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India Palace

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04.08.2014
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India Palace

Das „India Palace“ ist das beste Restaurant in Neukölln. Das Essen ist mittelmäßig, die männliche Bedienung fett, verschwitzt und unfreundlich, wenn sie sich überhaupt mal auf der „Terrasse“ blicken lässt, das heißt bei den fünf abgenutzten Holztischen unter der schimmeligen Markise auf dem Gehweg, auf denen sich die benutzten Teller und Schüsselchen der Vor- und Vorvorgäste stapeln. Der Chef im schmutzigen Hemd in der offenen Küche ist mit vier Bestellungen komplett in der Scheiße, genauso wie seine Bedienung, sein Schweiß strömt und spritzt wie das Fett in den Pfannen, die Gewürzschalen fliegen. Seit 15 Jahren hat sich das Ding nicht verändert, im Gegensatz zu den sonstigen Lipopetten, Lollipops und Lokalitäten, die in der Gegend seit ein paar Jahren überall wie Pilze aus den lange leeren Läden schießen. Die beste Zeit für einen Besuch im „India Palace“ ist Sonntagabends, besonders wenn es regnet und das Wasser über den schwarzverkrusteten Stoff des Vordachs auf die Rückenlehnen der Stoffpolster rinnt. Dann ist nur noch die Seite am Fenster besetzbar, der Blick auf die massiv befahrene und bewanderte Herrmannstraße frei, das Öl und die Abgase vermischen sich mit den Bierfahnen und dem kalten Rauch der ur-berliner Eckkneipen, in denen Langzeitarbeitslose täglich von 9 Uhr morgens an ihre Stütze in „Schulle“ investieren, mit der Döner-Kotze der Studenten an der Ecke, Rückkehrer aus einer 36 stündigen Nacht von Freitag bis Sonntag, wo die letzten Rohrkrepierer der Menschheit durch Heroinspritzen puffen, wo Kalle-ohne-Auge mit blutiger Stirn und aufgeriebener Stimme „So sehen Sieger aus“ grölt, wo Bernd und Mimi nach einer Woche Maloche ihre 14jährige Tochter Sandra - Schwanger im Vierten - wöchentlich einmal fragen wie’s geht und Kampfhund Herbert sein eben Geschissenes frisst, wo die Hitze des Sommertages zu stickiger Schwüle zusammenschmilzt, da ergießt sich die Atmosphäre Neuköllns mit dem Regen über den schmucklosen Schriftzug „India Palace“ auf der Stoffbedachung in die Sitzkissen der Klappstühle, sickert in saturiertes Schwammgewebe, weicht verhärtetes Sitzfleisch. Essen und Bedienung? Halt’s Maul! Hier sind wir alle in der Scheiße. Lies meinetwegen Dein Buch, wenn Du den Intellektuellen raushängen lassen willst, aber quatsch nicht die Tischnachbarn an! - Ich steh‘ drauf! Endlich hat die ganze neuberliner Nettigkeit mal ein Ende, das ganze Heitschibumbeitschibummbumm der Aufstrebenden und Motivierten, der eifrigen Familien- und Unternehmendsgründer, der Macher in ihrer Wahlheimat, aus der sie was „machen“ wollen, der schönen Denker, der Guten und Hilfsbereiten, der Menschen, das ganze Pack der so genannten Kreativen und der Ferienhauptstädter, zu dem ich selbst auch schon geworden bin, wir alle fressen hier das gleiche wie Herbert der Kampfhund. Wir nennen es Chicken Korma, Chicken Vindaloo, Palak Panir, Malai Kofta, 72, 302, 46 and what not, es kommt, wenn überhaupt, mit langer Verspätung, in verschiedenen Farben und mit verschiedenen Beilagen, gespickt mit safrangelben Körnchen, genannt Reis, plattem Knusperbrot, scharf, genannt Papadam oder dick aufgebläht im siedenden Fett, dann heißt es Batura, aber was wir tatsächlich fressen – und wir fressen mehr als wir essen, wir Tiere - ist unser eigener Mist; und wir stöhnen genüsslich dabei hmhmhm, sabbern und schmatzen, eilig eifrig leckerlecker lobend lecker labend lecker loslegend.

