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Ihnen ist heute nicht wohl

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23.11.2002
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Ihnen ist heute nicht wohl

Ihnen ist heute nicht wohl

Friedhelm wagte einen flüchtigen Blick zum Staubsauger, in der Ecke des Zimmers, neben dem Wäscheständer, doch dieser gab ihm unmissverständlich zu verstehen, dass nun nicht der richtige Zeitpunkt zum Staubsaugen sei. Weiter deutete Friedhelm das Zeigen des Saugers in Richtung Küche als Empfehlung, sich mit dem Backofen zu beschäftigen.
Natürlich ging er diesem Wunsch nach, wie sollte er auch die Empfehlung eines so erfahrenen Staubsaugers zurückweisen, oder gar ignorieren?
Den Backofen jedoch fand Friedhelm zu seinem Bedauern in keiner guten Stimmung, so wollte er ihm die Anstrengung einen Kartoffelauflauf, der noch im Kühlschrank stand, zu erwärmen nicht zumuten und schloss die Klappe behutsam wieder.
Zwar hatte Friedhelm Hunger, denn bis auf das Weißbrot, das ihm der Toaster an jenem Morgen freundlicherweise gebräunt hatte, war seinem Magen keine weitere Nahrung zugekommen, und die Uhr zeigte nunmehr halbsieben, doch dies betrübte ihn nicht weiter, denn durch das schlechte Befinden des Ofens, musste Friedhelm den Kartoffelauflauf nicht aus dem Kühlschrank holen. Es war ihm nur recht, denn jedes Mal, wenn er die Tür des Kühlschrankes öffnete, ging das kleine Licht darin an, und das störte den Kühlschrank ungemein, wie Friedhelm wusste, denn oft fing er dann an ärgerlich zu brummen und das war doch ein sehr eindeutiges Zeichen.
So löschte er das Licht in der Küche und entschloss sich, ein wenig Zerstreuung vor dem Fernseher zu finden. Es war ihm nicht leicht, in den Werbepausen nicht umzuschalten, denn sein Magen knurrte unüberhörbar, wenn wieder ein neuer Schokoriegel oder ein herzhafter Brotaufstrich angepriesen wurde, aber häufiges Umschalten machte den Fernseher nervös, und dieser hatte ohnehin bereits ein flackerndes Leiden, das in jüngerer Zeit verstärkt auftrat.
Friedhelm war kein Unmensch, schaltete den Fernseher wieder ab und vernahm mit Freude das dankbare Knistern des Apparates.
Nun war Friedhelm auch keiner von jenen Menschen, die nicht merken, wenn sie stören und so nahm er seinen Hut, streifte den Mantel über und ging, in Höhe des Telefons besonders leise, den Flur entlang bis zur Haustür. Er legte den Zeigefinger auf den Lichtschalter, sagte beinahe zärtlich „Gute Nacht“ und zog die Haustür vorsichtig hinter sich zu, nachdem er das Licht gelöscht hatte.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Freak!

Ist ja ein richtiger Freak, dein Prot! :D

Sprachlich liest sich die Geschichte sehr gut, es ist zwar Tell-Stil, aber angemessener Tell-Stil.
Da vegetiert also ein Typ in seiner Wohnung vor sich hin, so einsam, dass er Beziehungen zu seinen Haushaltsgeräten aufbaut. Und selbst zu denen löst er die Bindung langsam, in der Einbildung, dass sie sich durch ihn gestört fühlen.
Und interessanterweise beginnt er sogar schon, die Nahrungsaufnahme zu verweigern, was bedeutet, dass es schon schlimm um ihn stehen muss.

Das wäre dann auch ein Kritikpunkt an der Story: Wenn es dem Typen so dreckig geht, dann kommt das gefühlsmäßig nicht gut rüber, da du nur erzählst, wie er auf die Geräte reagiert. Dadurch kommt nur seine Schrulligkeit zum Tragen, aber nicht sein Zustand.
Vielleicht wolltest du das aber auch nicht und das Thema nur satirisch behandeln. In dem Fall hast du es richtig gemacht.

Das Ende ist vielleicht nicht besonders pointiert. Der Typ geht nach draußen - und dann? Wo will er die Nacht bleiben, wenn er sich mit "Gute Nacht" verabschiedet? Das wäre ein Punkt, der die Geschichte noch interessanter machen könnte, wenn du darauf eingehst.

Fazit: Sprachlich in Ordnung, angenehm zu lesen, inhaltlich mehr drin als auf den ersten Blick erkennbar.

Ein paar Stellen sind da noch, wo du den Text verbessern könntest.

