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Hundefreundinnen

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01.10.2002
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Anmerkungen zum Text

Danke @rainsen! Großen Dank auch an @Friedrichard und @Silvita!

Hundefreundinnen

Vor uns lag ein sonniges, hundefreies Wochenende an der Ostsee. Die Sonne knallte auf das Autodach und ich freute mich mit Sofie, meiner neunzehnjährigen Nichte, am Strand zu chillen und hemmungslos zu shoppen. Einzig Sofies Tasche störte mich, von der sie sich nicht trennen konnte.
Die Hundetasche. Ein pinkfarbenes Etwas mit einer Öffnung an der Vorderseite, aus der früher Joy vorwitzig herausschaute, Sofies Zwerghündin. Ehe sie vor ein paar Wochen spurlos verschwand. Es befremdete mich, die verwaiste Tasche zu sehen. Für Bücher oder Ähnliches war sie ungeeignet. Und obwohl Joy jeden zweiten Tag gebadet hatte, roch ihr mobiler Rückzugsort wahrscheinlich immer noch nach Hund.

Ich fragte mich, warum ein Teenie eine leere Tasche mit sich rumschleppen musste. Das Ding lag auf dem Rücksitz neben Sofies Laptop und ihrer Kameraausrüstung. Ich kutschierte meine Nichte, während sie unaufhörlich in die Tasten hämmerte. Eine Beauty-Bloggerin in ihrem temporären Büro. Keine Ahnung, was ich verstörender fand: Dass sie zwischendurch den Stoff streichelte, als wäre er lebendig oder es wagte, ihren Kopf tief in die Stinketasche zu stecken. Was sah sie am Taschengrund? Treuherzige Knopfaugen?

Trotz allem war ich froh, Sofie ohne ihren zittrigen Vierbeiner für mich zu haben. Ich freute mich auf entspannte Mädelstage, an denen wir ohne kritische Blicke abends unsere Shopping-Beute auf dem Hotelbett ausbreiten konnten. In meinem Fall Sammeltassen, die ich in Vintage-Läden erbeutete. Ohne störenden Hund fühlte ich mich in Porzellan-Revieren viel sicherer.

Auch wenn ich heimlich froh war über Joys Verschwinden, fragte ich mich unaufhörlich, was mit ihr passiert war. Ich hatte meiner Schwester versprochen, nicht nachzufragen. Sofie schien in diesem Punkt immer noch empfindlich zu sein und schwieg.

War Joy weggelaufen? Ich hätte es ihr nicht verdenken können. Immerhin wollte auch ein winziger Hund ein richtiges Hundeleben führen. Ein Tier-Diebstahl? Joy besaß als prominente Pomeraniandame einen eigenen YouTube-Kanal. The Beauty and the Cutie. Joy protestierte kaum, wenn sie gebadet wurde und saß anderthalb Stunden regungslos in der Hand, um mit einer Nagelschere frisiert zu werden, die gefährlich nah an ihren vorstehenden Augen vorbeischnippte. Was tat man nicht alles für den richtigen Look? Für einen waschechten Teddy Bear Style? Joy schien tatsächlich jedes Shooting zu genießen und Sofie lud ständig neue, ach-so-süße Hunde-Pics hoch.
Joy als winziger Welpe in einer Tasse sitzend, ein Bild, das die meisten Likes bekam. Joy war eben ein richtiger Teacup. Joy als Hundelady im pinkfarbenen Hundekleidchen. Wie konnte man Hunde nur anziehen?

„Du schaust mich so vorwurfsvoll an. Ich habe Joy nicht verschenkt, weil sie mir zu groß wurde“, sagte Sofie und schmollte. Ich fühlte mich ertappt und zuckte zusammen. Mir war nicht klar gewesen, dass sie mich ebenfalls beobachtet hatte. Nun holte sie ihr Smartphone aus der Tasche, sog ihre Wangen ein und machte ein professionelles Duckface. Für eine Freundin oder ihre Follower. Ich hoffte, dass sie keine Urlaubsbilder über uns postete.

Sofie neigte schon als kleines Mädchen zur permanenten Selbstbespiegelung und das würde noch ihr Untergang sein. Ein wenig verdächtigte ich Sofie, nur traurig zu sein, dass ihr Hunde-YouTubekanal verstummte. In den ersten Tagen nach Joys Verschwinden waren die Aufrufzahlen durch die Decke gegangen, aber jetzt wurde es ohne neue Bilder von Joy langsam ruhiger. Immerhin fand Sofie Zeit, um mit mir wegzufahren. Der Ostseetrip war ihre Idee gewesen und ich freute mich auf gemeinsame Unternehmungen, fast wie in alten Zeiten, bevor Zwerghunde Sofies Leben durcheinanderbrachten.

Die Stille zwischen uns war angespannt und um mich etwas abzulenken, machte ich das Radio an.
„Schon wieder ist eine Influencerin verschwunden.“ Der Radiomann legte viel Betroffenheit in seine Stimme. Das war er nicht nur seinem jungen Publikum schuldig. Sofie blickte auf und spitzte die Ohren wie eine Hündin. Das war jetzt die sechste Beauty-Bloggerin, von der die Welt plötzlich nichts mehr hörte. Keine Postings. Kein Video. Kein Lebenszeichen. Alles „Hundefreundinnen“. Genauer: Minidog-Frauchen. Sofie kannte sie alle. Alina von „Dog-Street“. Isi, eine zierliche, dreifache Mini-Chihuahua-Mama mit Glitzergrinsen und bemerkenswertem Tassendesign, weshalb ich sie mir gemerkt hatte und Loreena, die sicherlich im Real Life anders hieß und ihren Tea Cup Yorki über giftgrünen Kunstrasen tapsen ließ, damit er ihr gehäkelte Nelken apportierte. Alle Mädels liebten Pink. Sofie machte da keine Ausnahme. Auch wenn es bei ihr auf gewisse Weise sophisticated aussah, wie die rosafarbenen Knochen, die sich in ihrem Ohrloch kreuzten.

„Jetzt auch noch Vanessa“, hörte ich Sofie hinter mir murmeln. Dann bearbeitete sie ihr Smartphone weiter. Ihre pinkfarbenen Kunstnägel klickten noch unerbittlicher und verursachten mir Kopfschmerzen. Normalerweise würde ich protestieren, aber etwas an Sofie schien verändert zu sein.
Ich betrachtete sie im Rückspiegel genauer. Ihre Stirn krauste sich unmerklich.
Lag vielleicht doch etwas Betroffenheit dahinter?
„Was ist nur mit den Mädels passiert?“, wagte ich zu fragen.
„Was soll nur mit ihnen passiert sein?“, äffte Sofie mich nach und verdrehte die Augen. Einen Moment lang sah ich einen Anflug von Angst, richtiger Angst, den Sofie schnell wegklimperte, als unsere Blicke sich im Spiegel begegneten.
Ihre Hypnose-Drama-Waterproof Mascara würde allem standhalten. Jedem Drama, falls Vanessa etwas Schlimmes passiert sein sollte ... oder Joy. Falls Sofie überhaupt weinen würde. Sie war immer so cool, so unverletzbar.
„Vielleicht haben sie endlich eingesehen, dass das wirkliche Leben viel spannender ist.“
„Und vielleicht siehst du endlich ein, dass an dir schon lange nichts mehr spannend ist.“
Sofie gab sich Mühe, mich besonders herablassend anzuschauen. Im Spiegel erschrak ich über meinen müden Blick. Nicht einmal die beste Wimpernzange der Welt könnte ihm neuen Schwung verleihen. Vom Rest ganz zu schweigen.
Ich atmete tief durch.

Lass dich nicht provozieren.
Das ist nur eine Phase. Vielleicht kann Sofie nicht anders.
Vielleicht kann sie ihre Gefühle nicht anders ausdrücken.

Sofies Hundetasche erschien mir noch unheimlicher. Sie versteckte den Kopf jetzt komplett in ihr und tauchte gar nicht mehr aus den Untiefen hervor.
Ein gedämpftes Geräusch drang aus ihr.
Es klang wie ein Schluchzen. Oder war es ein mühsam unterdrücktes Lachen?
Ich wurde aus Sofie nicht mehr schlau. Seit Joy weg war, hatte sie sich sehr verändert.
Weinte sie tatsächlich?
Das wäre ein gutes Zeichen.

Vielleicht wollte sie nicht, dass ich ihre Tränen sah. Nicht Tränen, die sie um den Hund vergossen hatte, sondern um ihre Freundinnen. Um Alina und Isi und Loreena und die anderen zwei, deren Namen ich mir nicht merken konnte. Die Sofie im Real Life nie gesehen hatte, aber von denen sie dank Youtube und Instagram jedes Detail kannte. Und jetzt Vanessa.
Was sollte ich machen? Sofie trösten? Aber sie war aus dem Alter heraus, dass Tanten-Trost weiterhalf.
„Weißt du was, ich könnte jetzt etwas frische Luft gebrauchen.“ Ohne Sofies Meinung abzuwarten, parkte ich an der Küstenstraße und sah großzügig darüber hinweg, dass Sofie auch hier auf ihrer Tasche bestand.

Die wenigen Leute am Strand hielten das pinkfarbene Monster vielleicht für ein hässliches Strandaccessoire. Aber da täuschte ich mich. Sie schauten das Ding abfällig an und an ihrem erkennenden Blick fiel mir auf, dass wir am Hundestrand gelandet waren, lange bevor ich sie sah: Richtige Hunde, die mit stabilen Knochen über echten Sand tollten und sich an der Wasserlinie nass machten und nicht wie winzige Hundchen mit überdimensioniertem Kopf über giftgrünen Kunstrasen wackelten, um ihrem Frauchen Stoffblumen zu apportieren.
„Hey, pass auf“, herrschte ein junger Mann mit Dreadlocks Sofie an. „Pass auf, dass dein Mini-Hund nicht von den richtigen aufgefressen wird!“
Und sein nasser Labrador schob sich an Sofie vorbei, so dass ihre weiße Hose fleckig wurde. Sie bemerkte es nicht einmal.

