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Im Ehrenamt

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21.12.2015
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Im Ehrenamt

Der Sturm fegt über die Terrasse und schmettert meinen schönsten Keramiktopf auf den Kiesweg. Ärgerlich, aber ich habe keine Zeit, den Schaden zu begutachten. Das Ehrenamt ruft. Punkt zehn muss ich die Tür zum Generationenbüro aufschließen. Im Wetterbericht haben sie vor Straßen mit hohen Bäumen gewarnt und eindrucksvolle Bilder von abgeknickten Laternen und zerbeulten Autos gezeigt. Ungewöhnlich für den September. Meistens nehme ich den Weg durch den Park. Heute muss ich Umwege gehen, an der Hauptstraße entlang. Ich stemme mich gegen den Wind. Wenn er von schräg hinten kommt, treibt er mich fast auf die Fahrbahn. Die Ampeln stehen alle auf Rot, ein Polizist hat alle Hände voll zu tun, den Verkehr zu regeln. Kein leichtes Unterfangen, denn es ist zehn Uhr morgens, am Markttag pulsiert das Leben im Städtchen.
Ich werde zu spät kommen. Vielleicht warten schon zwei oder drei alte Leutchen vor dem Generationenbüro. Hier berate ich als Vorstandsmitglied des Seniorenrats, verteile Adressen und Flyer, zum Beispiel den mit der Oma on demand, sammle Anfragen, Beschwerden und Wünsche. Wir diskutieren und geben das Resultat an die Stadtverwaltung weiter. Das Büro, Teil des Rathauses, liegt wunderbar zentral, in der Passage zum Marktplatz, ebenerdig, man kann von draußen hereinschauen.
Wir vom Vorstandsteam, keiner unter achtundsechzig, sind zukunftsorientiert. Wir sprühen vor Ideen, wie man im Alter in unserer Stadt gut leben kann. Manchmal schießen wir auch übers Ziel hinaus. Dann bläst uns von der Stadt her der Wind ins Gesicht, aber selbst Vorschläge, die allen einleuchten, scheitern an den Finanzen. Immerhin, seit wir erreicht haben, dass die Toiletten gegenüber modernisiert, behindertengerecht und außen videoüberwacht sind, haben wir deutlich mehr Publikumsverkehr.

Heute steht niemand da, auch nicht mein 'bucklig Weiblein'. Frau Kienzle ist Stammkundin. Sie kommt nur, wenn ich im Büro bin. Ich nenne sie so, weil sie mich an das Kinderlied vom bucklig Männlein erinnert.

Will ich in mein Gärtlein gehen,
will mein Zwiebeln gießen,
steht ein bucklig Männlein da,
fängt gleich an zu nießen …

Das bucklig Männlein taucht überall auf, stellt sich in den Weg, heischt Aufmerksamkeit. So eine ist Frau Kienzle. Ich treffe sie auf dem Markt, beim Apotheker, beim Metzger, am Portal der St. Margaretenkirche.

Wenn ich an mein Bänklein knie,
will ein bißchen beten,
steht ein bucklig Männlein da,
fängt gleich an zu reden:
„Liebes Kindlein, ach, ich bitt,
bet für's bucklig Männlein mit!

Wenn ich im Büro ein Gespräch führe, stellt sie vor der Glastür die geräumige Einkaufstasche ab, schlüpft, sobald der Besucher hinausgeht, wieselflink herein und bleibt erwartungsvoll stehen. Ich hole dann die Tasche, stelle sie auf unseren langen Konferenztisch und rücke zwei Stühle so zusammen, dass wir nahe gegenübersitzen können: zwei alte Frauen, sie in den achtzigern, ich in den siebzigern. Knie und Augen auf gleicher Höhe.
„Bitte nehmen Sie doch Platz, Frau Kienzle“, sage ich so freundlich, wie ich nur kann. „Was haben Sie denn heute auf dem Herzen?“
„Er hat mir wieder keinen Scheck gegeben. Und die Kontoauszüge auch nicht. Seit drei Monaten hab ich nichts von ihm gekriegt.“
'Er' ist Frau Kienzles amtlich bestellter Betreuer, Herr Holler, ein gelernter Sozialarbeiter. Seitdem ihr Haus abgebrannt ist, wohnt sie in einer Seniorenanlage, die von der Stadt verwaltet wird. Dort hat sie ein kleines Apartment. Mit Geld scheint sie nicht knapp zu sein.
„Und er ist wieder einfach in meine Wohnung gekommen und hat noch zwei Leute mitgeschleppt. Ich will, dass er sich anmeldet. Und er wühlt in meinen Sachen herum. Er lässt auch immer was mitgehen.“
Diese Vorwürfe höre ich nicht zum ersten Mal.
„Sie wissen, Frau Kienzle, dass Ihr Betreuer das Recht hat, Ihre Konten zu verwalten und auch ohne Anmeldung Zutritt zu Ihrer Wohnung hat. Haben Sie denn jetzt mal mit der Heimleitung gesprochen?“
„Ach die ...“, zischt Frau Kienzle und sprüht einen feinen Spuckenebel in meine Richtung, „die stecken doch alle unter einer Decke. Gauner sind das alle, Diebe!“
Ich zucke zurück. Diese Zähne! Sie sind wie … wie die der Hexe im Märchenbuch, aus dem ich früher meinen Enkelkindern vorgelesen habe. Da muss endlich was geschehen. Wieso schickt sie der Betreuer nicht zum Zahnarzt?
Ungefähr nach einer halben Stunde steht sie auf, zupft sich das Halstuch zurecht und legt ein samtweiches, gepolstertes Händchen auf meinen Arm.
„Ach, Frau …“, sie stockt, meinen Namen kann sie sich nicht merken, obwohl ich ihn ihr mehrmals aufgeschrieben habe, „Sie können so gut zuhören. Wenn nur Sie meine Betreuung wären!“
Sie schielt mich mit feuchten Augen an und neigt den Kopf zur Seite wie ein bettelndes Kind.
„Liebe Frau Kienzle, ich hab's Ihnen doch schon erklärt. Es geht nicht. Meine Familie möchte das nicht.“
Das stimmt zwar, aber nur zur Hälfte. Ich selber will es auch nicht. Das Ehrenamt im Seniorenrat reicht mir völlig. Schon einmal habe ich mich emotional stark engagiert, bei Sanela, der jungen Roma-Frau, die mitsamt den Großeltern und dem behinderten Sohn abgeschoben wurde. So schnell vergesse ich ihren verzweifelten Blick nicht, als sie mit dem Bescheid in der Hand am Generationenbüro vorbeistolperte. Manchmal träume ich davon.
„Ja, ja, ich weiß es ja. Es wär halt schön.“ Sie greift sich ihre Tasche und trippelt zielstrebig Richtung Markt. Zweimal dreht sie sich um und winkt. Neulich hat sie mir mit treuherzigem Augenaufschlag erzählt, dass sie schon noch ein paar Märker habe, versteckt auf einem Sparkonto, das auf den Namen ihrer Tochter läuft. Die treibt sich irgendwo in der Weltgeschichte herum.
„Der Holler braucht nichts davon wissen, gell, Sie sagen es ihm doch nicht, oder?“
Natürlich verrate ich sie nicht. Erstens weiß ich ja gar nicht, ob das stimmt mit dem Konto, und zweitens bin ich keine Aufsichtsperson. Im Seniorenrat hilft man, und zwar ehrenamtlich.

Auf dem Markt ist heute Alarmstimmung. Bei mehreren Ständen hat der Sturm die Planen zerrissen und die Regale umgekippt, ausgerechnet die mit den Bioeiern.
Mein einziger Besucher im Büro ist ein Marktplatzveteran. So nennen sich die fünf oder sechs Alten, die sich jeden Mittwoch und Samstag treffen, um die Weltpolitik zu kommentieren. Auf Drängen des Seniorenrats hat die Stadt eine rote Bank spendiert. Sie steht mitten auf dem Platz beim Engelsbrunnen. Sie hat sogar ein Schild: reserviert für die Marktplatzveteranen. Er erzählt mir, dass sie sich heute beinahe in die Haare gekriegt hätten, von wegen Klimawandel. Trump ist ebenfalls ein beliebtes, aber kein kontroverses Thema. Einig sind sie sich auch in der Empörung darüber, dass der Stadtbus zum Krankenhaus auf dem Berg gestrichen wurde.
„Da müsst ihr was machen! Zu Fuß kommt doch da kein Alter mehr hin. Und nicht jeder kann sich ein Taxi leisten.“
„Wir sind bereits dran,“ sage ich schnell, weil ich seinen Zorn spüre. „Wir haben auch schon Ideen.“
„Aber ich tät's ganz gern noch erleben.“
"Da geht's Ihnen wie mir", sage ich und bringe ihn damit zum Grinsen.

Frau Kienzle wird bei dem Wetter heute hoffentlich nicht kommen. Zu gefährlich. Mit Herrn Holler ist sie nach wie vor über Kreuz. Drei Betreuer hat sie schon verschlissen, darunter ihre eigene Schwester, mit der sie jeden Kontakt abgebrochen hat, wie ich von Marga, unserer Vorsitzenden, erfahren habe.
„Ach du lieber Gott, hat sie jetzt dich auserkoren! Du musst nicht alles glauben, was sie dir erzählt. Die Frau ist dement. Ich hab sie auch ein paar Wochen betreut.“
„Wirklich? Dement? Auf mich macht sie eigentlich einen ganz cleveren Eindruck. Und für ihr Alter ist sie ziemlich fit. Sie geht jeden Tag einkaufen. Ich finde, den Vorwürfen gegen ihren Betreuer müsste man schon nachgehen.“
„Herr Holler ist ein alter Routinier. Vielleicht nicht gerade ein Charmebolzen, er kann schon manchmal ruppig daherkommen. Aber glaub mir, er ist hundertprozentig korrekt. Frau Kienzles Kontingent an Betreuern ist übrigens ausgereizt. Das Betreuungsgericht wird da nichts mehr dran ändern.“
Marga ist eine durch und durch engagierte Person, Herausgeberin von Schriften zur Ortsgeschichte, langjähriges Gemeinderatsmitglied, hochangesehen im Städtchen und neuerdings dekoriert mit dem Bundesverdienstkreuz. Für mich die Inkarnation des Ehrenamtes. Wenn ich mit ihr über den Marktplatz gehe, muss ich für die fünfzig Meter anderthalb Stunden rechnen. Ich bin relativ neu in der Ehrenamtsbranche, außerdem immer noch Neubürgerin, auch wenn ich jetzt schon mehr als zehn Jahre hier wohne. Gleich nach dem Einzug stand eine Nachbarin auf der Schwelle. Ob ich Lust hätte, im Stadtseniorenrat mitzumachen.
"Sie sind genau die Richtige dafür."
"Aber wieso denn?"
"Na so halt, Ihr Beruf und überhaupt."
"Woher wissen Sie denn ...?"
"Soziale Kontrolle." Die Nachbarin, deutlich jünger als ich, grinste breit. "Sie werden sich bald dran gewöhnen. Kleinstadt eben."
Ich versprach, darüber nachzudenken. In ein paar Jahren vielleicht. Jetzt müsse ich erst einmal ankommen. Es dauerte acht Jahre.

