Lieber FLoH!
Das freut mich ja ganz besonders, daß Du wieder mal eine Geschichte geschrieben hast! Und sie gefällt mir auch noch! 
Sie ist zwar sehr kurz, aber trotzdem steckt viel in ihr drin. Dazu gleich, jetzt muß ich erst einmal einen Kritikpunkt los werden, der mich gerade, da ich zu schreiben beginne, stört: Dein armer Protagonist hat keinen Namen.
Auch, wenn ein Name an sich nichts aussagt, gibt es einem Protagonisten irgendwie doch mehr Persönlichkeit, wenn er einen hat. Und er wäre ja ganz leicht in einer der Aussagen der Mutter unterzubringen.
Du zeigst sehr schön, wie Kinder verunsichert werden, ihnen die Meinung der Erwachsenen »reingewürgt wird«, wie Malinche so schön sagt.
Dein Protagonist schenkt den Menschen nicht nur ein Lächeln, welches diese nicht zu schätzen wissen, ihn sogar komisch ansehen und ihn damit soweit bringen, daß es ihm auch bald vergeht, er handelt auch aus dem kindlichen Gefühl heraus absolut sozial, er hat von Hunger und Armut in der Welt gehört und gibt sein Brot an den Hungernden ab. Durch die Hektik der Mutter (dadurch keine Zeit, es ihm richtig in die Hand zu geben), fällt es aber in die Pfütze. Der Protagonist ist traurig, denn nun konnte der Hungernde es ja nicht mehr essen, und zudem schimpft seine Mutter, nennt sein soziales Handeln »Blödsinn«. Stattdessen verlangt sie von ihm, aus Dankbarkeit zu essen – weil sie sich ja morgens hinstellt und weil er froh sein muß, daß er nicht zu den hungernden Kindern zählt.
Und Magnolia hat ganz Recht, wenn sie sagt:
Magnolia schrieb:
Ich hab aber bei der Überschrift und auch am Anfang irgendwie mit einer Essstörungsgeschichte gerechnet, muss ich sagen. Was ja nicht heisst, dass es keine sein könnte, da:
"Hast du heute dein Pausenbrot gegessen?", fragt sie mich. Ich bin mir sicher, dass sie sich die Antwort schon denkt. Daher schüttele ich nur den Kopf und fühle meine Schuld, höre ihr vorwurfsvolles Seufzen.
Schlechtes Gewissen und verordnete Dankbarkeit können schon zu gewissen Störungen führen. Manche erbrechen das in sie Hineingestopfte jahrelang, ohne es los zu werden.
Das Bild von der Gesellschaft, das Du abgibst, ist kein gutes, aber ein realistisches. Es ist eine Gesellschaft, der man in der Kindheit die Menschlichkeit ausgetrieben hat. Seelenlos, egoistisch, hektisch, ohne Zeit oder Gefühl für den anderen. Das kindlich soziale, menschliche Denken des Protagonisten wirkt dagegen wie eine Pflanze, die sich zwischen Betonplatten durchzwängt – aber sie werden sie schon noch zum Vertrocknen bringen, wie sie alle irgendwann vertrocknet sind. Sie wollen es nicht sehen, dieses Grün, das ihnen selbst ebenso schmerzvoll wie dem Proganisten ausgetrieben wurde, bis sie sich ans gesellschaftsfähige Grau angepaßt haben.
Was die schon angesprochene Sache mit den Buchstaben betrifft: Ich dachte auch anfangs, daß es seltsam wäre, daß die Kinder einerseits erst die Buchstaben lernen, andererseits schon über ein Thema wie Hunger reden. Aber es kann ja durchaus durch eine Frage oder das aktuelle Tagesgeschehen auch mal abseits des Lehrplans über etwas gesprochen werden. Das stört mich also nach dem Nachdenken drüber nicht mehr.
Ich gehe mit meiner Mutter nach Hause. Sie hat heute in der Schule auf mich gewartet.
"Was fällt dir ein?", schreit mich Mutti an, "Ich stell mich morgens hin, …
Warum sagt er da, wo er sich noch freut, »Mutter«, und später, als sie mit ihm schimpft, »Mutti«? Ich würde das eher umgekehrt machen, also vorher »Mutti« (oder »Mama«), und dann die weniger liebe Form.
