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Ich bin bereit

Seniors
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13.06.2002
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Ich bin bereit

this is getting old and so are you
everything you know and never knew
will run through your fingers just like sand

(faith no more - last cup of sorrow)


"Ich bin einfach bereit."
"Wie kann man dazu bereit sein?"
"Weißt du, mein Junge, ich bin es einfach. Egal, was hinterher auf mich zukommen mag, ich weiß, dass es in Ordnung ist."
"Sie werden also einfach die Augen schließen und gar nichts tun?"
"Ich werde einfach die Augen schließen und gar nichts tun."
"Aber das können Sie doch nicht machen."
"Wer sagt das?"
"Es... ist einfach nicht richtig."
"Warum nicht? Ich habe erlebt, was es zu erleben gibt. Meine Tage sind um, mehr brauche ich nicht." Der alte Mann lächelte und drehte seinen Kopf in eine andere Richtung.

Die Situation war verzwickt. Nicht gänzlich aussichtslos natürlich, aber durchaus verzwickt. Der alte Mann müsste nicht sterben. Vermutlich wäre es eine Sache von nicht mal drei Minuten, ihm das Leben zu retten. Aber ohne seinen Willen würde das nicht gehen. Ich kannte ihn nicht, hatte ihn nie zuvor gesehen - aber ich fühlte mich verantwortlich. Niemand sonst war hier.
Am nächsten Tag traf ich ihn wieder.
"Denken Sie doch an all die schönen Dinge, die Sie noch sehen werden."
"Ich habe alles gesehen, was ich sehen musste."
"Alles?"
"Aber ja. Es gibt für mich in dieser Welt nichts mehr zu entdecken. Ich bin bereit für die nächste."
"Sie wollen also aufgeben und an diesem Ort sterben?"
"Irgendwann sterben wir alle. Und dieser Ort ist so gut, wie jeder andere." Wieder lächelte der alte Mann und drehte seinen Kopf in eine andere Richtung.

Wenn man mich gefragt hätte, hätte mich nichts in der Welt dazu treiben können, hier freiwillig zu sterben. Überall sonst, nur nicht hier. Vielleicht hätte ich ihn einfach in Ruhe lassen sollen. Vielleicht hätte ich einfach fortgehen sollen. Vielleicht wäre das besser gewesen.
Am nächsten Tag war er wieder da.
"Willst du mich immer noch retten?"
"Ich habe eine Liste erstellt."
"Was für eine Liste?"
"Ich habe Dinge notiert, die man in seinem Leben gemacht haben sollte. So werden Sie merken, dass Sie noch nicht sterben sollten."
"Na gut, dann erzähl mir, was ich deiner Meinung nach in meinem Leben noch tun muss."
"Okay… also, man sollte einen Baum pflanzen."
"Ich habe ein paar Jahre als Förster gearbeitet."
"Ein Kind zeugen."
"Drei Söhne, eine Tochter. Sieben Enkel."
"Man sollte einmal im Leben mit dem Fahrrad durch ein fremdes Land fahren."
"Zwei Jahre Italien."
"Den Papst treffen."
"Zwei Jahre Italien. Da bin ich viel herumgekommen."
"Eine… nein, besser zwei Fremdsprachen lernen."
"Ich spreche Italienisch."
"Dachte ich mir. Und die andere Sprache? Finnisch vielleicht?"
"The henkäisy ykkönen kissaeläin tuoksua jäljessä kiinanpystykorva." *

Meine Liste ging über insgesamt vier Seiten. Ich habe eine kleine Handschrift und es waren eine Menge Punkte. Er hatte alles gemacht. Er hatte mit Nashörnern gerungen, den Mount Everest ohne Scherpas bestiegen, ja sogar die doppelläufige Hatschina konnte er spielen. Ich fing an, ihm zu glauben. Dieser Mann hatte wirklich alles erlebt, was man nur erleben konnte. Vielleicht war er wirklich bereit.
Am nächsten Tag traf ich ihn wieder.
"Wie alt bist du, mein Junge?"
"Dreiundzwanzig."
"Du hast dir eine Menge Gedanken über das Leben gemacht. Nur, um mich zu retten."
"Ich fühlte mich verantwortlich."
"Trotzdem ändert das nichts an meiner Entscheidung. Dies wird mein letzter Tag sein und ich bin bereit. Aber ich möchte dir zum Abschluss noch eine Frage stellen. Wie viele Punkte deiner Liste hast du schon erlebt?" Mit diesen Worten drehte der Mann lächelnd seinen Kopf in die andere Richtung. Ein letztes Mal.

Der Wind streicht mir sanft durch das Haar. Ich schließe die Augen und genieße den Augenblick der Stille. Es ist seltsam, wenn man an diesem Punkt angekommen ist, erscheint einem die Welt vollkommen anders. Es ist, als würde sich ein Schleier lösen, die Unschärfe verschwindet und alles wird erstaunlich klar.
Ich bin weit gegangen, aber nun bin ich hier. Seit ich damals den alten Mann getroffen habe, ist viel geschehen. Ich war in Norwegen und habe einen Elch gejagt. Nummer einhundertdreizehn auf meiner Liste. Einmal mit der Harley durch die endlosen Landschaften der USA. Nummer einundneunzig. Ich habe in nur einer Nacht mit drei Frauen geschlafen. Das stand nicht auf der Liste, war aber eine sehr interessante Erfahrung. Limbo zu lernen war erstaunlicherweise viel einfacher, als die Sache mit dem Makramee. Kompliziert war auch Punkt zweiundvierzig. Aber selbst das habe ich letztlich geschafft.