Friedhelm wagte einen flüchtigen Blick zum Staubsauger, in der Ecke des Zimmers, neben dem Wäscheständer, doch dieser gab ihm unmissverständlich zu verstehen, dass nun nicht der richtige Zeitpunkt zum Staubsaugen sei. Weiter deutete Friedhelm das Zeigen des Saugers in Richtung Küche

Wieso spricht in seinen Augen der Wäscheständer für den Staubsauger? Der kommuniziert doch selbst.

wie sollte er auch die Empfehlung eines so erfahrenen Staubsaugers zurückweisen, oder gar ignorieren?

Nicht so umständlich. Eines dieser beiden Wörter reicht. Am besten trifft es ignorieren, denke ich.

der noch im Kühlschrank stand, zu erwärmen nicht zumuten und schloss die Klappe behutsam wieder.

Bisschen holprig. Das wieder kannst du weglassen.

denn oft fing er dann an, ärgerlich zu brummen, und das

Den Rest des Satzes nach brummen solltest du besser ganz weglassen. Dass es ein eindeutiges Zeichen ist, wird doch durch das Wort ärgerlich deutlich.

aber häufiges Umschalten machte den Fernseher nervös, und dieser hatte ohnehin bereits ein flackerndes Leiden, das in jüngerer Zeit verstärkt auftrat.

Hier könnte man auf den Gedanken kommen, dass die projizierten Reaktionen der Geräte sein eigenes Gefühlsleben widerspiegeln. Das ist ein Aspekt, den du durchaus weiter ausbauen könntest. Falls du dem Text mehr Tiefgang, aber auch mehr Düsternis verleihen willst.

Nun war Friedhelm auch keiner von jenen Menschen, die nicht merken, wenn sie stören

Warum nicht " ... einer von jenen Menschen, die merken ..." ?
Danach sollte ein neuer Satz beginnen.

sagte beinahe zärtlich „Gute Nacht“

Warum beinahe?

nachdem er das Licht gelöscht hatte.

Sollte vorher kommen, sonst wirkt das holprig. " ... löschte das Licht und zog die Tür hinter sich zu."

Ciao, Megabjörnie

 

Ich meine, das hat wohl jeder schon mal erlebt, daß man in bestimmten Momenten mit den Gegenständen redet, mit denen man zu tun hat. Ich denke vor allem einsame Menschen beginnen dann auch wirklich eine Beziehung zu bestimmten Dingen aufzubauen. Und so einen Menschen stellst Du uns hier vor. Ein sensibler Zeitgenosse, der seine Einrichtungsgegenstände inzwischen so ernst nimmt, dass er ihre Befindlichkeiten zu spüren scheint und entsprechend reagiert. Allerdings scheint an diesem Tag keiner so richtig in Stimmung zu sein, denn nacheinander spürt er eine Antipathie, die ihn am Ende aus der Wohnung treibt.

Naja, als die Idee ist ganz gut, einzig, ich weiß nicht, warum Du uns diesen Auszug aus seinem Leben präsentierst. Was ist heute anders als sonst? Gewiß heute scheinen sich alle irgendwie verschworen zu haben, aber so einen richtigen Höhepunkt kann ich nicht feststellen. Im Grund gibt es auch keinen Konflikt, denn er flüchtet ja aus der Wohnung. Insofern verschenkst Du hier das Potential Deiner Idee.

Was könnte man machen?
Vielleicht steigert sich die Ablehnung der Geräte ganz allmählich und wird dann wirklich bedrohlich. D.h. die Dusche hat früh morgens kurz gebockt und mal ganz kurz kaltes Wasser gegeben, war aber später wieder brav. Herr Toaster hat wenigstens die ersten beiden Toasts nicht verbrannt. Frau Kaffeemaschine war allerdings schon gar nicht zu gebrauchen. Tja und das steigerst Du dann, bist Herr Mantel ihn beinahe am Haken hängend erwürgt und er nur mit Mühe aus der Wohnung entkommt, die dann in Flammen aufgeht, weil Herr Backofen beschlossen hatte, nicht mehr auszugehen.

Und am Ende kann man sich überlegen, ob der Protagonist sich da nicht vielleicht in einen beschissenen Tag hineingesteigert hat oder ob sich die Dinge wirklich verschworen haben.

Fazit:
Die Idee ist schon mal da, jetzt solltest Du eine Geschichte mit Einleitung, Entwicklung und Höhepunkt organisieren. Evtl. eben so, dass es für einen Außenstehenden so aussehen könnte, als hätte Dein Prot. an diesem Tag einfach mal viel Pech bzw. würde sich da in etwas reinsteigern. Für Deinen Prot. könnte es aber bitterer Ernst werden, so dass er am Ende wirklich froh sein muß, mit dem Leben davongekommen zu sein.

Gruß
mac

 

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