Ihnen ist heute nicht wohl
Ihnen ist heute nicht wohl
Friedhelm wagte einen flüchtigen Blick zum Staubsauger, in der Ecke des Zimmers, neben dem Wäscheständer, doch dieser gab ihm unmissverständlich zu verstehen, dass nun nicht der richtige Zeitpunkt zum Staubsaugen sei. Weiter deutete Friedhelm das Zeigen des Saugers in Richtung Küche als Empfehlung, sich mit dem Backofen zu beschäftigen.
Natürlich ging er diesem Wunsch nach, wie sollte er auch die Empfehlung eines so erfahrenen Staubsaugers zurückweisen, oder gar ignorieren?
Den Backofen jedoch fand Friedhelm zu seinem Bedauern in keiner guten Stimmung, so wollte er ihm die Anstrengung einen Kartoffelauflauf, der noch im Kühlschrank stand, zu erwärmen nicht zumuten und schloss die Klappe behutsam wieder.
Zwar hatte Friedhelm Hunger, denn bis auf das Weißbrot, das ihm der Toaster an jenem Morgen freundlicherweise gebräunt hatte, war seinem Magen keine weitere Nahrung zugekommen, und die Uhr zeigte nunmehr halbsieben, doch dies betrübte ihn nicht weiter, denn durch das schlechte Befinden des Ofens, musste Friedhelm den Kartoffelauflauf nicht aus dem Kühlschrank holen. Es war ihm nur recht, denn jedes Mal, wenn er die Tür des Kühlschrankes öffnete, ging das kleine Licht darin an, und das störte den Kühlschrank ungemein, wie Friedhelm wusste, denn oft fing er dann an ärgerlich zu brummen und das war doch ein sehr eindeutiges Zeichen.
So löschte er das Licht in der Küche und entschloss sich, ein wenig Zerstreuung vor dem Fernseher zu finden. Es war ihm nicht leicht, in den Werbepausen nicht umzuschalten, denn sein Magen knurrte unüberhörbar, wenn wieder ein neuer Schokoriegel oder ein herzhafter Brotaufstrich angepriesen wurde, aber häufiges Umschalten machte den Fernseher nervös, und dieser hatte ohnehin bereits ein flackerndes Leiden, das in jüngerer Zeit verstärkt auftrat.
Friedhelm war kein Unmensch, schaltete den Fernseher wieder ab und vernahm mit Freude das dankbare Knistern des Apparates.
Nun war Friedhelm auch keiner von jenen Menschen, die nicht merken, wenn sie stören und so nahm er seinen Hut, streifte den Mantel über und ging, in Höhe des Telefons besonders leise, den Flur entlang bis zur Haustür. Er legte den Zeigefinger auf den Lichtschalter, sagte beinahe zärtlich „Gute Nacht“ und zog die Haustür vorsichtig hinter sich zu, nachdem er das Licht gelöscht hatte.