„Das ist unser Strand!“, schrie er ihr hinterher.
Und sein Hund jagte hinter Sofie her, als wollte er jedes Wort unterstützen.
War Sofie tatsächlich eine Tierquälerin, die am Hundestrand nichts zu suchen hatte?
Ich war mir unsicher.
Und vielleicht plagte auch Sofie das schlechte Gewissen. So schweigsam hatte ich sie noch nie erlebt.
Was ging nur in ihr vor?
Ein warmes Gefühl stieg in mir hoch und am liebsten hätte ich sie tröstend in den Arm genommen.
Wind kam auf und ließ Sofies Haare flattern, was ihr besser stand als jede Styling-Idee auf Instagram. Könnte sie doch immer so sein, so natürlich. Ich sah, dass Sofie - wie Joy - richtiges Wetter nicht gewohnt war und ihre Hände blau wurden. Sie fror und über uns flogen die Möwen unruhig, als ob ein Unheil bevorstände. Der Landregen kam schneller als gedacht. Wir entkamen ihm, bevor er unsere Kleider völlig durchnässte.

Das Auto war unsere Schutzburg, unser Kuschelkörbchen und wir waren froh, als wir uns in die Sitze fallen ließen. Sofie soufflierte mir den Weg. Als Bloggerin war sie eine Strategin mit endlos langer To-Do-Liste und einem Talent für neue Orte, die sie akribisch vor jeder Reise recherchierte.
Wir bogen in eine Stichstraße ein, die zum Binnenhafen am Bodden führte.
Aber die Location, die Sofie für uns ausgesucht hatte, lag nicht am Wasser.
„Hier ist es“, rief Sofie, plötzlich hellwach. Ihre Augen blitzten wie schon lange nicht mehr. „Es wird dir gefallen! Ein Geheimtipp von Alina und Isi.“
Der Gedanke an die beiden vermieste mir etwas die Laune, aber ich ließ mir nichts anmerken. Hoffentlich landeten wir nicht in einem Pink Paradise, wo die Tortenstücke fotogen mit zentimeterhoher Icing-Schicht auftrumpften.
Aber ich hatte Glück.
Das kleine Café lag etwas zurückgesetzt neben dem Buddelschiffmuseum und wäre mir nie aufgefallen. Vielleicht war es eins dieser improvisierten Vintage-Läden, die quasi über Nacht aufmachten.
Altmodische Glöckchen bimmelten, als wir eintraten.

Kaffeeduft mischte sich mit dem von Frischgebackenem. Sammeltassen, wohin ich nur blickte. Sammeltassen! Mit handgemalten Preisschildern. Ich war im Tassen-Himmel!
„Ich wollte dich überraschen“, sagte Sofie und nahm mich in den Arm, was sie selten machte. The Dog‘s Cup ist echt die Adresse für Omatassen. Und sie sehen in echt noch geiler aus als auf Isis Fotos.“
Ich war sprachlos. Mit solch einer Auswahl von altem Porzellan der Vierziger und Fünfziger hätte ich nie gerechnet. Das Café war ein Museum!
„Das ist mega!“ Ohne zu überlegen, zog ich Sofie enger an mich, was sie sich tatsächlich gefallen ließ.
„Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Ich war in den letzten Monaten immer so gestresst“, meinte Sofie. „Und der Ausflug soll eine kleine Wiedergutmachung sein.“
Wiedergutmachung? Sollte ich ihr glauben? War Sofie vielleicht doch nicht so egozentrisch, so selbstbezogen, wie ich und ihre Mutter dachten?
Begeistert sah ich mich um.

„Aber vorher wollen wir erst mal den Kuchen testen“, sagte Sofie und nahm sich die Teekarte. „Fühl dich eingeladen!“
Ich war verblüfft. Sofie hatte mich noch nie eingeladen, obwohl sie als Beautybloggerin seit zwei Jahren im Geld schwamm. Bisher hatte sie immer auf mich herabgesehen, weil ich als Grafikerin tolle Designs erstellte, aber in drei Monaten nicht einmal so viel verdiente wie sie in einer Woche.
Wir waren die einzigen Gäste.
Die Cafébesitzerin kümmerte sich um uns, als hätte sie seit Jahren niemanden bewirtet.
„Wow, der Streuselkuchen schmeckt mega!“ Sofie kaute mit offenem Mund, was sie zuletzt als Kind gemacht hatte.
Und dann machte sie etwas, was mich total überraschte.
Sie verschlang drei Kuchenstücke hintereinander!
Das musste ich gleich meiner Schwester erzählen. Ein Ereignis historischer Dimension!
Schon als Kind war Sofie auf Diät und selbst in ihre Schultüte durfte nur Clean Eating.
Nun umschlangen ihre Finger die handbemalte Teetasse, um sich daran aufzuwärmen. Selbst für eine Jumbotasse war sie überraschend groß und Sofie lächelte still vor sich hin.
Ein merkwürdiges Lächeln.
Ein Ausdruck voll heimlicher Vorfreude.
Ihre Finger sahen nicht mehr blau aus, sondern leicht rosa. Die Hitze des Tees schien ihr nichts auszumachen.
Mir fiel der Groschen nicht gleich, aber dann umso heftiger.
Und es schmerzte mich, dass Sofie mich schon wieder reingelegt hatte.
In diese Vintagetasse passte ein Teacup Dog hinein. Auch wenn es nur ein kleiner war.

„Hey, Sofie. Es ist nicht das, was ich denke oder?“ Meine Stimme klang härter als beabsichtigt. So kam ich nicht weiter. Aber ich war so enttäuscht.
Sofie hob den Blick. Und mir wurde alles klar.
Sie wollte so einen Hund. Und zwar sofort!
Da war er, dieser spezielle Blick, den sie immer hatte, wenn sie Hundebabyvideos sah. Ihre Nasenspitze krauste sich.
Als ob sie witttern würde, dass Hundebabys sich in der Nähe befanden, aber es duftete nur nach Streuselkuchen. Und nicht nach Hund oder nassem Hund, was an diesem Regentag wahrscheinlicher wäre.
Sofie wusste, dass ich sie durchschaut hatte, und gab sich keine Mühe mehr, etwas zu verbergen. Weder ihren Unmut, noch ihre Ungeduld. Und in ihren Augen glitzerte eine kalte Härte, die mich zusammenfahren ließ.
Stell dich mir nicht in den Weg! Du wirst es bereuen.
Lustlos stocherte sie mit einem Kandisstick in ihrer Riesentasse umher und wog diese in ihren Händen, als hielte sie schon einen Hund in der Hand.
Einen Moment lang stellte ich mir vor, der arme Hund säße tatsächlich darin.
Ein Winzling in heißem Tee.
Und Sofie würde ihn ungerührt anschauen.
Ich versuchte, das Bild zu verscheuchen.
Aber es quälte mich weiterhin, genauso wie der Blick des Dreadlock-Manns vom Strand.
Seine Augen waren wie Wurfmesser, die Sofie und mich lange verfolgt hatten.

„Ist was?“, fragte Sofie. „Du schaust so komisch.“
„Komisch? Die ganze Situation ist mehr als komisch!“ Ich merkte, wie sich meine Stimme hob und nicht mehr kontrollieren ließ. „Wir fahren hier hin und du hast nichts anderes vor als ....“
Weiter kam ich nicht.
Die Cafébesitzerin schaute strafend und ich schämte mich, an diesem so kuscheligen Ort so ein Theater zu machen.
Sofie nutzte die Gelegenheit und verschwand aufs Klo.
Und tauchte nicht wieder auf.
Minuten vergingen. Eine halbe Stunde. Langsam machte ich mir Sorgen. Und vielleicht schloss das Café bald.
Nicht, dass Sofie schlecht war.
Ich machte mir Sorgen.
Ich hätte ihr nicht trauen sollen. Sie wollte doch sonst nie Süßes.
Ich stand auf, um nachzusehen.
Auf dem Klo war sie nicht. Das beunruhigte mich. Wie sollte ich ihrer Mutter erklären, dass sie verschwunden war?
Was wollte Sofie an diesem Ort?
Hier gab es nur Kuchen und Tee.

Durch die Tür konnte sie nicht geflohen sein. Die Türglöckchen hätten sofort Alarm geschlagen.
Vielleicht war es nur eins von Sofies Ablenkungsmanövern, denen ich in den letzten Jahren zu oft zum Opfer fiel und sie lachte sich heimlich über mich tot.
Oder sie kotzte woanders.
Die Inhaberin kam, ihr Gesicht in besorgte Falten gelegt, die sie mindestens fünfzig Jahre älter machten. Ihre Haut sah so wächsern aus, dass ich staunte, dass sie sich überhaupt noch bewegen konnte.
„War der Kuchen nicht in Ordnung?“
Hier ist nichts in Ordnung, wollte ich am liebsten entgegnen.
Vielleicht steckte sich Sofie gerade einen Finger in den Hals und kotzte eine Mischung aus Streuseln und Kirschen draußen im Garten aus, aber das wollte ich ihr nicht sagen. Sofie war neunzehn und ich nicht mehr für sie verantwortlich. Ihre anorektische Phase war schon seit sechs Jahren „offiziell“ vorbei.
„Sie müssen lernen, Ihre Tochter loszulassen“, sagte sie mit sanfter Stimme, die sich vielleicht ändern würde, wenn sie Sofie zwischen ihren Himbeerbüschen entdeckte.
Aber ich hatte keine Lust, sie zu korrigieren.
Sollte sie ruhig glauben, dass Sofie meine Tochter war.
Und im Garten wollte ich auch nicht nachschauen.

Ich wusste, dass Sofie in der Nähe war. Das reichte mir. Genauso wie ihre Spielchen. Ich beschloss, mich an diesem Wochenende nicht mehr provozieren zu lassen.
„Wollen Sie sich inzwischen die Tassen näher anschauen?“
„Was für eine tolle Idee!“, flötete ich, insgeheim froh über etwas Ablenkung, und schenkte ihr mein begeistertes Lächeln.
Es gab einen Hinterraum, der noch musealer wirkte. Dunkle Vitrinen, in denen kleine Lämpchen Tassen wie Museumsexponate inszenierten. Eine Orgie aus Samt, Plüsch, Porzellan.
Die Frau verschwand dezent, damit ich mich in Ruhe umschauen konnte.
„Ich werde mich erst mal um meine Hunde kümmern“, sagte sie noch mit einem unergründlichen Lächeln. „Die brauchen gleich ihre Mahlzeit.“
Sie hatte einen merkwürdigen Blick wie der Mann vom Strand.
Aber so waren sie, diese Tierfreunde.

Tiere sind besser als Menschen. Und wahre Tierliebe kannte keine Grenzen.

