ich weiß!“
Meine Mutter schwieg und ich fragte: „Kann ich heute Abend dein Rad nehmen?“
„Na klar!“ Sie stand auf, legte ihre Hand auf meine und gab mir einen Kuss auf das Haar. „Wenn du nicht auf dem Balkon sitzt, geh ich eben die Wäsche aufhängen.“

Am Abend nahm ich nicht das Rad, sondern ging zu Fuß zum Belling. Die Einladung zum dreißigjährigen Klassentreffen hatten sie mir in mein Büro an der Uni Hamburg geschickt. Im Gegensatz zur letzten Einladung war sie nicht gleich im Papierkorb gelandet. Ich hatte mir das Foto auf der Karte angesehen, hatte an Alex gedacht, an unseren letzten gemeinsamen Abend im Sommer nach meinem ersten Studienjahr. Ich hatte die Klausuren hinter und einen langen Sommer vor mir, wollte mit Freunden aus Berlin durch Italien reisen, das ganze Geld ausgeben, das ich während des Semesters als Schreibkraft verdient und gespart hatte. Wir saßen am Strand, schauten aufs Wasser und tranken Bier. Sie erzählte von einem Typen, den sie kennengelernt hatte, aber alles, was sie sagte, schien mir farblos und unbedeutend zu sein. An diesem Abend fragte sie mich: „Magst du mich überhaupt noch?“ Wie ein ungebetener Gast stand diese Frage im Raum und wollte, dass ich Stellung bezog.
„Ja klar, warum fragst du?“
„Ich glaube, mein Leben ist zu langweilig für dich, zu spießig und provinziell.“
Genauso war es, doch ich log: „Nein, du bist meine beste Freundin!“ Aber das stimmte nicht mehr. Vielleicht hatte sie schon in dem Moment aufgehört, meine beste Freundin zu sein, in dem sie entschieden hatte, in Kudrow zu bleiben. Ich dachte: Du denkst von der Stirn bis zum Tellerrand, weiter nicht. Wie kannst du dich so leicht zufrieden geben? Schau dir die Welt doch an, wie groß und vielfältig sie ist, und du versauerst in Kudrow und machst eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin. Zur Zahnarzthelferin!

Als ich Weihnachten wieder zu meinen Eltern fuhr, rief ich Alex nicht an. Schon vor dem Abend am Strand hatten wir kaum noch miteinander geredet. Still und leise war ich aus ihrem Leben verschwunden, war feige gewesen, hatte nicht gesagt, ich habe jetzt neue und interessantere Freunde.
Nach dem Physikstudium schrieb ich meine Doktorarbeit; fürs Militär wollte ich jedenfalls nicht arbeiten. Ich zog nach Göttingen dafür, arbeitete viel, schloss neue Freundschaften und traf einen Mann, der mich nachts wärmte. Nach der Promotion bekam ich eine Postdoktoratsstelle an der Caltec in Kalifornien und war mir sicher, dass ich zu Großem bestimmt war. Ich zog in die USA und arbeitete so viel, dass ich von Kalifornien wenig sah, freundete mich mit den neuen Kollegen an und verbrachte die Nächte mit einem Postdoktoranden aus Schweden. Nach zwanzig Monaten ging ich als Research Fellow ans CERN. Es war in der Schweiz, als mir klar wurde, dass es keinen Menschen gab, der mir wirklich wichtig war, dass alle meine Freunde austauschbar und nicht mehr als Reisebegleitungen waren. Ich genoss unsere gemeinsame Zeit, hatte Spaß und lachte mit ihnen, führte erkenntnisreiche Gespräche, lernte dazu, aber vermisste niemanden.
Ich habilitierte am KIT in Karlsruhe, bekam eine Stelle als Wissenschaftliche Leitung und Privatdozentin an der Universität Hamburg und wurde dort schließlich auf den Lehrstuhl für Astroteilchenphysik berufen. Auf dem saß ich jetzt fest, 48 Jahre alt. Ich hatte eine Affäre mit Thomas, einem verheirateten Kollegen, und Bekannte, die ich nach meiner Erkenntnis in der Schweiz aufgehört hatte, Freunde zu nennen. Dass Alex vor dreißig Jahren in Kudrow bleiben und sich der Welt nicht hatte stellen wollen, einfach so zufrieden gewesen war, hatte mich enttäuscht. Ich war raus in die Welt gezogen und hatte sie bezwungen, hatte sie kleiner und meinen Horizont weiter gemacht. Und doch: Nach der Einladung zum Klassentreffen, dachte ich immer öfter an Alex. Vielleicht war meine Ruhelosigkeit nur Ausdruck meines Vermissens. Vielleicht war es Zeit, an unseren letzten gemeinsamen Abend anzuknüpfen. Nur darum war ich nach Kudrow zum Klassentreffen gekommen: wegen Alex.

Im Eingangsbereich des Belling stand ein Tisch mit Namensschildern. Ich war früh dran, eine Menge Schilder lagen noch herum. Ich seufzte, als ich mein Schild entdeckte, und heftete es mir an mein Kleid - seit Jahren hatte mich niemand mehr Leni genannt. Das Restaurant selbst bestand aus einem großen Saal mit Tischen und Stühlen. Vor der gesamten Rückwand verlief eine Bar. Rechts war eine Glasfront wie eine Ziehharmonika aufgezogen und gab den Weg auf eine Terrasse frei. An den Tischen saß niemand; stattdessen stand eine Gruppe draußen auf der Terrasse und eine weitere vor der Bar. Ich fühlte mich fremd unter diesen Menschen, mit denen ich vor dreißig Jahren zur Schule gegangen war, und wusste nicht, zu welcher Gruppe ich mich stellen sollte. Ich versuchte, bekannte Gesichter auszumachen und mir Namen in Erinnerung zu rufen. An der Bar erkannte ich Caro, sie war genauso dünn wie früher, wirkte aber noch unsympathischer; als wäre alles Weiche, das jemals in ihr gewesen war, von der Zeit ausgewaschen worden und nur hartes Gestein zurückgeblieben. Neben ihr erkannte ich Jule, Caros beste Freundin. Als sie mich sah, kam sie mit einem Lächeln auf mich zu. Das erste, was mir auffiel, waren ihre grauen Haare, die in Wellen auf die Schultern fielen.

„Elena Schneider“, sagte sie.
„Immer noch! Und du? Immer noch Juliane Schwandt?“
„Ich habe einen Ami geheiratet und heiße jetzt: Meyer.“ Sie sprach es amerikanisch aus.
„Du heiratest einen Amerikaner und heißt jetzt Meyer?“ Ich sprach ihren Namen norddeutsch aus, mit einem langen ä am Ende.
Sie lachte.
Und so war das zweite, das mir auffiel, ihr Lachen. Ich mochte es. „Und wo wohnt ihr? In Deutschland oder den USA?“
„In Kalifornien. Mein Mann Ryan macht Audio- und Videoproduktionen für die Caltec. Kennst du Big Bang Theory, die Serie?“

Natürlich war ich begeistert über die Caltec reden zu können. Wir redeten auch über Kalifornien und die USA, über Jules Arbeit als Journalistin, über meinen Weg von Pasadena nach Hamburg. Dann kam Steffen, er umarmte Jule, umarmte mich, fragte, wohin es uns verschlagen hatte, erzählte von sich, von seiner Familie, erzählte, mit wem er über die lange Zeit in Kontakt geblieben war. Ich ließ meinen Blick schweifen, schaute, ob Alex mittlerweile da war, und sah sie schließlich hinter einem großen, breitschultrigen Mann an der Bar stehen. Sie redete und lachte.

„Ich dreh mal weiter meine Runde“, sagte Steffen schließlich und ich blieb mit Jule zurück. Wir schauten uns um, versuchten Namen zu erinnern und sie Gesichtern und Geschichten von früher zuzuordnen.
Jule erzählte, dass sie schon während des Studiums den Kontakt zu Caro verloren hatte.
Als sie nach Alex fragte, sagte ich: „Wir haben auch keinen Kontakt mehr. Ich bin vor allem wegen ihr hier. Dachte, das wäre eine gute Gelegenheit, um mal zu reden.“ Erst in diesem Moment wurde mir klar, dass ich Alex um Entschuldigung bitten wollte. Ich wollte sie bitten, mir meine Arroganz zu verzeihen, mein leises Verschwinden aus ihrem Leben, meine Lüge am Strand. Ich hoffte, dass sie die Tür zu unserer Freundschaft, die ich so leichtsinnig geschlossen hatte, wieder öffnen würde. Ich hing fest in Hamburg, in meinem Leben, in mir. Ich konnte eine Freundin gebrauchen.
„Oh, sorry!“, sagte Jule. „Ich halte dich die ganze Zeit auf.“
„Nein, nein“, sagte ich. „Später! Ich will später mit ihr reden. Viel später. Vielleicht auch erst morgen.“
„Dann hol ich uns mal nen Shot!“

Ich setzte mich auf einen Tisch, der vor der Terrasse stand. Der Abendwind strich kühlend über meine nackten Arme, streichelte meinen Nacken. Jule stellte sich neben Alex an die Bar, mischte sich ins Gespräch mit ihr und dem breitschultrigen Mann ein. Ich hoffte, dass sie Alex nichts von meinem Plan erzählte, fragte aber nicht nach, als sie zurückkam. Sie hatte ein Tablett dabei, auf dem zwei Gläser Bier und zwei Schnapsgläser mit einer klaren Flüssigkeit standen.
Ich reichte ihr ein Schnapsglas und nahm selbst das andere. Wir stießen auf unser Wiedersehen an, ich roch Anis und kippte die Flüssigkeit möglichst weit in meinen Rachen.

Es war schön, mit Jule vor der offenen Terrassentür zu sitzen, auf dem Tisch, nicht auf Stühlen. Ich war in Kudrow, Alex war da, der Anisschnaps wärmte mich von innen und ich saß mit Jule auf diesem Tisch wie auf einer Insel außerhalb der Zeit. Es waren dreißig Jahre vergangen und doch auch nicht vergangen, sie fanden genau jetzt statt, in diesem Augenblick.

Wir saßen auf dem Tisch und redeten, es war leicht. Immer wieder kam jemand vorbei, mit dem wir das immergleiche Gespräch führten: Kalifornien, wow, Hamburg, aha. Und du?
„Cool“, sagte Jule, nachdem Martin weitergezogen war. „Die kommen hier alle zum Rapport vorbei. Find ich gut!“ Und wir prosteten uns zu.
Es war gegen Mitternacht, als Alex, so betrunken wie wir und Katzenbewegungen imitierend, auf uns zu schlich. Erst jetzt konnte ich sie richtig ansehen. Sie hatte zugenommen. Ihr Haar war noch immer schokoladenfarben und sie trug einen dieser schrecklichen Mikroponys, der ihr Gesicht aber toll einrahmte.

„Catwoman“, sagte ich und sie sah mich an, mir direkt in die Augen. Dann umarmte sie mich auf so eine feste Art, dass ich wusste, sie freute sich, mich zu sehen. Ich war erleichtert. Sie umarmte auch Jule. Wir führten nicht das obligatorische Gespräch, stattdessen rückten Jule und ich zur Seite. Alex setzte sich zwischen uns auf die Tischplatte und nahm einen Schluck von meinem Bier. Dann zog Jule Alex und mich auf die Tanzfläche und ich war so leicht und frei, so betrunken vielleicht, dass ich nicht protestierte. Jemand hatte eine Playlist mit Songs aus den 90ern angemacht und aus den Boxen sangen die 4 Non Blondes. Lauthals verkündete ich der Welt und mir selbst: „And I try, oh my god do I try, I try all the time, in this institution. And I pray, oh my god do I pray, I pray every single day for a revolution.“ Selbst Mr. Vain von Culture Beat konnte mich nicht schocken. „Call him Mr. Raider, call him Mr. Wrong“, sang ich und hüpfte auf der Tanzfläche umher.

Gegen eins ging Jule nach Hause, wir verabredeten uns zu dritt für den nächsten Tag auf einen Eisbecher im Schroeters. Um zwei wurde das Belling geschlossen und die vier Leute, die noch nicht gegangen waren, vor die Tür gesetzt. Ich atmete die frische Luft ein. Der Rausch des Alkohols hüllte mich mit seiner Wärme ein, aber die Luft war kühl und ich zog meine Jacke über. Hinter den Dünen hörte ich die Wellen leise am Strand aufschlagen. Ich wollte noch nicht nach Hause.
„Kommst du noch mit baden?“, fragte ich Alex.
„Sicher nicht!“, sagte sie, aber wir gingen runter an den Strand, zogen die Schuhe aus und spazierten barfuß durch den kühlen Sand Richtung Seebrücke. Alex fragte, wie es mir in Hamburg gefalle, ob ich in meinem Job zufrieden sei, ob ich in einer Beziehung sei. Ich war unkonzentriert. Mir ging die Entschuldigung im Kopf herum und ich wusste nicht, was ich sagen konnte, das nicht total peinlich klang. In jeder Gesprächspause dachte ich: Jetzt!, aber dann füllte Alex die Stille mit Worten und ich hatte nichts gesagt.

Irgendwann sagte sie: „Okay …“
Aber ich wollte nicht, dass dies unser Abschied war, sagte schließlich: „Alex, ich war blöd. Es tut mir leid!“
„Was meinst du?“
„Dass ich mich nie gemeldet habe! Dass ich einfach so verschwunden bin.“
„Alles gut, Schnee von gestern“, sagte sie leichthin und ich spürte das Brett, das sie mir gerade an den Kopf knallte. Aber was hatte ich erwartet? Es war an mir, zu zeigen, dass es mir Ernst war und ich Wiedergutmachung leisten wollte. Ihre lapidare Antwort hinzunehmen, war ein erster, kleiner Schritt.
„Gut“, sagte ich deshalb. „Das erleichtert mich.“

Sonntag, 31. Juli
Am späten Nachmittag trafen wir uns bei Schroeters. Draußen waren alle Plätze besetzt, aber im Innern des Cafés war es angenehm kühl und leer. Ich bestellte einen Eiskaffee, Jule einen Eisbecher mit einem großen Berg Sahne, an dem Schokosoße herunterlief, Alex nahm einen Milchkaffee mit einem Stück Apfelkuchen. Wir sprachen über den gestrigen Abend und lachten viel. Ich fühlte mich zurückversetzt in eine Zeit, in der das Leben noch vor uns lag, wir noch nicht wussten, wo unsere Entscheidungen uns absetzen würden. Mich hatten meine zur einsamen Insel der Ernüchterung getragen. Mein zwanzigjähriges Ich wäre stolz auf mich gewesen. Professuren waren nichts aus meiner Welt, sondern etwas für andere Leute. Und wenn ich, Elena Schneider aus Kudrow, eine richtige Professorin an einer richtigen Universität sein sollte, dann hätte ich alles erreicht, was es zu erreichen gibt, die Lösung aller Probleme läge in meinen Händen.

Ich hatte hart gearbeitet, auf vieles verzichtet, nicht zuletzt auf eine Familie und Kinder. Ich bedauerte nicht, keine Kinder bekommen zu haben, hatte ich nie, aber mit der Professur stellte sich nicht die Befreiung ein, auf die ich gehofft hatte. Im Gegenteil, ich fühlte mich genauso gefangen wie früher in Kudrow. Hamburg war größer, aber die Enge in der Brust war dieselbe. Obwohl ich immer öfter nach einer neuen, besseren Stelle suchte, war mir klar, dass auch die mir keine Erlösung bringen würde.

Nach dem Eis fuhren wir mit den Rädern die Strandstraße in Richtung Westen bis zum Küstenschutzwald. Betonplatten führten hindurch und erinnerten an das Militärgebiet, auf dem zuerst die Wehrmacht und dann die NVA ihre Soldaten untergebracht hatten. Sie endeten im Strandsand. Wir schlossen unsere Räder aneinander und gingen durch die Dünen an den Strand. Hier war es ruhiger als in Kudrow. Immer wieder schoben sich Wolken vor die Sonne, spendeten wohltuenden Schatten. Der Wind, der übers Meer heranwehte, hatte die erfrischende Kühle des Wassers in sich aufgenommen. Alex führte uns zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man den Strandsee sehen konnte. Wir alle drei hatten als Kinder darin gebadet, jetzt war er ein Naturschutzgebiet, von Schilf umgeben. Zurück in Kudrow kauften wir uns Fischbrötchen, die wir am Strand aßen, mit den Rücken an einen Strandkorb gelehnt, die Füße im Sand vergraben, vor uns das Wasser, dunkelblau bis zum Horizont.