Und jetzt stehe ich hier. Auf diesem Geländer. Lasse mich treiben von den letzten Strömungen meines Ich. Spüre den langsamen Atem des Universums in meiner Seele. Ein vollkommener Moment, in dem mir bewusst wird, dass nichts auf dieser Welt mich daran hindern kann, das zu tun, was ich im Begriff bin zu tun. Ich sehe die Dunkelheit, die sich unter mir erstreckt, obwohl ich die Augen geschlossen halte.
Meine Zettel haben viel durchgemacht in den letzten Jahren. Eselsohren und Flecken undefinierbarer Herkunft sind die Zeugen meines Lebens. Sie waren meine Begleiter durch meine ganz persönliche Odyssee. Und jetzt werden sie mich auch in meinem letzten Kapitel begleiten. Ich ziehe meinen Stift aus der Tasche und mache einen Haken hinter den letzten Punkt.
Wissen, dass man sein Leben gelebt hat

Ich bin bereit.


-----------------------

* der Atem dieser Katze riecht nach Katzenfutter
(vollkommen frei und ohne jegliche Kenntnis finnischer Grammatik einfach Wort für Wort übersetzt)

 

Wie man vermutlich sehr schnell merkt, spreche ich in der Tat kein Wort finnisch. Der Satz ist aber übersetzbar. Glaube ich…


@anea:
Ich weiß, du magst Geschichten mit dieser Thematik nicht. Ich weiß, du hast mir bei Strafe verboten, jemals so etwas zu schreiben. Ich weiß, du hast mir mit fiesen Sachen gedroht, sollte ich so etwas jemals in deiner Rubrik veröffentlichen.
Du weißt, dass ich noch nie auf dich gehört hab, was meine Geschichten angeht ;)

 

Hallo gnoebel

Ich finde die Geschichte eigentlich sehr gelungen,
bis auf den letzten Abschnitt, der mich schwer entäuscht hat.

Diese wunderbare Erkenntnis des alten Mannes, (der sogar die doppelläufige Hatschina spielen konnte), diese Weisheit, die er dem jungen Menschen mitgibt.
Dieser wiederum vor lauter Verantwortungsgefühl gegenüber anderen seine Verantwortung gegenüber seinem Leben
fast vergisst, sich daraufhin auf macht und die Punkte auf seinem bei seiner Rettungsübung verfassten Lebensleitfaden gleich selber abklappert.

Dann macht er das letzte Häkchen hinter dem letzten Punkt seiner Liste und ist bereit.
Ok, mit dem kann ich leben! Wissen, wann man sein Leben gelebt hat. Das geht schon klar.

Aber wieso Selbstmord? Warum nicht bereit sein für den Nachschlag, wesshalb nicht aus dem Ich bezogenen Odysseezug aussteigen und sich den Mitmenschen zuwenden. Die Lebenserfahrung weiter geben, statt alles übers' Geländer kippen und in den dunklen Strudel des Vergessens eintauchen.

Bitte überdenke noch einmal diesen letzten Schritt, diesen Geländer-Balance-Akt der Resignation vor dem Leben, bevor dieses von sich aus einem das Licht ausknipst.

Habe es gerne gelesen,
wurde nachdenklich zurückgelassen.

Gruss
dotslash

 
Zuletzt bearbeitet:

Tja gnoebel,
jetzt hab ich 'ne Weile hier rumgehangen und gezögert, weil ich dachte ich sollte Anea den Vortritt lassen, deine Geschichte als Erste zu kommentieren. Aber Dinge aufzuschieben birgt immer zu einem Teil die Gefahr, sie dann nicht mehr zu machen, deshalb schreibe ich doch gleich.
Ich hab sie in einem Zug zweimal gelesen. Und zwar aus dem Grund, weil ich es nur schwer ertragen kann, einen unproduktiven Kommentar, der nur aus "Fand ich toll" und "Gute Geschichte" besteht, zu verfassen. Es muss doch auch irgendwas zu finden sein, was man verbessern kann! Das war schwer hier, aber ich geb nicht so leicht auf ;)

Als allererstes war ich sofort bei der Sache, meine Meinung zur transportieren Lebensphilosophie zu verfassen. Ist ein Leben nicht mehr lebenswert, wenn man glaubt, alles gemacht zu haben? Besteht der Sinn des Lebens rein darin, für sich selbst eine Liste von Dingen getan zu haben? Aber wir diskutieren hier ja Geschichten und wie sie geschrieben sind - nicht ob ein Prot ein falsches Weltbild hat. Deshalb stelle ich diese Fragen nicht. ;)

Wie gesagt, es gibt kaum etwas, was wirklich änderungsnötig wäre - die Geschichte ist in sich sehr rund und das obwohl mir die Aussage widerstrebt. Was ich gefunden hab, musste ich wirklich mit der Lupe suchen und entsprechend darfst du es auch behandeln. ;)

Zum ersten verstehe ich nicht ganz, wie der alte Mann genau stirbt. Erst dachte ich, er hätte sich einfach irgendwo hingesetzt und isst und trinkt nicht mehr. Das hätte mit den drei Tagen gut zusammengepasst, widerspricht aber diesem Satz

Am nächsten Tag war er wieder da.
Das sieht für mich so aus, als wäre er zwischendurch weggewesen, sonst hättest du geschrieben Am nächsten Tag fand ich ihn immer noch an der selben Stelle sitzend. oder so. Wie kann der Ich-Erzähler also wissen, wann, ob und wo er ihn wieder trifft, um ihn nach seinen Listenpunkten zu fragen?