Ich fragte mich, was sie ihren Lieblingen zubereiten würde.
Und Sofie?
Die sollte zusehen, wie sie nach Hause kam. Sie hatte sich oft über mich lustig gemacht.
Aus dir wird nie etwas! Dir fehlt das richtige Money-Mindset! Mein Einkommen ist viel höher als deins!
Nun, das konnte sie jetzt beweisen! Geld genug hatte sie ja.
Es war das letzte Mal, dass ich auf Sofie hereingefallen war! Und die Ostsee konnte ich mir auch allein ansehen. Da brauchte ich weder Nichte noch Hund.
Apropos Hund.
Viele Sammeltassen reflektierten das Hundesujet.
Da gab es Tassen mit Goldrand und stacheligen Blumenranken, die sich um handgemalte Medaillons schmiegten. Wo listige Affen auf Schaukeln hockten und Hunde mit entblößten Lefzen zierliche Katzen jagten.
Zwischen den Tassen gab es kleine Hundeskulpturen.

Ich wusste nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. Meine Wohnung platzte aus allen Nähten und ich hatte mir geschworen, eine Tassendiät zu machen. Keine neue Tasse sollte mehr ins Haus kommen.
Nun ja, ein paar Gedecke schon. Das Sofie so gemein sein konnte!
Ich wollte am liebsten alle Tassen mitnehmen.
Da waren historische Tassen dabei, die ein Vermögen kosten mussten.
Handbemalte Tassen, alte Sammlerstücke in Delfter Blau mit Tulpen, Windmühlen und Schiffen, die dem Untergang geweiht waren. Ich dachte an Hunde, die auf dem Schiff monatelang in sengender Hitze über den Ozean Richtung Kolonie fuhren und als letzte überlebten, weil sie sich im Schrank versteckten, wenn Piraten die Seemannschaft niedermetzelten.
Da waren Tiere mit echten Haarschleifen, keine üblichen Hundeschleifen.
Besonders makaber fand ich einen schwarzen, ausgestopften Minihund mit einer schwarze Locke, die mit einer glitzernden Haarnadel ins dunkle Fell gesteckt war.
Das sah aus wie echtes Menschenhaar! Die Locke wirkte, als steckte sie seit einem Jahrhundert auf dem Hundeköpfchen.
Schon in viktorianischer Zeit hatten die Menschen etwas übrig für Schrumpfhunde und Grusel.
Schrumpfköpfe waren das eine, das konnte man noch als kurioses Sammelstück verbuchen, aber diese winzigen Hunde ...
Mir lief es kalt den Rücken hinunter.

Und doch war ich fasziniert. Ein echtes Gothic-Mädchen, wenn auch vierpfotig. Und Sofie hätte auf jeden Fall ein Foto gepostet. Ich sah mich um und entdeckte weitere ausgestopfte Hunde.
Gab es früher schon Pomeranians? Das musste ich Sofie unbedingt fragen.
Ich befand mich im verrücktesten, kleinsten Museum, das ich je gesehen hatte.
In der abgefahrensten Zoohandlung der Welt. Wenn man von einer Zoohandlung sprechen konnte. Immerhin waren diese Tierchen ausgestopft.
Ein Overkill für Sammeltassen-Fetischistinnen und passionierte Teacup-Freundinnen. Kein Wunder, dass es Isi und Alina hier hergezogen hatte. Auch ich war fasziniert, wie es sich für eine echte Tassionista gehörte.
Schon pervers. Zumindest etwas pervers. Aber sind wir nicht alle ein bisschen weird?
Im Gegensatz zu anderen konnte ich dazu stehen.
Und wer wusste, welche Abgründe sich hinter den harmlosen Gesichtern dieser Tierfreunde auftaten?
Der Mann vom Hundestrand hatte eine überzeugende Kostprobe geliefert, auch wenn seine Dreads sexy waren.
Und diese Cafébesitzerin konnte sicherlich auch anders, wenn man ihren Lieblingen zu nahe kam.
In dem Punkt waren sie alle gleich – diese Tierschützer.
Aber konnte man als Hundefreundin ausgestopfte Hunde sammeln?

Da gab es winzige Poodles im Smoke Farbschlag, die ihre glanzlosen Kulleraugen auf mich richteten und ihre Pfoten auf dem Tassenrand abstemmten. Sie sahen aus, als ob sie tanzten, eine eingefrorene Pose für die Ewigkeit.
Fast schien es, als würden sich manche unmerklich bewegen.
Ich fühlte mich unbehaglich, als würde ich heimlich beobachtet.
Hey, reiß dich zusammen! Das sind nur staubige, tote Tiere.
Und doch wollte ich nur noch eins: raus aus der morbiden Enge.
Fast wäre mir die eigentliche Sensation entgangen: Die Abteilung mit den richtigen Schrumpfhunden.
Sie waren kleiner als eine Tafel Schokolade.
Was für Cuties, hätten Isi und Alina geseufzt. Und gegen meinen Willen fand ich sie niedlich.
Hatte man in früherer Zeit Mini-Mini-Teacups gezüchtet?
Mein Herz schlug vor Aufregung schneller. Das musste ich Sofie zeigen. Ein bisschen verstand ich jetzt ihre Leidenschaft.
Auch wenn sie etwas wirklich Abseitiges hatte.
Ich nahm eine Tasse aus dem Schrank mit einem winzigen Mops, dessen vorstehende Augen so aussahen, als ob sie platzen könnten.

Leise Musik setzte ein, wie von einer Aufziehuhr.
Hundeköpfchen um mich herum wackelten fast unmerklich im Takt. Synchron, wie ein Minihund-Ballett. Und die Hunde fingen tatsächlich an zu tanzen. Aber vielleicht wollten sie nur aus der Tasse entkommen. Ihre glänzenden Knopfaugen stierten mich an und doch an mir vorbei.
Vorwurfsvolles Scharren auf Porzellan. Wie winzige Krallen, die verzweifelt an der teilnahmslosen Glätte ihres Tassengefängnisses hinunter rutschten. Und gerade im Abebben, jagte mir das Kratzgeräusch unangenehmste Schauder über den Nacken.
Das sind keine ausgestopften Tiere, versuchte ich mich zu beruhigen. Sondern nur lebensecht wirkende Spielzeughunde, deren Knopfzellen plötzlich unter der Fellbrust schwächelten und die sich deshalb nur noch langsamer bewegen konnten.
Hunde, deren Leben nach und nach verlosch.
Aber ihre Bewegungsunlust wurde durch ihren Blick gestraft, der es mir noch kälter den Rücken runterrieseln ließ.
Das waren keine liebevollen, rührenden, treuherzigen Hundeblicke.
Sondern in ihnen lauerte etwas, das ich nicht näher beschreiben konnte.
Etwas Unheimliches.
Etwas Böses, als wollten sie sich für etwas rächen.

Ich musste an den süßen Spielzeug-Hund denken, den ich als Kind besaß. Seine Augen glühten in der Dunkelheit und schauten mich trostvoll an, wenn ich nachts nicht schlafen konnte, weil mein Bruder mir wieder gemeine Gruselgeschichten erzählt hatte.
Und das Hündchen tröstete mich jede Nacht, bis mein Bruder es einmal gemeinerweise aufschraubte und mir am nächsten Tag die zerbrochenen Glühbirnchen samt Batterie in die Hand drückte, bis sie blutete. Blut, das sich aus dem Stoff-Fell nicht mehr herauswaschen ließ.

Und nun hämmerte mein Herz vor Angst schneller, ein Déja Vu, als ich bei meinem Mops ebenfalls Blutstropfen im hellen Fell entdeckte. Blut, dass im Laufe der Jahre nicht verblasst war, sondern frisch glänzte. Als hätte er vorhin eine Mahlzeit gehabt. Vor Schreck ließ ich die Tasse samt Hund fallen.
Mit meinen routinierten Jongleurshänden hätte ich das Schlimmste verhindern können.
Aber ich war abgelenkt.
Der Minihund drehte sich wie ein losgelassener Peitschenkreisel. Bis es Pling machte. Nicht ein erlösendes Pling-Pling, sondern ein langgezogenes, helles Jaulen. Hoffentlich hatte sich der Minihund nicht alle Knochen gebrochen. Bei Teacups waren sie wie aus Glas.
Ich wagte kaum, nach unten zuschauen. Kein museal-weicher Teppich würde den Mops retten.
Kalte Metzgereifliesen starrten mich vorwurfsvoll an.
Und zwischen den Scherben hockte der Hund, scheinbar unverletzt.
Leise atmete ich auf, aber meine Erleichterung währte nur Sekunden.
Waren seine hervorquellenden Augen noch okay? Für einen Zwerg wie ihn die unfallträchtigste Schwachstelle.
Oder waren seine Mopsaugen wie matte Glühbirnen zersprungen?
Doch das Licht in ihnen schien nicht erloschen zu sein, was mich zunächst beruhigte, bis mir die geplatzten Äderchen auffielen, die an der nasenwärtigen Innenseite seiner Hornhaut ein feines Krakelee bildeten.
Das ist nur Porzellan, dachte ich, um mich zu beruhigen. Früher konnte man alles besser. Sogar Tieraugen imitieren. Auch wenn die Äderchen etwas zu wütend pulsierten.
Seine Augen röteten sich noch mehr. Als ob etwas Blut durch feinste Risse quoll und den Augapfel in zartes Rosa tauchte.
Instinktiv taten meine eigenen Augen weh.
Hatte der Kleine Schmerzen?
Was sollte ich nur machen?
Ihn tröstend in die Hand nehmen, ihm beruhigend das Fell streicheln?
Doch etwas hielt mich zurück. In den Kulleraugen glühte etwas Unheilvolles.
Sofie würde mich auslachen, wenn sie mich sehen könnte. Dabei war sie selbst die größte Schisserin. Vor echten Hunden hatte sie richtig Angst, auch wenn sie das nie zugab.
Dieses Hundchen würde sich auch von Sofie nicht anfassen lassen. Oder wie Joy gar anziehen lassen.
Obwohl dieser Hund reglos vor mir saß, jagte mir gerade seine Stille mehr Angst ein als jedes Knurren.
Und das Pulsieren in seinen Augen hatte etwas leicht Dämonisches.
„So ein Quatsch“, ermahnte ich mich. „Das ist nur ein täuschend echter Spielzeughund.“
Mir wurde schwindelig und unangenehm warm in diesem Gruselkabinett. Ich würde gleich nach draußen flüchten, den letzten Sonnenschein genießen.
Ein Mann tauchte auf, der in diesem Museum unpassend grobschlächtig wirkte. Sein Kopf war rasiert und seine Schürze voller Flecken, die nichts Gutes verhießen. Der Koch des Cafés? Er war vielleicht Anfang dreißig mit sehr hellen, weit auseinanderstehenden Augen und kräftigen, tätowierten Armen. Würde Sofie ihn attraktiv finden?