„Aber es muss doch möglich sein, dass Frau Kienzle ein ordentliches Gebiss kriegt und regelmäßig ihr Geld.“
Marga sieht mir die Zweifel an und verspricht, ein paar Gespräche zu führen.
Und tatsächlich, wenige Wochen später, kommt Frau Kienzle runderneuert ins Büro. Das Gebiss blitzt, sie hat ein lachsfarbenes Jackett über der Rüschenbluse, das ihren kleinen Buckel geschickt kaschiert, und beim Friseur war sie auch. Der hat viele weiße Löckchen auf ihr Haupt gezaubert.
Trotzdem wirkt sie irgendwie niedergeschlagen, fast depressiv.
„Ich halt es im Heim nicht mehr aus“, sagt sie und tastet in der Jacke links und rechts nach einem Taschentuch. Ich reiche ihr ein Tempo. Für Tränen sind wir gerüstet, das kommt öfter vor. „Das ist doch kein Leben, immer nur die Klapperfiguren um mich herum. Ich möcht so gern noch einmal Urlaub machen, irgendwohin, wo es junge Leute gibt. Und Spaß. Mein Mann ist ja nie mit mir in Urlaub gefahren, er hat's nur immer versprochen. Ich würd's auch selber bezahlen. Sie wissen ja ...“
„Ja, ich kann Sie gut verstehen. Woran klemmt's denn?“
„Der Betreuer muss es genehmigen. Und der will nicht. Ich darf nur mit einer Begleitperson. Mit Ihnen tät ich sofort verreisen. An den Bodensee oder nach Baden-Baden.“
„Ist denn niemand im Heim, der mitkäme?“
„Niemand ... Bloß die nicht! Das sind alles Neidhammel, die wollen mich beklauen.“
Frau Kienzle schluchzt und ich reiche ihr frische Tempos. Zwei Leute haben schon neugierig hereingeschaut. Zum Glück sind sie weitergegangen. Ich ziehe den Sichtschutz vor die Tür und nehme Frau Kienzle für fünf Minuten in den Arm.


Wieder einmal brauche ich Margas Rat und erfahre, dass Frau Kienzle sehr wohl „auf Urlaub“ war, mit ihrer Schwester. Allerdings in einer Einrichtung, in der strenge Regeln herrschen, weil dort auch Demenzkranke und Schwerbehinderte zur Erholung untergebracht werden. Nach drei Tagen hatte sie sich mit ihrer Schwester und dem Personal so zerstritten, dass man sie nach Hause schickte. „Nicht integrierbar“ war die Begründung.
„Ich werde wirklich nicht recht schlau aus ihr. Warum braucht sie überhaupt einen Betreuer?“, frage ich Marga, rechne aber damit, dass sie der Schweigepflicht unterliegt.
Marga zögert.
„Du musst mir versprechen, dass du nichts weitererzählst. Ich weiß, du hast deine Zweifel. Aber … Das alte Haus, das sie von ihrem Mann geerbt hat, ist nicht zufällig abgebrannt. Frau Kienzle hat es abgefackelt. Vielleicht vorsätzlich, vielleicht fahrlässig. Sie hatte ihr Badezimmer vollgestopft mit Zeitungen und Plastikmüll. Von dort aus hat sich das Feuer ausgebreitet. Auch andere Räume waren anscheinend zugemüllt. Als die Feuerwehr kam, saß sie, nur mit Hut und Mantel bekleidet, auf der Bank im Vorgarten. Sie war nicht ansprechbar. Bis heute kann sie sich an nichts erinnern.“
Ich schlucke und bekomme eine Gänsehaut. „Und gab's Mitbewohner im Haus?“
„Ja, ihre Tochter. Die war am Tag zuvor ausgezogen. Niemand weiß ihre Adresse. Frau Kienzle spricht nie über sie.
Das ist auch der Grund, warum ihr Apartment jederzeit zugänglich sein muss. Sie ist dement und Messie, eine gefährliche Mischung.“
„Aber ich sehe sie doch immer so akkurat gekleidet.“
„Sie legt ihre Einkaufstüten und Zeitungen auf die Herdplatten, stapelt im Schlafzimmer leere Milchtüten, versteckt Lebensmittel im Wäscheschrank. Sie liegt ständig im Clinch mit dem Putzdienst. Ihre Bankunterlagen, Urkunden, Ausweise, Geldscheine rutschen hinter die Möbel. Ein Brand wäre eine Katastrophe. Für das Heim und für sie selber. Sie würde auf der Straße landen.“
Ich blättere in den Richtlinien für Betreuung. Ziemlich hölzern für meinen Geschmack, aber nicht herzlos. Bin ich als Gutmensch wieder einmal naiv gewesen? Und was kann ich überhaupt bewirken? Reicht es, wenn ich Frau Kienzle einfach zuhöre, ihr Taschentücher zustecke und ihr erlaube, die Träume vom selbstbestimmten Urlaub mit mir zu teilen? Weil sonst niemand da ist?

Der Sturm hat ein wenig nachgelassen, dafür regnet es in Strömen. Es ist kurz vor zwölf, gleich wird die offizielle Marktzeit zu Ende sein und meine "Präsenzpflicht" auch. Nur wenige Händler haben ausgeharrt. Müssen sie jetzt öfter mit solchen Wetterkapriolen rechnen? Ich kämpfe mich durch die Regenwand nach Hause. Den Schirm habe ich weggesteckt, er ist völlig nutzlos. Macht nichts, gleich kann ich mir Tee kochen und Dinkelwaffeln essen. Und nach draußen lauschen, wenn die Kinder aus der Schule kommen und mit ihren Rädern den Kies aufwirbeln. Am Freitag werde ich wieder für sie kochen, mein liebstes Ehrenamt. Und dann ist da auch noch der Blumentopf zu versorgen. Hat keine Eile.
Am Nachmittag klingelt das Telefon.
„Weißt du es schon?“, fragt Marga, wartet die Antwort aber gar nicht ab. „Frau Kienzle ist tot. Sie ist auf dem Weg zum Markt von einer Bö erfasst worden und gegen eine Hauswand geknallt. Der Heimleiter hat gesagt, niemand konnte sie davon abbringen, aus dem Haus zu gehen. Ich wollt's dir nur sagen, damit du Bescheid weißt. Es tut mir so leid.“
Ich lege wortlos auf.

 

Liebe Novak,

ich wollte dir eigentlich eine gaanz lange Antwort schreiben, aber es haben sich so viel Kommentar-Schulden angehäuft, dass ich es kurz machen muss.

Zuallererst einmal danke für die Mühe, mit der du den Text bedacht hast. Naürlich klopfe ich keinen Kommentar von dir in die Tonne, sie sind immer bedenkenswert, auch wenn ich mich gleich ein wenig widerborstig zeige.

Es gibt ein großes Missverständnis über meine Textintention, weil ich gar nicht Frau Kienzle und die Prota als Personen im Vordergrund sehen möchte, sondern, wie der Titel sagt, das Ehrenamt. Eventuell müsste ich ihn verändern zu „Das Ehrenamt“, um das Missverständnis zu bereinigen.

Von dieser Prämisse aus lässt sich deine Kritik vielleicht abmildern.
Aber der Reihe nach.

Der Stil

Bei Kanji habe ich begründet, dass der durchgängig gräulich-schwarze Humor die teilweise vorhandene Distanz zum Ehrenamt illustriert. Es gibt ja kaum einen Satz, der nicht unterschwellig humorig, ironisch oder sarkastisch gefärbt ist. Die Wortwahl ist nur scheinbar sachlich-bürokratisch. Die Prota hat ja schon ehrenamtliche Erfahrungen, bevor sie zum Seniorenrat stößt. Und die sind ambivalent.
Hier habe ich nachgebessert durch zwei kleine Dialogteile, die die Skepsis der Prota (hoffentlich) demonstrieren. Dadurch werden auch ihre Motive klarer.

Der Infoteil

Also man weiß doch ungefähr, was da gemacht wird.

Liebe Novak, da muss ich dir widersprechen. Über das Ehrenamt sind in der Regel nur nebulöse Vorstellungen vorhanden. Außerdem gibt es die unterschiedlichsten Vorstellungen, vom spontanen Helfertum bis zu Vereinsstrukturen, die sich kaum vom üblichen Verwaltungswesen unterscheiden. Selbst das Hauptmerkmal, das unentgeltliche zur Verfügung Stellen von Zeit und Arbeitskraft ist umstritten. Das geht bis zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Ehrenamtsmitgliedern.
Ich finde, ein kleiner Abschnitt, der die Aufgaben des Seniorenrats beschreibt und gleichzeitig ironisiert, ist doch für einen Leser zumutbar und er muss sich die Infos nicht erst zusammenklauben. Außerdem entspricht er genau dem Flyer, den der „Kunde“ in die Hand gedrückt bekommt.