Ich kannte ihn nicht, habe ihn nie zuvor gesehen
Hier überlege ich, ob nicht hatte ihn nie zuvor gesehen besser klingen würde. Möglich ist aber sicher beides.

Limbo lernen war erstaunlicherweise viel einfacher
Limbo zu lernen ... wäre für mich eleganter.

Kompliziert war auch Punkt zweiundvierzig. Aber auch das habe ich letztlich geschafft.
Bitte ein auch weniger. Abgesehen davon ist der ominöse Punkt 42 natürlich wieder eine Anhalter-Anspielung und damit absolutes Sahnehäubchen für mich. ;)

Die Punkte auf der Liste sind mir ansonsten ein klein wenig klischeehaft. Ok, Baum pflanzen und Kind zeugen sind bei sowas ein Muss - aber Papst und Harley, naja. Mount Everest ohne Sherpa ist etwas unwahrscheinlich, das schafft außer Reinhold kaum einer (ich hab sie alle gelesen, die Everest-Bücher!). Dafür sind Makramee und die Hatschina wahrscheinlich Insider, denn wenn man Hatschina googelt, landet man - schwupps - irgendwo in den undurchdringlichen Tiefen eines Teamwork-Threads.

Das alles sind jedoch persönliche Spitzfindigkeiten. Die Geschichte ist so, wie sie da steht, schon sehr ausgereift und wenn auch die Philosphie bei mir sofort die Aber-Schiene auslöst, muss ich sie trotzdem für ihre Qualität loben.

Gruß,

kira.

Edit: Hähä! Erstens: dotslash hat seinen Kommentar schneller verfasst als ich und damit war ich eh nicht mehr die Erste. Und zweitens: Er kritisiert auch die Philosophie. ;)

 

Tach gnoe,

auch deine wirklich stilsichere Schreibe macht das Thema nicht besser. Warum denn unbedingt Selbstmord? Konnten die nicht normal sterben, alle beide? Der alte Mann kann ja eine Chemo abbrechen oder so was in der Art. Aber warum müssen die sich unbedingt umbringen? Das ist so ausgelutscht, dass es die eigentlich gute Geschichte richtig (und unnötigerweise) runterzieht.

Ja, ansonsten sagt mir das Thema zu. Was muss man erleben, was sollte man erlebt haben? Und könnte es einen Punkt geben, den man übersehen hat? Das ist eine wesentlich erfrischendere Thematik.

Ansonsten könntest du die einzelnen Punkte nochmal überarbeiten, die sind teilweise etwas arg... naja... du weißt schon. Was kira gesagt hat :D *schamlos zitier*

Gute Dialoge. Lebendig beschrieben. Würde ich empfehlen, wenn da dieser vertrackte abgegriffene Selbstmord nicht wäre...

liebe Grüße,
Anea

 

Hi gnoebel.

Das ist die schlechteste Geschichte, die ich bis jetzt von dir gelesen habe (nicht, dass sie schlecht wäre)- eben deshalb kritisiere ich sie.

Marginalia:

"Ich kannte ihn nicht, habe ihn nie zuvor gesehen "
Da deine Grundzeit Präteritum ist, muss das ´"hatte" sein, oder?

<"Ich bin bereit für eine andere."
"Sie wollen also aufgeben und an diesem Ort sterben?"
"Irgendwann sterben wir alle. Und dieser Ort ist so gut, wie jeder andere." Wieder lächelte der alte Mann und drehte seinen Kopf in eine andere Richtung.>
So gehäuft, dass es wie Absicht scheint. Aber mir würde das, äh, anders viel besser gefallen.

Ich schließe mich meinen Vorrednern an. Die Geschichte ist gut lesbar- schöner Stil. Leichte Melancholie, die gleichzeitig unaufdringlich nach tieferem Sinn schmeckt.
Der Selbstmord ist schäbig- ich unterstütze den Antrag auf Abminderung dahin, dass nur Lebenserhaltende Maßnahmen abgeschaltet werden, dass eine quälende Chemotherapie abgebrochen wird oder sowas. Oh, damit wäre viel gewonnen.

Mir gefällt nicht, wie sinnlos die Liste ist. Ich meine- es ist unmöglich, mal kurz eine Liste zu schreiben, die beschreibt, was ein "ganzes Leben", ein "genügendes Leben" enthallten muss. Aber- ich meine nicht, dass es irgendetwas großartiges ist, den Mount Everest zu besteigen. Oder Bäume zu pflanzen. Die Liste ist so, wie sie ist surreal und komisch; aber meiner Meinung nach mindert sie den eindruck der philosophischen Anteile der Geschichte. Könnten da nicht ein bisschen existentiellere Sachen drauf?
Fällt dir nicht vielleicht ein paar Listeneinträge ein, die jeweils sowohl diese nette Komik, als auch wirklich lebensbereichernde Erfahrungen darstellen?
Mir nicht, und ich glaube, es ist schwer, soetwas zu finden.
Ich mag "Ich bin bereit". Es wäre nur viel schöner, wenn der Selbstmord nicht wäre und die Liste etwas tiefgründiger.