„Was ist hier los?“, rief er ungehalten. Als er mich entdeckte, bemühte er sich, eine Spur höflicher zu sein, was ihm nicht gelang. Er gehörte zu den Typen, bei denen sich jeder Versuch, höflich zu klingen, wie eine Beleidigung anhört.
Seine Stimme konnte er nicht so gut kontrollieren, wie er annahm.
„Mir ist die Tasse aus der Hand gefallen“, sagte ich leise. Dass ich mich vor seinem Hundchen erschreckt hatte, gab ich lieber nicht zu. „Für den Schaden komme ich selbstverständlich auf.“
Rasch bückte ich mich, bevor sein Blick mich traf, und versuchte ein paar Scherben aufzusammeln, die unter die Vitrine gefallen sein mussten. Was war unangenehmer? Seine wachsamen Augen, die mich mitleidlos durchbohrten, als ich den Staub durchsuchte oder die seines Hundes? Der Kleine bewachte die Reste der Porzellantasse wie seinen Knochen.
Doch das wirklich Abscheuliche spürte ich nicht im Rücken.
Es lag direkt vor mir.
Unter der Vitrine.
Eine Scherbe, die aussah wie ein abgebrochener Eckzahn. Mit etwas angetrocknetem Blut, auch wenn ich das im Dunkeln schlecht beurteilen konnte.
Ansonsten handelte es sich um einen überraschend sauberen Zahn. Kein gelblicher Hundezahn. Auch Joy hatte weiße Zähne gehabt. Und eine eigene Zahnbürste. Damit sie nicht aus der Schnauze stank, wenn es darauf ankam.
Beim Küsschengeben.
Und im staubigen Schatten glitzerte etwas an dem Zahn, das mir bekannt vorkam.

„Hören Sie sofort auf!“ Der Tonfall des Mannes wurde härter. So unmissverständlich wie ein Kommando in der Hundeschule.
Ich gehorchte, obwohl ich gern noch länger hingeschaut hätte. Was war das nur unter dem Schrank?
Nur eine Scherbe, die zufällig aussah wie ein Zahn? Tat ein ausgebrochener Zahn weh? Warum hatte ich vorhin die Tasse samt Hund nicht auffangen können?
So musste der Mops wegen mir still leiden. Ich kam mir noch gemeiner vor als meine Hundefreundinnen, deren Vorliebe für glitzernden Partnerlook sich offensichtlich nicht nur auf Haarschleifen beschränkte.

Und auch um Sammeltassen und Tee mit Rum würde ich zumindest diesen Sommer einen Bogen machen.
Rasch drehte ich mich um und stand mit einem Satz auf.
„So weit soll es noch kommen“, fügte er versöhnlicher hinzu, „dass unsere Gäste bei uns putzen müssen.“
„Aber...“, unterbrach ich mich selbst, als ich verstand, dass jede Erklärung alles verschlimmern würde.
„Nicht weiter schlimm“, murmelte er und hob den verängstigten Hund vom Boden und nahm ihn in seine Pranken.
„Wollen Sie nun eine Tasse kaufen?“, fragte er in drohendem Tonfall, der klar signalisierte, dass er mich sofort loswerden wollte. „Oder lieber doch einen Teacupdog?“, wobei er alle Verächtlichkeit auf das letzte Wort legte.

„Nur eine Tasse“, beeilte ich mich zu antworten, und versuchte, ihn nicht näher anzuschauen. Es fiel mir schwer, meinen Blick von seiner Unterarmtätowierung zu lösen, wo ein überdimensionierter Pudel eine Frau am Halsband hinter sich herzog.
Viel mehr hinter sich her schleifte.
Was für eine Tätowierung!
Sie war so ausnehmend hässlich, dass ich ein zweites Mal hinsehen musste.
Brüste und Bauch waren aufgeplatzt und die Gedärme folgten der unbekannten Frau wie ein seltsames Ornament.
Weird.
Ich gab mir Mühe, mein Unbehagen zu verbergen.
Nichts wie raus!
Aber noch musste ich mit dem Perversen hier allein sein und hoffte, dass er meine Angst nicht witterte.
Witterte wie ein zu allem bereiten Raubtier.
Was sah er in mir?
Eine mittelalte Frau, die ihre beste Zeit hinter sich hatte?
Und statt eines Lovers arme, kleine Hunde in ihr Bett nahm?
Um diese stundenlang mit Kunstfingernägeln zu bearbeiten?
War ich in seinen Augen auch eine von diesen – Hundequälerinnen?
Wie sollte ich ihm klar machen, dass ich anders war?
Dass ich damit nichts zu tun hatte?
Ich dachte an Sofie.
Was würde sie jetzt machen?
Und ich versuchte, ebenso unbeteiligt zu wirken wie sie.
Ein cooles Pokerface, das alle Gefühle sicher verbarg.
Egal, wie es dahinter aussah.
Und plötzlich sehnte ich mich nach Sofie wie schon lange nicht mehr.
Wo war sie jetzt?
Was machte sie gerade?
Und wenn wir beide erst mal raus waren aus diesem Laden, aus diesem schrecklichen Dorf, weit weg von Meer und hässlichem Hundestrand würden wir zu einer Tankstelle fahren, eine Flasche Prosecco holen und uns sinnlos besaufen. Sofie richtig und ich nur ein bisschen. Und dann würden wir uns totlachen über diese Tierschützer.
Über Mr. Dreadlocks und diesen Verrückten.
Aber noch war es leider nicht so weit.

Überraschend zärtlich nahm dieser Charmebolzen sein Hundchen in die Hand und kraulte ihm den Rücken. Seine Hände, mit den schwarzen tätowierten Ringen an allen Fingern, sahen gefährlich aus.
Der Hund genoss sichtlich die Streicheleinheiten und bekam ein glückliches Hundegrinsen wie Joy früher, wenn sie nach dem Baden in ein pinkfarbenes Frotteehandtuch gesteckt wurde.
Auch bei dem Mops schaute ein Zahn vorwitzig heraus, was bei ihm aber nicht süß aussah, sondern eher fies.
Aber fies war besser als Hundehaarschleifen.
„Streicheln Sie ihn lieber nicht“, sagte sein Herrchen mit einem warnenden Unterton.
„Das habe ich nicht vor“, entgegnete ich.
Von Hunden hatte ich erst mal die Nase voll.
„Das sind keine Spielzeughunde für verrückte Influencerinnen“, meinte er. „Die Hunde sehen harmloser aus, als sie sind. Man sollte Hunden nicht ihren Stolz nehmen und die Schwächsten mit den Schwächsten kreuzen.“
Dabei drückte er seinen massigen Rücken durch, als ob ich auch ihm seinen Stolz nehmen wollte. Und seine Augen bohrten sich in meine, als wollte er betonen, dass sie wie ein Bohrhammer in mich hineinjagen würden. Ungehindert. Ungebremst. Wenn ich nicht tat, was er wollte. Wenn ich ihm nicht Respekt zollte. Oder wenn ich es gar wagen sollte, in ihm einen Loser zu sehen.
Nein, ein Loser war er nicht.
Nur ein Hundefreund. Ein großer Hundefreund, der mich vor ein Rätsel stellte.
Ein Rätsel, das ich nicht unbedingt lösen wollte.
„Aber sie verkaufen doch selbst Hunde“, sagte ich vorsichtig, aber bestimmt. Ich wollte ihn nicht reizen. „Oder sind das hier alles Spielzeughunde?“

Der Mops schien noch mehr zu grinsen und ein weiterer Eckzahn blinkte aus der Schnauze. Mit einem Tropfen Blut darauf. Und als er gähnte, entdeckte ich, dass er noch alle Zähnchen besaß.
Zähnchen, mit denen er rasierklingenartig die Haut aufschlitzen könnte.
Zähnchen ohne Glitzersteinchen.
Seine Knopfaugen funkelten dafür umso gefährlicher im matten Licht.
Was sollte ich machen?
Bloß nichts wie weg, aber meine Beine gaben plötzlich nach.
Was war bloß mit mir los?
Die Hitze in dem Laden?
Oder nur ein paar harmlose Hitzewallungen?
Ich konnte nichts machen und sank auf den Boden.
Oh my God.
Oder hatte man mir vorhin etwas in den Kaffee getan? Oder in den Streuselkuchen?
Dass ich Dinge sah, die wirklich strange waren. Wie tanzende Poodles ... oder Hundezahndiamanten.
Doch nie hatte es mir so gut geschmeckt.
Wie in diesem Hundecafé des Grauens.

„Bleiben Sie ruhig, es ist bald vorbei.“ Die Stimme des Mannes klang sanft, als spräche er zu einem Hund.
Ich lag auf dem Boden und hörte im Hintergrund ein Knochenknacken. Was waren das für Geräusche?
„Das ist nur die Fütterung unserer Raubtiere“, erklärte er mit hundsgemeinem Grinsen, als hätte er meine Gedanken erraten. „Meine Mutter kümmert sich immer so liebevoll um alles.“
Und ich entdeckte im Nebenraum winzige Hunde, die sich um einen Knochen stritten, und um etwas, das wie ein Finger aussah. Ein Finger mit einem langen Kunstnagel, wie aus Isis und Alinas Beautyblog.

 

Hi @petdays,

hier bin ich, habe deine Geschichte gelesen. Und zwar gerne! Ich steige direkt in den Text ein:

meiner 19 jährigen Nichte
Da gehört ein Bindestrich zwischen Zahl und jährigen.

und ihrer Kameraausüstung.
Da fehlt ein "r".

ach-so- süße
ach-so-süße (also ohne Leerzeile, oder?)

Sofie blickte auf und spitzte die Ohren wie eine Hündin.
Das gefällt mir, schön überspitzt, im wahrsten Sinne des Wortes.

aber etwas an Sofie schien verändert.
Hat mir der Friedel beigebracht, dass das "schien" in einem solchen Fall mit "zu sein" verknüpft werden sollte ;)

Ihre Hypnose Drama waterproof Mascara würde allem standhalten. Jedem Drama, falls Vanessa etwas Schlimmes passiert sein sollte ... oder Joy. Falls Sofie überhaupt weinen würde. Sie war immer so cool, so unverletzbar.
Schöne Stelle. Zeigt die Distanz, die zwischen Tante und Nichte besteht; einerseits die eindeutige Meinung der Tante über die Nichte, andererseits das potenzielle Unwissen - denn ist sie wirklich immer so cool, so unverletzbar?
Gleichzeitig baust du Spannung auf - was ist denn nun eigentlich passiert, etwas Schlimmes?