Der Gutmensch

Auf diesen Begriff möchte ich nicht verzichten. Seinen Bedeutungswandel von positiv bis negativ besetzt kenne ich. Die Prota fragt sich, ob sie sich in der Nähe der ursprünglichen Bedeutung befindet oder eher (bedingt durch die Betriebsamkeit, das „im Handwerk muss man Klappern“) in der Nähe der zweiten Bedeutung. Beides möchte sie nicht. Am Fallbeispiel (@barnhelm) Frau Kienzle zeigt sich das ganz Dilemma. Der Dialog mit dem Marktplatzveteran wirft ein Spotlicht auf das „Klappern“.

Das „bucklig Männlein“

Soll ich das wirklich rausschmeißen? Ich finde, das ist ein plakatives Symbol für alle die armen einsamen Alten, die überall hinrennen, um gehört zu werden. Auch an die falschen Adressen (der Stadtseniorenrat ist gar nicht zuständig für Fragen der Betreuung, der kann nur auf die zuständigen Institutionen verweisen). Frau Kienzle erwartet von der Prota Unmögliches (die Betreuung). Oder sind es doch nur die Streicheleinheiten? Das darf der Leser entscheiden.

Du hast auch viel Positives in meinem Text gesehen, das hat mich gefreut. Bin jetzt halt ein bisschen störrisch und - aber das kennst du auch - kämpferisch, wenn es ums Eingemachte geht. Ich denke da gerne an den „Käferkönig“.

Ich freu mich aufs Treffen. Wenn' geht, keine Dichterlesung!

Herzlichst
wieselmaus

 
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auch wenn ich mich gleich ein wenig widerborstig zeige.
So kennen wir dich. :D


Von dieser Prämisse aus lässt sich deine Kritik vielleicht abmildern.
Nee. Leider nicht. Aber das macht ja andererseits auch nichts.


Und noch mal kurz zu dem buckligen Männchen, das wär mir schon wichtig, dass es da kein Missverständnis gibt: Soll ich das wirklich rausschmeißen? hast du mich gefragt. Geschrieben hatte ich: Nicht falsch verstehen, es geht mir nicht darum, es wegzulassen, es ist nur so gar nicht mit der Geschichte verwoben und wirkt daher auf mich wie ein Stellvertreter.

Meine Idee war also gar nicht, das bucklige Kerlchen rauszuschmeißen, meine Idee war: es nicht so als Block stehen zu lassen, sondern Teile davon in deinen Text einzuarbeiten.

Liebe wieselmaus, ich wünsch dir alles Gute und bis demnächst. Ich werde dieses Mal wohl leider nicht zum Schreiben einer Geschichte kommen. Irgendwie auch schade.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Isegrims,

Schöner Challenge-Beitrag! Vielleicht magst du ja noch dran arbeiten.

Vielen Dank, Isegrims. Und ja, ich werde noch dran arbeiten. Manches ist schon passiert, einiges noch in der Kochkiste.

die Geschichte rührt mich und ich hätte gern mehr über die Frau Kienzle erfahren. Aber auch von der Erzählerin. Von ihr erfahre ich recht wenig.

Frau Kienzle und die Erzählerin sollen gar nicht so im Mittelpunkt stehen. Es geht um das Ehrenamt und seine gesellschaftliche Problematik. Ich bin selbst erstaunt, welche Anteilnahme die arme Frau Kienzle erfährt. Aber das wäre eine andere Geschichte, und da würde ich keinesfalls diesen schwarz-humorigen Stil wählen, der sich von Anfang bis Ende durch den Text zieht, um die Ambivalenz des Amtes an sich und seiner Interpretation durch die "Ehrenamtlichen" deutlich zu machen.
Zum Stil habe ich bei Kanjis Kommentar einiges geschrieben, auch bei Novak. Wenn ich den aufgebe, muss ich die Erzählabsicht canzeln.

Ich weiß nicht, welche Version dir vorliegt. Bei der Erzählerin habe ich bereits an einigen Stellen nachgebessert. Nur wenig, aber doch so viel, dass sie glaubhaft wirken kann, z.B. dass sie schon Erfahrungen hat im Ehrenamt (Flüchtlingsbetreuung) und dass sie als Neubürgerin sofort angesprochen wurde, ob sie im Seniorenrat mitarbeiten möchte.
Zu ihrer privaten Situation lassen sich einige Details herauslesen, verstreut über den ganzen Text, ohne groß zu "tellen".

Damit wären wir bei meinem Lieblingsstreitpunkt, dem "Tellen". Josef II, österreichischer Kaiser, hat zu Mozart einmal über "die Zauberflöte" kritisch gesagt: "Gewaltig viel Noten, lieber Mozart". Mozarts Antwort: "Gerade so viel Noten als nötig, Majestät."

Ich finde, es darf durchaus Tell-Teile geben, wenn es auf diese Weise dem Leser erleichtert wird, sich schnell in das Szenario einzufinden. Ein gewisser Spielraum sollte schon möglich sein. Wo sich der Zusammenhang von allein erschließt, z.B. durch Handeln oder Sprechen, da kann und muss man sicherlich streichen oder szenisch umgestalten.

Über den Infoteil denke ich noch nach. Die Informationen sind wichtig (Prämisse meines Textes), zur Präsentation derselben könnte mir noch was einfallen (Kochkiste;)

die Erklärung mit dem Granteln ...

schon erledigt und durch Dialogerweiterung verdeutlicht

müsste man da Siebziger und Achtziger nicht großschreiben?
?

Friedrichard ist anderer Meinung:D

ist hier auch zu viel tell

Das ist hier kein tell, sondern Beschreibung, um den abstrakten Begriff Inkarnation des Ehrenamtes zu illustrieren. Durch den ironischen Ton erhält der Leser auch einen Hinweis auf (verdeckte) Kritik. Das gilt auch für andere Passagen, wie zum Beispiel bei der (ironischen) Auflistung, was der Vorstand des Seniorenrats so alles treibt. Aber, wie gesagt, ich grüble noch ...

hier könntest du drauf bleiben, beschreiben.

Nein, auf keinen Fall, bloß keine Tränendrüsenaktivierung! Ich finde, es ist deutlich genug, was Frau Kienzle wirklich braucht.

Hat Spaß gemacht. Ich glaube, du weißt, was ich meine. Den eigenen Weg suchen ...

Liebe Grüße
wieselmaus

 

Lieber alexei,

Eigentlich habe ich auch nichts auszusetzen bis vielleicht auf die langen Sätze beim Denken.

Das ist natürlich ein Mega-Lob und freut mich sehr. Man kann den von dir monierten Teil auch als Tell-Teil auffassen, aber das mögen viele noch viel weniger als den sogenannten "Bewusstseinsstrom". Ich selber bin noch dabei, mir eine Lösung auszudenken. Eigentlich finde ich es durchaus akzeptabel, auch einmal einen kleinen Info-Teil einzubauen. Zumal er ja ironische Elemente enthält, die indirekt etwas über die Einstellung der Prota zum Ehrenamt zeigt. Mal sehen, ob mir noch was einfällt ...

Ich lieb deinen Humor

Ja, der ist hier ziemlich schwarz und färbt den ganzen Text. Ich habe dieses Stilelement gewählt, nicht, um die arme Frau Kienzle seelenlos an die Wand zu knallen, sondern um eine gewisse Melancholie der Prota zu zeigen, ihre Hilflosigkeit im Fall der dementen Frau Kienzle zu zeigen. maria.meerhaba hat das ganz gut erkannt.

Danke für dein Interesse an einem Thema, das, glaube ich, ziemlich weit entfernt von deiner momentanen Lebenssituation entfernt ist.

herzliche Grüße
wieselmaus


Hallo snif,

Du hast mich mit der Geschichte in eine mir unbekannte Welt entführt, ... und eingeführt. Deine Bschreibungen sind so einfach und real, dass sich jeder Laie darin sofort zurecht findet.

Dein brachialer Schluss löst das Dilemma. Und man schämt sich dafür.

Wie schön, dass meine Intentionen bei dir voll durchgekommen sind. Ich dachte mir schon, dass nicht alle Menschen mit der Materie vertraut sind. Und dass du das Kinderlied als eine Art Leitfaden angenommen hast, finde ich super. So war's gedacht. Das Problem ist halt, wie man die vielen Strophen so verknappt, dass sie den Leser nicht aufhalten oder gar langweilen. Novak würde sie alle auf den Text verteilen. Eine gute Idee, wahrscheinlich würde der Text erheblich länger, weil ich für jede Strophe ein szenisches Pendant finden müsste. Aber ich hab ja noch Zeit bis zum Ende der Challenge.

Wunderbar authentisch geschrieben

Wunderbar ist dein Lob für mich. Es trifft total meine Absichten, warum ich im Forum bin.

herzliche Grüße
wieselmaus

Vielen Dank für dein

 

Liebe maria.meerhaba

Ja, es ist keine Geschichte, die ich empfehlen würde, aber eine, die du gut gemacht hast.

Ach, liebe Maria, auf die Empfehlungen kommt es mir nicht an. Es ist schön, wenn sich jemand so begeistert zeigt, dass er es den anderen per Empfehlung mitteilen möchte. Aber ganz viel liegt mir daran, dass du etwas für gut gemacht hältst. Danke für diese Einschätzung.

Was deine Erzählerin jedoch angeht, die bleibt total blass, eine Randfigur deiner Geschichte. Sie hat schon einen gewissen melancholischen Klang und dient eigentlich nur als Wegweiser für Frau Kienzles Geschichte, weshalb ich nicht ganz verstand, wieso du ihr noch ein Gesicht zu geben versucht hast.

Danke, liebe Maria, du hast mir aus der Seele gesprochen. Die Prota sollte sich ganz zurücknehmen, lediglich durch ihre Melancholie, die hier als schwarzer Humor getarnt ist, in Erscheinung treten. Manchen Lesern war das nicht genug, sie wollten partout mehr über die Prota wissen, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Also da habe ich "nachgebessert", aber ein Psychogramm der Prota wollte ich nicht liefern.