Nabend
Jona

 

Hallo Gnoebel,

was die Philosophie dahinter angeht, war mein erster wütender Gedanke: verdammter Egomane! Ob sich die Leutchen, die meinen, sie hätten ihr Leben gelebt, nun gegenseitig oder selbstmörderisch unbringen, ist mir dabei völlig wurscht. Aber wenn sie es wirklich geschafft haben, das Leben ein bisschen wilder zu leben, dann sollte das in irgend einer Form an die nächste Generation weitergegeben werden, und zwar so lange wie möglich. Gibt eh zu wenig Mentoren, weisen Männer, Leute halt, die tatsächlich etwas zu sagen haben und ihre Weisheit nicht nur aus den Medien beziehen. Insofern gibt es von mir für das Thema der Story auch keine Punkte.

Gestoppt habe ich bei den Sätzen

Am nächsten Tag war er wieder da.
"Ich habe eine Liste erstellt."
Durch den ersten Satz habe ich die wörtliche Rede auf den Alten bezogen, kam dann natürlich ins Stolpern. Ein freundliches ",sagte ich" hätte den Fluss am Plätschern gehalten.

Von Luther mag man ja halten, was man will. Aber für Deine Story fand ich das Klischee vom bäumepflanzenden, kinderkriegenden Mann ein wenig arg flach. Hätte nicht sein müssen. Lustiger dann schon die anderen Punkte, inkl. dem 42., den ich allerdings erst nach kiras Einwurf zuordnen konnte (wobei die Anspielung in diesem Zusammenhang nicht so übermäßig viel Sinn macht). Schön fand ich auch den leicht selbstironischen Satz

Das stand nicht auf der Liste, war aber eine sehr interessante Erfahrung.

Ich weiß gar nicht genau: ich glaube, es ist die erste Geschichte von Dir, die ich gelesen habe. Liest sich flüssig, vor allem durch die viele wörtliche Rede. Ob sie eine Chance hat, lange im Gedächtnis zu bleiben? Vielleicht wegen des Reizthemas. Ansonsten glaube ich ja, dass unser Gehirn vor allem Sinneseindrücken speichert und daher Geschichten länger präsent bleiben, in denen die Protagonisten sich nicht nur zuhören, sondern riechen, sehen, schmecken, fühlen. Von all dem hat Deine Geschichte nicht viel. Einen zerknitterten Zettel, einen Elch (zumindest, wenn die Jagd erfolgreich war), die endlosen Weiten der USA. OK, ein klein bisschen Gucken ist befriedigt worden. Aber da wäre mehr drin, denke ich.

Nächtle,
Ennka

 

Hallo Gnoebel,

bis auf den Selbstmord am Ende, hat es mir gut gefallen. Die Idee, die hinter deiner Geschichte steckt, finde ich wirklich sehr schön. Die Liste war eine nette Idee und ein Mann, der diese Liste abklappert auch.
Das er sich am Ende umbringen wollte, habe ich nicht verstanden. Ich glaube durchaus, dass man vielleicht wirklich für´s Sterben bereit sein kann - aber dafür "bereit" sein und "nachhelfen" sind doch zwar paar Schuhe.
Mir hätte es gut gefallen, wenn am Ende ein Satz wie: "Jetzt kann der Tod kommen", oder so ähnlich gestanden hätte.

Stilistisch hat´s mir allerdings gut gefallen, deine Dialoge finde ich eh immer klasse.

LG
Bella

 

Hallo gnoebel,

wenn ich dich ärgern wollte, würde ich dir schreiben, dass dir hier eine intellektuelle, künstlerische und tiefe Geschichte gelungen ist.
Aber ich will dich ja nicht ärgern. ;)
Ich mochte den Ernst, der deiner Geschichte bei aller Übertreibung der Stichpunkte inne wohnt.
Und ich bin im Gegensatz zu den bisherigen Kritikern davon überzeugt, dass die Geschichte mit dem Suizid enden muss. Das nicht, weil ich den Selbstmord für die richtige Lösung in dieser Situation halte, sondern weil der in ihm enthaltene Egoismus anders nicht diskutiert werden würde. Auch die Anmaßung, die es bedeutet, den Zeitpunkt selber festzusetzen wäre kein Streitpunkt, wenn du ihn nicht als Reibung in der Geschichte gesetzt hättest. Die Story wäre dann zu rund, zu erbaulich und zu wenig nachwirkend gewesen.
Die Philosophie der Geschichte erinnert eher an "Harold and Maude", denn an "Anhalter". Und auch diesem Film kreidet ja niemand an, dass Maude sich am Ende vergiftet, wie sie es die ganze Zeit angekündigt hat. Die Sinnlosigkeit des Vorhabens wäre einfach nicht deutlich geworden, wenn sie es gelassen hätte. So ging es mir mit deiner Geschichte.