Nach etlichen Pärchen mit Dreadlocks bis zum Arsch und einem Lächeln bis zum Himmel - göttlich geerdet sagt man - denen das Abräumen nicht schnell genug ging und die darum wieder gingen, kommen zwei stinknormal aussehende Kurzhaarblonde - sie und er - und reden über zu viel Arbeit und zu wenig Urlaub, aber etwas paddeln wäre vielleicht noch drin – was sie noch normaler und dadurch noch sympathischer macht. Ich gebe unsere Speisekarte rüber - der Kellner ist mit dem Heraustragen eines einzigen Bieres schon mehr als beschäftigt - und mahne zur Geduld. Die Karte, besser das Buch, das die Speisen auflistet, ist so dick, zumindest der Ledereinband, dass es locker als Abendlektüre dienen kann - auch ohne Essen. An dem überfüllten Tisch rechts neben uns findet sich ein Althippiepaar ein, die es auf Französisch tatsächlich schaffen den Keller zum Halten zu bringen, bevor dieser abwinkt und wieder abdampft, mit dem home service und der Styroporkiste wieder herausschießt, zu dessen Auto, an dem die Polizei gerade ein Knöllchen wegen Parken in zweiter Reihe anbringt, was den Chef aus der Küche rennen lässt, armwedelnd im verrußten Hemd, ehemals weiß mit blauen Nadelstreifen, mit feiner Fistelstimme haspelnd – das Knöllchen ist schon wieder verschwunden – „Danke, Danke!“, bevor er wieder in die Küche flitzt. Nachdem ich mit Fanny ein paar Worte auf Französisch wechsle, fragen die Althippies - glücklich jemanden gefunden zu haben, der ihre Sprache spricht - ob wir für ihr Söhnchen (17) und ihr Töchterchen (18) vielleicht zwei Zimmer in einer WG wüssten, Budget 750. Neukölln goes international. Der kategorische Imperativ der Antigentrifizierung gebietet postwendend Nein zu sagen, ich lasse mir aber lächelnd ihre Nummer aufdrücken, immerhin habe ich selbst eine Wohnung mit altem Mietvertrag (die Höhe der Miete macht Sozialfälle neidisch), die untervermietet werden will, wenn ich mein altes Viertel wegen meines neuen und lukrativen Jobs in Paris nicht mit meiner Anwesenheit beehren kann. Inzwischen sind auch unsere Biere auf dem inzwischen auch abgeräumten, aber von Reis und Gemüse mit roter Soße noch übersäten Tisch angekommen. Im Vorbeigehen zerdrückt der Kellner mit dem Daumen ein Stück kalte gegarte Paprikaschote und verschmiert es auf der Tischplatte, ursprünglich mit der spontan entstandenen Intention, das gute Stück zu reinigen. Ich schlage mein Buch auf. red-rag and pink-flag / blackshirt and brown / strut-mince and stink-brag / have all come to town // some like it shot / and some like it hung / and some like it in the twot / nine months young. Die Sache wird gemütlich. Die beiden Blonden links setzen gerade an von ihrem soeben verlebten Schwedenurlaub zu erzählen als eine aus der Warthestraße auf die Hermannstraße biegende Fahrradfahrerin mit einem Knall von einem Taxi umgenagelt wird. In einer heillosen Schrecksekunde, springen Hilfslustige auf und strömen Schaubereite zu. Zeitgleich kommt mein Vindaloo-Huhn. Der Kellner, glücklich darüber endlich eine gute Nachricht zu bringen, verkündet enthusiastisch: „So!“ Ich bin sonst Vegetarier und außerdem streng gegen Massenhühnerhaltung, woher das mir mit Schwung kredenzte Tier mit Sicherheit stammt, aber das Teil sprach mich spontan auf der Karte an und man muss tun, was das Bauchgefühl sagt. Some like it shot, some like it killed on the road. Ich sehe noch die Blutlache von dem zerplatzten Schädel auf der place de la République vor einigen Wochen, damals auch ne Radfahrerin, vom Müllwagen erfasst, einsames Flattern der Silberfolie über steifen Beinen. Aber dennoch, die Vindaloo-Volaille muss rein, ich futtere trotz meines von der allgemeinen Aufregung unter Schock stehenden und sich wehrenden Magens, stopfe und würge etwas nach, dann geht‘s. Die ehemals Radfahrende zu Boden vor dem noch heißen Benz-Kühler, rührt sich aber noch, es sah wohl zunächst schlimmer aus. Auch die Nachbarn links erreicht ihr Mutton mit Blaulicht und Sirene nach weiteren - nun ganz von selbst und ohne das Ahnen des Kellners lang gewordenen fünf Minuten. „Ist aber auch ne beschissene Ecke“ – „Ja, und die fahren alle wie die Bekloppten.“ – Das allgemeine Blabla zur Beruhigung des Magens und der Moral, wie ein Amuse-Gueule, eine Auster nach einer Achterbahnfahrt, délicieux, Champagnerblasen im Blut, noch ne Gabel Scheiße, sauf wenn du willst, aber halt endlich das Maul!