„Ich hab so keine Lust wieder nach Hamburg zu fahren.“ Ich schluckte den letzten Bissen von meinem Fischbrötchen herunter.
„Bleib doch!“, sagte Jule. „Ich bin noch die ganze nächste Woche da und es sind doch gerade Semesterferien.“
Das stimmte. Ich arbeitete kaum im Uni-Büro. Meine Mails konnte ich auch in Kudrow bearbeiten, genauso das Kapitel über dunkle Materie, das ich noch zu schreiben hatte.
„Du hast Recht!“, sagte ich. „Ich hole morgen noch ein paar Sachen. Irgendjemand Lust auf Hamburg?“
„Au ja“, sagte Jule, „lasst uns nach Hamburg fahren.“
Alex musste arbeiten, aber Jule und ich wollten fahren. Wir spazierten auf der Promenade bis zur Seebrücke, tranken auf dem Rückweg ein Glas Bowle vom neuen Strand-Imbiss meerfarbig, saßen auf der Promenadenmauer dabei und beobachteten die Leute, während im Westen die Wolken zu glühen begannen.

Montag, 1. August - Mittwoch, 3. August
Jule gefiel meine Altbauwohnung in Eimsbüttel mit den hohen Decken, dem Schlafzimmer Richtung Hinterhof und den zwei Balkonen. Wir schlenderten durch die Stadt und Jule kaufte sich eine Handtasche, wir spazierten an der kleinen Alster entlang, aßen am Abend einen Döner in der Schanze. Vorm Schlafengehen saßen wir auf dem Balkon und tranken ein Glas Wein. Jule schaute vom Handy auf und sagte: „Es gibt eine Ausstellung von Yayoi Kusama in den Deichtorhallen. Können wir da morgen noch hin?“ So verschoben wir unsere Rückfahrt auf Mittwoch.

Jule schlug vor Thomas zu fragen, ob er mitkommen wollte. Ich log und sagte: „Der ist mit seiner Familie in Frankreich.“ Ich wollte nicht, dass die beiden sich trafen, dass diese neue Welt, die sich mir gerade schüchtern offenbarte, von Thomas durchdrungen wurde. Ich fragte mich, was ich an ihm attraktiv fand, an diesem verheirateten Mann mit der Bilderbuchfamilie, der blonden Anwaltsfrau, den zwei klugen und wohlgeratenen Kindern und dem Haus im versnobbten Eppendorf.

Am nächsten Morgen frühstückten wir in einer Brasserie nicht weit von meiner Wohnung und gingen danach in die Ausstellung. Ich kannte Yayoi Kusama nicht und war sofort fasziniert von ihren immersiven Räumen. Kusamas Kunst bot an, in ein universelles Feld aus Verbundenheit einzugehen. In ihrem Infinity Room sah ich mich selbst unendlich oft kopiert, mein Ich verzweigt in verschiedene Versionen, wie von der universellen Wellenfunktion vorhergesagt. Hinter der Materie gab es Beziehungen, die das Eine und das Alles beinhalteten und uns unmöglich zu sein scheinen. Das war, was die Quantenmechanik uns gelehrt hatte, zumindest wenn man die Schrödingergleichung ernst nahm. Das hier war der Grund, warum ich einmal Physik studiert hatte, weil die Physik die 42 ist, die Antwort auf alle Fragen. Die Frage, woher wir kommen und woraus wir gemacht sind, hatte mich in die Kosmologie geführt und auf den Lehrstuhl für Astroteilchenphysik, aber diese Frage beschäftigte mich schon lange nicht mehr. Stattdessen ließ ich Doktoranden und Postdoktoranden mit Hilfe von Computern Daten auswerten, schrieb Kapitel für Lehrbücher, nahm an Sitzungen und Kolloquien teil, unterrichtete und wusste nicht, wann mich dass letzte Mal Erkenntnisdrang angetrieben hatte.

Am Mittwoch fuhren wir gegen Mittag nach Kudrow zurück. Ich setzte Jule am Haus ihrer Eltern ab, sie gab mir einen Kuss auf die Wange und sprang aus dem Wagen.
„Bis morgen abend“, sagte sie. „Ich bring die Gläser mit.“
„Ich bring den Wein und Alex mit“, sagte ich.
Am Abend aß ich mit meinen Eltern am kleinen Küchentisch mit der Wachstischdecke, schaltete die Deckenleuchte ein, weil der Walnussbaum die Küche verdunkelte. Wir aßen schweigend unsere Brote, mein Vater trank ein Rostocker aus der Flasche, meine Mutter wie immer eine Tasse Kräutertee. Ich fragte mich, warum mein Leben so eintönig auf mich wirkte, so karg und unfruchtbar. Ich war erfolgreich und hatte die Anerkennung meiner Mitmenschen gewonnen. Aber ich wollte mehr, mehr Leben, nicht diese Tristesse. Selbst in dieser einfachen Küche, in der sich seit 30 Jahren nichts verändert hatte, schien mir das Leben wahrhaftiger zu sein als jemals in Hamburg. Das Schweigen meiner Eltern, erinnerte mich an das Schweigen in meinem eigenen Leben. Ich hatte so viel Krach geschlagen und mich mit Arbeit abgelenkt, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie das Schweigen sich langsam in mein Leben geschlichen hatte. War mein Leben nur eine Kopie des Lebens meiner Eltern? War unter der verschiedenartigen Oberfläche die gleiche alltägliche Existenz?

Nach dem Abendessen saß ich in meinem alten Zimmer, meine Mutter hatte sich hier ein kleines Nähzimmer eingerichtet, aber die Möbel waren die alten. Ich wollte an dem Buchkapitel arbeiten und saß am Schreibtisch, als Thomas anrief.
„Wo bist du?“, fragte er ohne Begrüßung.
„In Kudrow.“
„Aber es ist Mittwoch!“
„Ich weiß“, sagte ich und erst dann fiel mir ein, dass wir verabredet waren. Wie jeden Mittwoch, wenn seine Frau beim Badminton und im Anschluss mit ihren Mädels noch in der Kneipe war.

„Wäre schön, wenn du wenigstens absagst, wenn du nicht da bist.“ Er sprach mit dem Habitus eines Menschen, der weiß, dass andere seine Erwartungen erfüllen wollen. Ich wusste, dass er eine Erklärung erwartete, eine Entschuldigung, denn es war weder möglich, dass ich ihn vergessen hatte, noch dass ich ihn mit Absicht versetzt hatte.

„Ich bleib erst mal hier“, sagte ich. „Ich weiß noch nicht wie lange.“
Obwohl er in Hamburg am Telefon war, spürte ich seine Irritation, konnte ich seinen missbilligenden Gesichtsausdruck sehen. Ich hatte das alles attraktiv gefunden, hatte mich in diese Selbstsicherheit und Gewissheit, jemand zu sein, verliebt. Wie souverän und distanziert er blieb, wenn die Menschen um ihn herumwuselten und sich ins Zeug legten, um einen Händedruck zu bekommen, ein „Gut gemacht!“ oder Schulterklopfen. Er brachte die Menschen dazu, ihm gefallen zu wollen, einfach nur mit dieser ihm eigenen Gewissheit. Alle bewunderten ihn, auch ich. Dass er sich scheiden ließ, wollte ich nie. Ich war immer lieber die Affäre als die betrogene Ehefrau und ich hatte so viele Affären mit verheirateten Männern gehabt, dass ich den Glauben an eheliche Treue längst aufgegeben hatte. So etwas, was meine Eltern hatten, gab es nicht in der Stadt, nicht in den Kreisen, in denen ich mich bewegte. Und so etwas hatte ich auch nie gewollt.

Er wusste nicht, wie er mein Verhalten deuten sollte. Darum sagte er nur: „Aha!“
„Ja!“, sagte ich und entschied, so lange in Kudrow zu bleiben, wie es mir gut tat. Mit Thomas und mir war es aus. War ich nach meinem Ausflug nach Hamburg noch nicht sicher gewesen, so war ich es in diesem Moment, in dem ich erkannte, was er war: ein Vierjähriger im Körper eines Erwachsenen. Und wie bei allen Vierjährigen ging es darum, was er wollte, andere Menschen interessierten ihn nur als Wunscherfüller.
„Ja“, wiederholte ich und fügte hinzu: „Ich komme nicht mit zur Konferenz nach San Diego. Flieg allein.“ Dann legte ich auf. Er rief noch mal an, aber ich nahm nicht ab und machte das Handy aus, legte mich aufs Bett und starrte an die Decke.

Donnerstag, 4. August
Am Donnerstag wachte ich früh auf und hörte eine leise Stimme aus der Küche die Nachrichten vorlesen. Ich wusste, dass mein Vater die Stille am Morgen genoss, wenn keiner etwas wollte, er in Ruhe Kaffee trinken und eine Zigarette rauchen konnte. Ich stand auf und ging zu ihm in die Küche.
„Guten Morgen!“, sagte ich.
„So früh wach?“
„Ja. Hast du noch einen Kaffee für mich?“
„Die Kaffeemaschine ist schon lange hin“, sagte er und füllte Wasser in den Wasserkocher.

Ich nahm den Becher mit dem Caltec Logo aus dem Küchenschrank, füllte gemahlenen Kaffee hinein und wartete darauf, dass das Wasser kochte. Er saß wieder am Küchentisch, hatte ein Kreuzworträtsel vor sich auf dem Tisch liegen, trug gerade ein Wort ein, dann sah er mich an. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich, wie wohlwollend und liebevoll er die Welt und auch mich betrachtete. Ich lächelte ihn an.
„Alles in Ordnung?“
„Weiß nicht“, sagte ich, „glaub schon.“
„Milch?“
Ich nickte. Vom Stuhl aus öffnete er die Kühlschranktür hinter sich, nahm eine Packung Milch heraus und reichte sie mir. Ich kippte einen Schluck in den Kaffee und gab ihm die Packung zurück.

Er sagte: „Poetisch Nadelwald, vier Buchstaben.“
„Tann“, sagte ich.
Er trug es ein. Ich trank einen Schluck Kaffee, schlürfte, weil er so heiß war, sagte: „Noch eins!"
„Faser der Kokosnuss. Vier Buchstaben.“
Ich hatte keine Ahnung. Es war ‚Coir‘. Wir lösten noch ein paar Wörter, dann nahm er die Packung Zigaretten vom Küchentisch.
„Kann ich eine schnorren?“, fragte ich.
„Hast du wieder angefangen?“
„Nein, nicht wirklich.“
„Aber wir müssen raus auf den Balkon.“

Ein Tisch mit zwei Stühlen füllte den Balkon zu zwei Dritteln aus. Wenn meine Mutter den Wäscheständer darauf stellte, musste sie einen der Stühle zusammenklappen. Mein Vater hielt mir die Schachtel hin. Ich griff nach der Zigarette, deren Filter herausschaute, klemmte sie mir zwischen die Lippen und entzündete sie an der Feuerzeugflamme, die mein Vater mir entgegenhielt. Ich atmete den Rauch in die Lunge und setzte mich auf den Stuhl.

„Und du musst jetzt immer raus zum Rauchen?“
„Gibt eben doch Dinge, die sich ändern.“
Nach zwei weiteren Zügen, drückte ich die Glut im Aschenbecher vorsichtig aus und legte die Zigarette daneben.
„Bleibst du länger?“, fragte er.
„Ich weiß nicht, vielleicht, wär das okay?“
„Klar, weißt du doch.“
„Ich überlege, das Buchkapitel, an dem ich gerade arbeite, hier zu schreiben.“
„Ich kann dir die Laube zum Arbeiten fertig machen. Da haste vielleicht mehr Ruhe.“
"Das wäre toll."
Gegen acht hörte ich meine Mutter ins Badezimmer gehen, hörte die vertrauten Geräusche ihrer Morgenroutine.
„Ich geh ihr mal einen Kaffee machen“, sagte ich. „Soll ich dir dein Kreuzworträtsel bringen?“
„Nee, lass ma min Deern. Wenn deine Mutter aufsteht, frühstücken wir. Ich komm auch gleich.“

Ich ging in die Küche, deckte den Tisch, setzte Wasser auf und frühstückte gemeinsam mit meinen Eltern. Nach dem Frühstück fuhr mein Vater mit dem Fahrrad in den Schrebergarten. Ich wusste, er würde mir in der Laube einen Arbeitsplatz herrichten. Meine Mutter begann mit ihren üblichen Hausarbeiten. Ich ging ihr zur Hand, begleitete sie zum Supermarkt, schälte die Kartoffeln fürs Mittagessen und genoss den Frieden, der in der Wohnung herrschte. Nach dem Mittagessen machten meine Eltern ihren Mittagsschlaf. Ich setzte mich an den Schreibtisch und versuchte, mit dem Buchkapitel voranzukommen.

Am Nachmittag ging ich mit meiner Mutter ins neu eröffnete Schwanencafé. Ich aß einen Eisbecher mit Nüssen, meine Mutter einen Schwedenbecher. Sie erzählte mir Klatsch und Tratsch von den Nachbarn im Haus, vom ehemaligen Direktor der Grundschule, dessen Enkel in die Psychiatrie in Gehlsdorf eingewiesen worden war, von einer ehemaligen Mitschülern, die jetzt bei ihrem Hausarzt arbeite.
Ich hörte ihr geduldig zu und freute mich, sie in meiner Gegenwart entspannt zu sehen. Anders als üblich nervten mich ihre Geschichten nicht, ihre Einfalt und die Begrenztheit, die sie sich selbst auferlegt hatte. Ich hatte meinen Eltern immer übel genommen, dass sie sich nie die Mühe gemacht hatten, ihren Horizont um meinetwillen zu erweitern. Ich habe sie nie ein Buch lesen sehen. Vor der Wende waren wir genau zweimal im Urlaub: einmal im Harz und einmal in der Tschechoslowakei. Nach der Wende hatten meine Eltern nie genug Geld für Urlaub, außerdem arbeitete meine Mutter als Zimmermädchen in einem Hotel und bekam in den Schulferien nie frei. Das war einfach so. Ich glaube nicht, dass sie die Welt vermissten.

Mein Vater war viel krank, wurde schon mit Anfang Vierzig berentet. Als Jugendliche waren mir meine Eltern vor allem peinlich. Mir war unangenehm, dass sie in ihren schäbigen Klamotten zum Abiball kamen und stolz auf mich waren. Ihr Stolz war nicht groß und stark und selbstverständlich wie der von Thomas, sondern klein und voller Ehrfurcht. Er machte mich wütend. Meine Mutter, das Zimmermädchen, und mein Vater, der kränkliche Alte - mehr waren sie nicht für mich gewesen. Aber jetzt mit 48 Jahren sah ich sie mit anderen Augen, ich sah ihre Sanftmut, sah, wie viel Schmerz ihnen meine Wut und meine Scham bereitet haben musste, sah die Mühe, die es gekostet haben musste, mich meinen Weg gehen zu lassen. Sie hatten sich sogar damit abgefunden, enkellos zu bleiben. Wo ich früher fehlenden Ehrgeiz gesehen hatte und plumpe Zufriedenheit, sah ich jetzt eine Form von Selbstverständnis dem Leben gegenüber, die ich nicht kannte.