"Bereit zu sein", ist etwas, das man jedem Menschen gönnt. Gleichfalls wünsche ich jedem Geduld und Gelassenheit, diese Bereitschaft auszukosten und zu warten, bis es soweit ist.

Es ist ein kleiner Bruch in der Gedankenlogik, zu wissen, dass man sein Leben gelebt hat und es dann zu beenden, denn was könnte einen so abgeklärt dazu treiben, außer die Angst, dass man es sonst nur mit Schmerzen und als Pflegefall beenden könnte? Und man könnte fragen, ob dieser Punkt dann nicht auch auf die Liste gehörten. Sich wieder in die Obhut von Menschen zu begeben, hilflos und unselbstständig zu werden. Da fehlte dann der Haken.

Ich bin aber gerne bereit diese Unlogik in der Gedankenwelt in Kauf zu nehmen, weil ich ohne den Tod des Protagonisten darüber gar nicht nachgedacht hätte.

Lieben Gruß, sim

 

Moin Moin,

Na holla! So schnell so viele so ausführliche Kommentare... das ist grandios. Vielen Dank erstmal euch allen fürs Lesen und Kommentieren. Freut mich wirklich, daß dieser Text zum Nachdenken angeregt hat.
Ich geh einfach mal der Reihe nach durch:

@./:

Aber wieso Selbstmord? Warum nicht bereit sein für den Nachschlag, wesshalb nicht aus dem Ich bezogenen Odysseezug aussteigen und sich den Mitmenschen zuwenden.
Das Ende ist meiner Meinung nach zwingend für den Text. Der Erzähler hat in seinem Leben alles getan, was man nur tun kann. Es gibt für ihn nichts mehr zu erleben oder zu sehen. Alles, was jetzt noch kommen könnte, wäre eine Wiederholung. Jetzt in diesem perfekten Moment weiß er das und darum ist er bereit, jetzt in diesem perfekten Moment zu sterben.

@kira:

Ist ein Leben nicht mehr lebenswert, wenn man glaubt, alles gemacht zu haben? Besteht der Sinn des Lebens rein darin, für sich selbst eine Liste von Dingen getan zu haben?
Ich bin überzeugt davon, daß der Sinn des Lebens darin besteht, das beste draus zu machen. Ziemlich einfach und zugleich unendlich schwer.
Mein Erzähler tut dies in Form einer Liste. Er schreibt all das auf, was man seiner Meinung nach gemacht haben muss. Die Liste ist eigentlich nicht für ihn persönlich gedacht gewesen, sie ist allgemein. Mehr gibt es für ihn einfach nicht. Und weil er nun all das getan hat, was es für ihn zu tun gibt und sogar noch mehr (Sex mit drei Frauen), hat er das Maximum erreicht, damit den Sinn seines Lebens erfüllt und kann es beenden. Natürlich hat er vieles nicht erlebt, aber alles, was er erleben musste.
Zum ersten verstehe ich nicht ganz, wie der alte Mann genau stirbt.
Das spielt keine Rolle. Ich habe das ganz bewußt offen gelassen und den Anfang sehr stilisiert beschrieben. Dabei habe ich mich ein wenig am absurden Theater orientiert. Insofern ist dieser Text vielleicht auch ein Stück weit Experiment.
Abgesehen davon ist der ominöse Punkt 42 natürlich wieder eine Anhalter-Anspielung und damit absolutes Sahnehäubchen für mich.
Ja, extra für dich eingebaut ;)
Dafür sind Makramee und die Hatschina wahrscheinlich Insider, denn wenn man Hatschina googelt, landet man - schwupps - irgendwo in den undurchdringlichen Tiefen eines Teamwork-Threads.
Ja, die Hatschina ist tatsächlich ein Insider. Makramee ist einfach ein Handwerk, so wie Sticken.

@anea:

Der alte Mann kann ja eine Chemo abbrechen oder so was in der Art. Aber warum müssen die sich unbedingt umbringen?
Oh, aber nein. Der alte Mann bringt sich nicht um. Er stirbt einfach. Wie ich schon zu kira sagte, das ist ein wenig absurdes Theater. Ich habe nicht gesagt, wie er stirbt, weil das nicht wichtig ist. Vielleicht ist er krank und bricht eine Therapie ab. Vielleicht wirft er sich auch aktiv vor einen Zug. Wichtig ist nur, daß er nicht er nicht mehr um sein Leben kämpft.
Das ist eine wesentlich erfrischendere Thematik.
Hehe... solange es immer noch jemanden gibt, der mir sagt, daß ich selbst aus ausgelutschten Themen noch was neues rausholen kann, solange werde ich beim Schreiben bleiben. Danach hör ich sofort auf ;)
Ansonsten könntest du die einzelnen Punkte nochmal überarbeiten
Ja, da denk ich drüber nach.

@all-apologies:

So gehäuft, dass es wie Absicht scheint. Aber mir würde das, äh, anders viel besser gefallen.
Nein, keine Absicht. Stilistische Unsicherheit.
Ich meine- es ist unmöglich, mal kurz eine Liste zu schreiben, die beschreibt, was ein "ganzes Leben", ein "genügendes Leben" enthallten muss.
Die Liste dient mir hier eher als Metapher. Natürlich ist es unmöglich, so etwas zu schreiben - noch dazu in nur einer Nacht. Es geht eher darum, daß er im Laufe seines Lebens einfach alles tut, was er nur tun kann. Daß er irgendwann einfach weiß, daß es nichts mehr gibt.
Könnten da nicht ein bisschen existentiellere Sachen drauf?
Ich denke, existenziell ist hier subjektiv. Natürlich würde eine Liste, die ich aufstelle, anders aussehen, als eine Liste, die zB du aufstellst. Und beide Listen würden sich sicher auch von der meines Erzählers unterscheiden.

