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Irgendwie anders...

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22.04.2004
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Irgendwie anders...

Irgendwie anders...


Eisiger Wind wehte in unregelmäßigen Abständen über den alten Marktplatz und wirbelte Laub auf.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es viertel vor sechs war. Also war ich zu früh, hatte noch eine ganze halbe Stunde.
Ich strich mir eine Strähne aus der Stirn und ging langsam auf eine der Bänke zu, die unter alten Kastanien standen, welche rings um den Platz postiert waren.
Ich liebte diese Bäume. Sie strahlten immer eine gewisse Ruhe aus.
Mit einem leisen Seufzer schloss ich die Augen, blickte zum Himmel und atmete tief ein. Die Luft war kalt und stach in meiner Brust, doch das störte mich nicht weiter.
Nach einer Weile öffnete ich die Augen wieder und sah direkt gegenüber von mir ein Pärchen. Die Beiden waren einige der wenigen Menschen, die sich bei diesem Wetter draußen aufhielten.

Ich beobachtete sie eine Weile, sah, wie sie Zärtlichkeiten austauschten und sich küssten, sich so nah waren in aller Öffentlichkeit und doch ganz für sich.
Wurde traurig...
Meine Erinnerungen entglitten mir und ich sah es wieder vor mir.
Ein ähnlicher Tag wie heute war es gewesen, nur war der Himmel klarer. Ich konnte mich viel zu gut daran erinnern.
So auch diesmal...
Skizzenhaft sah ich die Klasse vor mir. Lautes Stimmengewirr begleitet von leisem unterschwelligen Gemurmel und schließlich das Öffnen der Tür. Er trat ein...

Ich schüttelte kurz den Kopf und vertrieb die Gedanken sowie meinen verschwommenen Blick.
Als sich meine Sicht wieder geklärt hatte, war das Paar verschwunden, aber trotzdem blieb immer noch diese Traurigkeit.
So könnten wir nie da sitzen. Ich legte meinen Kopf schief und versuchte, es mir vorzustellen, doch es gelang mir nicht. Zu surreal war dieser Gedanke und das war meine Schuld.
Ich war feige!
Ich gestand es mir ein, doch ändern wollte ich nichts. Warum auch? Es war bloßer Selbstschutz. Ich hätte es vermutlich nicht ausgehalten, von den anderen verspottet zu werden.
Ach was verspottet, das wäre noch nett gewesen...
Keine Sekunde würden sie mich in Ruhe lassen, wenn sie es wüssten.
In ihren Augen wäre ich dann nicht normal.
Jetzt passte ich noch in ihre Reihen, ich passte mich auch an. War genau wie sie.
Normal....
Ich lachte leise auf.

Normal, was ist das schon.
Nur ein Wort.
Ein Wort, an dem die Menschen das fest nageln, was sie für den Standard halten.
Und was tue ich?
Ich verleugne mein Selbst, um akzeptiert zu werden.
Ich ignoriere mich, nur um aufgenommen zu werden, in einer Gesellschaft, die Angst vor dem Anders-Sein hat.
Was ist schon falsch daran, sein Leben zu leben?
So zu leben, das man selbst glücklich ist?
Ist es wirklich richtig, sich selbst, zu belügen, nur um den anderen das vorzuspielen, was sie sehen wollen?
Ist es richtig, sich selbst seelische Schmerzen zuzufügen, nur damit die Anderen glauben, man sei das, was in ihren Augen richtig ist.
Wie kann man denn überhaupt so ein Leben leben wollen!?

Ich seufzte und sah noch einmal gen Himmel, als sich plötzlich zwei Arme von hinten um mich schlangen und mein Herz für einen Moment aussetzte. Bevor sich ein beruhigendes Gefühl in meinem Magen breit machte.
Ich lächelte.
Ja, genau in solchen Momenten wusste ich es. Für solch ein Gefühl lohnte es sich einfach, irgendwie anders zu sein...