Unmöglich. Ich muss schon wieder übers Paddeln reden, Westhavelland, Bootsfahrer, die illustre Gesellschaft in Grütz, der Campingplatz, die herrliche Natur, auch Blond und Blond zwischen Vaxholm, Vidingö, Värmdö, von Malmö nach Stockholm 85, mehr als von Berlin über Stralsund (29) und Fähre (39), die spinnen die Schweden, wie die Deutschen, mit der Bahn. Und weil wir schon über Geld sprechen, lasse ich den Platzhirsch raus und erzähle von meiner Wohnung und den acht Jahren, die ich schon drin, und dem alten Mietvertrag und damals noch 250 für Ikea bei Einzug - was sie blass werden lässt - zahlen in der Leine schon zehn warm pro Meter hoch zwei, ich noch drei. Aber er, sagt er, will was, möchte Infrastruktur, kulturelles Angebot, wenn schon Stadt, denn schon weggehen, Kino, nette Leute, Kneipen, wenn schon Neukölln mit Unfall und Junkies und Herbert und etc. „Das möchte ich schon!“ Hat sich auch verändert das Viertel, Leute wie euch, sag ich, oder mich, hätten wir „damals“ noch nicht hier im India Palace getroffen, oder die zwei Franzacken-Hippies gleich rechts. Und dann geht’s gleich los über Immobilien und Preise und Politik und er zitiert Pispers über nasses Wasser und heißes Feuer und Raubtierkapitalismus, diesen übertriebenen Pleonasmus verblendeter Schönredner und Wünschelrutengänger der eigenen Gier. Was tun? Hinterfotzig das Leben, Wollen, Werden, Glücklichsein, pity this busy monster, menschenunähnlich. Er hat ein schlechtes Gewissen sagt er, mit seinem Job und seinen 10 warm pro Meter hoch zwei. Normale Entwicklung leiderleiderleider wir zerstören, wir vertreiben, wir ver- und entmieten das Leben, vorne schön, hinten fotzig, hinterfotzig, wir gentrifotzieren, fotzen uns wohl, some like it shot. Und dann die Kinder, some like it in the twot, Korruption der Scheiße und des Lebens wie es ist, was soll man tun und bieten? Kein besseres Leben? Neun Monate jung? Dann die Offenbarung: Schweiß von des Kellners Stirn klingt tropfend stumpf in Messingschälchen wie Gebetsgong und Mühlen der Zeit, kleingemahlen und würzig scharf, Vindaloozeit, fünf Feuerwehrwagen, Großalarm, Absperrung, wenn sie sie gar nicht mitnehmen ist es ein schlechtes Zeichen, die Zeit tropft wie fettige Soße in ein Glas ohne Boden, liegt sie noch da? Oder schweißnasses Schimmelwasser, nasses Markisenrinnen, Träufeln in aufgeschwemmte Schwämme, magenüberfülltes futtern fressen stopfen Anstatt abzunehmen wird das Chickenmuttonsoßereis immer mehr schwillt an quillt über Tische triefen die Scheiße steht uns bis zum Kinn aus allen Poren blubbert tropft speichelt wichst was raus, wir lächeln blubbernd sabbernd reden Tacheles; in Schweden alles sauteuer Immobilien der Wahnsinn, aber nur 15% Eigenkapitalrendite, muss mir erst mal erklären was das wieder heißt, dann bläht die nächste Blase sich vor mir auf und wir sehen alles untergehen, wir Genies, aber zunächst bläht es sich auf, blubbernd, safrangelb, vindaloogelb, kochend brodelnde Zeitblase, Soße des Da, bis ich merke, es ist meine Hirnblähung, die sich mit der des Blonden paart, zwei Nacktschnecken einander in den Wülsten liegend, kackebraun, kopulierend, dann die Überflutung des Neokortex, groß wie das ganze Eckhaus die Blase unserer Hirnkotliebe, es droht wie ein Tsunami aus mir auszubrechen, leihen ohne zurückzuzahlen, wo besitzen, ich auch ich auch, wir feinen bürgerlich-integrierten Antikapitalisten, von werweißwo Dahergeschwommenen! Oder ein Boot, wie ein König in seinem schwimmenden Königreich, von Havel bis Hamburg, von April bis November hunderte Rentnerkönige, in ihrer eigenen Blase. Und in Berlin, alles wird teurer, nur für wen? Jobs gibt‘s keine außer Promo- und Telefonfragescheiße. Häuslein bauen, auf dem Lande? Mir reicht mein Bafög schon zum Abbezahlen. Mir fällt das Muttermal auf dem Oberschenkel von Blond neben mir auf und ihre schönen Beine braun schwedenbraun Vaxholm braun Vindaloo spicy mir fällt auf dass ich ihren Mund gerne küssen würde füllen mit meinem überquellenden safrangelben blubbernden ihren nürnberger Schmalmund mit der Angestelltenschmalzunge oder Akademikerin wo ist der Unterschied beide sind schleimproduzierend den liebelispelnden Spitzlippen ihre schon bediente zum Platzen gefüllte Kehle füllen überfüllen ersticken mit mir und meinen neun Monate alten Wünschen some like it in the twot some like it in the Fot meine überpralle Kehle ihre mit der Zunge vom Anus aus durch das ganze breiigbraune Safranbreiige das Gaumenzäpfchen kitzeln futtern fressen fotzen streicheln Linda und Marcel blond wie wir dunkelblond sonnengebrannt abgepaddelt durchgeschwedet die Stadt stellen wollen das Gestell Berlin hier noch 35% Freiheit genannt Eigenkapitalrendite 15% Zukunft ich stelle mir vor wie sie stöhnt ganz nah bei ihr schönes Lachen ihr Freund Marcel diese badenwürtembergische Flachzange ist höchstens für Fisten und sklavisch-versaute Misshandlung gut, wäre aber auch schön. Als wir den „India Palace“ nach drei Stunden wieder verlassen wollen sie uns ihre Nummer auch noch geben, ich sage Ja und meine Nein, natürlich, und der Meister der gestapelten Dreckteller bekommt drei Euro extra, vielzuviel, nur um ihn zu motivieren, bloß nichts zu ändern.