@Ennka:

war mein erster wütender Gedanke: verdammter Egomane!
Ja, Selbstmord ist egozentrisch. Natürlich ist er das. Es ist sein Leben und darum darf er es auch beenden. Wenn er denkt, es gibt für ihn nichts mehr, dann ist es sein gutes Recht zu sagen "okay, Feierabend". Bedenklich ist dabei natürlich, daß er damit andere Menschen negativ beeinflusst (Hinterbliebene) - aber letztlich ist es allein seine Sache.
Ein freundliches ",sagte ich" hätte den Fluss am Plätschern gehalten.
Ja, wollte ich auch erst so machen. Es hätte aber nicht in die Struktur des Anfangs gepasst. Ich denk drüber nach, wie ich das besser lösen kann.
Von all dem hat Deine Geschichte nicht viel. Einen zerknitterten Zettel, einen Elch (zumindest, wenn die Jagd erfolgreich war), die endlosen Weiten der USA.
Ja, auch das stimmt. Ich biete hier sehr wenig für die Sinne, sondern beschränke mich auf das absolut Notwendige. Das allerdings mit Absicht (lies dich mal durch meine Texte, du wirst schnell merken, daß ich sonst viel Wert auf Details lege), da ich ein wenig experimentiert habe.

@Bella:
Danke.
Zum Selbstmordende hab ich schon was geschrieben. Das ist meiner Meinung nach wichtig für den Text.

@sim:

wenn ich dich ärgern wollte, würde ich dir schreiben, dass dir hier eine intellektuelle, künstlerische und tiefe Geschichte gelungen ist.
Untersteh dich! ;)
Das nicht, weil ich den Selbstmord für die richtige Lösung in dieser Situation halte, sondern weil der in ihm enthaltene Egoismus anders nicht diskutiert werden würde.
Ich denke, Selbstmord ist in dieser Situation schon eine Lösung. Nicht falsch verstehen, ich halte nichts davon, wegen Liebeskummer oder schlechten Schulnoten von einer Brücke zu springen. Aber wenn man wirklich weiß (nicht glaubt, sondern weiß), daß man sein Leben zur vollsten Entfaltung gebracht hat und das da einfach nicht mehr kommen kann, dann "darf" man es beenden.
Das spielt aber eigentlich keine Rolle, weil man diesen Moment in der Realität kaum erreichen wird.
zu wissen, dass man sein Leben gelebt hat und es dann zu beenden, denn was könnte einen so abgeklärt dazu treiben, außer die Angst, dass man es sonst nur mit Schmerzen und als Pflegefall beenden könnte?
Ich selbst bin noch sehr weit von diesem Punkt entfernt (hab noch jede Menge Sachen zu erledigen :D), darum habe ich keine Ahnung, wie man sich dann fühlt bzw ob es überhaupt möglich ist, so weit zu kommen. Vielleicht ist man in diesem Moment wirklich so abgeklärt. Ich weiß es nicht.


PS: Ich habe - auch wenn erstaunlicherweise niemand danach gefragt hat - mal die Übersetzung des finnischen Satzes dazugeschrieben... ;)

 

Ja, wollte ich auch erst so machen. Es hätte aber nicht in die Struktur des Anfangs gepasst. Ich denk drüber nach, wie ich das besser lösen kann.

Am nächsten Tag war er wieder da.
"Willst du mich immer noch retten?"

Hatte schon rumgeknobelt, wie Du das Problem lösen würdest. Genial simpel :)
Soso, Du bist also Strukturalist. Positiv notiert - und werde mich mal durch Deine anderen Geschichten arbeiten. Bin schon gespannt...

CU,
Ennka

 

Hallo gnoebel,

zunächst hat mich der alte Mann an "Little Big Man" mit Woody Ellen erinnert in der Szene als er sterben wollte und der Tod dann wegen Regens ausfiel.

Dann habe ich mich gefragt, ob der junge Mann wohl Sani in einer Ambulanz ist und der alte ein Obdachloser. Der Rahmen und Ort des Geschehens ist unklar. Dadurch fehlt mir die Stimmung der Szene.

Ich empfinde auch das Ergebnis als sehr widersprüchlich. Der Alte stirbt als Weiser - der Junge aus Frust. Hat er nichts gelernt?

Ich finde die Substanz deiner Geschichte interessant. Aber mir fehlt irgendwie noch was. Dem Selbstmord des Jungen fehlt die Erklärung - der Sinn. Sowas.

Vielleicht kannst du das ergänzen.