~EndlessRain~

 

Hallo zusammen,
also zuerst einmal ich war mir nicht sicher ob das Thema hier oder in Alltag reingehört. Wenn`s hier also fehl am Platz ist einfach verschieben.

Ansonst wollte ich nur sagen ich die KG für die Schule geschrieben habe und irgendwie hänge ich an ihr. Ich weiß zwar auch das dieses Thema schon ziemlich abgeschrieben ist, aber ich wollte es halt einfach mal versuchen.

Würde mich auf jeden Fall über eure Meinung freuen.
Auch Kritik ist erwünscht!

LG EndlessRain

 

Hi Endless Rain
also erstmal Gratulation zu dem Namen, der ist wirklich herrlich melancholisch :D

Was ist schon falsch daran, sein Leben zu leben?
Diese Zitat bringts wohl auf den Punkt, darum geht es in deiner Geschichte. Nur um zu prüfen, ob ich alles richtig verstanden hab, resümier ich nochmal kurz.
Also da ist ein Mädchen, das hat einen Freund, der irgendwie anders, komisch ist oder sonstwie nicht in die Gesellschaft passt und sie fragt sich ob es jemals möglich sein wird, dass sie dies publik macht. Am Ende entscheidet sie sich dazu, ihre Linie durchzuziehen und sich nicht von anderen beeinflussen zu lassen.

Du hast recht, das Thema ist abgegriffen, aber ich bin selbst ein Fan von abgegriffenen Themen, denn ich denke, jeder muss selbst seine Erfahrungen machen.
Nichstdestotrotz gefällt mir deine Geschichte. Stilistisch und sprachlich ist sie auf einem guten Niveau und flüssig geschrieben. Ich muss allerdings gestehen, dass ich sie mir zweimal durchlesen musste, bevor ich verstanden hatte, warum dein Prot so verzweifelt ist.
Ich hab mir auch oft solche Gedanken gemacht, wie du und ich schätze mal, du hast ziemlich viel persönliche Erfahrung mit einfließen lassen. Wenn nicht, auch ok, dann Respekt für die ausgeklügelten Gedankengänge.

Normal, was ist das schon.
Also grammatisch gesehen müsste da jetzt ein Fragezeichen hin, aber welchen Poeten kümmert schon die Grammatik... :D
Oh dieses Wort, dieses verflixte Wort. Normal. Darüber haben sich wahrscheinlich schon mehr Menschen Gedanken gemacht, als der Strand Körner hat, was allerdings kein Grund ist, warum du es nicht auch tun solltest. Ich sags nur, weil ich selbst schon eine ganze Geschichte über das Thema "normal" geschrieben hab.
Die Frage "was ist normal" stellt sich glaube ich jeder irgendwann und es gibt eigentlich keine Antwort darauf, und trotzdem muss man darüber nachdenken, wie wir diesen Begriff heutzutage handhaben. Das was alle tun ist normal. Du hast das herrlich herauskristallisiert, Lob dafür.
Kritik gibts vor allem für die Rechtschreibfehler (komm ich gleich noch zu) und die manchmal etwas sehr melancholische- teilweise fast schon kitschige- Schreibweise
Ich seufzte und sah noch einmal gen Himmel
Ist nicht bös gemeint, aber "gen" benutzt man einfach nicht mehr (wenn ich mir für diesen Spruch nicht wieder Ärger einheimse :shy:
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, das es viertel vor sechs war
dass
Skizzenhaft sah ich die Klasse vor mir
Wie wärs mit "schemenhaft"?
schließlich das Aufgehen der Tür
Aufgehen hört sich irgendwie komisch an. Das "Öffnen" passt vielleicht besser, musst du selbst entscheiden.
Als sich meine Sicht wieder geklärt hatte, was das Paar verschwunden,
war
Ich legte meinen Kopf schief und versuche es mir vorzustellen
versuchte und dann Komma
Ach was verspottet, das wäre wohl noch nett gewesen...
Lass das "wohl" raus, klingt zu umgangssprachlich, passt überhaupt nicht zu deinem Depri- Stil ;)
Jetzt passt ich noch in ihre Reihen ich passte mich auch an
passte und Komma nach "Reihen"
Ist es wirklich richtig, sich selbst, zu belügen, nur um den Anderen das vorzuspielen, was sie sehen wollen?
anderen klein, kommt im Satz danach nochmal
Wie kann man denn überhaupt so ein Leben leben wollen!?
Herrlich, der ist dir wirklich gelungen! :thumbsup:
Für solch ein Gefühl lohne es sich einfach, irgendwie anders zu sein...
lohnte

