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In der Gonzen-Werkstatt
ernst offshore gewidmet
„Wo ist die Mexationskaluppe?“
„Die hängt am Fels.“
„Hängt sie eben nicht!“
Till steht auf und geht zum Fels. Der Haken ist leer. Nur ein hellgrauer Schatten zeigt, dass die Kaluppe dort seit ewigen Zeiten gehangen haben muss. Till schüttelt den Kopf.
„Dann weiss ich auch nicht, wo die ist. Wozu brauchst du die denn?“
Sebastian äfft ihn nach:
„Wozu brauch ich die denn? Zum Kaluppen, denk. Wozu wohl sonst?“
„Heute kaluppt doch niemand mehr, wir mexaten längst.“
„Du meinst, ich sei von gestern, oder was?“
„Hab ich nich‘ gesagt, nur dass wir mexaten, weil‘s schneller geht und billiger ist.“
„Ihr wollt immer alles schnell-schnell und billig. So entstehen dann die Sollbruchstellen und wir haben nix wie Ärger mit Reklamationen.“
„Das bisschen Ärger! Dafür steigt der Umsatz. Ausserdem hab ich noch nie kaluppt.“
„Dann komm mal her, ich zeig dir das.“
„Wie denn ohne Mexationskaluppe?“
„Theoretisch halt. Alles fängt mal theoretisch an. In die Praxis umsetzen musst du‘s eh selber. Also, ‘ne Mexationskaluppe hat zwei Hebel und dazwischen einen Schaft für den Mexa. Zum Mexaten genügt das. Erst wenn du die Hebel umlegst und zusammenpresst, dreht sich der Mexa und wird zur Kaluppe. Daneben ist die Flügelschraube, darunter eine rote Dreifachpunktierung mit einem Stift. Wir arbeiten dreikalupprig. Warte, ich zeichne dir das mal eben auf.“
Sebastian zeichnet mit raschen Strichen die wichtigsten Merkmale der Mexationskaluppe.
„So, hier, siehst du? Die Stelle, die du kaluppen willst, musst du mit einem Stichel markieren, damit du nicht abrutschst. Da setzt du mit der rechten Hand den Stift an und drehst die Schraube zweimal nach links, dann einmal, - aber Achtung: wirklich nur einmal! mit Gefühl nach rechts, bis es klackt. Das ist ein sensibler Moment. Pass auf, dass der Stift nicht verkantet, sonst bricht er ab. Mit einem leichten Schlag zentrierst du die Kaluppe und dann kannst du loslegen. Das braucht natürlich Kraft, daher die beiden Hebel ...“
„Ich bin Linkshänder“, unterbricht ihn Till.
„Oh Mann, dann machst du halt alles mit links. Wär nix für mich, musst du selber wissen.“
Till fragt staunend:
„Das funktioniert aber nur mit weichem Metall, mit Gummi oder Holz oder so?“
„Nee, nee, das hängt von der Grösse der Kaluppe ab. Mit ‘ner grossen kannst du sogar den Chapfensee oder die Pizolbahn oder meinetwegen auch die südliche Gonzenwand … Echt, mit ‘ner richtig guten Kaluppe ist das wie mit dem Glauben an Gott, damit kannst du Berge kaluppen.“