Gruß
Ricarda

 

Moin Ricarda,

Danke fürs Lesen und Kommentieren.
Wie schon gesagt, die Unklarheit am Anfang ist zum Teil Experiment und deshalb von mir gewollt. Ich selbst bin der Meinung, daß gerade dadurch eine ziemlich interessante Stimmung entsteht. Mit mehr Erklärung wäre der Anfang sicherlich leichter zu fassen, würde meiner Meinung nach aber jene - für mich besondere - Atmosphäre verlieren.
Der Erzähler stirbt nicht aus Frust. Ganz im Gegenteil: er stirbt, weil er bereit dazu ist. Zwischen dem Anfang (wo er 23 ist) und dem Ende vergehen viele Jahre. Ich sage nicht explizit, wieviel Zeit vergangen ist, wollte aber den Eindruck erwecken, daß er am Ende selbst zu einem alten weisen Mann geworden ist. Muss ich vielleicht noch mal klarer machen.

 

, wollte aber den Eindruck erwecken, daß er am Ende selbst zu einem alten weisen Mann geworden ist. Muss ich vielleicht noch mal klarer machen.
Vorschlag, obwohl er mMn immer noch übers Geländer hüpfen sollte:
Der Wind streicht mir sanft durch das weisse Haar.
;)

Binjaschonwiederstill.

 

Hi gnoebel,

ich hab die vorigen Kommentare kurz gestreift, und gesehn, dass viele den Selbstmord am Ende kritisieren.
Ehrlich gesagt hatte ich damit gerechnet, da dies ja eigentlich für die Geschichte der einzig logische Schluss ist!

Vermutlich hat er sich vor dem Gespräch bzw. der Aufstellung der Liste keine Gedanken über sein weiteres Leben gemacht, einfach so "In den Tag hineingelebt" oder so. Glaube ich.
Und nur dadurch, dass er einen anderen retten wollte, hat er erkannt, dass er selbst, hm, 'Hilfe' braucht sozusagen, und das war letztendlich seine eigenen Rettung.

Hell-yeah, ich mag die Geschichte.

Was mich etwas irritiert:

Ich kannte ihn nicht, hatte ihn nie zuvor gesehen - aber ich fühlte mich verantwortlich. Niemand sonst war hier.
Das heißt, der 23jährige lebt 'dort', unwichtig wo, nehme ich an, alleine und eines Tages erscheint aus dem Nichts einfach ein alter Mann, der ihm sagt, er sei bereit zu sterben. Das finde ich ... merkwürdig. Ja. Finde ich irgendwo auch unlogisch, der Prot hat ihn noch nie gesehn, aber der alte Mann sagt ihm einfach, dass er bereit sei.
Na gut, das ist vermutlich mal wieder Korinthenkackerei :schiel: ... aber merkwürdig ists schon ... ein bisschen zumindest. Hm? :)

Tserk!

 

Moin Interpretator-Tserk,

Danke fürs Lesen und so.
Du buddelst dich ja echt beharrlich durch meine Geschichtenliste und wirst irgendwann in die Geschichte eingehen als einziger, der sie wirklich alle gelesen hat ;)

Vermutlich hat er sich vor dem Gespräch bzw. der Aufstellung der Liste keine Gedanken über sein weiteres Leben gemacht, einfach so "In den Tag hineingelebt" oder so. Glaube ich. Und nur dadurch, dass er einen anderen retten wollte, hat er erkannt, dass er selbst, hm, 'Hilfe' braucht sozusagen, und das war letztendlich seine eigenen Rettung.
Ganz genau. Vielleicht hat er die Hilfe auch nicht wirklich "gebraucht", sondern hat ganz gut gelebt. Aber der Mann hat ihm auf jeden Fall geholfen, bewusster und mehr zu leben.
und eines Tages erscheint aus dem Nichts einfach ein alter Mann, der ihm sagt, er sei bereit zu sterben. Das finde ich ... merkwürdig. Ja. Finde ich irgendwo auch unlogisch, der Prot hat ihn noch nie gesehn, aber der alte Mann sagt ihm einfach, dass er bereit sei.
Es sollte eigentlich absurd wirken. Die äußeren Umstände sind hier nicht wichtig, darum habe ich sie weggelassen.
Der alte Mann sagt ihm sicher nicht sofort bei der Begrüßung, daß er bereit ist. Viel eher wird das Gespräch am Anfang der Geschichte schon eine Weile gehen (sonst würde der Erzähler ja gar nicht wissen, daß der Alte sterben wird). Ich hab nur später "eingeblendet".
Hell-yeah, ich mag die Geschichte.
Das ist gut.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi gnoebel,