Am Abend holte ich Alex ab, um Jule am Strand zu treffen. Ich hatte zwei Flaschen Grüner Veltliner dabei und einen Korkenzieher, Jule packte drei Weingläser aus, die sie in karierte Geschirrtücher ihrer Eltern gewickelt hatte. Ich füllte die Gläser und wir stießen an.
„Auf uns!“, sagte ich.
Als das Gespräch auf Thomas fiel, sagte ich: „Das ist aus und vorbei.“
„Wie das? Gestern war davon aber noch nicht die Rede", sagte Jule.
„Warum?“, wollte Alex wissen und Jule fügte hinzu: „Ja, genau, warum so plötzlich?“
„Ach, das ist schwierig zu erklären.“
„Wir haben Zeit!“, sagte Jule und nickte Alex zu. „So jung kommen wir jedenfalls nicht mehr zusammen, also los …“ Sie trank den Wein in ihrem Glas in einem Zug aus, forderte uns mit einer Kopfbewegung auf, es ihr gleichzutun, und füllte die drei Gläser erneut. Die Flasche war leer und Jule warf sie über ihren Kopf nach hinten, wo sie in den Dünen landete.
„Nee, das ist scheiße!“, sagte Alex.
„Stimmt!“ Jule reichte mir ihr Glas, stand auf und holte die Flasche aus den Dünen zurück. Dann ließ sie sich wieder in den Sand fallen, ich gab ihr das Glas zurück.
„Auf die Wahrheit!“, sagte Jule. „Jetzt und hier und heute abend.“

Ich wollte nicht über Thomas reden, musste aber Jule irgendwas anbieten, damit sie Ruhe gab. „Also gut, wir wären gestern eigentlich verabredet gewesen. Ich war nicht da, er hat angerufen, ich hab gesagt, dass ich in Kudrow bin, er hat gefragt, wann kommst du wieder, ich hab gesagt, weiß nicht, er hat gesagt, er findet es blöd, dass ich ihn einfach versetze, ich hatte keine Lust auf seine Nörgelei und hab ihm gesagt, dass ich noch eine Weile bleiben werde und er nach San Diego alleine fliegen soll. Das wars!“
„Und? Was hat er dazu gesagt?“
„Keine Ahnung. Ich hab aufgelegt und mein Handy ausgemacht.“
„Du bist echt knallhart!“, sagte Jule.
„Ach, der hat mich eh schon genervt mit seinem Scheißmittwoch. Nee, das ist schon gut so.“

Alex sagte nichts dazu. Sie schaute aufs Wasser, hörte zu und sah nachdenklich aus.
„Alles gut?“, fragte ich sie.
Jetzt war sie es, die das Glas in einem Zug leerte. Jule und ich exten ebenfalls unsere Gläser. Ich öffnete die nächste Flasche und füllte die drei Gläser nach.
Alex sagte: „Auf die Freiheit!“
Wir tranken.
Ich sagte nichts, roch an dem Wein, nahm einen weiteren Schluck, schaute aufs Wasser, auch Jule war still, bis Alex schließlich meinte: „Du hast es gut! Kannst einfach gehen. Hast keinen Bock mehr und: Hasta la vista, Baby!“
Ich hatte gedacht, sie sei glücklich. Aber wir hatten seit Jahren keinen Kontakt. Ich wusste von ihr nur das, was meine Mutter mir am Telefon erzählte: „Alex hat einen süßen Jungen bekommen.“ Ich hatte die Liebe zu ihrem Mann mit der Anzahl ihrer Kinder potenziert. Natürlich wusste ich, dass es unglückliche Ehen gibt, auch welche mit drei Kindern, aber zu denen gehörte Alex' Ehe nicht. In dem Bild, das ich in meinem Kopf zurechtgezimmert hatte, war Alex die geliebte Ehefrau und erfüllte Mutter. Ich sagte: „Ich kann das so leicht sagen, weil ich niemanden habe. Ich gehöre zu niemandem und niemand gehört zu mir. Du hast Christoph!“

„Ja, ich habe Christoph“, sagte sie, „und eine Paartherapeutin.“ Sie nahm einen großen Schluck Wein und blähte ihre Wangen auf, bevor sie schluckte. „Christoph ist ein Arsch und hat seine Kollegin gevögelt. Wenn Lina nicht wäre, wäre ich schon längst weg. Seine Scheißkollegin, die er jeden Tag in der Scheißschule sieht!“ Dann fiel ihr auf, dass ich etwas mit dieser Kollegin gemeinsam hatte und sie sagte: „Siehst du, du hast es besser! Du vögelst den verheirateten Mann und wenn du keinen Bock mehr hast, schickst du ihn in die Wüste. Seine Frau muss es weiter mit ihm aushalten.“
„Sie muss nicht“, sagte ich.
„Ja, ja“, sagte Alex.
„Ach Mensch, das tut mir leid, Süße“, sagte Jule.

Alex starrte auf den Horizont, trank ihr Glas aus. „Lina war vier und wir haben gedacht, wir kriegen das hin, aber ich kann ihm das nicht verzeihen. Und jetzt machen wir seit zwei Jahren diese bescheuerte Paartherapie, wir könnten das Geld auch im Garten verbuddeln, das würde wahrscheinlich mehr bringen.“
Ich verteilte den Rest des Weins auf die drei Gläser.
„Blöd!“, sagte Alex und nahm einen großen Schluck, „ich hab morgen frei und Lust mich zu betrinken.“
Jule nahm meinen Rucksack und fuhr mit ihrem Rad Nachschub kaufen. Alex und ich warteten am Strand. Ich malte mit dem Zeigefinger ein Herz in den Sand und schrieb ‚A+E‘ hinein. Dann nahm ich ihre Hand und verflocht ihre Finger mit meinen. Sie legte ihren Kopf auf meine Schulter und so saßen wir da und schauten aufs Wasser.

Jule hatte drei Flaschen Grauburgunder gekauft, der besser war, als erwartet. Sie schenkte ein und sagte: „Ich bin jetzt 24 Jahre mit Ryan verheiratet. Ich liebe ihn von ganzem Herzen, so sehr dass es ganz warm wird in meinem Bauch, wenn ich an ihn denke. Aber es gab auch Zeiten, da hab ich gedacht, dass wir es nicht schaffen, da wurde beim Gedanken an ihn nix warm in mir. Ich bin sicher, deine Liebe für Christoph, die ist da noch irgendwo in dir drin.“ Ihr Zeigefinger kreiste über Alex' Brust.

Ich musste an die Vergangenheit denken, als Jule Caros beste Freundin gewesen war und sagte: „Wer hätte gedacht, dass wir jemals freiwillig zusammen am Strand sitzen und Wein trinken?“
„Ich jedenfalls nicht“, sagte Jule. „Ihr wart früher immer so komisch.“
„Nee, du warst komisch!“, sagte Alex.
„Ich weiß! Ich hab keine Ahnung, wer diese Jule früher eigentlich war - außer Caros Anhängsel.“

Wir saßen und redeten, tranken Wein, das Licht wurde golden, bevor der Himmel im Westen orange zu leuchten begann. Die Sonne verschwand hinter dem Horizont, Orange wich Blau und von Süden her zog Schwärze über den Himmel herauf. Als es dunkel war und der Himmel voller Sterne, gingen wir jede hinter einem Strandkorb pinkeln. Ich buddelte ein Loch, hockte mich darüber und buddelte es wieder zu. Wir zogen unsere Jacken über, rückten eng zusammen, mit Alex in unserer Mitte.
„Ich hasse es, mich in Kirchen klein zu fühlen”, sagte ich, “aber unter dem Sternenhimmel liebe ich es.“

Gegen Mitternacht wurde uns trotz der Jacken kalt, wir waren müde und der Wein war alle. Alex nahm die letzte Flasche und warf sie über ihren Kopf nach hinten in die Dünen. Auf dem Weg nach oben, sammelte sie die Flasche wieder ein und steckte sie zu den anderen in meinen Rucksack. Wir drückten Jule, die sich auf das Fahrrad ihrer Mutter schwang und gefährlich schwankte.
„Fahr vorsichtig!“, rief ich ihr nach.
„Ich versuchs!“ Dann bog sie rechts ab und war nicht mehr zu sehen.
Alex und ich hatten die gleiche Richtung. Sie nahm meine Hand und fragte: „Kann ich heute bei dir schlafen?“
„Klar! Es steht immer noch mein altes Bett im Zimmer.“

Hand in Hand gingen wir zu mir. Ich schloss die Haustür auf und wir stiegen die Treppen hinauf in die zweite Etage. Ich versuchte, die Wohnungstür möglichst lautlos aufzuschließen und flüsterte: „Leise! Meine Eltern schlafen.“
Wir kicherten und torkelten in mein Zimmer. Ich ging ins Bad, putzte meine Zähne und als ich zurück ins Zimmer kam, lag Alex schon im Bett und schlief. Ich hob ihre Jeans und den BH vom Boden auf und legte beides über den Schreibtischstuhl. Ihre nackten Beine leuchteten fahl im Mondlicht. Ich öffnete das Fenster, um die kühle Nachtluft herein zu lassen und deckte Alex mit einem Laken zu, bevor ich mich neben sie legte.

Freitag, 5. August
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Alex schon weg. Auf meinem Handy fand ich eine Nachricht von ihr: Christoph ist sauer. Schön, dass du wieder da bist. Ich fand es auch schön, wieder in Kudrow zu sein, las die Sätze mehrmals und schrieb zurück: Frühstück bei dir?
Klar, komm rum

Ich brauchte sieben Minuten zu Alex, ging durch den kleinen Vorgarten und klingelte. Durch vier in die Haustür eingelassene Scheiben konnte ich in den Flur sehen. Auf dem Boden lagen etliche Schuhe durcheinander. Auf einer Truhenbank lag ein Federballspiel, daneben, auf dem Boden, ein Fußball. Über der Truhenbank hingen an Haken, die über die gesamte Wand verteilt waren, Jacken, Taschen und Kopfbedeckungen, in einem Einkaufsnetz auch ein Basketball.

Alex öffnete die Tür und umarmte mich: „Komm rein!“ Sie war allein. Ihr großer Sohn machte eine Ausbildung in Rostock und hatte dort ein Zimmer. Der mittlere Sohn hatte dieses Jahr Abitur gemacht und tourte mit zwei Freunden durch Europa, bevor er studieren wollte.
„Christoph ist mit Lina einkaufen“, sagte sie, kochte sich einen frischen Pfefferminztee und mir einen Kaffee, schmierte mir eine Scheibe Vollkornbrot mit Frischkäse und Gurke und führte mich auf die Terrasse.
„Ist schön bei dir“, sagte ich.
„Danke“, sagte sie.
„Ein bisschen chaotisch vielleicht.“ Nach gestern abend, wollte ich anknüpfen an unsere alten Tage, in denen sie die Chaotin und ich die Ordentliche gewesen war, aber sie schaute ernst und antwortete: „Willkommen in meiner Welt!“
„Das war nur ein Witz“, sagte ich.
„Ich weiß! Christoph regt das auch immer auf.“
„Es regt mich nicht auf. Ich habe wirklich nur einen Witz machen wollen.“
„Egal!“, sagte Alex. „Sag mir lieber, wie lange du bleibst?“
„Mindestens so lange, wir ich für das Kapitel brauche. Ich kann in der Laube arbeiten und bei meinen Eltern schlafen.“
„Und du meinst, das geht gut? Du und deine Eltern in der kleinen Wohnung?“

Wir redeten über mich und meine Pläne. Sie erzählte wenig über sich und ich hatte Mühe sie nicht zu bedrängen. Gestern Abend waren wir uns näher gekommen, sie hatte sich geöffnet und das, was sie beschäftigte, mit Jule und mir geteilt, aber heute hatte sie, was in ihr war, wieder verschlossen; sie verbarg es vor mir und vielleicht auch vor sich selbst. Mit dem Auto fuhren wir aus Kudrow raus, zu einem Parkplatz am Haff, den ich noch nicht kannte.
„Wenns windig ist, ist hier alles voll mit Kitesurfern“, sagte sie.
Gerade standen nur vereinzelt Wohnmobile herum.
„Keine Ahnung, wann ich das letzte Mal am Haff war. Es ist so schön hier, nicht nur am Haff!“, sagte ich. Ich mochte das sanfte Ansteigen und Abfallen der Landschaft, die Felder, die bis zum Horizont reichten. Vor allem mochte ich die Farben: das Gold des Weizens, das im Laufe des Sommers immer fahler wurde, das Beige des Strandsands, das sich im Strandhafer der Dünen wiederholte, das Blau des Wassers, in dem sich der Himmel spiegelte. Wir kamen zur Steilküste. Sie war übersät von Nistlöchern und es gab einige Abbrüche. Zurück gingen wir über eine Weide, auf der Kühe standen. Ich war mir nicht sicher, ob das erlaubt war, aber Alex sagte: „Keine Sorge, ich geh hier immer lang.“

Als wir wieder bei ihr ankamen, wollte ich mich verabschieden, aber sie sagte: „Komm mit rein, dann kannst du Christoph kennenlernen.“ Also ging ich mit.
„Lina ist bei deinen Eltern“, sagte Christoph. Er war groß und schlacksig, sein Haar war kurzgeschoren, der dunkle Dreitagebart durchwoben von Silberstreifen.
„Kaffee?“, fragte Alex.
Christoph nickte.
„Ich hätte lieber ein Wasser“, sagte ich.
Er gab mir die Hand. „Hey, ich bin Christoph. Du musst Leni sein.“
„Elena!“, sagte ich.
„Komm mit!“ Er führte mich auf die Terrasse. Kurze Zeit später brachte Alex die Getränke auf einem Tablett. Sie hatte noch einen Apfel aufgeschnitten und ich griff dankbar nach einem Schnitz. Die Zwei wechselten kein Wort miteinander, stattdessen unterhielt ich mich mit Christoph oder besser: er sich mit mir. Wir redeten über das Universum, dunkle Materie, das Xenon-Projekt und seinen Chemieunterricht an der Schule, die auch Alex und ich besucht hatten. Er war interessiert, trotzdem fühlte sich das Gespräch künstlich an und es war mühsam zwischen ihm und der schweigsame Alex zu sitzen. Ich trank das Wasser in kleinen Schlucken und verabschiedete mich, als das Glas leer war. Später bekam ich eine Nachricht von Alex: Christoph und ich wollen Jule und dich zum Essen einladen. Passt dir morgen?

Ich hatte eigentlich keine Lust noch mal Zeit mit den beiden zu verbringen, aber da Jule auch dabei sein würde, sagte ich zu.
Am Abend aß ich wieder mit meinen Eltern zusammen. Meine Mutter hatte Tomatensalat gemacht und mit Wurst und Käse belegte Stullen auf einem Teller verteilt. Wir aßen im Wohnzimmer auf dem Sofa. Ich füllte Tomatensalat in drei Schüsseln und griff nach einem Brot mit Käse.
„Heut warn die Kinder vom alten Michels da“, sagte mein Vater. „Die räumen alles aus, wolln den Garten verkaufen. Du kannst das alte Sofa haben, dann kannste in der Laube schlafen.“
In der Laube schlafen, wieso hatte ich daran noch nicht gedacht? Im Sommer nach dem Abi, bevor ich nach Berlin ging, hatte ich in der Laube ein paar Wochen auf einer Luftmatratze geschlafen, ich hatte gute Erinnerungen daran. Man stand morgens auf, öffnete die Tür und stand zwischen Apfelbäumen und Amseln. Ich wollte nicht mehr so viel brauchen, wollte mit weniger zufrieden sein, da kam die Laube gerade recht.

Samstag, 6. August
Am nächsten Tag, rief ich nach dem Frühstück Alex an und fragte, ob sie beim Sofatragen helfen könnte. Sie schickte Christoph, den ich am Eingangstor zur Gartenanlage traf. Als wir das Sofa durch die enge Tür ins Innere der Laube manövriert hatten, war mein T-Shirt durchgeschwitzt. Ich reichte Christoph, der auf dem Sofa saß, ein Glas Wasser, trank selbst eines. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, sagte: „Danke, echt nett von dir.“
Er winkte ab. „Und du ziehst jetzt hier ein?“
„Das ist der Plan!“
Dann schwiegen wir wieder. Alex war zu Hause geblieben. Ihre Abwesenheit füllte den kleinen Raum der Laube so sehr aus, dass nur wenig Platz für Worte blieb. Christoph trank sein Wasser aus, drehte das leere Glas in den Händen. Ich leerte mein Glas ebenfalls.
Ich merkte, dass er etwas auf dem Herzen hatte, fragte aber nicht nach. Dann sagte er: „Ist gut, dass du wieder da bist. Hat Alex was erzählt?“
„Was soll sie erzählt haben?“
„Keine Ahnung ... Ich bin froh, wenn sie mit jemandem redet.“

Sie redete nicht mit mir, aber das sagte ich ihm nicht. Für Worte über Alex war in der kleinen Laube definitiv kein Platz. Er fuhr sich mit der Hand über seinen kurzgeschorenen Schädel. Ich mochte ihn, seine Ruhe, das kurzgeschorene Haar und auch sein T-Shirt, mit den drei Walen vorne drauf. Er erinnerte mich an den schwedischen Post-Doc von der Caltec. Mats. Auch der hatte sein Haar kurz geschoren und ich hatte gerne mit der Hand darüber gestrichen. Christoph stand auf, sagte: „Danke für das Wasser“ und reichte mir das leere Glas. Seine Augen hatten die Farbe eines wolkenverhangenen Himmels.
„Danke fürs Tragen“, sagte ich und stellte die Gläser in die Spüle.
„Wir sehen uns heute abend." Er ging durch die Tür.
Auf der Rückseite seines T-Shirts waren drei angekreuzte Kreise, „Dritte Wahl“ stand darüber und ich nahm mir vor, im Internet später danach zu suchen. Ich ging zu meinen Eltern, aß mit ihnen Mittag, packte meinen Kram zusammen und zog in den Garten.