Meine Erzählabsicht lag bei der Problematik des Ehrenamtes und den Schwierigkeiten, die ein Ehrenamtlicher damit haben kann, unabhängig von seiner Motivation. Es ist die Institution als solche, die ich beleuchten wollte. Wenn du willst, ein Stückchen Gesellschaftskritik.

Ich weiß noch nicht, ob ich die Nachbesserungen wieder rausnehme, zumal sie deiner Meinung nach nicht wirklich notwendige Informationen liefern.

Ich danke dir sehr für deinen Kommentar. Und du weißt schon, worauf ich warte!

Herzlichst
wieselmaus

 

Liebe wieselmaus,

beim Copywrite gibt es noch ganz viele Texte, die ich noch nicht kommentiert habe, bei der Challenge bin ich noch nicht mal soweit, dass ich auch nur alle gelesen hätte. Aber weil du so wahnsinnig schnell bist, kommst du jetzt schon wieder an die Reihe beim Kommentieren. :)

Diese Geschichte gefällt mir viel besser als dein Copywrite. Ich finde, das ist eine sehr gute Umsetzung des Challenge-Themas und bringt ein alltägliches Dilemma hervorragend auf den Punkt. Auch sprachlich finde ich den Text sehr gelungen, die Erzählstimme passt super zu deiner Protagonistin. Ich kann mir die sehr gut vorstellen und finde sie auch echt gut getroffen, ich kenne Menschen im richtigen Leben, die ihr ähnlich sind.

Die Geschichte beschreibt eine Erfahrung, die wahrscheinlich jeder macht, der sich in irgendeiner Weise ehrenamtlich engagiert. Wenn man sich einmal bereit erklärt hat, eine Aufgabe zu übernehmen, dann kommen ganz gerne weitere, oft "inoffizielle" Aufgaben dazu. Viele Menschen treten dann mit einer Erwartungshaltung an einen heran. Manche werden fordernd oder gar ärgerlich, wenn man ihre Erwartungen nicht erfüllen kann. Und man muss in der Situation dann sehr auf sich selbst aufpassen, dass man sich nicht zuviel aufbürdet. Was nicht leicht ist, weil niemand gerne die Erwartungen von anderen enttäuscht - besonders nicht Leute, die sehr mitfühlend und engagiert sind wie deine Protagonistin.

Sie ist da emotional echt in einer Klemme. Leuten wie der Frau Kienzle darf man nicht zu weit entgegen kommen, die können einen komplett aussaugen, ohne es böse zu meinen. Das hat die Protagonistin schon im Gefühl, denke ich, deshalb hält sie auch Distanz, so gut es geht. Aber das fühlt sich auch wieder schlecht an. Und dazu kommt noch, dass das Bild, was sie von Frau Kienzle hat, und das, was sie von anderen über sie erfährt, so auseinanderklaffen. Das ist auch ein blödes Gefühl - schätzt sie die Situation falsch ein, oder tun die anderen Frau Kienzle Unrecht und sie ist die einzige Vertrauensperson, die helfen könnte?

Das ist hier besonders schön zusammengefasst:

Bin ich als Gutmensch wieder einmal naiv gewesen? Und was kann ich überhaupt bewirken? Reicht es, wenn ich Frau Kienzle einfach zuhöre, ihr Taschentücher zustecke und ihr erlaube, die Träume vom selbstbestimmten Urlaub mit mir zu teilen? Weil sonst niemand da ist?
Ich finde das toll von deiner Protagonistin. Sie weiß, dass ihre Bereitschaft, Menschen unvoreingenommen zu begegnen, immer das Gute zu sehen und zu helfen, wo sie kann - "Naivität", wenn man so will, sie verletzlich macht. Dass sie Gefahr läuft, Fehler zu machen, dass sie selbst emotional mitgenommen wird, und dass sie im Großen und Ganzen nur sehr wenig bewirken kann. Und sie macht trotzdem weiter. Das ist eine unglaublich ehrenwerte Eigenschaft, die nicht viele Menschen in dem Maß mitbringen.

Deswegen hasse ich es auch, wenn "Gutmensch" als Schimpfwort verwendet wird. Nicht so als selbstironische Bezeichnung wie hier in deiner Geschichte, aber es gibt ja Leute, die das wirklich regelrecht als Beleidigung gebrauchen. Da frag ich mich dann immer, was ist dazu eigentlich das positive Gegenstück? Soll man lieber anstreben, ein Schlechtmensch zu sein? :)

Zynismus ist einfach. Zu erleben, dass man mit den besten Absichten und so viel Kraft, wie man aufbringen kann, nicht verhindern kann, dass in der Welt schlimme Dinge passieren, und trotzdem nicht zu verhärten - und sich gleichzeitig aber deswegen auch nicht mit Selbstvorwürfen zu zerfleischen - das ist ein heftiger Balanceakt und erfordert echte Stärke.

Ich hoffe dass ich, wenn ich in das Alter deiner Protagonistin komme, auch noch soviel Menschenfreundlichkeit und Geduld und Engagement aufbringe. :)

Grüße von Perdita

 

Liebe Perdita,

Ich finde , das ist eine sehr gute Umsetzung des Challenge-Themas und bringt ein alltägliches Dilemma hervorragend auf den Punkt.

Für diese generelle Einschätzung möchte ich mich herzlich bedanken.

Für viele, vor allem jüngere Menschen, ist das Ehrenamt (noch) in weiter Ferne, aber es gibt sie auch, vor allem bei Aufgaben, die Teamerlebnis und direktes Helfertum verknüpfen. Da, wo es zu bürokratisch oder zäh wird, lässt das Interesse schnell nach, was ich gut verstehen kann.

In dem von mir beschriebenen Ehrenamt gibt es zunehmend Interessierte, die nach Erreichen der beruflichen Altersrenze eine Aufgabe suchen, Familienbegleiter(in) oder Oma on demand usw. Bei den begleitenden Supervisionen geht es oft um die Balance zwischen Zuwendung und Abgrenzung. Man kann sich schnell überfordern. Bei den meisten Ehrenamtlichen, die ich kenne, gibt es bei den Motiven eine Melange. Und es ist gut, von Zeit zu Zeit einen Schrtt zurückzutreten und sich aus dem Abstand zu betrachten. Das wäre auch eine eigene Geschichte wert. Wahrscheinlich schwierig in einer KG. Vielleicht habe ich einmal den Mut dazu.

Danke für deine Anteilnahme. Da habe ich wohl den richtigen (Erzähl-)Ton getroffen.

Liebe Grüße
wieselmaus

 

Hola wieselmaus,

wieselmaus schrieb:
Vielleicht habe ich hier etwas gründlich missverstanden.
Das sieht ganz danach aus:).
José schrieb:
Es ist immer schön, ( einen) Post zu bekommen, dann aber bitte mit angenehmem Inhalt.
Das ist gedankenlos dahergeschwätzt und soll nur sagen, dass wir alle gern Post bekommen und natürlich am liebsten die mit angenehmem Inhalt, weiter nichts.
Wenn ich Dir schreibe ...
Wenn Dir meine Geschichte nicht gefällt, könntest du sie einfach ignorieren.
... dann will ich sagen, dass Du nicht, wie Du schreibst, um sie herumschleichen musst, weil sie in Dir unangenehme Gefühle hervorruft, sondern sie einfach beiseite legst und gut ist. Oder hast Du Dir vorgenommen, alle Challenge-KGs zu kommentieren? Das wäre freilich etwas anderes. Denn auch bei maria.meerhaba habe ich den Eindruck, sie kommentiert meinen Text mehr gezwungen als freiwillig:D.

Hast du mir früher nicht einmal geschrieben, Gefälligkeitskommentare gibt es von dir nicht?
Ja, das ist auch heute noch mein Standpunkt. Und wenn mir eine Geschichte nicht zusagt, dann muss ich sie nicht unbedingt kommentieren.
Und jetzt heißt es: Kommentare müssen gut sein oder gar nicht?
Um Himmelswillen! Vielleicht werde ich langsam gaga – kann man meine Antwort auf Deinen Komm so verstehen? Ich hoffe nicht, denn das wäre der reine Blödsinn.
wieselmaus schrieb:
Und wo bin ich deiner Meinung nach kritischer gewesen als andere?
Auch das ist nicht meine Meinung. Das trifft doch gar nicht zu!
Liebe wieselmaus, entweder hab ich mich saudämlich ausgedrückt, oder Du hast etwas missverstanden.
Ich starte noch einmal: Wenn jemand einen Text nicht toll findet, dann muss er sich nicht damit schwer tun, sondern könnte auf einen Kommentar verzichten. Nur das wollte ich sagen. Und das werde ich morgen auch der Maria schreiben. Dass Kommentare gut oder nett sein müssen, kann ich nicht gemeint haben, denn dann würde ich mich selbst nicht daran halten:shy:.

wieselmaus schrieb:
Ich wäre sehr froh, wenn du mir deine Haltung genauer erklären könntest.
Ich gab mein Bestes.

wieselmaus schrieb:
Deine Anmerkungen zu meinem Challenge-Text hättest du gerne auch dort platzieren können. Sie enthalten ja doch Aspekte, die diskussionswürdig sind, auch für andere, die meine Geschichte verfolgen. Warum dieser Umweg?
War kein Umweg – im Gegenteil: Ich hab mich für Deinen Komm bedankt und bei dieser Gelegenheit versucht, mein schlechtes Gewissen wegen meines ausbleibenden Komms zum ‚Ehrenamt’ zu erleichtern. Aber heute platziere ich richtig:cool:.

Kiep smeiling!
José

 

Hallo Bas,

Vielen Dank für deinen einfühlsamen Kommentar.

Aber zuerst zu den Flusen. Sind ja nicht viele.:)
Das zweite Komma könnte man, glaube ich, setzen, wenn man die Worte davor als Einschub interpretiert. Früher hätte ich hier mit der Parenthese gearbeitet. Die ist aber total aus der Mode gekommen.(leider!)