Also, dann hör ich jetzt auf, nach dieser ellenlangen Kritik und hoffe, du machst weiter so.
Freu mich auf mehr von dir.
Gruß
b

 

Hallo Endless Rain,

dein Text vermittelt den Eindruck, dass die Angst des "Icherzählenden Protagonisten noch nicht ausgestanden ist. Er lamentiert über ein Anders sein, ohne, dass genau klar wird, in elcher Form er anders ist. Meine Idee war, dass es um einen Jungen und dessen Homosexualität ging, du also die Story aus der Perspektive eines Geschlechts geschrieben hast, welches nicht mit deinem übereinstimmt. Dabei finde ich es eigentlich gar nicht schlecht, dieses Anders sein unklar zu lassen oder die Homosexualität nicht explizit zu erwähnen, es wäre aber ein Hinweis auf das Geschlecht des Prot schon hilfreich gewesen.
So bleibt es letztlich ein Lamento, da wir nicht wissen, ob die Andersartigkeit nur in der Fantasie stattfindet.
Es mag gut sein, dass sie unklar bleibt, denn sie kann einfach "Einsamkeit" bedeuten, kann in anderen Interessen liegen, in einer gewissen Freakhaftigkeit, in einer anderen Frisur oder einer anderen Hautfarbe. Die Ausgrenzungsprobleme sind ja immer vergleichbar. Oft aber ist es so, dass sichjemand einfach nur anders fühlt, es aber nicht ist, die Andersartigkeit also als Entschuldigung für die eigenen Schwäche, auf andere zuzugehen verwendet wird. Darin sehe ich das Problem bei deinem Text, dass das nicht klar ist. Es gibt eben auch die Möglichkeit, die Schuld für alles auf eine "intollerante Gesellschaft" zu schieben, um sich nicht mit sich auseinanderzusetzen. Dieses Gefühl habe ich leicht, wenn der Vorwurf der Intolleranz eben so diffus ist.
Ich hoffe, das einigermaßen verständlich geschrieben zu haben.

Noch einige Stilhinweise:

Ich strich mir eine Strähne aus der Stirn und ging langsam auf eine der Bänke zu, die unter einer alten Kastanie standen, welche rings um den Platz postiert waren.
was war denn hier nun rings um den Platz positioniert? Nach deinem Satz die alte Kastanie (eine einzige).
Ich liebte diese Bäume.
Ws sind also mehrere? dann würde ich vorschlagen: ... auf eine Bank zu, die unter einer der alten Kastanien stand.
Auch merkwürdig. Du kommst wohl um die Doppelung nicht wirklich herum. also eine der Bänke unter einer der alten Kastanien
Mit einem leisen Seufzer schloss ich die Augen, blickte zum Himmel und atmete tief ein.
er blickte also mit geschlossenen Augen zum Himmel?
Ich konnte mich gut daran erinnern doch eigentlich verdrängte ich es, so gut es eben ging.
Vielleicht alles ab "doch" streichen, stattdessen "viel zu" vor gut, um anzudeuten, dass die Erinnerung nicht behaglich ist.
begleitet von leisem unterschwelligem Gemurmel
leisem unterschwelligen
Bevor mich meine Erinnerungen vollends fort tragen konnten schüttelte ich kurz den Kopf,
sowie meinen verschwommenen Blick.
wie schüttelt man einen verschwommenen Blick?
Jetzt passt ich noch in ihre Reihen ich passte mich auch an.
beim ersten "passte" fehlt ein e
Ich verleugne mein Selbst, um als normal akzeptiert zu werden.
würde ich streichen, weil der Satz dann mE dringlicher ist.
Ich ignoriere mich, nur um aufgenommen zu werden, in einer intoleranten Gesellschaft, die Angst vor dem Anders-Sein hat.
Die Wertung "intollerant" ist deutlicher, wenn du sie nicht "schreibst"
Auf umgangssprachliche Kürzungen wie "vorm" würde ich in einem solchen Text verzichten. Ist aber eher eine Geschmackssache.