Ich schloss die Tür der Laube auf, stellte den Koffer auf das Lineolum, auch Stäbchenparkettoptik, und legte die Tasche mit meinem Laptop auf den Tisch. Wie im Sommer vor dreißig Jahren wohnte ich in der Laube meiner Eltern, doch dieses Mal wartete ich nicht schlecht gelaunt darauf, dass die Zeit käme, bald schon da sein würde, in der ich abhauen, alles hinter mir lassen und endlich frei sein würde. Im Gegenteil, ich wollte jeden Moment genießen, die Hitze, den Schweiß, das nervige Vogelgezwitscher am frühen Morgen, das vermutlich unbequeme Sofa und den schlechten Schlaf, den die Hitze mit sich brachte; das Zusammensein mit Alex und Jule wollte ich genießen und die zehn Quadratmeter, die nichts von mir verlangten, nichts erwarteten und mich einfach so in sich aufnahmen.

Ich spülte die beiden Gläser, trocknete sie ab und stellte sie zurück in den Schrank, setzte mich draußen mit gekreuzten Beinen in die Hollywoodschaukel, die Hände auf den Knien, die Weite des Himmels über mir. Ein graubrauner Vogel mit einem rostroten Schwanz landete auf der Rückenlehne eines Gartenstuhls. Sein Schwanz zuckte nervös.
„Hallo!“, sagte ich, „ich wohne jetzt auch hier.“ Er flog weg. Ich nahm mein Handy und fand heraus: ein Hausrotschwanzweibchen.

Jule war schon da, als ich bei Alex und Christoph ankam. Wir saßen auf der Terrasse, die Luft war noch warm, der Wetterbericht hatte eine tropische Nacht vorhergesagt. Christoph stand am Grill, brachte einen Teller mit Gemüse. „Das Hüftsteak ist auch gleich fertig“, sagte er.

Wir sprachen über gute Badestellen, als Christoph das Hüftsteak brachte und sich zu uns setzte. Jule stürzte sich auf das Gemüse, während wir anderen ein Hüftsteak aßen, dazu Tomatensalat und Rosmarinkartoffeln aus der Pfanne, Tzatziki und selbstgebackenes Brot.

Im Kirschbaum der Nachbaren lärmten die Stare, dann erhob sich der Schwarm lauthals in die Luft, schwappte von einer Form in die nächste, eine schwarze Wolke, die sich ständig transformierte und sich schließlich in einer Kastanie niederließ. Wir redeten über die, trotz der vielen Stare, gute Kirschernte in diesem Jahr, über die Hitze, den Klimawandel, darüber, ob Schlafen auf der Hollywoodschaukel ohne Fliegennetz eine gute Idee wäre und Christoph bot an am Montag ein Fliegennetz ans Fenster der Laube zu kleben, damit ich das Fenster, auch ohne Gefahr zerstochen zu werden, weit aufmachen konnte. Wir tranken Wein, aßen gegrillte Banane und Ananas zum Dessert, redeten über das Leben in den USA, darüber, was Jule am meisten gefiel und was sie am meisten vermisste. Dann redeten die anderen drei über Kinder und die Veränderungen, die sie bedeuteten.

Jule sagte: „Als Frau ist man 24/7 für das Baby da. Am Anfang ist noch alles chic, Honeymoon und so, aber irgendwann laugt es einen aus, die Fremdbestimmung, der Schlafentzug. Ryan war arbeiten und ich hatte den ganzen Tag ein Baby an mir kleben und wenn er da war, wollte ich meinen Körper für mich haben und auch Zeit allein verbringen. Ich war schrecklich eifersüchtig, dass er arbeiten ging. Für Ryan blieb kaum was von mir in diesem ersten Jahr. Damit konnte er gar nicht gut umgehen.“

Alex sagte: „Ja, die ersten Monate zu dritt waren wunderschön. Aaron war total pflegeleicht, hat gut geschlafen, gut gegessen. Es war leicht, und für uns genau das Richtige, gleich wieder schwanger zu sein. Ben kam, als Aaron anderthalb war.“
„Als Tom anderthalb war, hat's bei mir und Ryan mega gekriselt. Unvorstellbar, dass da dann noch ein Säugling dazugekommen wäre, mit der ganzen Stillerei und so. Wir haben fast zwei Jahre gebraucht, um uns wieder zurechtzuruckeln. Er hat gearbeitet und alles blieb an mir hängen. Ich wollte auch arbeiten, das war aber ohne Großeltern vor Ort auch schwierig, insbesondere weil Tom auch viel krank war. Ich hab mich total allein gefühlt ohne meine Familie und ohne Freunde in einem fremden Land.“

„Ich hab mich nie allein gefühlt“, sagte Alex und mit dem Finger schnippte sie einen Krümel vom Tisch. Christoph sah sie an, während Alex auf die Tischdecke starrte und mit der Hand Brotkrümel zu einem Haufen zusammenschob.
Das dunkle Schweigen war mir unangenehm und ich war froh, dass Jule da war.
Sie sagte: „Das ist echt schön. Ich glaube nicht, dass das viele Frauen sagen.“ An Christoph gewandt fügte sie hinzu: „Und für dich war es auch niemals schwer? Deine Frau teilen zu müssen, hat dich nicht gestört?“

Christoph schaute Alex an, sie schob weiterhin Krümel zusammen. Er sagte: „Doch, klar war es schwer. Alex war nonstop mit Aaron beschäftigt und dann ja auch schon wieder schwanger und viel müde. Ich wusste aber auch vorher, dass es anstrengend sein würde. Für mich war immer klar, dass meine Aufgabe darin besteht, Alex zu unterstützen, sich um den Kleinen zu kümmern, sie zu entlasten. Ich hab einfach versucht, jeden innigen Moment mit Alex zu genießen, auch wenn es nicht mehr viele gab.“
„Was soll das denn?“, fragte Alex. „Du wolltest doch auch ein zweites Kind!“
„Ja, wollte ich. Und trotzdem hab ich dich vermisst. Es geht doch auch beides.“

Alex schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Ich überlegte, ob es ein guter Moment war, um mich zu verabschieden, da sagte Christoph: „Ach Alex, ich sag doch nur, dass ich dich vermisst habe, als die Jungs noch klein waren. Das wird ja wohl erlaubt sein, dich zu vermissen.“
„Erstens war ich die ganze Zeit da. Das klingt, als wäre ich gar nicht da gewesen …“
„Nicht für mich“, sagte Christoph leise.
„Und zweitens“, fuhr Alex fort, „warum wolltest du überhaupt noch Lina, wenn du die Zeit so schrecklich fandest.“
„Ich fand die Zeit nicht schrecklich. Das hab ich doch gar nicht gesagt. Ich fand sie auch schön und einzigartig und innig und voller Wunder. Aber irgendwann haben wir aufgehört ein Paar zu sein, wir waren nur noch Familie Köhler. Und wenn ich überlege, warum ich eigentlich noch ein Kind wollte, dann ... ich habe keine Ahnung.“
„Dass du über unsere Tochter sprichst, ist dir aber schon klar, oder?“

Ich fühlte mich wie ein zwangsrekutierter Zuschauer einer TV-Paarberatungsshow. Auch Jule war still.
„Wie lange willst du eigentlich noch auf mich sauer sein?“, fragte Christoph.
„Keine Ahnung, vielleicht bis Lina auszieht? Das Kind, von dem du nicht weißt, warum du es wolltest.“
Christoph sah Jule und mich an. „Tut mir leid, das war so nicht der Plan.“
„Tja, so ist das wohl. Da plant man und mittendrin merkt man dann: Das ist gar nicht, was ich will! Gut, dass es Kolleginnen gibt, die man vögeln kann, wenn die Frau nicht performt wie geplant.“
Christoph stöhnte. Jetzt war er es, der den Kopf schüttelte. „Schon gut!“ sagte er und ich nutzte die Pause, die entstand, um zu sagen: „Vielleicht gehen wir besser. Dann könnt ihr in Ruhe weiter streiten.“
„Wer streitet denn?“, fragte Alex und jetzt war ich auch sauer.

Mir war das zu doof. Die Art, wie sie nach dem Klassentreffen meine Entschuldigung an sich hatte abperlen lassen, schien grundsätzlich ihr Weg zu sein, mit Konflikten umzugehen. Sie zog einfach ihren Teflonanzug an, sparte aber nicht mit Vorwürfen, die sie einem von hinten durch die kalte Küche servierte. Sie selbst offenbarte sich nicht.

„Ok, Alex“, sagte ich, „dann sag doch mal: Was waren deine Pläne? Was hast du gewollt und nicht bekommen? Was willst du?“
Wütend schaute sie mich an. Aber ich war auch wütend und nicht leicht einzuschüchtern durch Blicke einer wilden Dreijährigen. Ich hatte zwar keine Kinder, aber mit erwachsenen Dreijährigen konnte ich sehr wohl umgehen. Und die erste Regel lautet: Kein Zurückweichen. Die Front halten.
„Und?“, sagte ich. „Komm schon, sei doch mal ehrlich und hör auf, dich hinter der betrogenen Ehefrau zu verstecken.“

Sie funkelte mich an, stand auf und sprach im Stehen, sah mir in die Augen dabei. „Einen ehrlichen Ehemann, ja, klar, den hab ich gewollt. Einen, der mir nicht ins Gesicht lügt. Und weißt du, ich hatte auch auf eine loyale Freundin gehofft, nicht eine, die sich heimlich aus dem Staub macht und mir irgendwelche Scheiße erzählt. Es ist mir so peinlich, wenn ich überlege, wie lange ich deiner Mutter gesagt habe, sie solle dich grüßen. Ich hab einfach nicht kapiert, was läuft.“ Sie schnaubte verächtlich. „Aber das scheint ein generelles Problem von mir zu sein. Und dann tauchst du hier auf, brabbelst irgendeine Entschuldigung und denkst, es ist alles wieder gut? Was seid ihr zwei nur für Menschen?“
Sie machte einen Schritt zurück, riss den Stuhl um dabei und ging ins Wohnzimmer. Wir hörten die Haustür ins Schloss fallen.
Jule stand auch auf. „Ich geh ihr mal nach!“ Dann war sie auch weg.

Die Sonne war schon untergegangen, aber es war noch hell, am Himmel kreischte eine Möwe und ich wusste nicht, ob ich gehen oder bleiben sollte. Da sagte Christoph: „Tut mir leid!“
Und ich sagte: „Sie hat ja recht. Also zumindest mit mir. Bei dir bin ich mir nicht so sicher. Ich denke, du hast genug gebüßt.“
„Vielleicht …“ Er hatte die Ellbogen auf den Tisch gestützt, das Kinn in die Hände gelegt und sah mich an. Ich zog die Füße hoch, stellte sie auf die Kante der Sitzfläche, umschlang mit den Armen meine Knie und hatte Angst ihm in die Augen zu sehen. Ich blieb sitzen, anstatt zu gehen, wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wollte ihm Trost spenden, wollte selbst Trost empfangen, wollte auf jeden Fall weiter hier sein, in diesem Garten von Alex und Christoph, in dem ich nicht allein war, sondern mit Christoph in Schuld vereint.

„Es ist gut, dass sie wütend ist“, sagte er. Und dann redeten wir über Alex und saßen zusammen, während der Himmel sich langsam schwarz färbte. Ich dachte, dass ich diese Nähe mit Thomas schon lange nicht mehr gefühlt hatte, eigentlich nie. Ich hatte mich in seiner Aufmerksamkeit gesonnt. Sie erhob mich aus meiner Mittelmäßigkeit, aus der Schäbigkeit, die ich ihm gegenüber immer empfand und die er gleichzeitig von mir nahm. Jetzt hier im Garten mit Christoph fühlte ich mich nicht schäbig, schuldig ja, aber nicht minderwertig wie ein abgetragener Mantel. Ich erzählte, dass ich wegen Alex in Kudrow war, dass ich ihr eigentlich Zeit lassen wollte, dass ich verstand, dass er froh war über ihre Wut. Ich erzählte ihm, wie sie mich in der Nacht des Klassentreffens hatte auflaufen lassen, dass ich abgesehen, von dem einen Abend am Strand, immer das Gefühl hatte, es gäbe eine Wand zwischen uns, durch die hindurch ich sie nicht erreichen konnte und er nickte zustimmend.

Er erzählte, wie verzweifelt sie gewesen war, als sie von der Affäre erfahren hatte.
„Erst war sie krankgeschrieben und nach zwei Monaten hat der Arzt sie in eine Klinik geschickt. Danach war sie stabiler, hat wieder gearbeitet, aber sie war auch verschlossener. Ich hab sie angefleht, mich nicht zu verlassen. Und sie hat mich nicht verlassen. Ich bin dankbar dafür.“ Er strich sich wieder mit der Hand über den Kopf. Die Kerze im Windlicht war jetzt heruntergebrannt und erloschen, das Muster aus Licht und Schatten, das gerade noch über sein Gesicht getanzt war, hatte aufgehört zu existieren.

„Ich kann nicht mehr!“, sagte er. „Ich will auch nicht mehr können.“
„Kennst du Kintsugi?“, fragte ich.
Christoph schüttelte den Kopf. „Nein, was ist das?“
„Eine Reparaturmethode für Keramik: Zerbrochenes wird wieder zusammengeklebt und die Risse werden mit Gold überzogen. Man braucht Geduld und Zeit dafür. Dinge zerbrechen schnell.“
„Ich habe lange daran festgehalten, dass ich Geduld haben muss und Alex Zeit braucht. Manches Zerbrochene kann nicht wieder zusammengeklebt werden. Es ist besser, man sieht das irgendwann ein. Sicher ist, ich kann diese Beziehung nicht allein reparieren, ich brauche Alex dafür.“
„Du hast gesagt, es ist ein gutes Zeichen, dass sie wütend ist.“
„Wir werden sehen“, sagte er müde.

Der Himmel war schwarz und mit Sternen bestickt, die Luft noch warm. Wir saßen beide noch mit T-Shirt am Tisch. Mir fiel auf, dass er das Wal-T-Shirt gegen ein kurzärmeliges Hemd getauscht hatte. Alex war noch nicht wieder da, auch Jule nicht. Ich schaute auf mein Handy, das 0:13 Uhr anzeigte und eine Nachricht von Jule. Alles ok. Macht euch keine Sorgen. Christoph brachte mich zur Tür. Wir umarmten uns und er gab mir einen Kuss auf die Wange.
„Schlaf gut, Elenotschka! So oder so, es ist schön, dass du da bist!“
„Du auch“, sagte ich.

Auf dem Weg nach Hause suchte ich im Webbrowser des Handys nach ‚Dritte Wahl‘. Es gab einen Wikipedia-Eintrag, der mich lehrte, dass es sich um eine Punkband aus Rostock handelte. Ich ging durch die Nacht, hörte in ein paar Songs rein und weinte dabei.
Im Garten legte ich mich auf die Hollywoodschaukel, aber die Mücken nervten so, dass ich mich nackt auf das mit einem Laken bezogene Sofa vom alten Michels legte und die Tür mit dem Fliegenvorhang offen stehen ließ. Die Luft war stickig, ich schwitzte und konnte nicht schlafen. Stattdessen dachte ich an Christoph, die Umarmung, den Kuss auf meiner Wange. Noch nie hatte mich jemand Elenotschka genannt.

Sonntag, 7. August
Es war kurz nach sechs, als ich erwachte. Im Licht der Morgensonne war der gestrige Abend weit weg. Wie durch ein Fernglas konnte ich ihn sehen, aber nicht greifen. Wieso war ich so wütend gewesen, so ungeduldig, war Alex so angegangen? Es stand mir nicht zu meine Meinung zu äußern, sie unter Druck zu setzen oder etwas von ihr zu verlangen. Gestern Abend fand ich sie ungerecht und selbstgefällig, vor allem Christoph gegenüber. Aber wer war ich, das zu beurteilen?
Ich überlegte Jule zu schreiben, aber sie schlief sicher noch. Außerdem: mit mir über Alex zu reden, war nicht ihre Aufgabe. Ich dachte an Christoph und schämte mich für die Nähe, die ich ihm gegenüber empfunden hatte. Was könnte ich Alex sagen, das nicht total verlogen war?