„Vielleicht haben sie endlich eingesehen, dass das wirkliche Leben viel spannender ist.“
„Und vielleicht siehst du endlich ein, dass an dir schon lange nichts mehr spannend ist.“
Gefällt mir sehr gut. Ein sehr treffsicherer und cleverer Kommentar der Nichte. Erinnert mich daran, dass man nie zu sehr andere bewerten sollte, bzw. dass jeder Jeck anders ist und das ja auch so sein darf (in diesem Fall: Wenn die Nichte auf Youtube abhängen will, warum nicht?). Ich fühle mich auf der Seite der Tante, da ich eine ähnliche Meinung über das Thema habe...wer allerdings entscheidet, was richtig und was falsch ist? Ist meine Art, meine Zeit zu verbringen richtiger als ihre?

Wimperzange
Bin kein Spezialist, aber ist es nicht Wimpernzange?

Die Sofie im Real Life nie gesehen hatte, aber von denen sie jedes Detail dank Youtube und Instagram kannte.
Ich würde "von denen sie dank Youtube und Instagram jedes Detail kannte" schreiben, liest sich glaub ich flüssiger.

„Hey, pass auf“, herrschte ein junger Mann mit Dreadlocks Sofie an. „Solche wie Du haben hier nichts zu suchen.“
Könnte natürlich passieren. Fände es aber realistischer, wenn er sowas sagen würde wie, "Pass auf dass dein Mini-Hund nicht von den richtigen aufgefressen wird"...oder sowas in die Richtung. Eher etwas Spöttisches, was vielleicht nicht ganz so hart ist sondern eher sarkastisch. Nur so ne Idee.

Das Auto war unsere Schutzburg, unser Kuschelkörbchen und wir waren froh, als wir uns in die Sitze fallen ließen.
Das passt sehr gut. Es deutet fast ein wenig an, dass die Tante, so anti-Hund sie auch in dieser Phase sein mag, ihr Auto in dieser Situation dennoch als Kuschelkörbchen sieht. (Zumal sie ja auch schon in jugendlicher Sprache, bzw. in den englischen Begriffen denkt, was sie ja womöglich auch von ihrer Nichte hat.)

Sofie soufflierte mir den Weg.
Sehr kreativ :)

Ihre Augen blitzen wie schon lange nicht mehr.
blitzten

Sammeltassen, wohin ich nur blickte. Sammeltassen! Mit handgemalten Preisschildern. Ich war im Tassen-Himmel!
:D

Ich war verblüfft.
Ich bin auch verblüfft!

des Dreadlocks-Manns
Würde das "s" in Dreadlocks streichen

Nicht dass Sofie schlecht war.
Muss da ein Komma rein hinter Nicht?

Auf dem Klo war sie nicht. Das beruhigte mich. Wie sollte ich ihrer Mutter erklären, dass sie verschwunden war?
Sollte das "beunruhigte mich" heißen?

Durch die Tür konnte sie nicht geflohen sein. Die Türglöckchen schlugen sofort Alarm.
Für den zweiten Satz würde ein Konjunktiv besser passen.

die sie mindestens fünfzig Jahre älter machten.
Oben hast du 19-jährige geschrieben, dann sollte es hier vielleicht auch 50 sein. (Ein paar Sätze weiter steht "neunzehn")

„Sie müssen lernen, Ihre Tochter loszulassen“, sagte sie mit sanfter Stimme, die sich vielleicht ändern würde, wenn sie Sofie zwischen ihren Himbeerbüschen entdeckte.
Gefällt mir, da steckt viel drin.

Eine Orgie aus Samt, Plüsch, Porzellan.
Auch schön :)

Aber so waren sieKOMMA diese Tierfreunde.

Meine Wohnung platzte aus allen Nähten und ich hatte mir geschworen, eine Tassendiät zu machen.
Ein "schöner" Kontrast zur anorektischen Nichte.

Das war echtes Menschenhaar!
Woher weiß sie das?

winzigen Hunde...
Da fehlt das Leerzeichen.

Da gab es winzige Poodles im Smoke Farbschlag, die ihre glanzlosen Kulleraugen auf mich richteten und ihre Pfoten auf dem Tassenrand abstemmten. Sie sahen so aus, als ob sie tanzten und für alle Ewigkeiten in dieser Tanzpose festgehalten worden waren. Noch nie hatten ausgestopfte Tiere so lebendig ausgesehen.
Fast schien es, als würden manche sich unmerklich bewegen.
Es gab eine Abteilung mit richtigen Schrumpfhunden. Die waren kleiner als eine Tafel Schokolade und steckten in winzigen Sammeltassen. Was für Cuties, würden Isi und Alina seufzen. Und auch ich fand sie niedlich.
Hatte man in früherer Zeit Mini-Mini-Teacups gezüchtet?
Mein Herz schlug vor Aufregung schneller. Das musste ich Sofie später zeigen. Ein bisschen verstand ich jetzt ihre Leidenschaft.
Auch wenn sie etwas wirklich abseitiges hatte.
Ich nahm eine Tasse aus dem Schrank mit einem winzigen Mops, dessen vorstehende Augen so aussahen, als ob sie platzen könnten.
Hier wird mir die Museums-Szene etwas zu lang. Da habe ich wieder Lust auf Handlung bekommen, wollte lieber wissen, wie es weitergeht, was sie jetzt macht. Ich finde, diese Passage (inkl. den Absätzen davor und danach) kannst du kürzen. Das Gruselige, was im folgenden Absatz kommt, finde ich gut, da kommt so eine surreale Stimmung auf, die zur ganzen Atmosphäre passt, die die Absurdität (wenn es denn eine ist) auf die Spitze treibt. Das könnte sogar noch gesteigert werden, sodass sie am Ende verstört aus dem Café eilt.

Vor Schreck ließ ich die Tasse samt Hund fallen.
Hoffentlich zerbrach sich der Minihund keinen Knochen. Die Knochen der Teacups waren ja wie aus Glas.
Hier habe ich auf das Zerscheppern der Tasse gewartet - das könntest du ruhig noch beschreiben und irgendwie mit der Gruselkabinett-Stimmung verknüpfen.

Ein Mann tauchte auf, er passte sogar nicht ins Geschäft
so gar nicht

wobei er alle Verächtlichkeit, auf das letzte Wort legte.
Da gehört glaube ich kein Komma hin.

„Nur eine Tasse“ ,
Da hat sich ein Leerzeichen eingeschlichen.

Es fiel mir schwer, meinen Blick von seiner Unterarmtätowierung zu lösen, wo ein überdimensionierter Pudel eine Frau am Halsband hinter sich herzog.
Das Tattoo gefällt mir (vielleicht "auf der" statt "wo"?) - bis du es in den Zeilen darunter weiter beschreibst. Zuerst denke ich überhaupt nicht: frauenfeindlich. Ich denke daran, wie seltsam es doch ist, dass Menschen Hunde züchten zu ihrer Belustigung und sie an Leinen festmachen, um mit ihnen Gassi zu gehen... Denke also, ja, der nimmt die Hundeliebhaber aufs Korn.

weit weg von Meer und hässlichem HundestrandKOMMA würden wir zu einer Tankstelle fahren,

Seine Hände, mit den schwarzen tätowierten Ringen an allen FingernKOMMA sahen gefährlich aus

„Streicheln sie ihn lieber nicht.“,
Ein Punkt zu viel.

Man sollte Hunden nicht ihren Stolz nehmen und die Schwächsten mit den Schwächsten kreuzen.“
Da fehlt ein "n"

Also ich muss schon sagen, dein Ende habe ich überhaupt nicht kommen sehen, und es gefällt mir wirklich gut! Ich hatte den tag "Horror" übersehen, was ich super finde, denn sonst wäre dir der Twist bei mir vielleicht nicht so gut gelungen. (Ich finde generell, dass die tags manchmal wie Trailer sind, die zu viel verraten, einen in eine gewisse Erwartungshaltung bringen - finde es besser, komplett unvoreingenommen zu sein!) Somit erklärt sich auch erst ganz am Schluss, was mit Sofie passiert ist.
Bis auf die vielleicht etwas zu lange Museumsszene (könntest du komprimieren) finde ich die Geschichte gut geschrieben. Du sprichst einige Themen an, die zum Nachdenken anregen: wie lebt man richtig oder falsch, sollte man Entscheidungen anderer bewerten, was sagt es über uns aus, dass wir uns Hunde halten/züchten, was können wir von Hunden lernen, usw.
Hat mir gefallen, und ich hoffe, dass du was mit meinen Kommentaren anfangen kannst.

Viele Grüße,
rainsen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo rainsen,

Wow, was für ein ausführlicher Kommentar! Freue mich sehr über Dein Vorbeischauen. Und Deine vielen Anmerkungen werde ich später genauer betrachten und einarbeiten. Dass noch so viele Flüchtigkeitsfehler im Text stecken, hätte ich nicht gedacht ...

Hat mir der Friedel beigebracht, dass das "schien" in einem solchen Fall mit "zu sein" verknüpft werden sollte ;)
>> Dank Dir lerne ich das jetzt auch indirekt vom Friedel. Von Friedel habe ich sowieso schon sehr viel lernen können.
Zeigt die Distanz, die zwischen Tante und Nichte besteht; einerseits die eindeutige Meinung der Tante über die Nichte, andererseits das potenzielle Unwissen - denn ist sie wirklich immer so cool, so unverletzbar?
>> feine Beobachtung. Tanten und Onkel bewegen sich wohl oft zwischen den Polen von Wissenheit und Unwissenheit, haben vielleicht dafür manchmal als Ausgleich eine klarere Außensicht und sehen Dinge, die den Eltern aus zu großer Nahsicht entgehen. So ähnlich geht es mir manchmal mit meinen Schülern in der Berufsschule... Vieles weiß ich und ich bin immer froh, dass ich nicht noch mehr wissen muss... ;)
wer allerdings entscheidet, was richtig und was falsch ist? Ist meine Art, meine Zeit zu verbringen richtiger als ihre?
>> Das hatte ich als Thema gar nicht im Fokus. Aber, wo Du das jetzt aufgreifst: interessant!
Fände es aber realistischer, wenn er sowas sagen würde wie, "Pass auf dass dein Mini-Hund nicht von den richtigen aufgefressen wird"...oder sowas in die Richtung. Eher etwas Spöttisches, was vielleicht nicht ganz so hart ist sondern eher sarkastisch. Nur so ne Idee.
>> tolle Idee! :)
Hier wird mir die Museums-Szene etwas zu lang. Da habe ich wieder Lust auf Handlung bekommen, wollte lieber wissen, wie es weitergeht, was sie jetzt macht. Ich finde, diese Passage (inkl. den Absätzen davor und danach) kannst du kürzen. Das Gruselige, was im folgenden Absatz kommt, finde ich gut, da kommt so eine surreale Stimmung auf, die zur ganzen Atmosphäre passt, die die Absurdität (wenn es denn eine ist) auf die Spitze treibt. Das könnte sogar noch gesteigert werden, sodass sie am Ende verstört aus dem Café eilt.
>> Danke für Deine Eindrücke, das ist für mich sehr hilfreich. Ja, Du könntest Recht haben. Die Szene ist zu lang. Vielleicht weil sie zu statisch ist. Die Tante beobachtet und sieht in erster Linie. Da muss ich überlegen, wie ich das szenischer gestalte... oder auch kürze (was mir zugegebenermaßen noch etwas schwer fällt. Normalerweise bin ich schnell dabei im Killing your Darlings, aber hier fällt es mir tatsächlich mal schwer.).
Hier habe ich auf das Zerscheppern der Tasse gewartet - das könntest du ruhig noch beschreiben und irgendwie mit der Gruselkabinett-Stimmung verknüpfen.
>> gute Idee!
Zuerst denke ich überhaupt nicht: frauenfeindlich.
>> Allein das Wort frauenfeindlich passt eigentlich gar nicht in einer Horrorgeschichte... Da wollte ich wohl zu sehr political correct sein...
was sagt es über uns aus, dass wir uns Hunde halten/züchten, was können wir von Hunden lernen, usw.
>> Gegen Hundehaltung habe ich als Hundefreund nichts. Auch nicht pauschal gegen das Züchten von Minihunden wenn sie gesund gezüchtet werden und ein tolles, freies Hundeleben führen könnten. Aber leider ist es gerade im Fall der Teacups oft anders und deshalb diese Geschichte.