Du buddelst dich ja echt beharrlich durch meine Geschichtenliste und wirst irgendwann in die Geschichte eingehen als einziger, der sie wirklich alle gelesen hat ;)
Haja, kg.de ist ja ein geben und ... öhm ... noch mehr geben :hmm: Hier kann was nicht stimmen :susp: ... (nein, bitte nicht als Aufforderung verstehen!! :) war nur ein kleines Riesenspäßle)
Vielleicht hat er die Hilfe auch nicht wirklich "gebraucht", sondern hat ganz gut gelebt.
Trugschluss, wie ich glaube. Denn: Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er den alten Mann trifft, hat er sein Leben auf eine bestimmte Weise gelebt, ohne diese ganzen Sachen auf der Liste, und - war zufrieden damit, hat "gut gelebt", wie du selber sagst. Aber: Dadurch, dass er bis zu diesem Zeitpunkt seine Lebensweise als einzig richtige empfand (er lebt ja gut), aber er hat ja überhaupt keine Vergleichsmöglichkeiten, und vor dem Treffen empfand er sein leben vermutlich nur gut, weil es eben leicht und angenehm war. Wenn ich die Wahl habe zwischen alleine auf den Mt Everst oder zuhause vor dem Fernseh- verdammt, ich hab keinen. Also, vor dem Computer zu sitzen, wähle ich den leichten und bequemen Weg und setz mich vor den Rechner. Wenn ich aber die Alternative mit dem Berg gar nicht kennen würde, wäre ich mit dieser "Entscheidung" (eigentlich ist es dann ja keine mehr) noch zufriedener, da ich mir nicht vorhalten muss, etwas nicht zu machen, was man machen sollte (gut, der Mt Everst ist gerade ein schlechtes Beispiel, aber es geht ja ums Prinzip).
Also kann er erst dann erkennen, dass er eigentlich nicht lebt, wenn ihm selbst bewusst wird, was es bedeutet, zu leben.
Und genau deswegen dachte er ja die ganze Zeit zu leben, bzw. hat auch gut gelebt.
Aber der Mann hat ihm auf jeden Fall geholfen, bewusster und mehr zu leben.
Das ist schon beinahe eine Ironie des Schicksals ... es muss erst ein Mann sterben, damit ein anderer leben kann ... hui ...
Die äußeren Umstände sind hier nicht wichtig, darum habe ich sie weggelassen.
kann ich auf der einen Seite natürlich verstehen - auf der anderen Seite habe ich einen interessanten Aspekt entdeckt, der mich nicht mehr loslässt: Wieso wohnt ein junger Mann von 23 Jahren überhaupt so allein? Da drängt sich mir fast der Verdacht auf ... dass er sich in die Abgeschiedenheit zurückgezogen hat, um mit sich ins Reine zu kommen, vielleicht hat er unterbewusst selber gemerkt "Das kann doch nicht mein Leben sein. Es muss mehr geben!" Gut, ich war jetzt noch nie 23, und weiß nicht, inwieweit es in so einem Alter realistisch ist, dass man sich solche tiefgründigen Gedanken über das Leben macht, aber ich halte es schon für möglich.
Aber ich finde die Entscheidung von ihm, allein zu sein, am interessantesten von der ganzen Geschichte. Ich hoffe, es hat keinen banalen oder schlimmen Grund wie Streit mit der Familie oder vielleicht Verlust derselben ... obwohl das zweite eher unrealistisch ist, da das ja nicht zwingend heißen würde, dass er wegzieht. Andererseits könnte es aber doch so sein, denn vllt ist ihm gerade erst durch den Tod der Angehörigen bewusst geworden, dass er lebt ...
Andererseits könnte man "Niemand sonst war da" auch so interpretieren, dass sich einfach niemand um den alten Mann kümmert, dass aber durchaus Leute da sind, die könnten. Aber sich nicht für ihn interessieren, da sie selber ein Leben führen, dass der Prot bis zum Treffen geführt hat, und so sehr drin sind, dass sie nicht mehr raus wollen oder eher können.
Ich finds toll, dass deine Geschichte so viele Ansatzpunkte liefert :thumbsup:

Oh Mann, mir reichts! Wurde die Geschichte schon empfohlen?

Tserk!

 

Nochmal hi Tserk,

Oha, so viel Interpretation bin ich gar nicht gewohnt. Find ich echt toll, daß du dich so intensiv mit dem Text auseinandersetzt.

Haja, kg.de ist ja ein geben und ... öhm ... noch mehr geben Hier kann was nicht stimmen ... (nein, bitte nicht als Aufforderung verstehen!! war nur ein kleines Riesenspäßle)
Das mit dem schlechten Gewissen zieht nicht. Ich kommentier nur noch andere Texte, wenn ich dafür Alkohol kriege ;)
Also kann er erst dann erkennen, dass er eigentlich nicht lebt, wenn ihm selbst bewusst wird, was es bedeutet, zu leben.
Das geht zwar etwas über den Text hinaus, aber da stimme ich dir vollkommen zu. Interessanter Gedankengang, dem es eigentlich nichts hinzuzufügen gibt.
Gut, ich war jetzt noch nie 23
Hehe :thumbsup:
Andererseits könnte man "Niemand sonst war da" auch so interpretieren, dass sich einfach niemand um den alten Mann kümmert, dass aber durchaus Leute da sind, die könnten. Aber sich nicht für ihn interessieren, da sie selber ein Leben führen, dass der Prot bis zum Treffen geführt hat, und so sehr drin sind, dass sie nicht mehr raus wollen oder eher können.
Ja, das war so in etwa wohl mein Gedanke beim Schreiben. Ich hatte eine Art Situation im Kopf, bei der der Erzähler jeden Tag beim alten Mann vorbeikommt - auf dem Weg zur Arbeit etwa. Dann bricht er aus seinem Schema aus, indem er sich um den Mann kümmert.
Aber, wie irgendwann in diesem Thread schonmal gesagt, das habe ich bewusst offen gelassen - eben damit der Leser sich das selbst ausmalen kann. FInde ich manchmal viel spannender, als zu viel zu erzählen.
Ich fand deine andere Interpretation (mit dem Alleinsein) jedenfalls sehr interessant und nachvollziehbar. Viel besser, als meine Version... verdammt ;)

Hat mich echt gefreut, dein Kommentar.

 

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