 

Hey Maronymo,

bin da nach der Hälfte ausgestiegen. Am Bildschirm zu kleben und einen Text ohne Abschnitte zu lesen, der dann auch noch aus ewig langen Sätzen besteht, will nicht in meinen Kopf. Du könntest ab und zu mal einen Punkt mehr setzen und noch mal drüber lesen, da verstecken sich einige Fehler.

 

Ich finds geil. Der Text ist voll drauf, der transportiert Wahnsinn. Dieser Formalismus betont die Atemlosigkeit, gegen Ende dreht es dann richtig ab, das muss so. Erzählen tut er nix, will er aber bestimmt nicht. Funktioniert das auf längere Sicht? Keine Ahnung. Hier und jetzt rockt das!

Gruss Jimmy

 

Hallo Maronymo

Nach den ersten zehn oder zwölf Zeilen wurde es mir zu langweilig. Dann habe ich grosse Teile übersprungen, den Text nur stellenweise gelesen, um zu prüfen, ob er weiter langweilt. Hat er.

Gruss teoma

 

Ja, ist schon eine recht klassische Geschichte, vom Stil auch ein bisschen altbacken, aber ganz nett.;)
Ne, krasser Text. Mich hast du auf jeden Fall erreicht. Hab den jetzt drei Mal gelesen, da ist ein richtiger Sog drin. Jimmy hat schon recht, auf jeden Fall ist das ein Trip. Weiß nicht genau, ob er mir gefallen hat, aber man ist, glaub ich, ziemlich uncool, wenn das nicht gefällt, also mag ich das jetzt lieber mal. Ich glaub übrigens schon, dass er was erzählt. Irgendwas mit Berlin und Gesellschaft, ich will mich da jetzt nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen mit der Interpretation. Ich glaube, sowas haben die bei Wettbewerben ganz gern. Also ich lese das jetzt einfach nochmal.

 

Hey Maronymo,

ich bin ein bisschen unsicher, was deinen Text betrifft.
In einer gewissen Art und Weise finde ich deinen Schreibstil ziemlich cool - hektisch, umgangssprachlich, realitätsnah. Eigentlich genau das, was ich so gar nicht schreibe und was ich auch nicht oft lese.
Aber manchmal gefällt mir das und du hast es definitiv toll herübergebracht.
Allerdings schließe ich mich mal an - ein paar Absätze hier und da hätten dir gut getan, denn manchmal war es wirklich mühsam zu lesen.

Insgesamt eben aber auch nichts Außergewöhnliches; eben ein Ausschnitt aus dem Leben, welcher den hektischen Alltag gut einfängt.

Und rüber lesen klingt gut, da verstecken sich wirklich noch ein paar Fehler.