Ganz herzlichen Dank für Deine Zeit und Deine intensive Auseinandersetzung mit dem Text! Auch habe ich viel Neues dabei lernen können!

Viele Grüße, Petdays

PS: Hab alle deine Anmerkungen eingearbeitet und den Text generell noch einmal sehr stark überarbeitet. So habe ich versucht, die Museumsszene etwas weniger "nur" zu beschreiben, sondern noch gruseliger zu gestalten. Weniger Statik, mehr Dynamik. Ohne Deinen Kommentar wäre ich nicht so inspiriert gewesen. Danke nochmals.

 
Zuletzt bearbeitet:

Die Hundetasche. Ein pinkfarbenes Etwas mit einer Öffnung an der Vorderseite, aus der früher Joy vorwitzig herausschaute, Sofies Zwerghündin.

Chihuahua [’tʃi:wawa:] tipp ich mal, das Hündchen für die Innentasche der Anzugjacke des gepflegten Herrn oder das Handtäschchen der Dame von Welt. Eine Freundin meiner Mutter – Gott habe beide selig – hatte einen doppelt so großen Pinscher, den sie nur in Haus und Hof frei laufen ließ und ansonsten herumtrug – bei Einkäufen sogar auf dem Inhalt der Einkaufstasche. Das Hündchen fristete somit buchstäblich ein Leben in Wohlstand. Ob er in der Tasche auch sein Geschäft verrichtete …
Nicht auszudenken, wenn der achtjährige Friedel da zum Kaffee mit eingeladen wurde …

Und nu’n etwas anderer “Song of Joy“ ... über Influenzer(in) in Zeite der Influenza.

Aber Ihr solltet nicht so viel über mich reden,

liebe Petday
&
lieber @rainsen -

der Liebhaber des Wolfes (endlich ist ein Rudel am Niederrhein!) und seiner oft gequälten, überzüchteten Derivate riecht den Hund - und sei er noch sehr sehr in der Innentasche der Jacke, im Handtäschken oder im Geschenkpapier eingewickelt und verborgen.

Hier vorweg eine kleine Anmerkung zu „scheinen“ als Modalverb

Sofie schien immer noch empfindlich in diesem Punkt und schwieg.
Das man nicht nur mit“zu sein“ schmücken kann/sollte, die Dudenredaktion aber oft durch die Vorsilbe „er“ adelt (und weiter unten Du auch, liebe Petday, was ich gerade eben noch nicht wissen konnte und deshalb noch mal "hoch" musste) und den „zu sein“-Appendix verhindert – wobei sich in diesem Beispiel die Lösung mit dem Präfix ein wenig befremdlich anhört …

Die Geschichte - Du weißt, wenn nicht, dann ab jetzt, dass ich keine Geschichten nacherzähle. Die Nacherzählung gehört auf die harte Schulbank, um vor allem das Gedächtnis zu trainieren, und das funktioniert bei mir noch ganz gut - Einbildung ist nicht nur ggfs. halt auch eine Art Bildung.

... fast wie in alten Zeiten, bevor Zwerghunde Sofies Leben durcheinanderbrachten.
Warum Plural „Zwerghunde“?, wenn von einem die Rede ist? Das it wie die Frage, ob ich Kinder habe und ich wahrheitgemäß mit "nein" antworte. Einkindfamilien gibts nicht nur in China ...
oder umstellen, aber singlär im „Sofies Zwerghundeleben“ (oder Zwerghunde Leben)

Die wenigen Leute am Strand hielten das pinkfarbene Monster vielleicht für ein häßliches Strandaccessoire.
hässliches

„Aber vorher wollen wir erstmal den Kuchen kosten“, sagte Sofie und nahm sich die Teekarte.
„erst mal“, weil eigentlich ein verkürztes „erst einmal“

Und nicht nach Hund, oder nassem Hund, was an diesem Regentag wahrscheinlicher wäre.
Komma weg!, es wird ganz gut durchs „oder“ ersetzt

Sofie wusste, dass ich sie durchschaut hatteKOMMA und gab sich keine Mühe mehr, etwas zu verbergen.
Das „und“ setzt den Hauptsatz fort, das Komma beendet den Nebensatz

Seine Augen waren wie Wurfmesser gewesen, die Sofie und mich lange verfolgt hatten.

„Ich werde mich gleich erstmal um meine Hunde kümmern“, sagte sie noch mit einem unergründlichen Lächeln.
"erst mal", weil eigentlich ein verkürztes erst einmal
Das sind keine ausgestopften Tiere, versuchte ich mich, zu beruhigen.
Warum das zwote Komma?

Der Koch des Cafés? Er war vielleicht Anfang dreißig mit sehr hellen* weit auseinanderstehenden Augen und kräftigen, tätowierten Armen.
* hier meine ich, ein Komma empfehlen zu müssen. Warum? Das Attribut besteht aus vier Adjektiven, von denen jeweils ein Paar gleichrangig ist und doch mit den zwo anderen Adjektiven eben nicht – denn „sehr“ und „weit“ verstärken ihre Partner. Für die tätowierten Arme hastu’s wahrscheinlich instinktiv richtig gemacht, Kraft und Tätowierung sind unabhängig und gleichrangig

Rasch bückte ich mich, bevor sein Blick mich traf* und versuchte ein paar Scherben aufzusammeln, die unter die Vitrine gefallen sein mussten.
* der Nebensatz ist zu Ende ...

„So[...]weit soll es noch kommen“, fügte er versöhnlicher hinzu, …
..., soweit ich weiß!

„Oder lieber doch einen Teacupdog?“, wobei er alle Verächtlichkeit, auf das letzte Wort legte.
Warum das von mir gefettete Komma?

„Nur eine Tasse“, beeilte ich mich zu antworten* und versuchte, ihn nicht näher anzuschauen.

Und statt eines Lovers arme* kleine Hunde in ihr Bett nahm?

„Streicheln sie ihn lieber nicht“, sagte sein Herrchen mit einem warnenden Unterton.
Herrchen sind zumeist höflich, seblst wenn man’s nicht so hört

„Die Hunde sehen harmloser aus* als sie sind.
Komma, weil „als“ m. E. einen vollständigen Satz einleitet – „ich bin“ ist ja der bekannteste vollsrändige Satz überhaupt ...

Gern gelitten mit der Tante und schöne Tage diese Tage aus'm Pott vom

Friedel

 

Liebe @petdays

ich hatte ein wenig Probleme mit der Geschichte. Den Einstieg finde ich gelungen, ich war gleich in der Szene und bei den Protagonisten. An manchen Stellen haben mich der etwas holprige Satzbau und Wortwiederholungen aus dem Lesefluss gerissen. Oft ist es mir zu viel Tell, statt Show. Das verursacht eine gewisse Distanz, ich kann nicht wirklich mitfühlen, es kratzt nur an der Oberfläche, obwohl Potential da ist.

Hier einige Anmerkungen:

Ein pinkfarbenes Etwas mit einer Öffnung an der Vorderseite, aus der früher Joy vorwitzig herausschaute, Sofies Zwerghündin. Ehe sie vor ein paar Wochen spurlos verschwand.

Das klingt holprig.
Vorschlag: Ein pinkfarbenes Etwas mit einer Öffnung an der Vorderseite, aus der früher Joy, Sofies Zwerghündin, vorwitzig herausschaute. Bis sie vor ein paar Wochen spurlos verschwand.

Ich kutschierte meine Nichte, während sie hinter mir unaufhörlich in die Tasten hämmerte – eine Beauty-Bloggerin in ihrem temporären Büro – und ich wusste nicht, was ich verstörender fand, dass Sofie zwischendurch den Stoff streichelte, als wäre er lebendig oder es wagte, ihren Kopf tief in die Stinketasche zu stecken.

Uff. Das ist ein abarts Bandwurmsatz.
Vorschlag: Ich kutschierte meine Nichte, während sie unaufhörlich in die Tasten hämmerte. Eine Beauty-Bloggerin in ihrem mobilen Büro. Keine Ahnung, was ich verstörender fand: Dass sie zwischendurch den Stroff streichelte, als wäre er lebendig oder dass sie ihren Kopf tief in die Stinketasche steckte.

Vielleicht doch treuherzige Knopfaugen?

Streichen. Unnötiges Füllwort.

Andererseits war ich froh, Sofie ohne ihren zittrigen Vierbeiner für mich zu haben.

Vorschlag: Trotz allem war ich froh, Sofie für mich zu haben.

In meinem Fall Sammeltassen, die ich in Vintage-Läden erbeutete und ohne störenden Hund fühlte ich mich vor allem in Porzellan-Revieren viel sicherer.

Klingt holprig.
Vorschlag: In meinem Fall Sammeltassen, die ich in Vintage-Läden erbeutete. Eins war klar: Ohne störenden Hund fühlte ich mich in Porzellan-Revieren viel sicherer.