Ich stand auf, kochte Kaffee, setzte mich, trank einen Schluck, trank einen zweiten, stand auf, klemmte ein Handtuch auf den Gepäckträger, setzte mich, trank einen weiteren Schluck, ließ den halb vollen Kaffeebecher schließlich auf dem Gartentisch stehen und nahm mein Rad. Ich fuhr den Dammer Landweg entlang. An der ersten Gabelung entschied ich, den Hügel hinauf zum Leuchtturm zu fahren. Der Anstieg war herausfordernd, aber ich stieg nicht ab, um zu schieben, sondern trat in die Pedale, bis mir die Oberschenkel schmerzten und mir der Schweiß in den Augen brannte.

Oben angekommen setzte ich mich auf die Stufen des Cafés, das noch geschlossen hatte, und schaute zur Ostsee hinunter, deren tiefes Blau am Horizont auf den wolkenlosen Himmel traf. Der Wetterbericht hatte wieder Temperaturen von über 30 Grad vorhergesagt. Ich war froh, nicht in Hamburg zu sein, und dankbar für die leichte Brise, die meinen Schweiß trocknete und meine Haut kühlte. Aber was war Kudrow ohne Alex? Ich hatte Ruhe gefunden in der vergangenen Woche. Wenn ich am Strand saß, dehnte sich die Weite des Himmels bis in meine Brust hinein aus, das Meer rauschte in meinen Ohren, und der Sand unter meinen Füßen ließ mich das Leben spüren. Ich musste mit Alex reden, mich entschuldigen und ihr ehrlich sagen, wie es mir ging und warum ich in Kudrow war.

Auf dem Rückweg ließ ich mich den Wanderweg hinunterrollen, der vom Leuchtturm direkt zur Ostsee führte. Die Sonne stand noch tief und war hinter einem schmalen Waldstreifen, der den Wanderweg säumte, verborgen. Unten angekommen lehnte ich mein Rad an einen Baum und ging durch die Dünen zum Strand. Das Wasser war klar und ich schwamm zur Sandbank. Als ich wieder im Garten ankam, war es kurz nach Neun. Ich schrieb Alex eine Nachricht. Hey Süße, tut mir leid wegen gestern. Wollen wir noch mal reden? Das würde mich sehr freuen.

Ich legte das Handy weg und fuhr zum Supermarkt. Zurück im Garten schlug ich zwei Eier in eine Schüssel, gab Milch dazu, verquirlte alles mit einer Gabel und ließ die Masse in eine erhitzte Pfanne mit Öl laufen. Ich schnitt etwas Schnittlauch klein und gab es zum Ei, das ich zu einer Scheibe Vollkornbrot aß. Ich wartete auf eine Nachricht von Alex, wusste nicht, was ich tun sollte, hatte keine Ruhe, um am Kapitel zu arbeiten, traute mich nicht, Jule anzurufen und drehte eine Runde zu Fuß durch die Gartenanlage. Aber die Sonne schien schon so erbarmungslos, dass die Runde nur klein war und ich mich anschließend in den Schatten auf die Hollywoodschaukel legte. Ich rief Alex an, aber sie nahm nicht ab. Ich wartete, dachte wieder an das Buchkapitel, konnte mich wieder nicht aufraffen aufzustehen, wartete weiter. Wenn Alex mir nicht verzieh, was würde dann werden? Würde ich in Kudrow bleiben? Weiter in der Laube wohnen und mein Kapitel hier schreiben? Es wäre sinnlos, ohne Alex in Kudrow zu sein. Gegenüber unterhielten sich zwei Nachbarn über das Schneiden der Hecken.

Ich erwachte gegen halb drei, fand eine Nachricht von Jule auf dem Handy, aber kein Zeichen von Alex. Geht's dir gut?, fragte Jule und ich antwortete: Alles gut! Melde mich später. Ich überlegte, noch mal baden zu fahren, blieb aber sitzen und wartete. Endlich: mein Handy vibrierte.
Hab die ganze Nacht mit Jule geredet. Dann mit Christoph. Mag nicht mehr reden.
Wir müssen nicht reden. Würde dich einfach nur gerne sehen. Hast du Lust her zu kommen? Oder auf einen Spaziergang?
Zu warm für Spaziergang. Ich komm zu dir. Brauch ne halbe Stunde.

Alex wollte kommen. Ich hatte sie nicht verloren. Sie wollte kommen.

Als ich sie auf ihrem Rad hinter der Hecke sah, ging ich ihr entgegen und umarmte sie.
„Magst du was trinken?“, fragte ich.
„Gerne. Die Hitze macht mich fertig!“
Ich stellte zwei Gläser und eine Karaffe mit Wasser auf den Tisch, dann setze ich mich zu ihr auf die Schaukel. Sie sah müde aus. Ich nahm ihre Hand.
„Nur ganz kurz“, sagte ich. „Ich will nur ganz kurz sagen, dass mir gestern leid tut. Ok?“
„Ich weiß. Mir geht es nicht um gestern. Du warst ein Arsch, Elena!“
„Ich weiß!“, sagte ich und schaute auf ihre Hand, die in meiner lag.
Alex seufzte. „Aber ich finde auch schön, dass du wieder da bist. Du bist anderes als früher.“
„Du auch.“
„Kennst du das, dass dich was innen drinnen schmerzt, das nur eine Person wieder gutmachen kann? Aber dass genau dieser Mensch, der dir den Schmerz zugefügt hat, etwas für dich tut, das willst du ihm nicht gönnen? Du dachtest du kommst vorbei, sagst: Entschuldigung! und alles ist ok. Wir machen weiter, wo wir aufgehört haben.“

Ich schüttelte den Kopf, denn ich wollte nicht weitermachen, wo wir aufgehört hatten. Naja, eigentlich schon, aber jetzt wollte ich überhaupt nur noch weitermachen oder auch neu anfangen, mir egal. Ich wollte Alex in meinem Leben, ich wollte, dass es jemanden gab, der für mich bedeutsam war.
Darum sagte ich: „Nein, ich habe nie gedacht, dass ich mich entschuldige und alles ist vergessen. Nach der Nacht beim Klassentreffen hatte ich aber die Hoffnung, dass du und ich wieder zueinander finden könnten. Du bist mir wichtig, Alex, und das ist nicht nur so dahin gesagt. Ich hab dich vermisst, seit langem schon, aber ich wusste nie, wie ich alles ungeschehen machen konnte. Ich war so blöd und hätte schon viel früher kommen sollen. Die letzten 20 Jahre waren wir eine Mauer aus Unmöglichkeiten, die immer höher wuchs.“
Ich küsste ihre Hand, sah ihr in die Augen. „Ich bin so froh. Wirklich! Ich bin so froh, dass ich gekommen bin, dass ich mich getraut habe, herzukommen. Ich bin so froh, dass du jetzt hier bei mir sitzt.“
„Na gut“, sagte sie, „erzähl mir, was passiert ist, damit ich es verstehe.“

Und ich erzählte ihr alles. Erzählte von meinen wahren Gedanken, damals am Strand, erzählte von meiner Arroganz, erzählte von meiner Ruhelosigkeit, von Liebschaften und Freundschaften, die nichts bedeuteten, erzählte von der Angst, die immer mehr zur Gewissheit wurde, eine oberflächliche Person zu sein, unfähig, tiefe Gefühle zu empfinden. Ich erzählte von meiner Einsamkeit in Hamburg, meiner Unzufriedenheit, davon, dass ich wieder Ausschau hielt nach einer neuen Stelle, erzählte von meinen Gedanken an sie, meinem Vermissen, von meinem Wunsch, ihr so viel Zeit zu lassen, wie sie brauchte, erzählte von den goldenen Narben des Kintsugi.
An der Stelle lächelte sie. „Davon hat Christoph auch geredet. Hat er das von dir?“
„Ja, wir haben noch geredet als du und Jule ... Er ist ein Guter, Alex. Lass ihn nicht gehen.“
„Weißt du, ich habe kein Problem damit, dass er Sex mit ner anderen hatte. Aber was mich wirklich abfuckt, ist, dass er mir direkt ins Gesicht gelogen hat. Der Mann von seiner Tussi stand einfach vor der Tür. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Ihr Mann und meine Frau eine Affäre haben, hat er gesagt. Jetzt gerade ficken die, oder ist ihr Mann zu Hause? War er nicht. Er war bei Johannes, dachte ich zumindest. Ich hab erst gedacht, das sei ein schlechter Scherz. Ich meine, das ist doch bescheuert. Sowas passiert doch nur in schlechten Filmen. Als Christoph nach Hause kam, hab ich ihn gefragt, ob zwischen ihm und der Kollegin was läuft. Aber er hat gesagt, das sei Quatsch. Dann hab ich von ihrem Mann erzählt und Chris meinte, dass der sich irre. Dann hab ich ihm die Mails auf seinem Rechner gezeigt, die ich in der Zwischenzeit gefunden hatte, die er der Tussi geschrieben hat und sie ihm. Da war's dann aus mit den Lügen. Und jetzt ist alles nur noch beschissen. Wie soll ich ihm denn jemals wieder vertrauen? Aber so gehts auch nicht weiter. Da sind wir uns einig.“

Gegen siebzehn Uhr kam mein Vater, um die Pflanzen zu wässern. Er war sichtlich erfreut Alex zu sehen.
„Ich kann auch gießen. Du musst nicht extra deswegen kommen“, sagte ich, aber er winkte ab.
„Hast du Lust baden zu fahren?“, fragte ich Alex.
„Total“, sagte sie. „Ist es ok, wenn Christoph mitkommt?“
„Klar! Ich frag auch Jule. Ist doch ihr letzter Abend.“
Und so fuhren wir zu viert zum Strand beim alten Armeegelände. Hinter den Betonplatten schlossen wir unsere Räder an und Alex führte uns zu einer Stelle, an der es kaum Steine gab. Christoph hatte einen Ball mitgebracht, den wir uns zuwarfen, und als Jule, Christoph und ich noch zur Sandbank schwammen, ging Alex raus und legte sich aufs Handtuch. Sie war noch nie gerne rausgeschwommen.

Wir sprachen nicht mehr über den gestrigen Abend. Alex hatte mir verziehen und die Wand zwischen uns war verschwunden. Wir saßen lange am Strand, atmeten die sommerschwere Luft, lachten und gingen noch mal baden. Alex saß in Christophs Armen und es machte mich glücklich, zu sehen, wie nah sie einander waren. Lina war mit Alex’ Eltern für eine Woche auf einen Pferdehof gefahren, Christoph hatte noch eine Woche Ferien und Alex in der nächsten Woche Urlaub. Jule flog morgen wieder zurück in die USA.
Ich fuhr mit dem Fahrrad nach Kudrow zur Tankstelle und kaufte zwei Flaschen Wein mit Schraubverschluss, während die anderen am Strand auf mich warteten. Wir tranken aus der Flasche, redeten und machten Pläne für unser Wiedersehen mit Jule. Ich versprach, mich zu melden, wenn ich auf einer Konferenz in Kalifornien sein sollte. Das Meer war so schwarz wie der Himmel, als wir uns trennten und Christoph mich wieder auf die Wange küsste.

Montag, 8. August
Ich hatte schon zwei Stunden am Schreibtisch gesessen, als ich eine Nachricht von Alex bekam. Kommste mit baden?
Da treffen oder holst du mich ab?
Wir holen dich ab.

Sie klingelten wild mit ihren Fahrradklingeln als sie vorm Gartentor hielten. Ich hatte das Handtuch bereits auf den Gepäckträger geschnallt, schnappte mein Rad und schob es durch das Tor auf den Weg hinaus.

Es war noch früh und wir fanden eine freie Bucht in den Dünen, legten unsere Kleidung und die Handtücher in den Sand. Durch die Dünen und über den Strand liefen wir ins Wasser. Alex ging raus, als Christoph und ich zur Sandbank schwammen und dann weiter aufs Meer hinaus, dem Horizont entgegen. Wir ließen uns auf dem Rücken liegend im kühlen Wasser treiben. Ich hielt die Augen geschlossen, ließ mich vom Wasser tragen und wiegen. Auf einem Wellenkamm trafen sich Christophs und meine Fingerspitzen, tanzten miteinander, nicht länger als ein Wimpernschlag, doch lang genug.

„Komm“, sagte er, “lass uns zurück zur Sandbank schwimmen!“ Auf der Sandbank machte er einen Handstand, verschluckte sich am Wasser und prustete wie ein Seelöwe. Ich lachte. Er tauchte und griff nach meinen Fesseln, um mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ich ließ mich fallen, schwamm weg von ihm, tauchte auf, tauchte unter, versuchte lachend ihm zu entkommen. Da hatte er meinen Fuß erwischt. Ich drehte mich und griff nach seiner Hand, deren Finger sich mit meinen verflochten. Es war länger als ein Wimpernschlag, dass sein Daumen über meinen streichelte. Ich dachte an Alex, an Christophs Kollegin und an Thomas, für dessen Frau ich die Kollegin war. Ich zog meine Hand weg und schwamm zurück zum Strand.
„Elena, warte!“, hörte ich ihn sagen. Aber ich schwamm weiter, ging zu unserer Bucht in den Dünen, trocknete mich ab und zog mich an.
„Was ist denn?“ fragte Alex und schaute von ihrer Zeitschrift auf. „Warum machst du denn solchen Stress?“
„Hab nen Termin vergessen“, sagte ich.
„Jetzt?“
„Ja, Telefontermin mit einer Doktorandin.“

Sie sagte nichts. Ich nahm mein Handtuch, sagte: „Tschüss!“, und fuhr nach Hause, in meine Laube, meinen Garten, zu den Amseln und Spatzen, dem Apfelbaum und der Hollywoodschaukel. Ich ließ das nasse Handtuch auf dem Gepäckträger, legte mich aufs Sofa, versteckte mich unter dem Kopfkissen vor der Welt, meinen Gefühlen und den Bildern in meinem Kopf: seine Fingerspitzen an meinen, seine Finger mit meinen verflochten, Gute Nacht, Elenotschka, sein Kuss auf meiner Wange, Alex gestern abend in seinen Armen. Vielleicht war das der Grund, warum ich nie bedeutsame Beziehungen gehabt hatte, vielleicht war ich nicht dafür geschaffen, so viel zu empfinden. Irgendwann erinnerte ich mich daran, dass es Hamburg gab. Dort wohnte ich und hatte ein Leben, in das ich jederzeit zurückkehren konnte. Hamburg bot die Fluchtmöglichkeit, die meinen Herzschlag normalisierte. Ich tauchte wieder auf, ging aus der Laube in den Garten, die Sonne schien noch immer, dort stand der Apfelbaum, die Hollywoodschaukel, der Gartentisch, hier der Schuppen mit den Gartengeräten, an den war mein Fahrrad gelehnt. Ich hängte mein nasses Handtuch an die Leine, die ich an meinem ersten Tag gespannt hatte. Ich würde nach Hamburg zurückkehren, aber vorher musste ich Alex erklären, wieso. Ich konnte nicht einfach so verschwinden, nicht dieses Mal.

Ich schrieb ihr eine Nachricht. Können wir uns heute noch sehen?
Ich saß auf der Hollywoodschaukel und war in meinen Gedanken verloren. Alex stand plötzlich vor mir. Wir umarmten uns.
„Sorry, dass ich vorhin so schnell weg musste.“
„Ich weiß, das du ihn magst“, sagte sie und sah mich an dabei.
„Wen?“, fragte ich, um Zeit zu gewinnen. Ich kratzte meine juckenden Unterarme, was das Jucken nur schlimmer machte. „Verfluchte Sonnenallergie!“, schimpfte ich und kratzte mehr. Dann gab ich auf.
„Woher weißt du's?“, fragte ich.
„Er mag dich auch.“
Eine leichte Röte hatte sich auf ihre Wangen gelegt.
„Es stimmt!“, sagte ich. „Ich mag ihn. Vielleicht bin ich sogar ein kleines bisschen verknallt. Aber du musst dir keine Sorgen machen.“ Ich nahm ihre Hand und küsste sie. „Ich bin nur deinetwegen hier.“
„Hattest du jemals was mit einer Frau?“
„Was?“
„Du hattest doch so viele Liebschaften, hast du gesagt. Auch welche mit Frauen?“
„Nein!“
„Keine einzige?“
„Einmal eine halbe.“
„Ich hatte nie was mit einer Frau. Aber manchmal hab ich es mir vorgestellt.“
„Okay.“
„Christoph und ich haben viel geredet in den letzten zwei Tagen. Auch über dich.“ Sie wurde wieder rot. „Denkst du nicht auch, dass zwei Menschen allein zu wenig sind? Wie soll eine einzige Person denn alles für einen sein?“ Sie schaute mir in die Augen, ihre Hand lag noch immer in meiner und sie verflocht ihre Finger mit meinen.