Liebe Grüße,
Lyn

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus Maronymo, willkommen hier.
Natürlich ist das keine Kurzgeschichte im klassischen Sinn. Na und? Ein extravagantes Leseerlebnis war es allemal für mich. Sehr schnell, sehr bilderreich, sehr sprachgewaltig, sehr sprachoriginell.
Ein ausschweifendes Dahinfabulieren im besten Sinn, ein assoziativer Amoklauf quasi, der mein, des Lesers Hirn in diese Richtung driften ließ und in jene. Für mich war‘s ein sehr inspirierendes und stimulierendes Kopfkino. Vielleicht auch deshalb, weil ich es las, während ich in einem Railjet mit hundertachtzig Sachen durch die Nacht rase. Ein wahrhaft schneller Text, wirkt hingefetzt irgendwie, aber gut hingefetzt.
Mir hat‘s gefallen.

offshore

 

Hallo Maryonfo,

ja, gut hingefetzt. Müsste ich nochmal lesen, um wirklich mehr sagen. Der Text lädt irgendwie dazu ein, einfach mitzugehen und schnell weiter zu lesen, man wird erschlagen von Bildern und Worten und Ideen, und man darf nicht stehenbleiben, weil man grad ne Assoziation nicht sieht oder ein Wort nicht kennt, das lässt der Text iwie nicht zu und das will er auch nicht, der kann nur in einem Tempo gelesen werden, also geht man einfach weiter und weiter und schneller - schon interessant. Das ist sprachlich natürlich auch gut gemacht und auf einem hohen Niveau. Für einen Neuling sowieso. Hat mir gefallen.

MfG,

JuJu

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey, ich freue mich total über eure Rückmeldungen! Diejenigen, die den Text mochten, haben ihn auch "verstanden" oder besser noch - gefühlt, um was es geht. Das ist schon sehr geil. Danke auch für die Anmerkungen bezüglich Rechtschreibfehlern. Ich habe die, die ich gefunden habe, ausgebessert. Wenn euch noch was auffällt, sagt Bescheid, ich glaub' ich hab' zu lange draufgestarrt und nehme Details nicht mehr wahr. Außerdem habe ich zwei Absätze eingefügt wo ich es für möglich und angesichts der Lesebedingungen auch für sinnvoll hielt.

Beste Grüße!
Max

 

Hej Maronymo,

ob ich den Text in Deinen Sinne verstehe, weiß ich nicht, deswegen mach ich mir jetzt mal keine allzu große Mühe.

Das „India Palace“ ist das beste Restaurant in Neukölln.
Ich find's das braucht es nicht, ich meine, darum geht es doch irgendwie, oder? Warum das dem Leser gleich zu Beginn aufdrängen (und ehrlich gesagt, auch ziemlich lahm).

Mir gefällt der Text da, wo er sich nicht so umheimlich um Wortgewalt bemüht und einfach nur erzählt.

Das Essen ist mittelmäßig, die männliche Bedienung fett, verschwitzt und unfreundlich, wenn sie sich überhaupt mal auf der „Terrasse“ blicken lässt, das heißt bei den fünf abgenutzten Holztischen unter der schimmeligen Markise auf dem Gehweg, auf denen sich die benutzten Teller und Schüsselchen der Vor- und Vorvorgäste stapeln. Der Chef im schmutzigen Hemd in der offenen Küche ist mit vier Bestellungen komplett in der Scheiße, genauso wie seine Bedienung, sein Schweiß strömt und spritzt wie das Fett in den Pfannen, die Gewürzschalen fliegen. Seit 15 Jahren hat sich das Ding nicht verändert,

Da wo das ganze Fahrt aufnimmt, wird es nach meinem Empfinden unsauber. Teilweise Blabla.
Das wirkt dann runtergeschrieben, wie eine Übung (als eine solche find ich das lobenswert), die mit aller Kraft (die sie dann auch braucht) versucht, mehr zu sein. Ich hab das Gefühl, ich werd mit Wörtern bombardiert, die auf ihren Knalleffekt hin ausgesucht wurden, damit man nicht bemerkt, dass insgesamt kaum Substanz da ist.

eilig eifrig leckerlecker lobend lecker labend lecker loslegend
Hat was von "Kinder, heute sprechen wir über den Buchstaben "L".
Hey, wie kann man da nicht sehen, dass Kommas fehlen?

Diese Neukölln-Thematisierung find ich eher uninteressant, als Aufhänger. Dieses "Guckt mal, was man in dirty Neukölln Abgedrehtes erleben kann", das bräuchte es für mich nicht.

Gruß,
Ane

 

Mahlzeit Geronimo, äh ... Maronymo!

Ich hab mir das Ding rauskopiert nach Word, um es größer zu machen in Serifenschrift. Weißt ja, alte Männer und die Augen. Ich schaff es einfach nicht ohne Absätze.

Im ersten Teil hat der Zug Fahrt aufgenommen und zwar ohne Lokführer und Stellwerkkontrolle. Gut so. Strom auf die Motoren bis zum Anschlag und ab dafür. Ein wirklicher Hinleser.

Im zweiten Block aber kam ich ins Straucheln, wie Usain Bolt, den man im Laufen mit Tennisbällen bewirft. Der Strom fiel manchmal kurzzeitig aus, stockte. Kann man noch steigern, dachte ich? Schachtelsätze nach Nietzscher Bauweise sind okay, solange Geschwindigkeit drauf ist. Aber die Richtung muss stimmen.