Und Joy schien tatsächlich jedes Shooting zu genießen und Sofie lud ständig neue, ach-so-süße Hunde Pics hoch.

Das erste Und würde ich streichen.

Ich fühlte mich ertappt und erschrak, dass sie mich ebenfalls beobachtet hatte.

Klingt holprig.
Vorschlag: Ich fühlte mich ertappt und zuckte zusammen. Mir war nicht klar gewesen, dass sie mich ebenfalls beobachtet hatte.

Und ich hoffte, dass sie keine Urlaubsbilder über uns postete.

Und am Satzanfange würde ich streichen.

Immerhin fand Sofie Zeit, um mit mir sogar freiwillig wegzufahren.

Würde ich streichen.

Das war jetzt die sechste Beauty-Bloggerin, von der die Welt „plötzlich nichts mehr hörte“.

Die Anführungszeichen kann man streichen.

„Was ist nur mit den Mädels passiert?“, wagte ich zu fragen.
„Was soll nur mit ihnen passiert sein?“, äffte Sofie mich nach und verdrehte die Augen.

Die Reaktion passt irgendwie nicht.

Ihre Hypnose Drama waterproof Mascara würde allem standhalten.

Hypnose-Drama-Waterproof-Mascara

Im Spiegel erschrak ich über meinen müden Blick, dem nicht die beste Wimpernzange der Welt neuen Schwung verleihen könnte, vom Rest ganz zu schweigen.

Das klingt holprig.
Vorschlag: Im Spiegel erschrank ich über meinen müden Blick. Nicht einmal die beste Wimpernzange der Welt könnte ihm neuen Schwung verleihen. Vom Rest ganz zu schweigen.

Und sein nasser Labrador schob sich an Sofie vorbei, so dass ihre weiße Hose fleckig wurde, was sie nicht bemerkte.

Vorschlag: Sein nasser Labrador schob sich an Sofie vorbei, so dass ihre weiße Hose fleckig wurde. Sie bemerkte es nicht einmal.

Ein warmes Gefühl kam in mir auf und am liebsten hätte ich sie tröstend in den Arm genommen.
Wind kam auf und ließ Sofies Haare flattern, was ihr besser stand als jede Styling-Idee auf Instagram.

Vorschlag: Ein warmes Gefühl durchrieselte mich. Am liebsten hätte ich sie tröstend in den Arm genommen. Wind kam auf. Sofies Haare flatterten, was ihr besser stand als jede Styling-Idee auf Instagram.

Der Landregen kam schneller als gedacht und wir entkamen ihm, bevor er unsere Kleider völlig durchnässte.

Vorschlag: Der Landregen kam schneller als gedacht. Wir entkamen ihm, bevor er unsere Kleider völlig durchnässte.

Als Bloggerin war sie eine Strategin mit endlos langer To Do Liste und einem Talent für neue Orte, die sie akribisch vor jeder Reise recherchierte.

To-Do-Liste

Sie verschlang gleich drei Kuchenstücke hintereinander!
Das musste ich gleich meiner Schwester erzählen.

Wortwiederholung

Schon als Kind war Sofie auf Diät und selbst in ihre Schultüte durfte nur Clean Eating.

Clean-Eating

Nun umschlangen ihre Hände die handbemalte Teetasse, um sich daran aufzuwärmen.

Wortwiederholung
Vorschlag: Nun umschlagen ihre Finger ...

Durch die Tür konnte sie nicht geflohen sein. Die Türglöckchen würden sofort Alarm schlagen.

Die Türglöckchen hätten sofort Alarm geschlagen.

„Was für eine tolle Idee!“, flötete ich, insgeheim froh über etwas Ablenkung, und schenkte ihr mein begeistertes Lächeln.

... ein begeistertes Lächeln

„Ich werde mich gleich erstmal um meine Hunde kümmern“, sagte sie noch mit einem unergründlichen Lächeln. „Die brauchen gleich ihre Mahlzeit.“

Wortwiederholung

Ich musste an den süßen Spielzeug-Hund denken, den ich als Kind besaß, Seine Augen glühten in der Dunkelheit und schauten mich trostvoll an, wenn ich nachts nicht schlafen konnte, weil mein Bruder mir wieder gemeine Gruselgeschichten erzählt hatte.

Punkt nach besaß.

Dabei war sie selbst die größte Schisserin. Vor größeren Hunden hatte sie richtig Angst, auch wenn sie das nie zugab.

Wortwiederholung

Ein Mann tauchte auf, er wirkte in diesem Museum unpassend grobschlächtig.

Vorschlag: Ein Mann tauchte auf, der in diesem Museum unpassend grobschlächtig wirkte.

„Aber-“, unterbrach ich mich selbst, als ich verstand, dass jede Erklärung alles verschlimmern würde.

"Aber...", unterbrach ...

Nur nichts wie raus!

Streichen. Unnötiges Füllwort.

Und ich entdeckte im Nebenraum winzige Hunde, die sich um einen Knochen stritten, und um etwas, das wie ein Finger aussah. Ein Finger mit einem langen Kunstnagel, wie aus Isis und Alinas Beautyblog.

Krasses Ende!

Ich hoffe, mein Feedback ist hilfreich.

Ganz liebe Grüße und ein besinnliches Weihnachtsfest,
Silvita

 

Lieber Friedel,

Über Deine kleine Hundgeschichte musste ich herzlich lachen. Ein Pinscher auf den Einkäufen! :) Ganz herzlichen Dank für die ausführliche Flusenlese. :) Dass immer noch so viele drin waren... Mein Rechtschreibprogramm erkennt nicht alle Fehlerchen, wie ich bemerke ... Damit ich nicht immer die gleichen Fehler mache, habe ich mir eine neue Datei erstellt, wo ich meine häufigsten Schnitzer aufgeführt habe ... So habe ich eine zusätzliche Editierliste.
Ich finde es toll, wie Du Manches hergeleitet hast, so kann man das viel besser nachvollziehen und merken. Danke.

Ich wünsche Dir weiterhin gemütliche Weihnachten!

Liebe Grüße, Petdays

Liebe @Silvita,

Lieben Dank fürs Vorbeischauen und die vielen tollen Überarbeitungsvorschläge. :) Habe sie fast alle übernommen und hoffe, dass sich der Text jetzt besser liest.

Die Wortwiederholungen, oh weh ... Sie waren mir gar nicht aufgefallen. ;(

Und auch so kann ich meine Editierliste für zukünftige Textüberarbeitungen erweitern.

Ein ruhiges, besinnliches Weihnachtsfest!

Liebe Grüße, Petdays

 

Hallo @petdays,

was mir in der zweiten Hälfte der Geschichte, vor allem nach der Pointe nicht aus dem Kopf ging, war eine Geschichte von Roald Dahl, in der (unter Vorbehalt, hundertprozentig bekomme ich es nicht mehr zusammen) ein Landstreicher bei einer schrulligen, alten Frau einkehrt und die macht ihm erstmal lecker Tee. Auffällig am Haus sind all die lebensechten Puppen, und am Ende hat sie ihm was in den Tee getan und bereitet da schon die Instrumente vor, um ihre Sammlung zu erweitern.

So kam mir das vor hier, wie eine mit der Influencer-Thematik upgedatete Version dieser Story. Da sind wir auch schon bei der Sache, die mir echt gut an der Sprache gefallen hat: Diese Englisch-Brocken, mit denen alles durchsetzt ist. Echt weird. So ganz habe ich nicht verstanden, warum das Tantchen so spricht - habe das darauf zurückgeführt, dass sie der Enkelin versucht zu gefallen oder Schritt halten möchte mit den crazy Influencer Vibes, was ja irgendwie aufs selbe hinausläuft. Aber es klammert auf jeden Fall die Geschichte gut, gibt das Gefühl eines zusammenhängenden Ganzen.

Beim zweiten Lesen ist mir noch aufgefallen: So richtig wird nicht gezeigt, warum die Tante so an der Nichte hängt, dass sie diese in der Zeit der digitalen Selbstfindungsphase nicht einfach ignorieren kann. Motto: Sprechen wir uns eben in zwei, drei Jahren wieder, wenn du gereift bist und Erwachsene nicht mehr per Definition lame sind. Ach so: Ich finde, das Verhalten der Nichte passt eher zu einer Vierzehn-, als zu einer Neunzehnjährigen. Das ist zwar bei vielen Influencern so, dieses leicht Zurückgebliebene, aber ich hab das Gefühl, das ist oft auch Masche. Also vor der Handykamera anders als dahinter. Weiß ich aber nicht. Mir kommt's unnatürlich vor.

„Und vielleicht siehst du endlich ein, dass an dir schon lange nichts mehr spannend ist.“
Das war so die heftigste Stelle, das klingt halt echt wie tiefstes Pubertätstal.

eine Beauty-Bloggerin in ihrem temporären Büro
Das fand ich nicht ganz so elegant. Sie kann der Tante auch erzählt haben, dass sie noch ihr Video zu irgendeinem Mascara zu Ende schneiden muss oder so.

War Joy weggelaufen? Was ich ihr nicht verdenken konnte.
Ich hätte es ihr nicht verdenken können.

Hunde Pics
Hunde-Pics

ach-so-süße
Irgendwie koppelst du englisch, zusammengefügte Hauptwörter nicht aber dafür zu Adjektiven verschmolzenen Kram.

Ich habe Joy nicht verschenkt, weil sie mir zu groß wurde“,
Das "weil", diese Begründung, gibt für mich den Effekt, dass ich denke: Oh, sie hat sie verschenkt. Du meinst aber: Ich hab sie nicht verschenkt, ok, sie ist abgehauen. Warum etwas begründen, das ohnehin nicht ernst gemeint ist, und das ganz offensichtlich?

und das würde noch ihr Untergang sein
Das klingt sehr altbacken und großmütterlich.

durch die Decke geknallt,
gegangen

Der Ostseetrip war ihre Idee
gewesen

die sicherlich im Real Life anders hieß
Find ich echt geil.

„Das ist unser Strand!“, schrie er ihr hinterher.
Die Begegnung mit am Hundestrand ist mir etwas zu drüber. Abschätzige Blicke okay, aber das hier hat was von einer Parodie auf die Gräben zwischen Hundehaltertypen.

Köstlicher Kaffeeduft mischte sich mit Frischgebackenem.
"Köstlich" würde ich weglassen und ein "dem" einfügen, weil sich ja die Düfte mischen, nicht der Kaffeeduft mit dem Gebackenen.

Sammeltassen! Mit handgemalten Preisschildern. Ich war im Tassen-Himmel!
Wenn ich das richtig lese, ein Plädoyer für Respekt vor dem Spleen des anderen. Generationenübergreifend.