Lieben Gruß,sim

 

Hallo,
erstmal euch beiden vielen Dank fürs lesen und für die Kritik hab mich sehr gefreut.

@Ben Wieland


Ben Wieland schrieb:
also erstmal Gratulation zu dem Namen, der ist wirklich herrlich melancholisch :D

*lach* Danke *grins*

Ben Wieland schrieb:
Also da ist ein Mädchen, das hat einen Freund, der irgendwie anders, komisch ist oder sonstwie nicht in die Gesellschaft passt und sie fragt sich ob es jemals möglich sein wird, dass sie dies publik macht. Am Ende entscheidet sie sich dazu, ihre Linie durchzuziehen und sich nicht von anderen beeinflussen zu lassen.

Ja, eigentlich stimmt das aber es MUSS nicht zwangsläufig ein Mädchen sein. Aber ich habe den Teil dem Leser überlassen also ist es egal wer es wie sieht. Eigentlich wollte ich nicht mal sagen das ihr/sein Freund männlichem Geschlechts ist.


Ben Wieland schrieb:
Ich hab mir auch oft solche Gedanken gemacht, wie du und ich schätze mal, du hast ziemlich viel persönliche Erfahrung mit einfließen lassen. Wenn nicht, auch ok, dann Respekt für die ausgeklügelten Gedankengänge.

Stimmt in der Geschichte steckten ziemliche viele persönliche Erfahrungen und dann wiederum auch irgendwie gar keine. Ich hab versucht die Gedanken die einem durch den Kopf rasen könnten einfach mal einzufangen. ^^



Ben Wieland schrieb:
Also grammatisch gesehen müsste da jetzt ein Fragezeichen hin, aber welchen Poeten kümmert schon die Grammatik... :D

Grammatik? Was ist das? :D


Ben Wieland schrieb:
Kritik gibts vor allem für die Rechtschreibfehler (komm ich gleich noch zu) und die manchmal etwas sehr melancholische- teilweise fast schon kitschige- Schreibweise.

*seufz* Ich weiß. Leider hab ich keine Ahnung wie ich das los werde. Ich setzte mich jedes Mal hin und schwöre mir diesmal machst du es besser und dann? Man sieht’s ja... *seufz*

Dankeschön auf jeden Fall dir noch Mal. Hab mich besonders über das Lob gefreut^^ Deine Verbesserungsvorschläge hab ich übrigens noch eingearbeitet.


@Sim

sim schrieb:
Meine Idee war, dass es um einen Jungen und dessen Homosexualität ging, du also die Story aus der Perspektive eines Geschlechts geschrieben hast, welches nicht mit deinem übereinstimmt. Dabei finde ich es eigentlich gar nicht schlecht, dieses Anders sein unklar zu lassen oder die Homosexualität nicht explizit zu erwähnen, es wäre aber ein Hinweis auf das Geschlecht des Prot schon hilfreich gewesen.

Bingo, stimmt. Meine Ursprüngliche Idee war auch diese gewesen und ich hatte auch ganz am Anfang vor überhaupt kein Geschlecht zu nennen, weder für den Protagonisten noch für seinen Freund.
Ich wollte das "anders" halt nicht definieren. Deswegen auch der Titel "Irgendwie anders".

Lg EndlessRain

 

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