Das Gleis des Wahnsinns sollte man nicht verlassen. Nicht für noch mehr Wahnsinn, denn das negiert sich gegenseitig.

Hm, ein wenig kürzer, wäre ein Versuch wert.

Morphin

 

Hi Ane,
danke für Deine Mühe. Wieso jemand, der erzählende Texte mag, einen Text kritisiert, der nicht nur erzählen will, verstehe ich zwar nicht, aber klar, jeder kann hier sein Mitteilungsbedürfnis ausleben. Mit den Ls hatte ich auch ein kleines Problem, fand es aber letztlich ok auch kindisch oder naiv erscheinende Alliterationen zugunsten des improvisierten Stils zu behalten. Ob Du das Thema Neukölln im Allgemeinen interessant findest oder nicht, ist mir ehrlich gesagt egal. Ich "erfinde" keine Geschichten, alles ist spontan und echt und kommt so raus wie es da ist. Wem das dann nicht passt, liest es halt nicht...
Max

 

Danke für Deine Anmerkung, Morphin.

Das Gefühl mit den Tennisbällen kann ich nachvollziehen, geht mir auch so. Das kommt durch die mehr und mehr fehlende grammatische Form, die fehlenden Satzzeichen zum Beispiel, und die Reihung und Verknüpfung von Elementen, die teilweise logisch, hauptsächlich aber eben grammatisch nicht aufeinander folgen, das stört die Gewohnheit des Auges. Das nennst Du vermutlich "das Gleis des Wahnsinns für noch mehr Wahnsinn verlassen". Dass man da nicht gerade auf dem Gleis weiterfahren kann, ist klar. Da muss zurückgelesen, quergelesen und auch mal überlesen werden.

Ich denke mir zweierlei: Zum einen finde ich ganz allgemein, dass lesen nicht immer ein Vergnügen sein muss, dass es Hürden und Unwegbarkeiten geben darf, dass man sich auch mal unwohl fühlen darf, herausgefordert und sogar genervt. Zum anderen halte ich den Text inhaltlich noch gar nicht für so "wahnsinnig" (Sex und Gewalt sind hier zum Beispiel kaum und noch auf Kinderstubenniveau entwickelt), als dass er nicht etwas grammatischen Overkill vertragen würde. Ansonsten hast Du Recht, grammatische Verwirrung in einem Text von Sade wäre vermutlich absolut drüber und zerstört die eigentlich so "schöne" Spannung zwischen Verführung und Ekel. Beim Lesen von Burroughs "Naked Lunch" zum Beispiel stehe ich oft vor diesem Problem, ich fühlte mich schon in der Erzählung völlig verloren und werde noch mit komischen sprachlichen Monstern beballert. Und dann kommen da Sätze, die schon für sich so kraftvoll und fast magisch leuchtend sind, dass ich weiterlesen muss, oder wieder zurück, oder quer, über Anderes und Vieles hinweg. Aber das hat - soweit ich das sehe - mit dem kleinen Text "India Palace" hier oben eigentlich nichts zu tun.
Beste Grüße!
Max

 

Hi Ane,
danke für Deine Mühe. Wieso jemand, der erzählende Texte mag, einen Text kritisiert, der nicht nur erzählen will, verstehe ich zwar nicht, aber klar, jeder kann hier sein Mitteilungsbedürfnis ausleben. Mit den Ls hatte ich auch ein kleines Problem, fand es aber letztlich ok auch kindisch oder naiv erscheinende Alliterationen zugunsten des improvisierten Stils zu behalten. Ob Du das Thema Neukölln im Allgemeinen interessant findest oder nicht, ist mir ehrlich gesagt egal. Ich "erfinde" keine Geschichten, alles ist spontan und echt und kommt so raus wie es da ist. Wem das dann nicht passt, liest es halt nicht...
Max

Du scheinst was Wesentliches an dieser Seite nicht begriffen zu haben - es geht hier nicht um Mitteilungsbedürfnis, sondern Textarbeit. Wenn Ane sich mit deiner Geschichte beschäftigen will, weil sie zuvor viele lobende Kommentare liest und sich denkt, oh, das will ich jetzt auch lesen und dann aber der Text ihr nicht das gibt, was er anderen gibt und sie versucht es dir mitzuteilen, dann nimm das auch als solches an und degradier das nicht als "Mitteilungsbedürfnis". Es gibt hier auch Leser, die deinen Text nicht so doll finden, und wenn sie das kommentieren, ist es nicht, um dir eins auszuwischen oder um sich mitzuteilen, sondern dir zu sagen, der Text funktioniert nicht für alle.