»Ich habe keine Idee, warum nur hier. Vielleicht, weil hier so viele Menschen laufen, so viele Gesichter.«
– Nur auf dieser Straße sind die Menschen so?
Ich finde die Form der Fragestellung samt versuchter Antwort aber etwas zu erwachsen für sein Alter, das macht ihn altklug; würde die beiden Sätze daher streichen oder die Aussage leicht verändern, zum Beispiel einfach die Feststellung, daß sie ihm hier besonders auffallen, oder eben einfach die Frage nach dem Warum, aber ohne Antwortversuch; oder er könnte sich fragen, ob sie vielleicht voreinander davonlaufen – das gefiele mir eigentlich am besten, weil es ein richtig kindlicher Gedanke wäre.
»Manchmal habe ich jemanden angelächelt, aber jedes Mal wurde ich nur komisch angesehen.«
– Warum bleibst Du hier nicht bei der Gegenwart?
»"Du hast den ganzen Tag nichts gegessen, stimmt's?"«
– ohne Apostroph: stimmts
»"Das ist ja gar nicht wahr, es gab zum Mittag Grießbrei!"«
– sagt Ihr das so, »zum Mittag«? Oder doch auch »zu Mittag«?
– das »ja« würde ich streichen
»"Komm doch aus dem Pott ...", sagt sie, wie verzweifelt.«
– »Pott« kenne ich in Form von Ruhrpott und als Bezeichnung für einen Topf oder so. Und wo soll Dein Protagonist jetzt rauskommen? 
»Ich hasse alles. Jemand lächelt mich an. Ich schneide ihm eine Grimasse.«
– »Ich hasse alles« würde ich streichen, die beiden anderen Sätze zeigen das viel schöner, und so sparen wir uns die Diskussion, ob ein Kind in so einem Moment den Haß überhaupt als das erkennen/benennen kann, was er ist. Eher würde ich das durch noch eine kleine Handlung oder durch das Beschreiben des Gefühls deutlicher machen, ohne den Haß beim Namen zu nennen. (Haß ist ja eigentlich eine Reaktion auf negative Gefühle und nicht selbst ein Gefühl.)
»(Ich habe schon das H, das G und das E gelernt!)«
– Vorher hattest Du glaub ich sowas wie »Das H, das G und das E kenne ich schon!«, das gefiel mir viel besser. Wenn die vorige Version unklar war, dann könntest Du das ja auch ändern, indem Du nachstellst: »Und heute haben wir auch das U gelernt!« Und warum überhaupt in Klammer?
»Dieses Gesicht ist sehr dünn.«
– Ähm, bei »dünnes Gesicht« denke ich in erster Linie an ein schmales Gesicht, was aber noch nichts mit wohl- oder unterernährt zu tun hat. Ich würde es eher kurz beschreiben, vielleicht herunterhängende Wangen und tief in den Höhlen sitzende Augen?
»Ich recke mich nach hinten. Der Mann streckt seine Hand nach der Stulle aus.«
– Gerade vorhin ist er stehengeblieben. Wenn er sich nach hinten recken soll, dann würde ich zwischendurch mal die Mutter an seiner Hand ziehen und ihn damit weitergehen lassen. 
»Aber dann verliert er sie wieder und die Stulle fällt in die Regenpfütze.«
– durch das in der ersten Hälfte der Geschichte stehende »Die lachen nicht einmal, wenn die Sonne scheint« war in meinem Film bisher Schönwetter, sodaß die Pfütze irgendwie unmotiviert, nur um ihren Zweck zu erfüllen, da zu sein scheint. Würde da vorher mal eine Anmerkung machen, daß es zum Glück zu regnen aufgehört hat oder so.
»"Was fällt dir ein?", schreit mich Mutti an, "Ich stell mich morgens hin,«
– an.
Liebe Grüße,
Susi 
Die nächste Geschichte lässt dann 4 Jahre und 4 Monate auf sich warten, dann ists noch mal doppelt soviel.
Nein, wenn Du so lang wartest, haben wir Dich dann alle vergessen.