Was ist neu

Jemand, der den Teufel gesehen hatte

Seniors
Beitritt
02.01.2011
Beiträge
982
Zuletzt bearbeitet:

Jemand, der den Teufel gesehen hatte

Mein Vater läuft voraus. Das tat er immer schon. Wir hinter ihm; er mit großen Schritten, den Rücken durchgestreckt, fünf Meter vor uns, auf dem Sandweg. „Wie bei den Türken“, nannte mein Bruder das; er sagte es, wenn meine Mutter, er und ich hinter meinem Vater liefen, auf dem Weg zu irgendeinem Italiener, einem Wirtshaus oder dem Parkplatz.
Über diese Schritte sprach mein Vater mit mir, als ich vielleicht zehn war. Wir gingen durch die Stadt, vorbei an Handyshops, Dönerläden, Tageskneipen; er ging mit großen, sicheren Schritten, in Hemd und Sakko, schwarzen Wildlederschuhen; er drehte sich um, zu mir herunter, sah, wie ich hetzte und sagte: „Ich weiß noch, wie das war, wenn ich mit meinem Vater gelaufen bin, dem Obba; dass er so verdammt große Schritte gegangen ist. Dass ich richtig hetzen musste. Daran erinnere ich mich; wie ich neben ihm laufe, und er riesige Schritte macht, und ich nicht hinterherkomme.“
Später fuhren wir mit dem Stadtbus von seinem Schuhladen nach Hause. Auf dem Stoff des Sitzes klebten Kaugummis. An den Rückenlehnen gesprayte Taggs. Mein Vater breitete eine Tageszeitung, die er gerollt unter dem Arm trug, auf meinem und seinem Sitz aus, bevor wir uns setzten. Sein Gesicht wirkte angespannt; die Babuschkas in der Sitzreihe vor uns grüßte er nickend. Mit geradem Rücken saß er da. Im Bus sprachen wir kein Wort.
Wir stiegen aus, den kurzen Weg zum Reihenhaus zündete er sich eine Zigarette an, ging sehr langsam und inhalierte.
Mein Vater rauchte im Büro über seinem Schuhladen weiße Philip Morris. Das Büro stand immer voller überfüllter Kartons. Einmal zog er die Schreibtischschublade auf, und zeigte mir zwei Stangen türkische Philip Morris. Er grinste, als teilten wir nun ein Geheimnis.
Ich erinnere mich an einen langen, heißen Sommer, als ich ein Kind war. Ich führte stundenlange philosophische Gespräche im kleinen Gartenstück hinter dem Reihenhaus mit meinem Vater; mein Vater vertrat den Standpunkt, dass Geld nicht so wichtig sei und Jesus nie jemanden geschlagen und sich auch nie gewehrt hätte. Das verwunderte mich am meisten.
Einmal fuhren wir mit dem alten Ford in den Italienurlaub, und mein Vater war so von Zorn zerfressen, dass meine Mutter, mein Bruder und ich uns für mehrere Stunden ins Hotelzimmer einsperrten.
„Du kommst hier nicht rein! Bis du dich abreagiert hast!“, rief meine Mutter vom Balkon. Ich sah ihn draußen auf dem italienischen Pflasterstein-Gehweg auf und ab tigern, in schwarzem Hemd, rauchend.
Eine Zeitlang betrank er sich schrecklich abends auf der Terrasse, alleine, und bedrohlich ruhig wie ein Hund, der beißen wird.
Aber dann wurde er wieder der Vater, mit dem ich philosophische Gespräche führte, und er ging mit meinem Bruder und mir die Straße hinauf zum kleinen Spielplatz, um stundenlang gegen meinen Bruder an der Tischtennisplatte Matches zu spielen, bei denen er lachte, die Hände über den Kopf schlug und meinem
Bruder auf den Rücken klopfte. Ich stand daneben, lachend, und kommentierte die Matches wie ein Nachrichtensprecher - mit Herzblut, ich schwitzte ebenso, wenn wir zuhause ankamen und meine Mutter für das Abendessen gedeckt hatte.

Im Sommer, als ich zwölf war, ertrank mein Bruder in einem der öffentlichen Badeseen, an einem Stück, das nicht zum Schwimmen freigegeben war. Er war sechzehn.

Mein Vater hängte ein postergroßes Foto meines Bruders in dickem Holzrahmen an die Raufasertapete neben seinem Schreibtisch. Auf diesem Foto trug mein Bruder eine Sonnenbrille, lächelte und ging über einen Sandstrand. Die Sonne strahlte hinter ihm.

Die Beerdigung über war mein Vater von einem unbändigen Zorn befangen; auf dem Parkplatz prügelten wir uns beinahe. Ich heulte, meine Beine zitterten, und ich schrie: „Ich steige hier nicht aus! Ich will da nicht hin!“ Mein Vater hatte mich am Arm gepackt, mit blutrotem Kopf, dicker, blauer Ader an der Stirn und fauchte: „Du kommst mit!“
„Ich haue dir eine in die Fresse, ich sag‘s dir!“
„Du kommst mit!“
Es machte mich irre, dass er mein Handgelenk nicht losließ; ich schlug und trat nach ihm, auf dem Beifahrersitz.
Er blieb ruhig.