Ich wollte dich überraschen“, sagte Sofie und nahm mich in den Arm, was sie selten machte und was mich rührte.
Fand ich auch gut, aber fänd's besser, wenn die Protagonistin nicht extra ausspricht, dass sie gerührt ist.

Vierziger und Fünfziger Jahre Porzellan
Durchkoppeln oder Porzellan der Fünfziger (die Fünfziger, fünfziger Jahre)

Aber vorher wollen wir erst mal den Kuchen kosten
Das klingt nicht nach Sofie, zu old-fashioned.

Sofie hatte mich noch nie eingeladen. Obwohl sie als Beautybloggerin seit zwei Jahren im Geld
, obwohl

Das musste ich gleich meiner Schwester erzählen. Ein Ereignis historischer Dimension!
Das war mir ein bisschen zu albern.

Clean-Eating
Den Teddy-Bear-Irgendwas koppelst du nicht. Man muss sich halt entscheiden, welchen Regeln man folgt, aber das dann auch durchziehen, mal so, mal so ist meist doof. Clean Eating ist ja als Gesamtkonstrukt aus dem Englischen entlehnt, das würde man dann auch nicht koppeln.

Wie sollte ich es beschreiben?
Würde ich rausnehmen.

Mir fiel der Groschen nicht gleich
Bei mir ... , aber dann umso heftiger (nachdrücklich finde ich zu schwach)

Für Momente
Kommt weiter oben auch, ich kenne das gar nicht im Plural, einen Moment lang

Sofie nutzte den kleinen Moment
kurzen. Vielleicht etwas zu viele Momente.

Gothic Mädchen
Gothic-Mädchen

Und wer weiß,
wusste

Pling- Pling
Pling-Pling

Ich wagte, kaum nach unten zuschauen.
Ich wagte kaum, nach unten zu schauen.

Doch das Licht ihn ihnen
in

hatte etwas leicht Dämonisches
leicht raus

Und als er mich entdeckte, bemühte er sich, eine Spur höflicher zu sein, was ihm nicht gelang.
Das "Und" muss nicht.

Auch Joy hatte weiße Zähne besessen.
gehabt. An sich finde ich ganz cool, wie das hier zusammengeführt wird, nur scheint mir der Zufall jetzt doch etwas gewaltig. Immerhin sind sie mutmaßlich hunderte Kilometer durch die Republik gefahren. Ein paar Städtchen weiter wäre was anderes.
Brüste und Bauch waren aufgeplatzt und die Gedärme folgten der unbekannten Frau wie ein seltsames Ornament.
Das war wirklich weird!
Brüste und Bauch waren aufgeplatzt und die Gedärme folgten der unbekannten Frau wie ein seltsames Ornament.
Weird.

In den letzten Blöcken ist vermehrt immer ein Satz = ein Absatz. Der Grund ist mir nicht ganz klar. Falls es Tempo ist, auf mich zumindest hat es eher gegenteilig gewirkt.


Horror passt auf jeden Fall, auch wenn @rainsen natürlich Recht hat: Ohne Genre-Zuordnung könnte das Ende krasser ziehen, so rechnet man mit einer Mord-und-Totschlag-Auflösung. Aber irgendwie könnte man dann alle Tags immer weglassen, wäre jetzt auch nicht zielführend, glaube ich.

Ich mochte die Hauptfiguren und den noch recht unverbrauchten Hintergrund für eine Horrorgeschichte. Eine Horrorsatire würde ich es glaube ich am ehesten nennen, wie eine Persiflage auf die Influencerwelt, verpackt als Horrorgeschichte. Der Abschluss ist rund: So oberflächlich und Mittel zum Zweck, wie Sofie die Hunde behandelt, geht der Typ mit den Influencerinnen um. Kanonen- beziehungsweise Hundefutter.

Hat mir gefallen.


Viele Grüße
JC

 

Hallo @Proof,

Danke für Deinen fundierten, ausführlichen Kommentar! Manche Ideen helfen mir auch bei der Konzeption von nächsten Geschichten weiter. Besonders der Gedanke, das Verhältnis zwischen den Protagonisten in einer weiteren Überarbeitungsphase psychologisch tiefer auszuloten. Hier habe ich zunächst an Genre, Setting, Spannungsbogen, Atmosphäre, Dialoge gedacht ... Sehr Plot-driven. Ich weiß noch nicht, wo ich bei dieser Geschichte konkret ansetze, um die Beziehung noch interessanter zu gestalten ... Aber vielleicht kommt mir noch eine gute Idee.

was mir in der zweiten Hälfte der Geschichte, vor allem nach der Pointe nicht aus dem Kopf ging, war eine Geschichte von Roald Dahl, in der (unter Vorbehalt, hundertprozentig bekomme ich es nicht mehr zusammen) ein Landstreicher bei einer schrulligen, alten Frau einkehrt und die macht ihm erstmal lecker Tee. Auffällig am Haus sind all die lebensechten Puppen, und am Ende hat sie ihm was in den Tee getan und bereitet da schon die Instrumente vor, um ihre Sammlung zu erweitern.
>> Mit 15 hatte ich mal eine ausführliche Pointen-Kurzgeschichten-Phase, wie wohl viele: vor allem Patricia Highsmith, aber auch Henry Slesar und andere. Sicherlich habe ich auch damals etwas von Roald Dahl gelesen, auch wenn ich mich an keine konkrete Geschichte erinnere ... Diese mit der Puppensammlung kenne ich nicht. Das hätte mir gefallen und hätte ich mir auf jeden Fall gemerkt. Danke für den Tipp!

So ganz habe ich nicht verstanden, warum das Tantchen so spricht - habe das darauf zurückgeführt, dass sie der Enkelin versucht zu gefallen oder Schritt halten möchte mit den crazy Influencer Vibes, was ja irgendwie aufs selbe hinausläuft.
>> Tante und Nichte sollen altersmäßig gar nicht so weit auseinander sein. Die Tante vielleicht Anfang - Mitte Vierzig. Als Grafikerin hat sie auch viel mit den Online Entrepeneuren zu tun, die altersunabhängig viel Denglisch sprechen. ;) Das hat gar nicht unbedingt viel mit der Nichte zu tun.

Beim zweiten Lesen ist mir noch aufgefallen: So richtig wird nicht gezeigt, warum die Tante so an der Nichte hängt, dass sie diese in der Zeit der digitalen Selbstfindungsphase nicht einfach ignorieren kann. Motto: Sprechen wir uns eben in zwei, drei Jahren wieder, wenn du gereift bist und Erwachsene nicht mehr per Definition lame sind.
>> Guter Aspekt. In meiner Vorstellung fahren die beiden aufgrund ähnlicher Interessen ab und zu gemeinsam weg. Das ist eher freundinnenmäßig als ein Tante-Nichte-Verhältnis.

Ach so: Ich finde, das Verhalten der Nichte passt eher zu einer Vierzehn-, als zu einer Neunzehnjährigen. Das ist zwar bei vielen Influencern so, dieses leicht Zurückgebliebene, aber ich hab das Gefühl, das ist oft auch Masche. Also vor der Handykamera anders als dahinter. Weiß ich aber nicht. Mir kommt's unnatürlich vor.
>> Ich glaube auch, dass viel Inszenierung dabei ist. Sofie ist für mich auch trotz ihrer 19 Jahre sehr geschäftstüchtig und weiß, wie sie mit anderen spielt. Das wäre ein Aspekt, der sich interessant ausbauen ließe ... Bei einer Genre-Geschichte bin ich mir oft unklar, ab wann Charakterisierung zu viel wird und Tempo rausnimmt ... Andererseits möchte ich keine Cardboard Charaktere.
eine Beauty-Bloggerin in ihrem temporären Büro
Das fand ich nicht ganz so elegant. Sie kann der Tante auch erzählt haben, dass sie noch ihr Video zu irgendeinem Mascara zu Ende schneiden muss oder so.
>> Mit dem Büro wollte ich den Jobaspekt betonen. Sofie schneidet nicht nur nebenbei ein Video zu Ende, sondern sie hat ein richtiges Blogger-Business.

rgendwie koppelst du englisch, zusammengefügte Hauptwörter nicht aber dafür zu Adjektiven verschmolzenen Kram.
>> das fällt mir in der Tat schwer. Habe ich auch noch keine Lösung für gefunden.

Vielleicht: bei englischen Wörtern bei der englischen Schreibweise bleiben und nur deutsche und denglische Wörter koppeln. Leider gibt es wenig Referenztexte, die ich als Beispiel nehmen könnte.

Ich habe Joy nicht verschenkt, weil sie mir zu groß wurde“,
Das "weil", diese Begründung, gibt für mich den Effekt, dass ich denke: Oh, sie hat sie verschenkt. Du meinst aber: Ich hab sie nicht verschenkt, ok, sie ist abgehauen. Warum etwas begründen, das ohnehin nicht ernst gemeint ist, und das ganz offensichtlich?
>> Sofie möchte mit diesem Satz in erster Linie provozieren. Sie ist von ihrer Tante genervt und reagiert hier in erster Linie aggressiv und ironisch. Und: vielleicht hat sie Joy tatsächlich verschenkt? Das wollte ich in der Geschichte offen lassen.

Wenn ich das richtig lese, ein Plädoyer für Respekt vor dem Spleen des anderen. Generationenübergreifend.
>> Ja, so war es gemeint.
Fand ich auch gut, aber fänd's besser, wenn die Protagonistin nicht extra ausspricht, dass sie gerührt ist.
>> gute Idee.
Das klingt nicht nach Sofie, zu old-fashioned.
>> Hier in Ostdeutschland sagt jeder "kosten", egal wie alt. Ich glaube, dass das regional ist. Da habe ich mich auch sehr drüber gewundert.
Immerhin sind sie mutmaßlich hunderte Kilometer durch die Republik gefahren. Ein paar Städtchen weiter wäre was anderes.
>> ebenso. Sie müssen nicht hunderte Kilometer bis zur Ostsee fahren ...
n den letzten Blöcken ist vermehrt immer ein Satz = ein Absatz. Der Grund ist mir nicht ganz klar. Falls es Tempo ist, auf mich zumindest hat es eher gegenteilig gewirkt.
>> Die Einzelsätze waren kursiv geschrieben. Leider wird dieser Schriftschnitt beim Hineinkopieren in Wortkrieger gelöscht. Wenn die Geschichte fertig ist, werde ich die Stellen auch hier kursiv setzen.

Danke für Dein gutes, hilfreiches Feedback.

Viele Grüße, Petdays

 

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