Nicht alle können sich die Protagonistin so vorstellen wie du. Manche finden sie zu blass und wollen mehr von ihrem Innenleben erfahren. Ich habe hier etwas nachgebessert und bei dir scheint es angekommen zu sein.

Ich selbst hatte, wie ich in einigen Kommentaren ausführlich dargelegt habe, den Fokus mehr auf die Institution Ehrenamt als auf die Personen gerichtet, was sich in der teilweise ironischen Wortwahl widerspiegelt. Aber die Frau Kienzle hat irgendwie das Interesse okkupiert, was mir wiederum auch gut gefällt.
Der Schluss ist hart, aber, so meine ich, konsequent. Das Rätsel, ob sie nun dement ist oder nicht, wäre zu ihren Lebzeiten ohnehin nicht mehr zu lösen gewesen.

Du sprichst von Wärme und Ruhe. Das freut mich sehr, so habe ich doch eine Spannung in die Handlung hineingekriegt, was manche nicht erwartet haben. Sogar maria.meerhaba war verblüfft;)
Die informativen Passagen, wie ein Ehrenamt (Seniorenrat) funktioniert, habe ich radikal gekürzt, allerdings mit blutendem Herzen. Schließlich ist es nicht schön, wenn die Leser unterwegs aussteigen:hmm:

Und dass du das Kinderlied gut platziert findest, freut mich ganz besonders. Für mich war es ein Experiment.

Zu den fettgedruckten Pünktchen.
War keine Absicht, aber hat tatsächlich eine Anker-Wirkung beim Lesen.
Ich glaube, sie sind der Einstellung auf dem IPAD geschuldet. Da hatte ich wohl die Funktion ... noch offen.

Danke nochmals und weiterhin Spaß beim Kommentieren. Hoffentlich lässt uns die Technik nicht im Stich.

Herzlichst
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey wieselmaus,


sehr gutes Thema, finde ich.
Ob du die Challenge-Vorgabe zu 100% erfüllt hast, hm, da bin ich mir nicht so sicher. Den (Gegen)wind hast du zwar wortwörtlich im Text, der spielt aber gar keine Rolle, der ließe sich verlustfrei streichen oder ersetzen, meine ich.
Den Gegenwind im übertragenem Sinne könntest du stärker innerhalb deiner Figuren anlegen: Was macht das mit mir? Warum mache ich das? Welche Diskrepanz findet sich zwischen Realität, Anspruch und verklärtem Wunschdenken? Auf diesen Konfliktboden baust du aber nicht, den schneidest du nur an.
Vielleicht ist das eine Erklärung, weshalb dem einen oder anderen etwas im Text zu fehlen scheint, dass sie den Gegenwind als Grundlage, Antrieb in der Geschichte suchen ( Novak z. B.) - dazu äußerst du dich in deinen Antworten sinngemäß, dass du kein "Psychogramm" zeichnen wolltest. Deine Prämisse, wie du schreibst, war, das Ehrenamt als solches zu beleuchten. Dann bewirkt es auch noch was, ohne dass sich großer Widerstand dazwischenschiebt, mit dem neuen Gebiss, die Toiletten wurden saniert etc. Ehrenamt ist nun mal, wie es ist, ich weiß nicht, Ehrenamt und Gegenwind bekomme ich halt nicht zusammen in dem Text. Es sei denn, durch die Figuren, die sich im Ehrenamt engagieren. Du instrumentalisierst sie aber - wie du sagst -, um deine Prämisse zu erfüllen, zu beweisen. Ach, keine Ahnung, ob du verstehst, ob ich klar genug mache, was das Problem der Geschichte im Kontext "Gegenwind" sein könnte.

Ist aber auch egal, klammere ich die Challenge-Vorgabe aus (und deine Prämisse - würde mich jetzt schon interessieren, wie du diese in einem Satz formulieren würdest :)), lese ich einen sehr ansprechenden, guten Text, wieselmaus, auch sprachlich, mir hat er gefallen, wenngleich mich die Figuren auch mehr interessieren, als das Ehrenamt. Der Text atmet genau durch diese. Du hast irgendwo geschrieben, Frau Kienzle sei ersetzbar, für mich trägt sie, nebst Erzählerin die Geschichte, die ich lesen möchte. Für mich ist sogar das Ehrenamt ersetzbar - also wären die zwei Damen Nachbarinnen oder so, würde sich der Text für mich kaum ändern - was den Schwerpunkt des Interesses für mich als Leser ausmachte.

Die Infos, die ich über deine Protagonisten erhalte, reichen mir - für mich fehlt da nichts.
Klar, du könntest deine Erzählerin bzw. den Konflikt in ihr stärker ausarbeiten, andererseits: Die Fragen, die ich mir stelle (die übrigens auch Novak formuliert hat), die der Text zwar nicht formuliert - auch nicht beantwortet -, aber eben aufwirft, beweisen mir schon, dass dir da was gelungen ist. Mir reicht das.


Peanuts:


In der Wetter-App haben sie vor Straßen mit hohen Bäumen gewarnt und eindrucksvolle Bilder von abgeknickten Laternen und zerschmetterten Autos gezeigt.
Ich kaufe das schon, trotzdem wundert es mich, dass eine App diese Bilder zeigt - meine macht das nicht.
Von mir aus könnten darüber auch Nachrichten oder so berichten. Dass deine Prota up to date ist, wird mich im Kontext auch so klar. Dazu bräuchte es kein Smartphone-/Tablet-Umgang.

Meistens nehme ich den Weg durch den Park. Heute muss ich große Umwege gehen, an der Hauptstraße entlang. Ich stemme mich gegen den Wind. Ein- oder zweimal treibt er mich fast auf die Fahrbahn. Die meisten Ampeln stehen auf Rot, ein Polizist hat alle Hände voll zu tun, den Verkehr zu regeln. Kein leichtes Unterfangen, denn es ist zehn Uhr morgens, am Markttag pulsiert das Leben im Städtchen. Ich werde zu spät kommen. Vielleicht stehen schon zwei oder drei alte Leutchen vor dem Generationenbüro. Hier berate ich als Vorstandsmitglied des Seniorenrats ältere Bürger, verteile Flyer und Adressen, sammle Anfragen, Beschwerden und Wünsche. Wir diskutieren alles und geben das Resultat an die Stadtverwaltung weiter.
Kleinvieh, das mir aber ins Auge springt, da vermeidbar.
Exemplarisch, nur zum Verdeutlichen, folgender Vorschlag:
Meistens nehme ich den Weg durch den Park. Heute muss ich große Umwege gehen, an der Hauptstraße entlang. Ich stemme mich gegen den Wind. Er treibt mich fast auf die Fahrbahn. Die Ampeln funktionieren nicht (mehr), ein Polizist hat alle Hände voll zu tun, den Verkehr zu regeln. Kein leichtes Unterfangen, denn es ist zehn Uhr morgens, am Markttag pulsiert das Leben im Städtchen. Ich werde zu spät kommen. Vielleicht stehen schon zwei oder drei alte Leutchen vor dem Generationenbüro. Hier (Dort) berate ich als Vorstandsmitglied des Seniorenrats, verteile Flyer und Adressen, sammle Anfragen, Beschwerden und Wünsche. Wir diskutieren darüber und geben das Resultat an die Stadtverwaltung weiter.

Seit wir erreicht haben, dass die Toiletten gegenüber modernisiert, behindertengerecht und videoüberwacht sind,
Finde ich unfreiwillig komisch - würde ich streichen.

„Bitte nehmen Sie doch Platz, Frau Kienzle“, sage ich jedes Mal so freundlich, wie ich nur kann. „Was haben Sie denn heute auf dem Herzen?“
Könnte weg, ist redundant.

„Ach die ...“, zischt Frau Kienzle und schießt einen feinen Spuckestrahl in meine Richtung,
Too much, finde ich.

Schon einmal habe ich mich emotional stark engagiert ...
"emotional engagieren", hm, ich weiß nicht. Vielleicht 'eingebracht', 'zu sehr eingebracht', 'vereinnahmen lassen' ... irgendsowas.

Einig sind sie sich auch in der Empörung darüber, dass der Stadtbus zum Krankenhaus auf dem Berg gestrichen wurde.
Ha! Ich weiß, wo das ist! Waldkirch, gell?
Ist dieses Mitfahrschild aufs Seniorenbüro zurückzuführen?

Ich blättere in den Richtlinien für Betreung.
Da stimmt was nicht.

Bin ich als Gutmensch wieder einmal naiv gewesen?
Mich stört das übrigens nicht - auch wenn das Wort leider, wie einige andere auch, vergewaltigt wurde. Ich kann das schon richtig einordnen hier.

Es ist kurz vor zwölf, gleich wird die offizielle Marktzeit zu Ende sein und meine Präsenzpflicht auch.
Furchtbares Wort - mag authentischer Fachterminus sein, trotzdem. Lieber Dienstzeit oder so - klingt auch bürokratisch genug, und das wolltest du doch ausdrücken, nicht?

Ich kämpfe mich durch die Regenwand nach Hause. Den Schirm habe ich weggesteckt, er ist völlig nutzlos. Macht nichts, gleich kann ich mir Tee kochen und Dinkelwaffeln essen. Und nach draußen lauschen, wenn die Kinder mit ihren Rädern den Kies aufwirbeln.
Geht sie bei dem Sauwetter echt davon aus? Dass Kinder mit ihren Rädern Kies aufwirbeln? Die sitzen doch (heutzutage) lieber vor 'nem Bildschirm, einen PS4-Controller in der Hand :).

Am Freitag werde ich wieder für sie kochen, mein liebstes Ehrenamt.
Bring' doch noch die "Oma on demand" mit rein. Hat mir gefallen, der Ausdruck :D.


Summa summarum: Ein gelungener Text, wieselmaus, hat mir gefallen!


