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In Athen
Am dritten Tag fühlten sich Grete und Hans in dieser riesigen Stadt mit viereinhalbmillionen Einwohnern schon sehr sicher. Hier war pralles Leben. Nicht nur auf breiten, mehrspurigen Straßen tobte ein gewaltiger Verkehr; sondern auch in kleinsten Gassen jagten dicke Autos, knallgelbe Taxi und wendige Zweiräder schnell eilende Fußgänger.
Nach einer Stadtrundfahrt wollten sie zu Fuß zum Hotel und marschierten los. Gleich links um ein Haus, bergauf weiter, doch bald waren sie im dichten Gedränge. Vor Hans laufend rief Grete: "Hier durch", er folgte, rannte gegen einen großen Kebab, ein Kerl schimpfte hinter ihm her, dann vorbei an einer proppenvollen Taverne und bis zur Ecke mit den Fixern aus Nordeuropa. Der Weg war falsch! Zurück, durch Menschenmassen, drücken und schubsen, Kamera unter die Jacke, da, eine Kreuzung. Ein Schild für Fußgänger, in Griechisch geschrieben, das wird die Richtung sein, hinein, ätsch, sie waren auf dem Flohmarkt! Händler und Kunden gafften sie an, schätzten sie ab, bereit, die Fremden auszunehmen. Steiler wand sich der Steg, Ende des Marktes, große Afrikaner in blauen, schmutzigen Gewändern, hielten ihnen Holzfiguren unter die Nase. Sie wurden schneller, schon Angst im Nacken, es war unheimlich. Noch eine enge Gasse, links und rechts bedruckte, schwarze Fetzen, mit Mustern von weißen Fratzen, Gerippen und Totenschädeln, schwarze Magie. Endlich weitete sich der steinerne Dschungel, vor ihnen ein Maschendrahtzaun, ohne Tür und Tor, dahinter eine Ausgrabung, also zurück.
Panik war nah, Gretes Augen flatterten vor Angst. Hans versuchte Ruhe zu geben, doch sie drängte weiter, wollte dem Spuk ein Ende bereiten. Wieder die Gasse der Fratzen, der flatternden, schwarzen Fetzen, danach blaue, verdreckte Kaftane, ein Tisch voller, alter Brillen, daneben Gebisse, Unter- und Oberkiefer, einzeln und paarweise, mit gelben, ekligen Zähnen. Hier stank es. Vorbei an Ständen mit Ringen für Ohr, Nase, Bauch und Zeh, Räucherkerzen, second-hand-Klamotten, dazwischen pickelige, lallige, fixe Girls, ein Bachant, viele Vögel in kleinen Käfigen - Flohmarkt eben. Junge und alte Menschen, dicht an dicht, drängend durch schmale Gänge schiebend, plötzlich stopp, halt, ein Knäul, Fußgängerstau, Reihe um Reihe vor beiden. Wieder glotzten alle sie an. Grete schob verstohlen ihre linke in seine rechte Hand, er hielt sie ganz fest. Langsam kam Bewegung in die Menge, Hans starrte seinem Gegenüber in die Augen, dieser wich, auch sein Hintermann ging zur Seite, sie wurden flotter, sahen weit hinten, noch sehr verdeckt, etwas Gelbes in der Sonne blinken. Schnell, voran, hindurch, ah, sie ahnten es, ein Taxi, die Rettung, hinein in das Auto, Tür zu.
Es war geschafft!