Mein Körper bebte, ich schluckte. Sie küsste meine Hand. Ich schaute auf ihre Lippen, die voll und weich aussahen, nichts sagten. Ich wollte diese Lippen küssen, traute mich nicht, küsste ebenfalls ihre Hand. Mit ihrem Zeigefinger fuhr sie über meine Stirn, meine Wange entlang, dann über meinen Mund und ich schloss die Augen und war nur noch Gesicht. Dann spürte ich ihre Lippen auf meinen.
Es war ein zarter Kuss, sanft und leicht wie die Brise, die über die Ostsee an den Strand wehte. Ich hielt sie im Arm und steckte meine Nase in ihr Haar, das nach Algen und Seetang roch. Dann fuhr sie das Auto in die Werkstatt und ich stand allein am Gartentor. Sah den Apfelbaum, den Schuppen, die Schaukel, das Fahrrad, alles stand an seinem Platz. Nur ich war verrückt worden, war geküsst worden von Alex. Ich dachte an ihre Hände auf meinem Gesicht, an ihre Lippen auf meinen Lippen. Ich dachte auch an Christoph, dachte an Hamburg, wollte nicht schuld sein, wenn Alex'und Christophs Ehe zerbrach. Ich hatte nie alles in nur einer Person gesucht und hatte immer Angst, dass jemand meinte, alles in mir zu finden.

Gegen fünf bekam ich eine Nachricht. Ich denke immerzu an den Kuss.
Und ich an deine Lippen
Christoph sagt, du schuldest ihm jetzt auch einen Kuss.

Bäm! Sie hatte ihm von dem Kuss erzählt! Wir haben viel geredet, auch über dich, hatte sie gesagt. Sie wollten es anders machen dieses Mal. Wollten ehrlich sein. Auch ich wollte Veränderungen, wollte mutig sein und mich lebendig fühlen. Mir war klar, dass beides zusammengehörte wie das Vorwärts und Rückwärts eines Palindroms.
Ich schrieb zurück: Sag mir wann und wo.
Jetzt gleich bei uns?
Bin unterwegs

Nicht nur meine Hände schwitzten, als ich mein Rad vor Alex' und Christophs Haus anschloss. Ich klingelte an der Tür. Durch die Sprossenfenster sah ich Alex. Das braune Haar hatte sie wie eine Krone auf ihrem Kopf befestigt. Sie lächelte, öffnete die Tür und zog mich ins Haus. Dort küsste sie mich, drückte ihr Becken gegen meines. Christoph sagte: „Meine Güte, Alex, lass Lena doch erst mal reinkommen!“ Er kam auf mich zu, „Hallo!“, küsste mich auf die Wange. Er schaute mir in die Augen, nahm meine Hand und verflocht seine Finger mit meinen. Eine Erinnerung von Salzwasser lag auf meiner Zunge. Dann küssten wir uns und alles was war, löste sich auf unter seinen Lippen. Alex nahm seine Hand, Christoph hielt meine und so zogen wir ins Wohnzimmer, setzten uns auf das Sofa, ich in der Mitte.

„Und jetzt?“, fragte Alex.
Gute Frage.
„Vielleicht sollten wir ein paar Regeln besprechen“, sagte Christoph.
„Vielleicht sollten wir Lena erst einmal sagen, was wir besprochen haben“, sagte Alex und fing an: „Ich hab dir ja schon erzählt, dass wir es noch einmal probieren wollen. Diesmal anders, ehrlicher, wir beide. Die klassische Kleinfamilie, die isses nicht. Ich meine, das ist doch genau das, was Jule auch beschrieben hat, oder? Dass sie sich allein gefühlt hat. Und ich habe jetzt erst verstanden, dass es Christoph auch so ging. Und als das mit Anke rauskam - ich hab mir vorgenommen, sie nicht mehr 'seine Tussi' zu nennen -, war ich so voller Angst und Panik, als wäre der Boden weggebrochen, der mich jahrelang zuverlässig getragen hatte.“
„Wir denken, dass es mehr als zwei Erwachsene braucht“, sagte Christoph.
„Christoph hat erzählt, dass er sich dir nahe gefühlt hat, in der Nacht als ich abgehauen bin, näher als mir in den letzten Jahren. Und erst war ich stinkwütend. Hab gesagt, denk nicht, dass ich das nochmal mitmache. Aber dann hat er mir klar gemacht, dass es wichtig für uns ist, darüber zu reden. Ihm fehlt Nähe und Vertrauen genau wie mir. Ich hab genug davon unglücklich zu sein.“
„Es ist nicht toll fremdzugehen. Lügen und Betrügen macht nicht nur den Belogenen kaputt, auch den, der lügt. Und wenn ich zu sowas fähig bin, wieso dann Alex nicht auch? Ich will das nicht in meinem Leben. Aber wie lange muss man verzichten können? Was ist, wenn ich liebe, obwohl ich nicht alles bekomme, was ich brauche? Was ist, wenn man etwas braucht und gleichzeitig nicht will, das der andere dafür verantwortlich ist? Wie soll ich Alex Raum zur Entwicklung und Entfaltung geben, wenn ich selber so bedürftig bin?“
„Ich finde, Beziehungen sollten kein Entweder-oder sein, sondern ein Sowohl-als-auch. Wenn wir aussprechen dürfen, was wir brauchen, der andere aber nicht verpflichtet ist, sich zu kümmern, wenn es noch jemanden gibt, noch andere gibt, denkst du nicht, das macht es einfacher?“
„Es geht uns hier nicht um Sex. Wir wollen gerne mehr und vielfältigere Beziehungen in unser Leben lassen, wie die genau aussehen, wissen wir auch noch nicht. Was passiert, wie sich das am Ende wirklich anfühlt, keine Ahnung.“
„Ich will dich nicht wieder verlieren, Lena! Wir reden nur. Darüber, was sein könnte, was möglich wäre, was sich jeder von uns wünscht. Was denkst du?“, fragte Alex.

Das waren eine Menge Informationen gewesen. Sie wollten es anders machen dieses Mal. Ganz anders, als ich erwartet hatte. Ich wusste nicht, was ich dachte. Sie wollten, dass ich mich festlegte. Ich saß zwischen ihnen und die Enge wieder in meiner Brust. Ich hatte nie über Beziehungen geredet. Es gab Blicke, Berührungen, dann Küsse, Sex. Es entwickelte sich ohne Worte. Das hier war nicht, wie ich Beziehungen führte. Aber es war Alex, die hier neben mir saß.

„Ich weiß nicht ...“, sagte ich. „Ich hab das noch nie so gemacht.“
„Wir auch nicht!“, sagte Alex.
Christoph sagte: „Ich glaube, es geht in diesem Moment nur um die Frage: Willst du mich und Alex noch mal küssen?“
Das wollte ich.
„Aber ich weiß wirklich nicht, wen ich zuerst küssen soll", sagte ich.
Alex setze sich rittlings auf meinen Schoß und ich nahm ihr Gesicht in meine Hände, behutsam betasteten sich unsere Lippen, bevor sie sich öffneten. Weite spannte sich in mir auf. Wir waren zusammen. Alex, Christoph und ich. In diesem Moment. Mehr gab es nicht zu entscheiden.

 

Liebe @Katta ,

jetzt habe ich heute morgen Deine Novelle gelesen und natürlich vergessen Detailzitate zu machen. Aber ich denke, die Fehlerlese und so weiter haben meine Vorkommentator:innen schon gemacht und aus Zeitgründen lese ich jetzt nicht alles noch einmal, aber möchte Dir dennoch einen Eindruck hinterlassen.

Für mich passt etwas nicht an der Geschichte, dem Plot bzw. bleibt da für mich etwas an einer Stelle offen, bei der ich es richtig schade finde. Ich hoffe, ich kann es ordentlich und nachvollziehbar erläutern. Bei “Gefühlen” ist das ja immer so eine Sache.

Ich fand den Anfang sehr schön und auch die Grundidee. Die hat mich dazu bewegt, den ganzen Text zu lesen. Ich glaube, die Situation kennt ja jeder, eine zurückgelassene Freundschaft, die einem irgendwie leid tut, aber das Leben hat einen auseinander gedriftet und dann sieht man sich wieder. Und im ersten Moment ist alles wie früher, weil man in der gemeinsamen Vergangenheit schwelgt und dann merkt man irgendwann, dass die Person gegenüber eigentlich eine Fremde ist, weil es eben keine gemeinsame Gegenwart gibt.

Ich würde das Leben nennen, dass Freundschaften oft nur Lebensabschnittsbegleitungen sind. Das würdigt sie auch m. E. gar nicht herab. Und da ist die erste Frage, die sich mir aufdrängt: Warum glorifiziert Deine Protagonistin ausgerechnet diese Freundschaft von den vielen Freundschaften, die gekommen und gegangen sind? Was macht ausgerechnet diese Lebensabschnittsfreundschaft so besonders, dass sie einer Wiederbelebung bedarf? Das kommt nicht so richtig heraus. Okay, da ist ein schlechtes Gewissen, aber das wird, wie jeder Mensch, gegenüber so mancher Freundschaft haben. Nicht alle Beziehungen im Leben enden glücklich und in der Regel ist das mehr als “die eine”.

Und dann bin ich gleich bei der zweiten Unstimmigkeit für mich. Deine Protagonistin lebt ein selbst gewähltes unstetes Leben. Soweit kann ich mich sogar mit ihr gut identifizieren, weil ich selbst oft umgezogen bin.
Sie sagt auch offen, dass sie gar nicht das Leben ihrer Eltern sucht und mit ihren Beziehungen und Affären im Großen und Ganzen zufrieden ist. Sie ist etwas enttäuscht, dass das Ziel einer Professur nicht den endgültigen Kick gebracht hat, mit dem sie für immer auf Wolke 7 schwebt. Auch das ist normal, dass man neue Ziel sucht, wenn man eines erreicht hat. Für die arbeitsfixierte Protagonistin ist das neue Ziel dann ein neuer Job, nach dem sie bereits sucht. Das ist konsequent und schlüssig.

Was für mich nicht schlüssig ist: Warum genau ist sie mit der Situation unzufrieden und sucht nun etwas anderes und was sucht sie eigentlich?
Es scheint ja klar zu sein, dass sie ein Leben mit Mann, Haus, Kind, Maus … nicht sucht und offenbar auch nicht “meine Yacht, mein Sportwagen …”. Man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen, dass sie nur weiß, was sie nicht will (Professur mit Affaire), aber nicht definieren kann, was sie eigentlich will.
Das finde ich persönlich aber für einen Text, vor allem einen so langem Text, sehr unbefriedigend. Dass sie einfach wieder mit ihrer Kindheitsfreundin Alex befreundet sein will, überzeugt mich nicht völlig. Schon alleine, weil ich nicht weiß, was diese Freundschaft im Verhältnis zu anderen Freundschaften so besonders machte.
Vor diesem Hintergrund überzeugt mich auch das Ende nicht. Jetzt landet sie in so einer Rolle einer aktiven Paartherapeutin mit gewissen Vorzügen. Mir kommt das eher so vor, als würden Alex und Christoph sie missbrauchen, um die eigene Ehe zu retten, aber der Mehrwert für Elena ist mir überhaupt nicht klar (was ist besser an einem Dreier mit der ehemaligen Freundin im Heimatort als an einer Affaire mit einem verheirateten Mann? Warum ist das jetzt das, was sie am Ende der Geschichte erfüllen soll?).

Bei mir bleibt das dumpfe Gefühl, dass die Protagonistin durch die Novelle geschlängelt hat, um von einer vorübergehend unbefriedigenden Situation in die nächste zu rutschen. Eine wirkliche Entwicklung sehe ich bei ihr nicht, nur einen nächsten Lebensabschnitt, der sich kaum von den anderen unterscheidet. Als nächstes könnte sie genauso gut mit Jule durchbrennen.

Ich hoffe, Du verstehst, was ich meine. Natürlich kann das Leben so laufen, aber mir fehlt es an Intention und Entwicklung bei der Protagonistin. Sie erscheint mir letztlich einfach nur hilflos.

Liebe Grüße
Mae

 

Hallo @Jutta Ouwens,

schnell nochmal was zum Erzählstil: Gibt es denn einen auktorialen Ich-Erzählstil?? Ich glaube eher nicht.
Naja, es gibt ja unterschiedliche Ich-Erzähler. Ich denke schon, dass ein Ich-Erzähler auktorial erzählen kann (wobei mein Ich das so nicht tut), weil er/sie "alles" über die Geschichte wissen könnte, auch zb wie es anderen ergangen ist.

Tatsächlich bin ich der Meinung, dass es der Figur Elena gut täte, von außen in ihren Facetten betrachtet zu werden. Das muss nicht ausufern, kann aber differenzieren. Ich denke an das Verhältnis zu den Eltern, da könnten Aspekte auftauchen, vllt. aus der Kindheit, die Elena nicht bewusst sind.
Ich überlege gerade, den Text tatsächlich eher auf Elena eingeschränkt auktorial zu erzählen. Auch weil ich dann vielleicht noch ein bisschen Physik unterbringen könnte. Ich denke also gerade eher daran ihn größer statt kleiner zu machen, aber ich muss da nochmal abwarten. Aber ja, dann wäre ich als Autorin nicht so auf Elena festgelegt.

Das Alter spielt für Familien- oder Herkunftskonflikte keine Rolle, denn wenn sie nicht gelöst werden können, nimmt jeder Mensch sie mit bis ans Lebensende.
Ja, das denke ich auch.

Danke fürs nochmal Vorbeikommen. Hab gesehen, das du auch einen Text eingestellt hast. Hoffe, ich schaffe es bald, den zu lesen.
Viele Grüße
Katta

Lieber @Friedrichard,

der mit seinen 44 Normseiten – 77.440 Zeichen (incl. Leerzeichen) unter courier 12 pt. (die Type der guten alten Schreibmaschine), die Zeile zu 60 Zeichen und die Seite zu 30 Zeilen – auch eine gewisse Ausdauer dem Leser abverlangt,
Oh wow, ja, er ist lang. Umso toller, dass ich so viele hilfreiche Kommentare erhalten habe.

es sind mir zu viele Adjektive und keiner traut sich (oder hat erkannt), wo Schwächen grammatikalischer Art
liegen. Das ist also quasi eine Lieferung:
Wegen der Adjektive schaue ich noch mal. Ist eine ganz neue Erfahrung so einen langen Text zu schreiben. Da ist das mit dem Überarbeiten ne ganz andere Nummer als bei kurzen Texten. Danke für die Fehler. Sind korrigiert.
Viele Grüße
Katta

Hey @jimmysalaryman,

Allerdings braucht ein solcher Erzähler eben immer auch wirkliche menschliche Momente, in denen er sympathisch wirkt und auch tatsächlich ist
Stimmt. Gibt doch diesen Drehbuch-Schreibratgeber: Rette die Katze!

Ist aber auch natürlich eine Chance für die Geschichte, dieses Potential zu entfalten und zu zeigen - so könnte das eventuell aussehen, wir wissen es nicht genau, es ist ein Experiment.
Ja, das war etwas, was ich wollte. Muss mal schauen, wo ich am Ende überall nachjustiere.

Es liest sich aber in dem ganzen Kontext sehr politisch, als würden sie da diesen Gleichberechtigungskampf ausführen müssen.
Das ist ja auch so eine Phrase, aber ich denke schon, dass das Private eben auch politisch ist (in diesem Fall). Natürlich soll es sich nicht wie eine Feminismus-Rede anhören, sondern eben eine individuelle Situation darstellen, aber das Individuelle findet auch in (gesellschaftlichen) Kontexten und Strukturen statt und stellt sich dann oft als weniger individuell heraus als es sich mglw anfühlt. Keine Ahnung, ich hab bestimmt nicht deutlich machen können, was ich meine, aber ich will es auch gar nicht so sehr ausufern lassen. Ich nehme jedenfalls deine Anmerkungen dazu mit und denke darüber nach.