Vielen Dank fürs Hochladen!


hell

 

Liebe wieselmaus,

ähnlich wie Kanji und alexei fand ich deine Geschichte an einigen Stellen mit feinem Humor gespickt geschrieben. Die an die Hauswand knallende Frau Kienzle, die Wetter App und nicht zuletzt die Tatsache, dass Frau Kienzle ihr Haus abgefackelt hat. Das hat schon etwas sehr tragisch-komisches, und für mich büßt es dadurch nichts von seiner Tiefe ein. Im Gegenteil: Statt auf die Tränendrüse zu drücken, gibt es dem Text eine gewisse Leichtigkeit, Frau Kienzle ist dann nicht mehr nur die bemitleidenswerte traurige Kreatur unter vielen, sondern ein schrulliges Unikum, dem ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge gerne gefolgt bin. Ich finde es sehr schwer, diese Grätsche hinzubekommen, ohne entweder mehr zur einen oder zur anderen Seite zu driften. Es ist dir wunderbar gelungen, Frau Kienzle weder als Witzfigur noch als zu bedeutungsschwanger zu zeichnen. Kompliment!
Ich sehe sie als kleine Revoluzzerin, die nicht aufgeben und sich nichts vorschreiben lassen will. Und dann wie ein unvernünftiges Kind durch den Gegenwind stapft.

Ob deine Prota aus reiner Nächstenliebe, Pflichtgefühl oder aus Langeweile ehrenamtlich tätig ist, finde ich nicht so wichtig, denn im Vordergrund steht für mich nicht der Konflikt, den die Prota mit sich selbst hat, sondern mit ihrer Umwelt. Den gesellschaftlichen Hürden, den Kollegen und vor allem mit ihrer Wahrnehmung und der Frage, warum sie Frau Kienzle so ganz anders empfindet als die Kollegen. "Messie" und "Demenz" sind so Stempel, die für mich - die mit drr Pflege nie was zu tun hatte - fast zum Klischee geworden. Dement wirkte Frau Kienzle nicht auf mich, nur ein bisschen verwirrt. Diese ständige Angst beklaut zu werden hat sicher auch mit der immer größer werdenden Angst vor Kontrollverlust zu tun in fortgeschrittenem Alter. Und sie verlegt ihre Unterlagen. Ist sie deshalb gleich Messie? Das Haus war voller Zeitungen und Plastikmüll, und dann zog ihre Tochter aus. War die auch Messie? Warum lässt sie ihre Mutter in so einem traurigen Zustand vor sich hinvegetieren? Oder ist sie deshalb ausgezogen? Das sind so die Fragen, die mich beschäftigen, aber ich weiß, du wirst sie nicht beantworten, und das ist gut so, sonst hätte ich ja nichts zum Grübeln. Und ich denke, das sind auch die Gedanken, die deine Prota bewegen. Dadurch hast du mir den Zwiespalt und die Schwierigkeiten in diesem Job verdeutlicht. Auch die Grenze, die deine Prota irgendwann ziehen muss, um nicht selbst mit runtergerissen zu werden und die Unsicherheit, wann sie zu setzen ist, das schlechte Gewissen.

Das Wort "Generationenbüro" habe ich noch nie gehört. Das klingt für mich fast ein wenig nach Science Fiction in einem Terry Gilliam-Film. Ist das wieder so ein neumodisches pc-Wort, um die Alten nicht zu diskriminieren?

Was das Kinderlied angeht: ich weiß, du willst es drin lassen, aber mich hat das auch rausgehauen. MMn hätte es gereicht, es kurz zu erwähnen ohne es ganz und gar auszuführen.

So liebe wieselmaus, das waren mal wieder meine Gedanken zu deinem Text. Dafür, dass ich mit dem Thema nichts am Hut hab, hast du mich gut packen können.

Viele liebe Grüße von Chai

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber hell,

zuerst einmal herzlichen Dank für den ausführlichen Kommentar. Die sprachlichen Vorschläge habe ich weitgehend übernommen. Wo ich mich gesperrt habe, schreibe ich weiter unten was dazu.

Aber nun zu den inhaltlichen Aspekten.
Also gut, der Leser kann den Schwerpunkt seines Interesses auf die Institution Ehrenamt oder auf das Verhältnis zwischen dem Ehrenamtlichen und seinem "Kunden" legen. Mir ging es um Variable 1, so wie es Friedrichard und Chai aufgefasst haben. Aber du hast recht, dafür müsste ich die Spannung zwischen staatlichen Vorgaben und privatem Engagement noch stärker herausarbeiten. Ich habe schon etwas nachgebessert, jedoch fürchte ich mich, wieder auf der Info-Dump-Schiene zu landen.
Doch hier liegt auch ( neben dem Wetter) der Bezug zum Challenge-Thema. Der Ehrenamtliche ( v.a. im sozialen Bereich, gibt ja auch andere) gerät in eine Sandwich-Situation, er kriegt Druck (Gegenwind) vom Kunden, dessen Ansprüche er erfüllen soll, und vom Staat, weil er diese Ansprüche bändigen bzw. abwehren soll, siehe Flüchtlingsproblematik.
Ich bin überrascht, dass meine Frau Kienzle so viel Anteilnahme findet. Als Prototyp gedacht , hat sie für viele ein Gesicht bekommen. Ich bin mit beiden Lesarten zufrieden. Und so bleibt die Geschichte eben in der Schwebe.

Zu den Peanuts.

Wetter-App

geändert zu Wetterbericht , obwohl dadurch ein Hauch von Selbstironie verloren geht. Aber technisch hast du recht, es ist die Tagesschau-App:thumbsup:

videoüberwacht

ergänzt und dadurch entschärft von außen videoüberwacht

Too much

Du kennst Frau Kienzle nicht, sie konnte auch richtig Gift und Galle spucken.

Emotional engagiert
Präsenzpflicht

authentisches Bürokratendeutsch, ironisch konnotiert

Ha! Ich weiß, wo das ist ...
Mitfahrschild

:sealed:
:thumbsup:

mit den Rädern ...

Es ist Mittagszeit, die Kinder kommen mit den Rädern von der Schule. Unüberhörbar!

Oma on demand

Gibt's als Flyer. Ich hab ihn oben platziert.

Gruß in den stürmischen Breisgau
wieselmaus
hell

Edit: Der unterstrichene Teil ist meine Prämisse

Reicht das?

Gruß wieselmaus

 

Liebe Chai,

Es ist dir wunderbar gelungen, Frau Kienle weder als Witzfigur noch als zu bedeutungsschwanger zu zeichnen.

Danke, liebe Chai, genau das wollte ich erreichen. Und ebenso triffst du meine Absicht, wenn du schreibst

... denn im Vordergrund steht für mich nicht der Konflikt, den die Prota mit sich selbst hat, sondern mit der Umwelt.

Aber man kann das Leseinteresse natürlich auch auf andere Aspekte legen, was ja nicht wenige Leser getan haben.

Das Wort Generationenbüro heißt nichts anderes, als dass die Stadt einen Raum zur Verfügung stellt für alle privaten sozialen Vereine und Organisationen. Die können dort Sprechstunden und Sitzungen abhalten. Das Wort ist sicher dem Zeitgeist geschuldet, da hast du recht. Der Raum ist äußerst praktisch, gut ausgestattet und sehr viel genutzt.

Deinen Vorbehalt gegen das Kinderlied kann ich verstehen. Es ist nicht zwingend notwendig, aber eben ein Darling von mir, den ich nicht killen möchte, weil er gar zu gut für mein Bild von der Frau passt.

Danke für dein positives Urteil, obwohl du mit dem Thema nichts am Hut hast. Im asiatischen Raum leben die Generationen wahrscheinlich anders zusammen.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Gude wieselmaus,

ich mag deine Geschichte. Ich kenne zwar das Altersheim bzw. das Alter und seine Begleitumstände derweil nur über Familie und Bekannte, aber ich habe das Gefühl, als hätte ich Frau Kienzle schon einmal getroffen. All diese Aussagen (der klaut, lass mich nicht allein mit den anderen "Alten" usw.) sind mir vertraut, da war ich gleich drin im Text.
Ich finde den von dir dargestellten Zwiespalt sehr schön, zwischen Helfen-wollen und "Selbstschutz" (mir fällt gerade kein passenderer Begriff ein). Das hat mich neugierig gemacht und von der Hintergrundgeschichte der alten Frau Kienzle war ich ehrlich überrascht. Ich weiß nicht, ob es am Ende dann auch ihren Tod "gebraucht" hätte, aber so besitzt diese Kurzgeschichte ein abgeschlossenes Ende, was man (oder nur ich) gerne mal umgeht.

Ich habe nur ein paar Kleinigkeiten, die mir beim Lesen aufgefallen sind. Vielleicht sind sie nicht falsch, aber ich habe zumindest die Stirn gerunzelt:

Der Sturm fegt über die Terrasse und schmettert meinen schönsten Keramiktopf auf den Kiesweg.
... es ist zehn Uhr morgens, am Markttag pulsiert das Leben im Städtchen.
-> Hier wundere ich mich, dass trotz Sturm viele Menschen da sind. Wenn sogar Gegenstände durch die Gegend fliegen, klingt das zumindest so, als würde sich der ein oder andere überlegen, daheim zu bleiben.

Manchmal schießen wir auch übers Ziel hinaus. Dann bläst uns von der Stadt her der Wind ins Gesicht und selbst Vorschläge, die allen einleuchten, scheitern an den Finanzen.
-> Hier störe ich mich eigentlich nur an der Formulierung "übers Ziel hinausschießen". Das verstehe ich so, dass ihre Zielsetzung bereits abenteuerlich ist, aber die leuchtet noch allen ein.

Der Sturm hat ein wenig nachgelassen, dafür regnet es in Strömen.
-> Zwischen der ersten Erwähnung des Sturms und dieser hier sind einige Wochen vergangen. Da wird der Sturm wahrscheinlich einmal ganz abgeflaut und ein neuer sich Bahn gebrochen haben.
Oder ich bin etwas durcheinander gekommen, was die zeitliche Ordnung betrifft. Ich muss zugeben, dass ich deinen Text vor zwei Tagen gelesen und erst jetzt Zeit gefunden habe, ihn zu kommentieren. Da könnte sein, dass ich da jetzt was vertauscht habe.