Und natürlich erfindest du hier keine Geschichten, du bist ja schließlich Journalist und berichtest über das Wahrhafte und Echte - das müssen wir erst einmal würdigen. :rolleyes:

Und ob die Leute das hier lesen oder nicht, das entscheidet jeder für sich. Du hast es online gestellt, es publik gemacht, komm auch mit den negativen Meinungen jetzt klar. Extrem undankbarer, nerviger Kommentar, Maryonomo, vielleicht solltest du mal deine Attitüde überdenken.

 

Hi Maronymo!

Anfangs zog mich dein Text in den Bann. Vor allem sprachlich. Ein wenig erinnerte er mich an den jungen, unverbrauchten Stil von Helene Hegemann. Dann die lebendige Beschreibung des Lokals. Sie hatte so etwas Ur-Indisches an sich, ich fühlte mich ganze Sätze lang ins alte Bagdadi-Restaurant von Bombay versetzt, roch die scharfen Currys, sah die fettverschmierten Finger der Kellner, die Schmutzränder auf Geschirr und Inventar und hörte die unvermeidlichen Fliegen summen. Dann kam leider nichts mehr nach. Vor allem wurde keine Geschichte aus deinem ... hmm ... Stimmungsbild. Je länger du erzähltest, desto rasanter, wirrer und bemühter erschien mir deine Sprache. Stellenweise hatte ich das Gefühl, der Autor möchte sich selbst überholen in Wort und Ausdruck. Du stopfst zu viel rein. Da kommt man ja mit dem Runterschlucken nicht nach.
Habe es aber trotzdem gerne gelesen. Sprachlich hättest du einiges drauf, wenn du dem Grundsatz folgen würdest: Manchmal ist weniger mehr. Und, bevor ich es vergesse, so nebenbei auch noch eine Geschichte erzählen würdest. ;)

Netten Gruß,
Manuela

 

Lieber JoBlack,
wenn jemand einen Text liest und merkt, dass das nicht seine Schiene ist, ist das doch super. Das habe ich überhaupt nicht kritisiert. Schon aber die Art zu sagen, ich gebe mir erst überhaupt keine Mühe zu verstehen, was der Text eigentlich will und stülpe da pauschal mein eigenes Vorverständnis davon, wie Literatur zu sein hat, drüber. Sorry, aber das kann mir keiner als "Textarbeit" verkaufen. Ganz so emotional, wie meine Antwort klang, war sie allerdings auch nicht gemeint. Es ist also auch nicht nötig hier als Papa aufzutreten und den Neuling zurechtzuweisen, zumal mit so zynischen Bemerkungen wie "du bist ja schließlich Journalist etc", was ich ehrlich gesagt auch für keine Attitude halte (mal abgesehen davon, dass es nicht stimmt). Aber wie man's in den Wald ruft, so klingt's halt oft auch wieder raus. Um den Kreis zu durchbrechen, sag ich Ane und Dir, JoBlack, es tut mir ehrlich Leid, wenn ich den Verhaltenskodex dieser Seite nicht eingehalten und schlechte Stimmung verbreitet haben sollte. Ich finde diese Seite und den Austausch bisher nämlich tatsächlich ziemlich toll. Ich behalte mir aber die Freiheit, mir nicht alles gefallen zu lassen, auch wenn's von nem "Moderator" oder "Senior-Mitglied" kommt.
Mit freundlichen Grüßen!
Max

 

Hallo Maronymo

Willkommen hier im Forum.

Gestern, als ich diesen Text las, gewann ich beinah den Eindruck in einem alternativen Restaurantführer zu blättern, solche Modererscheinungen gibt es. Die Intensität des erzählten Geschehens ist durchaus wortreich verdichtet, wie Blitzlichter die kurz aufleuchten. Für manche Leser mag dieses Lebhafte ausreichen, einmal einen voyeuristischen Blick in eine untergründig wirkende Kneipenszene zu werfen, sie wohlig schaudern zu lassen. Nur ist es wie dargelegt lediglich eine Fingerübung, da es sich totläuft, es bleibt beim Beschreiben, ohne an der soweit erkennbaren Handlung zu reifen und zum Wesentlichen, dem was eine Geschichte ausmacht, zu führen. Schade dachte ich mir, auch wenn ich kaum Wert auf degoutante Sprüche lege, die Kulisse hätte sich als Hintergrund zu einem schillernden Stück geeignet.