Allerdings ist die Ausgangslange dafür äußerst ungünstig, weil es für die Prot nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen gibt.
Absolut. Ich hatte auch vor dem Einstellen schon die Überlegung, dass sie viel zu passiv ist. Ich glaube, du hast irgendwo von nem gedeckten Tisch geschrieben. Genauso ist es. Sie muss sich nur setzten und zulangen. Erst hab ich mich geärgert, weil ich den Text eingestellt habe, obwohl ich an manchen Stellen ähnliche Gedanken hatte, wie in einigen Kommentaren geäußert, aber jetzt bin ich dich froh, weil ich die Überarbeitung jetzt nochmal ganz anders angehen kann, mich durch die Fragen, die aufgetaucht sind, nochmal ganz anders mit dem Text auseinander gesetzt habe.

Viele Grüße
Katta

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @kiroly,

dein Kommentar hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet. Ich kriege den stellenweise nur schwer zu fassen und geh Mal druch:

Mein Eindruck von Elena: Ein Mensch ohne Probleme. [...] Aber ihr Umgang mit ihren Problemen wird nie existenziell.
Diese zwei Sätze wiedersprechen sich. Meinst du, dass ihre Probleme in deinen Augen keine Probleme sind? Ihr geht es zu gut und sie jammert nur?

Sie hat gelernt, mit der Enge zu leben. Affäre mit Thomas, gelegentliches Weinen. Ja gut, so lebt der Mensch eben.
Das schließt sich an das obige an. Für mich sind Elenas Pole im Text Autonomie und Bindung/Abhängigkeit. Bisher schwingt sie deutlich Richtung Autonomie, die geht aber auch mit einer gewissen Beziehungslosigkeit einher. Ja, darin hat sie sich eingerichtet. Deine Aussage ist: Ja, so lebt der Mensch eben. Das ist ja erstmal wertfrei und doch lese ich sie als negativ konnotiert bei dir. Für mich wäre hilfreich, wenn du dich ein bisschen aus der Deckung wagst und sagst: das ist mir zu wenig. Denn so lese ich es, muss das aber gegenchecken, weil es da nicht explizit steht. Falls ich das aber richtig lese: soll denn das Menschsein, das eingerichtete Leben nicht Gegenstand von Geschichten sein?

Jede Bilanz, die Elena über ihr Leben zieht, wird positiv ausfallen. Sie erzeugt Probleme, vielleicht braucht ihre Psyche das, um im Spiegelbild der erzeugten Probleme ihren eigenen Erfolg zu erkennen. Am Ende bleibt satte Zufriedenheit: Ich habe die Welt bezwungen. Ich, Elena. Ich bewundere mich selbst.
Man gibt den Text ja frei und schaut, ob er draußen überlebt, ohne das man hier und da und dort Probleme aus dem Weg räumt. Jeder liest sein eigenes Ding, aber mich interessiert natürlich woraus du liest, dass jeden Bilanz positiv ausfallen wird und sie sich selbst bewundert?

Hier zieht sie eine Bilanz. Hier ordnet Elena ein. Aber ist es wirklich dieses Einordnen, das deinen Charakter erzählenswert macht? Andere sagen ja, was sich an den guten Reaktionen zu deiner Geschichte ablesen lässt. Ich sehe das anders, subjektiv eben anders. Wie zeigt sich diese Enge, die sie in Hamburg fühlt? Warum treibt sie dieses Gefühl an? Warum berichtet Elena immer und immer wieder von großen, zusammenfassenden Erinnerungen über ganze Lebensabschnitte? Wann fühlte Elena dieses Gefühl der Enge?
Du betonst mehrfach, dass dein Blick subjektiv ist, um dann eine Aussage zu machen, wie oben in dem Zitat, oder eine Frage zu stellen wie hier. Sorry, dass ich das jetzt so zerpflücke, aber ich hab echt Mühe zu verstehen, was du mir sagen willst. Mir ist klar, dass dein Blick subjektiv ist, was sollte er auch sonst sein.
Also ich lese da jetzt zwei Sachen raus. Zum einen, dass du das Einordnen nicht magst. Das ist Teil des Erzählkonzeptes, etwas, das ich hier ausprobieren wollte, deswegen geht es für mich hier eher um ein: wie besser machen als ein: ganz anders machen. Ich nehme aber deine Meinung zur Kenntnis. Was ich nicht genau weiß, ist, ob du es grundsätzlich nicht magst oder nur in diesem Text und wenn es das zweite ist, was genau dich hier stört, aber nicht bei anderen.
Und dann lese ich raus, dass du ihre Motivation nicht genug verankerst findest. Sehe ich das richtig? Nicht genug verankert und zu erklärend, zu berichtend. Es stimmt, ich habe die Zeit vor Kudrow eher vertellt, als gezeigt. Bin da teilweise selbst mit unzufrieden, aber hab das auch bisher nicht anders gelöst bekommen, ohne die Geschichte zu verlängern bzw. weiter vorne anfangen zu lassen.

Ja, so stellt man sich eine Rückkehr eben vor, irgendwas aus der Kindheit ist durch was anderes ersetzt worden, man erinnert sich immer an eine alte Frau am Küchenfenster und das Treppenhaus riecht immer nach Kartoffeln, Muff und Enge. Ehrlich gesagt lese ich überhaupt nichts von Elena sondern nur über Elena. Anders gesagt: Jedes Ich könntest du problemlos durch Er oder Sie ersetzen und dein Text würde sich nicht verändern. Die Frage ist ja: Was ist denn das, was Elenas Blick auf die Welt erzählenswert macht? Was ist das Besondere einer Elena Schneider?
Den ganzen Abschnitt verstehe ich nicht so ganz. Ich versuchs mal: Du findest die Einfahrt mit den gesetzten Erinnerungen bzw die Erinnerungen zu klischiert? Ein Vorwurf oder Eindruck, den ich nachvollziehen kann.
Was bedeutet der fette Satz? Du meinst, wenn ich das personal erzählen würde, würde sich nichts ändern? Muss es dass denn? Kann man das nicht mit fast jedem Ich und Er/sie tun? Auch der personale Erzähler erzählte doch aus ihrer Sicht.
Puh, was ist das Besondere an Elena? Das sie ein ganz normaler Mensch ist, das darf nicht sein? Ich glaube, ich verstehe dich falsch, aber ich kriege das echt nicht gegriffen. Liegt vielleicht daran, dass man bei seinem eigenen Text manchmal blind ist. Vielleicht geht's dir auch um die Erzählposition? Geht es vielleicht darum, dass da das Datum oben drüber steht und du es als Tagebuch liest? Das war nur um den Text für mich zu strukturieren. Damit bin ich auch nicht sehr glücklich, aber es ist kein Tagebucheintrag, sondern eine Erzählung. Macht das einen Unterschied in deiner Lesart?

Vergänglichkeit zeigt sich nicht nur durch das, was ersetzt worden ist, sondern durch das, was vergessen wurde. Die Wäscheleinen zum Beispiel: Warum bleiben die nicht einfach stehen? Die Bewohner haben sich Wäschetrockner geleistet. Aber man hat sich an die Wäscheleinen gewöhnt, sie standen ja schon immer da. Verschwundene Länder bleiben in Küchenschubladen, Reparaturschuppen und Garagen länger erhalten als in Recht, Gesetz und Ordnung. Ich glaube, dein Text könnte dichter werden, wenn sich Elenas Blick auf jene Details des Vergänglichen konzentriert, die ihre Sicht auf die Welt von der der anderen unterscheidbar macht.
Wäscheleinen verschwinden weil Parkplätze gebaut werden. Aber ja, vielleicht steht die Schaukel noch auf dem Hof oder die Sandkiste aus der Goldrute wächst. Über das Fette muss ich nachdenken. Ich habe so eine Ahnung, was du meinst. Also dass es sich weniger klischiert liest, oder? Dass ihre Eindrücke etwas ganz Individuelles haben und sie gleichzeitig charakterisieren. So in etwa?

Das ist kein Elena-Satz, das ist Katta, die vor die Bühne tritt und dem Zuschauer erklärt, warum sie ins Belling geht und was ihr sozioökonomischer Background ist. Der Satz ordnet ein. Vielleicht kann man das etwas geschickter, schwächer verpacken. Was hat sich denn seit der letzten Einladung geändert? Irgendwas muss ja Elena motiviert haben, die Einladung doch anzunehmen. Ich bin jetzt ganz mutig und behaupte, dass Elenas Background - Professorin, Uni Hamburg, Büro - mit einem einzigen Satz im Dialog abgehandelt werden könnte.
Ja, es gibt einige Infodump Stellen. Bin ich auch nicht froh mit, nehm ich mit in die Überarbeitung, weiß aber nicht, ob ich das am Ende hinkriege. Und ja, auch ihre Motivation zum Klassentreffen zu gehen, sich mit Alex wieder anfreunden zu wollen, steht auf meiner Überarbeitungsliste.

Hier öffnet sich aber ein neues Thema, meiner Meinung nach, denn hier wertet Elena über Lebensentscheidungen anderer Menschen, die große offene Welt vs. das kleine geschlossene Landdorf. Aber dass die Universität, die Vereinigten Staaten und dimensionslose Quantenteilchen offene, freie, spannende Welt bedeuten, ist ja Elenas Interpretation; andere Menschen machen vielleicht die gegenteilige Erfahrung oder empfinden das anders. Ist natürlich kein neues Thema, kein neuer Konflikt, Stadt vs. Land.
Ja, stimmt. Das sollte Teil ihrer Entwicklung sein. Das sie ihre eigenen Bewertungen hinterfragt, ihre Arroganz usw.

Eigentlich schade, dass sie nicht fürs Militär arbeitet. Warum eigentlich nicht?
Das hat eher praktische Gründe. Ich weiß nicht viel bzw gar nichts übers Militär, aber ein kleines bisschen was über den Hochschulbetrieb. Ich glaube, die Geschichte wäre nicht so sehr anders, wenn sie beim Militär wäre... Oder doch: sie hätte vermutlich nicht die Möglichkeit einfach in Kudrow zu bleiben ...

Der zweite fette Satz: Schade, dass ihr das klar wird. Schade, dass sie dieses Gefühl überhaupt in Worte fassen kann. Es wurde mir klar, das ist ein Rückschausatz, der die Vergangenheit bewältigt hat.
Ja, das ist eine Stelle, die ich noch für mich sortieren muss.

Kudrow liegt an der mecklenburgischen Ostsee. Da sehe ich: Strand, angenehme Brise, ein mildes Meer, das leicht nach Salz liegt, marinblaue Streifen auf weißen Klamotten. Aber "Meer", das hat etwas melancholisches, etwas übergreifendes an sich, das über die eigene Szene hinausgreift, am Meer gewinnt der eigene Gedanke über das Leben eine größere, tiefere Bedeutung. Vielleicht, weil das Meer in seiner riesigen Gleichheit die Erhabenheit vor dem Leben spüren lässt, man wird klein und das ist gut. Subjektiv: Warum die Ostsee? Warum spielt die Geschichte nicht in Schwedt an der Ölpipeline? Oder irgendwo in Brandenburg?
Das ist dem geschuldet, wie und wann die Geschichte entstanden ist bzw ihren Anfang nahm. Sie spielt an der Ostsee, weil ich mich dort auskenne (besser als im Hochschulbetrieb ;-)), weil ich in Kudrow aufgewachsen bin, weil ich in diesem Sommer (also 2022), wie jeden Sommer, mit meiner Familie (d.h. Mann und Kind) dort war und (auch) über das schreiben wollte, was mich umgibt bzw da gerade umgeben hat. Schwedt an der Ölpipeline kenn ich nur vom Namen her, da weiß ich nicht, wo Leute spazieren gehen oder sich abends treffen. Im Grunde soll es eine Sommergeschichte sein, so was wie leichte (aber nicht flache) Urlaubslektüre, bloß bezogen aufs Schreiben, nicht aufs Lesen, vielleicht auch aufs Lesen. Es sollte eine sommerliche Stimmung transportieren und ein bisschen Menschsein einfangen.

Danke dir, @kiroly, für deinen Kommentar und deine Zeit.
Viele Grüße
Katta

 

Hallo @Katta =)

ja, bisschen wirr, was ich geschrieben habe! Entschuldige =(

Mein Eindruck von Elena: Ein Mensch ohne Probleme. [...] Aber ihr Umgang mit ihren Problemen wird nie existenziell.
Diese zwei Sätze wiedersprechen sich. Meinst du, dass ihre Probleme in deinen Augen keine Probleme sind? Ihr geht es zu gut und sie jammert nur?
jimmy hatte geschrieben, dass Elena nichts zu verlieren hat. Das meine ich damit. Ich stimme hier auch Maedy zu, die eine ähnliche Frage stellt: Warum ist ihr diese Freundschaft so wichtig? Was ist das besondere an der Freundschaft? Je wichtiger die Freundschaft, desto mehr hat sie zu verlieren. Desto existenzieller wird diese Freundschaft für Elena.
eine Aussage ist: Ja, so lebt der Mensch eben. Das ist ja erstmal wertfrei und doch lese ich sie als negativ konnotiert bei dir. Für mich wäre hilfreich, wenn du dich ein bisschen aus der Deckung wagst und sagst: das ist mir zu wenig.
Ja, mir war das zu wenig. Vielleicht muss ich einfach mal härter, direkter sein. Warum auch nicht?
Denn so lese ich es, muss das aber gegenchecken, weil es da nicht explizit steht. Falls ich das aber richtig lese: soll denn das Menschsein, das eingerichtete Leben nicht Gegenstand von Geschichten sein?
Immer. Es gibt nichts anderes. Aber - was ist ihr so wichtig, dass sie dafür sterben oder erhebliche Schwierigkeiten bekommen könnte?

Jede Bilanz, die Elena über ihr Leben zieht, wird positiv ausfallen. Sie erzeugt Probleme, vielleicht braucht ihre Psyche das, um im Spiegelbild der erzeugten Probleme ihren eigenen Erfolg zu erkennen. Am Ende bleibt satte Zufriedenheit: Ich habe die Welt bezwungen. Ich, Elena. Ich bewundere mich selbst.
Man gibt den Text ja frei und schaut, ob er draußen überlebt, ohne das man hier und da und dort Probleme aus dem Weg räumt. Jeder liest sein eigenes Ding, aber mich interessiert natürlich woraus du liest, dass jeden Bilanz positiv ausfallen wird und sie sich selbst bewundert?
Übertrieben formuliert meinerseits. Besser vielleicht: Die Alex-Episode am Kudrower Strand hat keine Auswirkungen auf ihr kommendes Leben. Ich lese das heraus, weil mir im Text die Bedeutung der Freundschaft nicht klar wurde.
Also ich lese da jetzt zwei Sachen raus. Zum einen, dass du das Einordnen nicht magst. Das ist Teil des Erzählkonzeptes, etwas, das ich hier ausprobieren wollte, deswegen geht es für mich hier eher um ein: wie besser machen als ein: ganz anders machen. Ich nehme aber deine Meinung zur Kenntnis. Was ich nicht genau weiß, ist, ob du es grundsätzlich nicht magst oder nur in diesem Text und wenn es das zweite ist, was genau dich hier stört, aber nicht bei anderen.
Und dann lese ich raus, dass du ihre Motivation nicht genug verankerst findest. Sehe ich das richtig? Nicht genug verankert und zu erklärend, zu berichtend. Es stimmt, ich habe die Zeit vor Kudrow eher vertellt, als gezeigt. Bin da teilweise selbst mit unzufrieden, aber hab das auch bisher nicht anders gelöst bekommen, ohne die Geschichte zu verlängern bzw. weiter vorne anfangen zu lassen.
Ich kehre hier erneut zu der Frage der Bedeutung dieser Freundschaft für Elena zurück. Das Einordnen stört mich, ja. Weil ich beim Einordnen schnell an Klärung denke. Und Klärung bedeutet für mich: Ich kann damit umgehen. Ich habe gelernt, mit einer verflossenen Liebe, einem Problem, einer verpassten Chance oder dem Stau auf der A14 umzugehen. Du, ganz ehrlich, ich wüsste auch nicht, wie ich das besser machen könnte. Mir fehlen da auch die Mittel dazu. Aber ja, der Eindruck meinerseits bleibt.