Ein zweiter Sturm würde aber auch schön zu diesem Satz passen:

Müssen sie jetzt öfter mit solchen Wetterkapriolen rechnen?
-> Der mir sehr gut gefallen hat. Ich finde ihn so sinnbildlich für die Situation, dass es fast schon der Schlusssatz hätte sein können.

Also liebe wieselmaus, ich habe deine Geschichte gerne gelesen und hoffe, ich konnte dir mit den kleinen Flusen noch etwas helfen.


Liebe Grüße,
Vulkangestein

 

Hallo wieselmaus,

ich habe deine Geschichte jetzt erneut gelesen und mochte wieder den ruhigen, bodenständigen Tonfall. Das ist alles sehr liebevoll erzählt und man kann sich deine Protagonistin gut vorstellen, warmherzig, fern von Eitelkeit, an der Sache interessiert, keine Frau, der man gewaltige innere Konflikte zutraut und für mich ist das auch nicht Thema des Textes, dass es einen solchen gibt. Das ist alles sehr nah an der Realität. Das befriedigende Gefühl, in einer Gruppe von Gleichgesinnten etwas zu erreichen, das kommt zum Beispiel gut rüber. Ich finde es gut, dass du einiges an Information über die Arbeit gekürzt hast, man erfährt auch so noch recht viel, da du ja viele lebendige Beispiele im Text hast.

Wir vom Vorstandsteam, keiner unter achtundsechzig, sind zukunftsorientiert. Wir sprühen vor Ideen, wie man im Alter in unserer Stadt gut leben kann. Manchmal schießen wir auch übers Ziel hinaus.

Hier würde mir der letzte Satz reichen, weil der dieses Sprühende schon beinhaltet. Sonst habe ich den leisen Verdacht, als würde es mir so unter die Nase gerieben, dass man auch als alter Mensch noch Power haben kann.

Immerhin, seit wir erreicht haben, dass die Toiletten gegenüber modernisiert, behindertengerecht und außen videoüberwacht sind, haben wir deutlich mehr Publikumsverkehr.

Klasse, sehr handfest und humorvoll.

Ich hole dann die Tasche, stelle sie auf unseren langen Konferenztisch und rücke zwei Stühle so zusammen, dass wir nahe gegenübersitzen können: zwei alte Frauen, sie in den achtzigern, ich in den siebzigern. Knie und Augen auf gleicher Höhe.

Schön!

„Ach die ...“, zischt Frau Kienzle und schießt einen feinen Spuckestrahl in meine Richtung, „die stecken doch alle unter einer Decke. Gauner sind das alle, Diebe!“

Ungefähr nach einer halben Stunde steht sie auf, zupft sich das Halstuch zurecht und legt ein samtweiches, gepolstertes Händchen auf meinen Arm.

Mag ich auch sehr gern, wie fein du sie beschreibst.

Neulich hat sie mir mit treuherzigem Augenaufschlag erzählt, dass sie schon noch ein paar Märker habe, versteckt auf einem Sparkonto, das auf den Namen ihrer Tochter läuft. Die treibt sich irgendwo in der Weltgeschichte herum.

Realität. Jeder guckt, wo er bleibt, auch die Helfenden und die denen geholfen wird. Schön, die verschiedenen Facetten der Frau Kienzle. Und das man oft nicht ganz schlau wird aus den Menschen, dass finde ich auch gut an deinem Text, dass deine Erzählerin zwar rätselt, aber letztlich Frau Kienzle so nimmt wie sie ist.

Bin ich als Gutmensch wieder einmal naiv gewesen?

Ein bisschen wundert es mich hier, dass sie sich so in Frage stellt. Das "Gutmensch" hat was sehr Moralisches und Frau Kienzle hat sich hier ja nicht als böse entpuppt, sondern als möglicherweise Demente, als Messie mit guter Fassade.

„Weißt du es schon?“, fragt Marga, wartet die Antwort aber gar nicht ab. „Frau Kienzle ist tot. Sie ist auf dem Weg zum Markt von einer Bö erfasst worden und gegen eine Hauswand geknallt. Der Heimleiter hat gesagt, niemand konnte sie davon abbringen, aus dem Haus zu gehen. Ich wollt's dir nur sagen, damit du Bescheid weißt. Es tut mir so leid.“
Ich lege wortlos auf.

Der letzte Satz passt für mich in seiner Dramatik nicht so ganz zur Geschichte und auch nicht zu deiner Protagonistin. Die stelle ich mir weder so abgrundtief schockiert vor, dass sie nur noch auflegen kann, noch so unhöflich, dass sie nicht etwas zu Marga sagen würde, wie "Ach, oje, danke, dass du mich anrufst." Oder so. Ich könnte mir eher vorstellen, dass sie nach dem Auflegen noch eine Weile regungslos sitzt. Kann man vom Wind so gegen eine Hauswand knallen, dass man stirbt? Eine Möglichkeit wäre auch ein Ast auf dem Kopf gewesen.

Das waren so meine Gedanken. Ich habe deine Geschichte gerne gelesen, wieselmaus.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Vulkangestein,

es freut mich, dass du bei mir hereingeschaut hast.

... aber ich habe das Gefühl, als hätte ich Frau Kienzle schon mal getroffen ... da war ich gleich drin im Text.

So geht es manchen Lesern hier. Frau Kienzle ist vielen irgendwie vertraut. Das halte ich für ein Lob, denn ich möchte den Alltag glaubwürdig darstellen.

... aber so besitzt diese Kurzgeschichte ein abgeschlossenes Ende ...

Du hast recht, was Frau Kienzle angeht. Ihr Schicksal kann sich nicht mehr ändern. Für die Prota (und die Leser) bleiben aber doch einige Fragen offen, was den Zwiespalt ... zwischen Helfen-wollen und "Selbstschutz " angeht. Genau das ist die Hauptfrage, die sich allen Ehrenamtlichen stellt.

Der Markttag findet bei jedem Wetter statt. Sturmböen sind ohnehin unberechenbar. Schon wenige Meter weiter kann es ganz anders aussehen. Nicht alle glauben den Wetterprognosen.

Zwischen der ersten Erwähnung des Sturms und dieser hier sind einige Wochen vergangen.

Diese Lesart überrascht mich etwas. Aber warum nicht, wenn doch immer öfters solche Stürme zu erwarten sind? Dadurch ändert sich aber mMn nichts Wesentliches am Plot.

Vielleicht noch ein kleiner Hinweis. Die Prota neigt zur Ironie, auch zur Selbstironie. Es es eine Art Scutzmantel vor allzu starker Vereinnahmung durch die "Kunden" und die Behörden. Von beiden Seiten spürt sie Gegenwind.

Danke fürs Lesen und die wohlwollende Beurteilung.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 

Liebe Chutney,

Man kann sich deine Protagonistin gut vorstellen, warmherzig ... keine Frau, der man gewaltige innere Konflikte zutraut ... und für mich ist das auch nicht Thema des Textes ..

schreibst du und verblüffst mich dadurch gewaltig: Kann frau nicht warmherzig sein und trotzdem innerliche Konflikte austragen?
In der Antwort an hell habe ich zu diesem Aspekt unterstrichen, was ich für die Prämisse meiner Geschichte halte.
Aber natürlich darf jeder aus einer Geschichte nehmen, was ihn berührt, Hauptsache, er findet überhaupt etwas und sie ist für ihn schlüssig.

Wir vom Vorstandsteam, keiner unter achtundsechzig, sind zukunftsorientiert. Wir sprühen vor Ideen, wie man im Alter in unsere Stadt gut leben kann

Du empfindest dies als penetrant. Wäre es auch, wenn die Prota hier nicht selbstironisch innere Zweifel an der Betriebsamkeit im Ehrenamt zeigen wollte. Es ist die andere Seite des befriedigende(n) Gefühl(s), in einer Gruppe Gleichgesinnter etwas zu erreichen.
Hie ist dann auch der Zweifel verortet, ob man als "Gutmensch" nicht übers Ziel hinausschießt, weil man zu sehr auf öffentlich wirksames Auftreten fixiert ist. Gutmensch sein hat einerseits was mit Naivität, andererseits auch mit Selbstinszenierung zu tun.
Die Vorsitzende Marga ist eine von der zweiten Sorte, eine routinierte Ehrenamtliche, der Effizienz über alles geht. Ihre Wortwahl ... und gegen eine Hauswand geknallt ist zutreffend, aber nicht gerade feinfühlig. Da verschlägt es der Prota die Sprache.

Ich finde es sehr spannend, wie unterschiedlich der Text verstanden und trotzdem weitgehend positiv aufgenommen wird. Für mich (wieder einmal ) der Beweis, dass Autor und Leser zu beiderseitigem Nutzen zusammenwirken können. Gut, dass man sich hier im Forum darüber austauschen kann.

Danke für deinen erkenntnisfördernden Kommentar.

Herzliche Grüße und schöne Feiertage wünscht
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo liebe wieselmaus,

mit Ehrenämtern kenne ich mich bestens aus, auch wenn ich noch keine Seniorin bin :D. Also dann mal los, ohne andere Kommentare gelesen zu haben:

Der Sturm fegt über die Terrasse und schmettert meinen schönsten Keramiktopf auf den Kiesweg. Ärgerlich, aber ich habe keine Zeit, den Schaden zu begutachten. Das Ehrenamt ruft. Im Wetterbericht haben sie vor Straßen mit hohen Bäumen gewarnt und eindrucksvolle Bilder von abgeknickten Laternen und zerschmetterten Autos gezeigt.
Da gibt es doch sicher noch ein anderes Wort für Zerstörung ;)

Meistens nehme ich den Weg durch den Park. Heute muss ich große Umwege gehen, an der Hauptstraße entlang.
Auch da könnte man der Dopplung aus dem Weg gehen.