Heute habe ich nun Deine Antworten zu den Kommentaren gelesen, da ich mir davon etwas mehr Aufschluss über Deine Intention versprach. Dass „es Hürden und Unwägbarkeiten geben darf, dass man sich auch mal unwohl fühlen darf, herausgefordert und sogar genervt“, klingt mir verständlich. Es bleibt jedoch offen, wieso du es unterlassen hast oder es Dir nicht gelang, den Knackpunkt zu lösen, und eine wirkliche Geschichte zu verfassen. – Du hast das Wort Mitteilungsbedürfnis eingeworfen, was leicht auch den Umkehrschluss zuliesse, Dir sei es letztlich so ergangen. Ich denke aber, Du könntest daraus mehr machen, es auch in letzter Konsequenz als Geschichte umsetzen.

Ich sah eben Deinen letzten Kommentar, in dem Du Dich gegen (voreingenommene) Belehrungen wehrst. Dieses Recht steht jedermann zu, denn jeder Autor kann nur selbst entscheiden, wann er seine Arbeit als vollendet wahrnimmt. Es gibt jedoch Kriterien, die eine Geschichte von andern Textformen abgrenzen. Und wenn Kritik hier ansetzt, ist es ein Hinweis, der einem Autor durchaus hilfreiche sein kann, sofern er will. Dass jede Kritik in sich richtig ist, muss damit nicht gesagt sein, doch sicher immer bedenkenswert.

Noch viel Spass hier beim Lesen, Kommentieren und Schreiben.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Mahlzeit Freundinnen und Freunde des Wortes,

ich persönlich bin ja eine vollkommene Niete in Deutsch. 6 setzen. Trotzdem hab ich immer geschrieben. Zu anfangs - mal abgesehen vom ersten Roman mit 13 - nur Gedichte. Aaaaber ... wenn ich sag "Gedichte", dann sag nur ich das, weil ich null Ahnung hatte, was ich da eigentlich schrieb.

Okay, heute, mit 50, weiß ich, dass man es "Lyrische Kurzprosa" nennt, und ich habe mir viel anhören müssen, von den Experten oder Nichtexperten, dass dies KEINE GEDICHTE SIND! Damit würde ich all die deutschen Dichter vergangener jahrhunderte beleidigen.

Nun ja, ich hab dann mal weiter gemacht, mit den "Gedichten". Klar, in der Schule kamen wir zu Kurzgeschichten, irgendwann. Hm, ja, manche Texte fand ich gut, aber so viele Kurzgeschichten-Autoren haben die Deutschen ja nicht. Ein Stiefkind der hiesigen Literatur. Der DEUTSCHE muss einen ROMAN schreiben, sonst ist er literarisch gesehen kein guter DEUTSCHER, so wurde uns das beigebracht.

Kurzgeschichte? Direkter Einstieg? Nicht mehr als 30 A4-Seiten? Öhm, ja, okay. Zum Disput hier:

Anfang und Ende hab ich jetzt in Geronimos Text auch nicht unbedingt gefunden, eine Geschichte aber schon. Auch wenn sie verkapselt ist, in ein Geflecht aus Adjektiven und Schachtelsätzen verwoben, es gibt sie. Nur kommt man nicht so leicht dran. Im Prinzip sind es immer die Geschichten IN UNS, auf die wir mit den Worten gestoßen werden. Die Geschichte des Gaffers ist zweifellos drin, des zynischen Beobachters, des zwar zweidimensionalen Intellektuellen, während der dreidimensionale Intellektuelle ihn beobachtet

Und natürlich sprechen die Moderatoren oder Alten oder wer auch immer manches kritische Wort, weil auch viel Neulinge hier sind, und ich als Neuling vor vielen Jahren gerne einen roten Faden gehabt hätte ...

Mein Vorschlag zum Kompromiss wäre, das Ding den "Experimenten" zu übergeben, denn am Ende, wollen wir doch auch über den Inhalt diskutieren, seine Bedeutung für uns.

Gell?

Morphin

 

Hi Ane,
danke für Deine Mühe. Wieso jemand, der erzählende Texte mag, einen Text kritisiert, der nicht nur erzählen will, verstehe ich zwar nicht, aber klar, jeder kann hier sein Mitteilungsbedürfnis ausleben. Mit den Ls hatte ich auch ein kleines Problem, fand es aber letztlich ok auch kindisch oder naiv erscheinende Alliterationen zugunsten des improvisierten Stils zu behalten. Ob Du das Thema Neukölln im Allgemeinen interessant findest oder nicht, ist mir ehrlich gesagt egal. Ich "erfinde" keine Geschichten, alles ist spontan und echt und kommt so raus wie es da ist. Wem das dann nicht passt, liest es halt nicht...
Max

Alles klar, ich wollte gerade etwas zu deinem Text schreiben, aber du hast mich ganz ehrlich "menschlich" vergrault. Steig mal runter von deinem hohen Ross. Sowas ist unsympathisch.

 

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