Was bedeutet der fette Satz? Du meinst, wenn ich das personal erzählen würde, würde sich nichts ändern? Muss es dass denn? Kann man das nicht mit fast jedem Ich und Er/sie tun? Auch der personale Erzähler erzählte doch aus ihrer Sicht.
Puh, was ist das Besondere an Elena? Das sie ein ganz normaler Mensch ist, das darf nicht sein?
So normale finde ich sie gar nicht. Aber da stelle ich die Gegenfrage: Wie normal kann ein Mensch sein? Ich weiß gar nicht, ob es in einem Text möglich ist, einen normalen Menschen zu schreiben. Elena ist Professorin für Astrophysik (total unnormal), sie ist scheinbar ledig in einem Alter, in dem der Durchschnitt es nicht ist, sie ist kinderlos, aber sie hat Sehnsüchte und ich weiß nicht, ob es eine normale Sehnsucht gibt. Aber du verwendest hier die Ich-Perspektive, das ist doch das Spielfeld des Subjektiven und des Individuellen. Du, du kannst schreiben, was du willst. Aber ich hatte einfach den Eindruck: Hey, hier entscheidest du dich für eine Ich-Perspektive, hart subjektiv, dir steht das Universum des Psychischen zur Verfügung und du schreibst aus einer personalen Erzählposition. Für mich ist das ein Schatz, den du nicht geborgen hast.
Dass ihre Eindrücke etwas ganz Individuelles haben und sie gleichzeitig charakterisieren. So in etwa?
Ja, sowas dachte ich.

Das ist dem geschuldet, wie und wann die Geschichte entstanden ist bzw ihren Anfang nahm. Sie spielt an der Ostsee, weil ich mich dort auskenne (besser als im Hochschulbetrieb ;-)), weil ich in Kudrow aufgewachsen bin,
Mensch, tschuldige wenn ich da nachhake, aber wo liegt denn Kudrow? Google Maps verweist auf die kalifornische Pazifikküste! Und nach Zentralpolen! Ich hab' mal in der Nähe von Greifswald gelebt, so boddige Ostsee, Komoranschwärme und Schilfsumpf an der Meereskante, etwa genau auf der halben Linie zwischen Straaaaalsund und H.G.W.

Ich hoffe, ich bin klarer und klinge nicht besserwisserisch-schulmeisterlich-arrogant (B.S.A.)!

Liebe Grüße aus der Stadt
kiroly

 

Hallo @anschi,

so, nun komm ich endlich mal wieder dazu, die Kommentare zu beantworten. Auch dir, vielen Dank fürs Lesen und kommentieren. Ich weiß nun wirklich nicht, was du damit meinst, dass meine Prota Sphärenklänge hören sollte und ich denke auch nicht, dass sie sich über Orion oder Rigel Gedanken machen sollte, sie (bzw ihr Team) befasst sich im Rahmen des Xenons Projekts mit der Suche nach dunkler Materie, nicht mit Sternenbildern, aber - vielleicht treffen wir uns da - auch ich würde gerne ein wenig mehr Physik im Text unterbringen. Für mich hat das mit der Perspektive und der schon vorhandenen Länge dann aber nicht gepasst. Nein, sie denkt eben nicht an die Arbeit, nicht so, schreibt doch auch irgendwo, dass ihr der Erkenntnisdrang verloren gegangen ist und hat dann nur während der Ausstellung diesen Rückgriff in die Physik. Aber ich will einen Er-Erzähler ausprobieren und den ein wenig Physik unterbringen lassen, aber auch dann soll es nicht um Sphärenklänge (das könnte wohl ein individuelles Thema von dir sein, ist doch eher mythisch oder esoterisch angehaucht) oder um Sternenbilder gehen, die ja ein Ausdruck des Menschen Fertigkeit und Wunsch sind, Muster zu erkennen und zu erschaffen. Stattdessen soll es eher um dunkle Materie gehen oder die Kopenhagener und alternative Deutungen (zb Viele Welten Theorie) des Doppelspaltexperiments. Aber ob ich das alles so verwoben bekomme, dass es passt? Wahrscheinlich nicht.
Was die Arbeit auf dem Kanapee angeht: Ich weiß nicht, wo du gelesen hast, dass sie mit dem Buchkapitel gut vorankäme ;-) Mir scheint, du hast so etwas noch nie versucht. Auch hinkt mMn der Vergleich zwischen einer Gymnasiastin und einer Professorin.

Viele Grüße
Katta

Hallo @Maedy,
bitte entschuldige meine späte Antwort und vielen Dank für deinen hilfreichen Kommentar.

Ich fand den Anfang sehr schön und auch die Grundidee. Die hat mich dazu bewegt, den ganzen Text zu lesen.
Das freut mich, da hat man schon mal einen Fuß in der Tür ... das ist ja erst mal das Wichtigste.

Ich würde das Leben nennen, dass Freundschaften oft nur Lebensabschnittsbegleitungen sind. Das würdigt sie auch m. E. gar nicht herab.
Ich stimme dir zu, nenne solche Lebensabschnittsbegleitungen aber tatsächlich eher Bekanntschaften. Freunde bleiben einem irgendwie erhalten. Als Freund:in bezeichne ich jemanden, den ich mich auch nach 3 Jahren ohne Kontakt noch anzurufen traue. Ich habe irgendwann während der Coronazeit einen Artikel über den Wert von auch losen Bekanntschaften gelesen ... Ich glaube, das war dieser hier, falls es dich interessiert:
https://www.sueddeutsche.de/leben/f....urn-newsml-dpa-com-20090101-210413-99-185836

Warum glorifiziert Deine Protagonistin ausgerechnet diese Freundschaft von den vielen Freundschaften, die gekommen und gegangen sind? Was macht ausgerechnet diese Lebensabschnittsfreundschaft so besonders, dass sie einer Wiederbelebung bedarf? Das kommt nicht so richtig heraus. Okay, da ist ein schlechtes Gewissen, aber das wird, wie jeder Mensch, gegenüber so mancher Freundschaft haben. Nicht alle Beziehungen im Leben enden glücklich und in der Regel ist das mehr als “die eine”.
Stimmt. Das hatte, glaube ich, auch schon Marla angesprochen. Ich glaube, dass es die einzige wichtige Beziehung für sie war, aber ja, es wird nicht deutlich warum das so ist. Da werde ich nacharbeiten.

Sie ist etwas enttäuscht, dass das Ziel einer Professur nicht den endgültigen Kick gebracht hat, mit dem sie für immer auf Wolke 7 schwebt. Auch das ist normal, dass man neue Ziel sucht, wenn man eines erreicht hat. Für die arbeitsfixierte Protagonistin ist das neue Ziel dann ein neuer Job, nach dem sie bereits sucht. Das ist konsequent und schlüssig.
Ja, aber sie hat eben den Glauben daran verloren, dass ein neuer Job ihr mehr Befriedigung bieten kann, aber vielleicht wird das nicht so deutlich. Vielleicht muss ich klarer machen, warum genau oder womit sie unzufrieden ist ... Du schreibst ja dann auch:
Was für mich nicht schlüssig ist: Warum genau ist sie mit der Situation unzufrieden und sucht nun etwas anderes und was sucht sie eigentlich?
[...] Man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen, dass sie nur weiß, was sie nicht will (Professur mit Affaire), aber nicht definieren kann, was sie eigentlich will.
Das finde ich persönlich aber für einen Text, vor allem einen so langem Text, sehr unbefriedigend.
Ich denke, dass ist tatsächlich ein Problem des Textes bzw der Autorin. Mir ist schon vor dem Einstellen aufgefallen, dass sie eher passiv ist, das Ende schien mir dann irgendwie sehr bezeichnend für den ganzen Text, dass sie da auch sagt: aber ich weiß nicht, wen ich jetzt küssen soll und dann trifft Alex einfach die Entscheidung. Im Grunde wabert sie so herum in ihrem Leben, selbst ihr Berufsleben ist eher passiv entstanden (so wie ich die Prota zumindest verstehe). Die Doktorarbeit zu schreiben, war eher aus Mangel an Alternativen, es ist leicht an der Uni zu bleiben und bedeutet weniger Veränderungen. Sie war zwar draußen in der Welt, aber immer in ähnlichen und ihr bekannten Strukturen, nur dass das eben mit mehr sozialem Prestige einhergeht als im Heimatort zu bleiben. Ich glaube, sie weiß tatsächlich nicht, was sie will. Das war mir selbst beim Schreiben aber nicht klar. Und ja, diesbezüglich entwickelt sie sich auch nicht, wie ja das Ende zeigt, in dem Alex sagt, wie's läuft. Ich hab so auf das Ende hingeschrieben, hab geschaut, wie wäre das für mich nachvollziehbar, dass sich das so entwickelt, ich dachte, es ginge irgendwie um Beziehungen im Text vs. Beziehungslosigkeit, Bindung vs Autonomie. Aber möglicherweise ist das nur etwas, woran sich die Frage: was will ich eigentlich vom Leben? entzündet. Naja, es sortiert sich so hin in meinem Kopf, bin noch nicht fertig mit dem Überlegen.

Vor diesem Hintergrund überzeugt mich auch das Ende nicht. Jetzt landet sie in so einer Rolle einer aktiven Paartherapeutin mit gewissen Vorzügen. Mir kommt das eher so vor, als würden Alex und Christoph sie missbrauchen, um die eigene Ehe zu retten, aber der Mehrwert für Elena ist mir überhaupt nicht klar.
Ja genau, so sehe ich das schon auch. Weniger das mit der Paartherapeutin, wobei ich deine Sicht gut nachvollziehen kann, aber ja, dass sie da eben so drin landet, es nicht aktiv sucht und weil es eben nicht so richtig eine Entwicklung gibt, wirkt es als machte sie das gleiche wie schon die ganze Zeit, halt so wabern, sich festhalten und treiben lassen, statt mal loszulassen und drauflos zu schwimmen. Ansätze sind da, aber weil mir das als Autorin selbst nicht so klar war, hatte ich das eben gar nicht so auf dem Schirm.
Lieben Dank @Maedy, das hat mir noch Mal beim Sortieren geholfen. Ich hoffe, ich schaffe es die nächsten Tage Mal, deinen Text zu lesen und zu kommentieren.

Viele Grüße
Katta

 

Hallo @kiroly,

lieben Dank fürs noch mal Vorbeischauen.

ja, bisschen wirr, was ich geschrieben habe! Entschuldige =(
Iwo, kein Grund sich zu entschuldigen. So funktioniert doch Kommunikation (meistens). Ein Kreiseziehen um etwas, ist doch gut, wir haben ihn jetzt etwas enger gezogen, denke ich.

jimmy hatte geschrieben, dass Elena nichts zu verlieren hat. Das meine ich damit. Ich stimme hier auch Maedy zu, die eine ähnliche Frage stellt: Warum ist ihr diese Freundschaft so wichtig? Was ist das besondere an der Freundschaft? Je wichtiger die Freundschaft, desto mehr hat sie zu verlieren.
Naja, sie hat schon Hoffnung zu verlieren, aber vielleicht ist nicht klar, was das am Ende bedeutet. Hoffnung auf was? Oder vielleicht sagst du auch: Hoffnung allein reicht nicht. Wo ich jedenfalls nacharbeiten will, ist die Frage: warum gerade diese Freundschaft zu genau diesem Moment so wichtig wird/ist.

Das Einordnen stört mich, ja. Weil ich beim Einordnen schnell an Klärung denke. Und Klärung bedeutet für mich: Ich kann damit umgehen. Ich habe gelernt, mit einer verflossenen Liebe, einem Problem, einer verpassten Chance oder dem Stau auf der A14 umzugehen.
Das finde ich interessant. Da muss ich aber noch mal drüber nachdenken, was das nun genau bedeutet. ZB ordnet das Ich ihr früheres Verhalten gegenüber Alex als arrogant ein. Das heißt (in deiner Interpretation), sie kann damit umgehen. Was ja auch so ist. Würde man sich entschuldigen, wenn man nicht damit umgehen könnte? Ist also die Einordnung nicht eine notwendige Vorraussetzung, um sich zu entschuldigen? Keine Ahnung. Nur Gedanken. Ich nehm das auf jeden Fall mit.

So normale finde ich sie gar nicht. Aber da stelle ich die Gegenfrage: Wie normal kann ein Mensch sein? Ich weiß gar nicht, ob es in einem Text möglich ist, einen normalen Menschen zu schreiben.
Ja, stimmt. Keine Ahnung, wo sie in der Normalverteilung zu finden wäre und wo man sagt: bis hierher normal. Die Geschichte spielt natürlich in einem gewissen Milieu. Mein Eindruck ist auch, dass es bei manchen Leuten/Lesern Vorbehalte gegen dieses (Akademiker)Milieu gibt, aber am Ende ist es doch nur eine Oberfläche, darunter trifft man den Menschen und seine Normalität ... oder so :D

Aber ich hatte einfach den Eindruck: Hey, hier entscheidest du dich für eine Ich-Perspektive, hart subjektiv, dir steht das Universum des Psychischen zur Verfügung und du schreibst aus einer personalen Erzählposition. Für mich ist das ein Schatz, den du nicht geborgen hast.
Also, da kriege ich wieder einen Knoten im Kopf. Ich weiß nicht, ob du "meinen" Thread zur personalen Erzählperspektive kennst. Ich glaube, die personale Perspektive macht keinen Unterschied, also das Universum ist doch das gleiche, nämlich das ihrer Psyche. Ich glaube, ich habe eine Ahnung, was du meinst, kann das aber nicht greifen, sie ist halt auch Physikerin, d.h. analytisch usw. Du willst von irgendwas mehr. Ein Beispiel hast du nicht zufällig für mich, oder?

Ich hoffe, ich bin klarer und klinge nicht besserwisserisch-schulmeisterlich-arrogant (B.S.A.)!
Nein, ganz und gar nicht. Das war jetzt viel hilfreicher für mich.
Hab lieben Dank fürs Erklären!

Viele Grüße
Katta

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn Du keinen Bezug zum Arbeits- und Lebewelt der Protagonistin herstellen möchtest, solltest Du ihre Vita zuvor nicht dergestalt wissenschaftflich aufblähen.
Ich weiß echt nicht, was du von mir willst @anschi. Wie genau kommst denn zu obiger Einschätzung? Hast du nicht gelesen, inwiefern ich zu überarbeiten gedenke? Wenn du noch konkrete Vorschläge oder Anmerkungen hast, immer her damit. Ansonsten darfst du den Ball aber gerne auch ein bisschen flacher halten, denn ich lasse mich nur ungern darüber belehren, was ich möchte.

 
Zuletzt bearbeitet:

Mönsch @anschi, dafür dass du nix von mir möchtest, schreibste mir aber janz schön oft und dann auch noch immerzu das Gleiche. Habe ich deinen ersten Kommentar vielleicht nicht ausreichend zur Kenntnis genommen, sodass du meintest, du müsstest noch Mal nachlegen? Ich habe verstanden, dass du nicht damit zufrieden bist, dass sich das Ich als "promovierte, habilitierte und Doktoranden führende FachwissenschaftlerIn" mit banalen Problemen herumschlägt.
Da meine Antwort nicht klar gewesen zu sein scheint, wiederhole ich noch mal: Es wird in dieser Geschichte keine abstrusen Sphärenklänge geben und auch keine Sternenbilder. Aber ja, ich werde die Geschichte noch überarbeiten, ich werde ihre Motivation und was sie zu verlieren hat, stärker herausarbeiten, sie soll aktiver werden und mehr arbeiten müssen. Gerne würde ich Physikalisches in der Geschichte verweben. Bei vielen Anmerkungen überlege ich noch. Aber nein, sie ist keine Marie Curie und wird auch keine werden.
Bitte nimm dies doch einfach so hin!
Beste Grüße,
Katta

 
Zuletzt bearbeitet:

Haha @anschi, du bist ja witzig. Schon wieder sagst du mir, was ich voraussetze oder gar verlange. Kanscht du ned läsen? Ich habe um Hinnahme gebeten, nicht Hingabe. Ojemine, jetzt mach ich mir aber wirklich darüber Gedanken was du von mir willst.

Selbstverständlich bin ich nicht das Maß aller Dinge.
Sicher? Schreib das doch einfach zehnmal in dein Heft oder zwanzigmal an die Tafel. Wiederholungen machen Wahrheiten, oder?

Es liegt bei Dir, mit meinen Einwendungen etwas anzufangen oder nicht.
Das ist sehr großzügig. Vielen Dank.

Wulle Wulle wap wap
Katta

 

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