Die Ampeln stehen alle auf Rot, ein Polizist hat alle Hände voll zu tun, den Verkehr zu regeln. Kein leichtes Unterfangen, denn es ist zehn Uhr morgens, am Markttag pulsiert das Leben im Städtchen.
Ich werde zu spät kommen. Vielleicht stehen schon zwei oder drei alte Leutchen vor dem Generationenbüro.
Hier könnten die Leutchen warten statt stehen.
Wir vom Vorstandsteam, keiner unter achtundsechzig, sind zukunftsorientiert.
:D

Immerhin, seit wir erreicht haben, dass die Toiletten gegenüber modernisiert, behindertengerecht und außen videoüberwacht sind, haben wir deutlich mehr Publikumsverkehr.
Auch witzig. (Wenn man über die Inkontinenz alter Leute lachen darf)

Will ich in mein Gärtlein gehen,
will mein Zwiebeln gießen,
..
bet für's bucklig Männlein mit!“
Ob es das Lied wirklich braucht, frage ich mich.

Ich hole dann die Tasche, stelle sie auf unseren langen Konferenztisch und rücke zwei Stühle so zusammen, dass wir nahe gegenübersitzen können: zwei alte Frauen, sie in den achtzigern, ich in den siebzigern. Knie und Augen auf gleicher Höhe.
Ich hätte schwören können, dass man in den Siebzigern/Achtzigern groß schreibt :hmm:
Seitdem ihr ererbtes Haus abgebrannt ist, wohnt sie in einer Seniorenanlage, die von der Stadt verwaltet wird.
Spielt das eine Rolle, ob das ererbt ist? Es gehört ihr und gut ist.

Sie sind wie … wie die der Hexe im Märchenbuch, aus dem ich früher meinen Enkelkindern vorgelesen habe. Über Hexen und bucklige Männlein haben wir oft tiefsinnige Gespräche geführt.
Für mich wirkt dieser Gedanke in der Situation etwas aufgesetzt. Der zweite Satz finde ich auf jeden Fall zuviel.

und legt ein samtweiches, gepolstertes Händchen auf meinen Arm.
Ja, das ist schön, das ist mir bei alten Leuten auch immer wieder aufgefallen.

Sie greift sich ihre Tasche und trippelt zielstrebig Richtung Markt.
Das wirkt auf mich komisch, weil sie ja erst aus dem Gebäude muss. Ich weiß zwar, dass ihr die Betreuerin durch die Glasscheibe nachsehen kann, aber weil da keine Pause zwischen dem Gespräch
dem Wegtrippeln ist, liest sich das für mich nicht stimmig.

Auf dem Markt ist heute Alarmstimmung. Bei mehreren Ständen hat der Sturm die Planen zerrissen und die Regale umgekippt, ausgerechnet die mit den Bioeiern.
:D


Mein einziger Besucher im Büro ist ein Marktplatzveteran.
Da stutze ich. War nicht doch Frau Kienzle gerade da ... nein, das war ja nur eine Erzählung, wie es immer so ist mit ihr. Das ging aber ein wenig, bis ich das geschnallt habe,weil ich eben gerade aus dieser Büro-Besuchssituation herauskomme.


„Wir sind bereits dran,“ sage ich schnell, weil ich seinen Zorn spüre. „Wir haben auch schon Ideen.“
„Aber ich tät's ganz gern noch erleben.“
"Da geht's Ihnen wie mir", sage ich und bringe ihn damit zum Grinsen.
:D

Wenn ich mit ihr über den Marktplatz gehe, muss ich für die fünfzig Meter anderthalb Stunden rechnen.
Man kann es sich so richtig vorstellen.

Ich bin relativ neu in der Ehrenamtsbranche, außerdem immer noch Neubürgerin, auch wenn ich jetzt schon mehr als zehn Jahre hier wohne.
vielleicht frisch in der Branche?

Frau Kienzle schluchzt und kriegt frische Tempos.
kriegen ist mir zu umgangssprachlich


Zwei Leute haben schon neugierig hereingeschaut. Zum Glück sind sie weitergegangen. Ich ziehe den Sichtschutz vor die Tür und nehme Frau Kienzle für fünf Minuten in den Arm.
So eine emotionale Geste dann zeitgenau zu beschreiben, gefällt mir nicht so. Also mir würde ein:... und nahm sie eine Weile in den Arm besser gefallen.


Aber … Das alte Haus, das sie geerbt hat, ist nicht zufällig abgebrannt.
Hier nochmal: Ihr Haus ist nicht zufällig abgebrannt. (das Erbe gar nicht erwähnen)

Sie hatte ihr Badezimmer vollgestopft mit Zeitungen und Plastikmüll.
Sie hatte ihr Badezimmer mit Zeitungen und Plastikmüll vollgestopft.
„Aber ich sehe sie doch immer so akkurat gekleidet.“
Oben hattest du aber beschrieben, dass man sich mal um sie kümmern müsse wegen den Zähnen. Als sie dann runderneuert kam, hast du das mit dem Jäckchen etc. extra beschrieben, so dass ich dachte, sie wäre zuvor NICHT akkurat gekleidet gewesen. :confused:

Und nach draußen lauschen, wenn die Kinder mit ihren Rädern den Kies aufwirbeln.
Beim Sturm?

Mir hat das Augenzwinkern beim Erzählen sehr gut gefallen, wenn ich die Protagonistin manchmal auch nicht so ganz in sich rund fand. Also einerseits sehr engagiert und auf der Höhe der Zeit, andererseits hat sie sich so von Frau Kienzle einlullen lassen, da hätte sie sich doch mit ihren Erfahrungen viel mehr in sie reindenken können bzw. wissen können, dass sie einfach neben der Kappe ist.

Jedenfalls habe ich den Text sehr amüsiert gelesen, weil er trotz des Themas einen leichten Humor hatte und ich finde, dass du das Thema sehr gut umgesetzt hast.

Liebe Grüße
bernadette

 

Liebe bernadette,

mit Ehrenämtern kenne ich mich bestens aus.

Das hab ich gleich gemerkt und bin froh darüber. Ich glaube, du bist über die zweiflerische Phase meiner Prota weit hinaus, erkennst sofort, wo die Gefahr besteht, von zwei (oder mehr) Seiten her vereinnahmt zu werden.
Meine Ich-Erzählerin muss die Balance erst noch lernen, aber grundsätzlich ist sie gewillt, ihre Zeit und Kraft ins Ehrenamt zu investieren.
Frau Kienzle allerdings macht es ihr nicht leicht. Denn anders, als Demenz landläufig dargestellt wird, kann sie immer noch sehr gut zwei und zwei zusammenzählen und ihre Bedürfnisse artikulieren.
In der ersten Fassung hat sie sogar ganz allein eine Busfahrt unternommen, eine alte Freundin besucht, aber nach einer Nacht wieder die Heimfahrt angetreten, weil die Freundin "es nimmer lang macht."

Das schreckliche Gebiss hat sie nur, weil sie sich hartnäckig weigert, den vom Betreuer ausgesuchten Zahnarzt zu akzeptieren.
Kleidungsmäßig ist sie unauffällig unterwegs mit einem Hang zu Rüschen wie so viele ältere Frauen;)
Die Ich-Erzählerin kennt sie nur vom Büro, vom Einkaufen und von Begegnungen auf der Straße. Über die Lebensgeschichte erfährt sie nur durch Nachfragen.

Dankefür die Hinweise auf Doppelungen. Habe alles verbessert. Friedel besteht bei den Siebzigern und Achtzigern auf Kleinschreibung. Mein Programm ist andere Meinung.

Das Kinderlied bleibt wahrscheinlich. Viele mögen es und ich auch (mein unverzichtbarer Darling:D).
Der bezugnehmende Satz ist gestrichen. Du hast recht, er wirkt hineingeflickt, was er ja auch ist.

... und nehme Frau Kienzle für fünf Minuten in den Arm

Sarkastischer Hinweis auf Zeitmangel in Pflegeberufen.

Jedenfalls habe ich den Text sehr amüsiert gelesen, weil er trotz des Themas einen leichten Humor hatte und ich finde, dass du das Thema sehr gut umgesetzt hast

Danke, liebe bernadette, der Humor ist an manchen Stellen auch ganz schön schwarz. Ich kann aber mit deiner Lesart sehr gut zurechtkommen.

Ich wünsche dir fröhliche Weihnachten und freue mich sehr auf das Wiedersehen im Juni.

Herzlichst
wieselmaus

 

Huhu und nachträglich Frohe Weihnachten, liebes Wieselchen!:)

Oh je - eine deprimierende und traurig stimmende Geschichte, die du in deiner so typisch herzlichen, wärmenden Art erzählst. Deine Geschichten sind irgendwie immer wie eine kuschlige, weiche Decke zusammen mit einer Tasse Kakao am Kamin - auch wenn diese Geschichte hier wie gesagt traurig ist.

Es ist wie immer sehr charmant und lustig erzählt, wie die gereiften Leutchen und Senioren mit den Problemchen und Problemen zurecht kommen - oder eben auch nicht, wie bei der armen Frau Kienzle.
Sehr gut und pfiffig übrigens von dir, uns im Unklaren darüber zu lassen, ob sie tatsächlich dement ist oder einfach nur das Opfer einer herzlosen, grausamen Gesellschaft, die überwiegend nur Undank und Ungeduld für ihre Alten übrig hat. Gab's da nicht mal so einen Spruch? "Der wahre Wert einer Gesellschaft bemisst sich daran, wie sie ihre Alten behandelt."
Gnade uns allen Gott, wenn das stimmen sollte!

Wie immer konntest du mich mit deinem unverkennbaren Stil zum Schmunzeln bringen:

[...] kommt Frau Kienzle runderneuert ins Büro.
Ausgebeult, neue Pleuel und ausgewuchtet!;)

Mir tat Frau Kienzle jedenfalls leid -in meinem naiven Glauben kann sie ab jetzt wenigstens Urlaub machen, wann, wo, mit wem und wie lange sie will!

Liebe wieselmaus, ich wünsche dir einen guten Start ins neue Jahr und vielen Dank für diese Geschichte, auch wenn sie traurig ist und ich nicht gern traurig bin. Aber andererseits achte ich bei meinen Gemetzeln ja auch nicht darauf, ob jemand gern etwas über explodierende Menschen liest!:D

Viele liebe Grüße vom EISENMANN

 

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