Jeder bekommt, was er verdient
Sein rotes Blut verfärbte den Schnee. Langsam tropfte es von seiner Nase. Er lag gekrümmt auf dem Boden, sein rechtes Bein in Gips, und sah nach unten. Der Schnee lag kalt auf seiner Haut, doch das war ihm jetzt egal. Er wollte sich jetzt nicht bewegen. Er wollte einfach nur da liegen und nachdenken. Joe war schon immer das Klassenopfer gewesen, doch als er sich das Bein bei einem dummen Skiunfall auf der Klassenfahrt brach und damit die Klassenfahrt abgebrochen werden musste, wurde er von allen gehasst. Nun war er das perfekte Ziel – so wehrlos.
Doch der eigentliche Grund, warum Joe von allen ausgelacht wurde war, dass er sich auch ohne Gips nicht wehren konnte und deswegen lag er auch heute hier auf der Strasse. Marc, der Schulschläger hatte ihn wieder einmal zusammen geschlagen.
Zu Hause angekommen verarztete die Mutter Joes Wunden, während er Fern sah. Sie fragte Joe schon gar nicht mehr, was geschehen war. Joe kam fast täglich mit blauen Flecken nach Hause. Und er weigerte sich immer strickt, wenn die Mutter etwas unternehmen wollte.
„Wenn du etwas sagst, dann verhauen die anderen mich nur noch umso schlimmer!“, hatte er einmal gesagt.
Nach ein paar Wochen konnte Joe den Gips endlich abnehmen. Er hatte sich geschworen, sich nie wieder so rum schubsen zu lassen. Doch wie, das wusste er selbst noch nicht.
Am nächsten Montag, in der Mittagspause, schlug Marc Joe das Tablett aus der Hand und ging, als wäre nichts geschehen weiter. „Aufheben, Arschloch!“ hörte Marc hinter sich. Er drehte sich um. Es war Joe, der das gesagt hatte. Marc ging langsam auf ihn zu. „Wie bitte?“, fragte er langsam und ein bisschen verwundert.
„Aufheben, Arschloch, hab ich gesagt.“, erwiderte Joe.
„Niemand nennt mich Arschloch!“, schrie Marc und rannte auf Joe los, die Faust neben dem Gesicht. Doch im letzten Moment trat Joe zur Seite und stellte Marc ein Bein. Marc fiel hin und stand sofort wieder auf. Wutentbrannt schlug er wieder zu doch Joe duckte sich und schlug Marc auf die Nase. Wieder fiel Marc hin. Er lag auf dem Boden; die Nase blutig. Joe drehte ich um, nahm Marcs Tablett, setzte sich hin und aß. Er wusste selbst nicht, wie er das geschafft hatte, doch er tat so, als hätte er genau gewusst, was er tat.
Keiner in der Mensa wusste genau, was er tun sollte.
Seit dem legte sich niemand mehr mit Joe an, doch ein Außenseiter war er immer noch.