Er trug die Asche meines Bruders zum Grab; mit erhabenen, langsamen, großen Schritten. Die Urne hielt er mit beiden Händen, ein Stück von sich gestreckt, vor der Brust, wie ein Priester. Er blickte nicht vor oder zurück; er weinte nicht. Er verzog keine Miene. Da war nur etwas sehr Müdes und Weiches an seinem Blick; etwas Kindliches. Von der Friedhofskirche den Sandweg entlang, bis zur Urne. Die Sonne brannte vom azurblauen, wolkenfreien Himmel. Es hatte achtunddreißig Grad im Schatten. Er führte den Trauerzug an: die Tanten, Onkels, seine Mutter, mich und seine Ehefrau, die jugendlichen Freunde meines Bruders, seine Klassenkameraden mit deren Eltern hinter ihm. Er trug ein Seidenhemd und schwarzes Sakko, Krawatte und Anzugshose. Er ging mit durchgestrecktem Kreuz.
Der Priester spritzte Weihwasser auf die Urne und zwei Bestatter ließen sie an einem Seil in den Boden.
Danach gingen wir alle Essen, wir scherzten und lachten. Niemand sprach über meinen Bruder. Später legte sich meine Mutter in das Bett meines Bruders, steif und auf den Rücken, und weinte. Mein Vater nahm sie am Handgelenk; er setzte sich auf die Matratze. Er sah unendlich erschöpft aus; das Gesicht voller Falten, aschfahl. Was dann geschah, weiß ich nicht mehr.
In den großen Ferien freundete ich mich mit einem Jungen aus meiner Parallelklasse an, und wir begannen, tagelang mit den Fahrrädern durchs Viertel zu fahren. Wir tranken Alkopops und rauchten Zigaretten. Aber nie konnte ich meinen toten Bruder, wie er dalag, im Krankenhausbett, vergessen. Die verschrumpelte, gelbe Haut. Der offene Mund. Meinen Bruder so gesehen zu haben, wurde zu meinem Geheimnis; ein Geheimnis, das ich mit meinen Eltern teilte, aber über das wir schwiegen.
Einmal fuhren wir mit den Rädern am Laden meines Vaters vorbei; und ich sah, wie er hinter dem Kassentresen stand und mit einer Frau im kurzen Kleid redete. Er lachte, und so hatte ich meinen Vater noch nie lachen sehen. Sie strich ihm über den Arm, ganz beiläufig.
Seine Haare verfärbten sich in diesem Sommer von rabenschwarz zu silber. Im Keller fand ich Ölgemälde von ihm, die er als junger Mann angefertigt hatte; signiert mit Kade.
Ich sah ihn einige Male auf der Terrasse sitzen, nachts, mit Rotweinglas, glasigem Blick und schwerer Zunge; „Na, wo kommst du her?“
„Von draußen.“
Er blickte mich lächelnd an, fast stolz. Einmal sah ich, dass er eine geöffnete Bibel in den Händen hielt.
Meine Mutter bekam oft keine Luft; atmend, mit der Hand am Herz, saß sie blass auf der Couch, die Beine hochgelegt. Mein Vater hinter ihr, die Hände auf ihren Schultern.
Ein paarmal weckte mein Vater mich nachts. „Komm mit, Kurzer.“
„Wohin?“
Wir fuhren mit dem Ford durch die Stadt, er rauchend am Steuer. Er sprach von Diebesbanden. Vor seinem Laden hielten wir; er rüttelte an der Glastür.

Er renovierte den Laden; er steckte alles an Vermögen, das er bei der Bank geparkt hatte, in neue Böden, Wände, Regale, Lichter und die Glasfassade.
Er stand vor dem ersten Tageslicht auf, und kam, als ich schon im Bett lag. Von meiner Mutter erfuhr ich, dass er den Umbau wie ein römischer Feldherr führte; obwohl er nur Mieter in diesem Gebäude war. Er befehligte den Bauherrn, die Monteure und Arbeiter.
Einmal warf er Brote über den Esstisch, vergrub sein Gesicht in seine Hände und gab ein zorniges, verzweifeltes, erschöpftes Wimmern von sich.
Bei der Einweihung kam der Bürgermeister, und das Foto eines Lokaljournalisten wurde in der Zeitung gedruckt.
Aber die Kunden blieben aus. Der Käuferzuwachs, den mein Vater sich erhoffte, trat nicht ein.
An der Geburtstagsfeier meines Onkels bemerkte ich den Bauch, der sich bei meinem Vater gebildet hatte.
Meine Mutter musste ihn von einer Kneipe abholen, weil er sturzbetrunken in der Toilette einen Weinkrampf bekommen hatte. Seine Beine versagten ihm; er konnte nicht mehr aufstehen. Sie trugen ihn ins Auto, und hatten Sorge, es wäre ein Schlaganfall.
Sie schrien sich in der Küche an; ich hörte es in meinem Zimmer. Wenn ich in die Küche kam, räumten sie Tassen ein oder spülten Teller ab.
Ich zog aus und schwängerte ein Mädchen. Ich war siebzehn. Ich begann eine Ausbildung zum Hotelfachmann und verkaufte Flaschenbier und Doppelzimmer hinter Rezeptionen.
Meine Freundin verlor ihr Kind; dann verließ sie mich.
Meine Mutter bekam Tabletten; aber erst, nachdem sie drei Jahre eine Psychotherapie besuchte, verschwanden ihre Herzschmerzen.
Meine Eltern musste ich mit dem Auto von einer Hochzeit abholen; mein Vater hätte während der Feierlichkeiten einen Heulkrampf in der Toilette bekommen. Er saß völlig fertig hinter mir, auf dem Rücksitz. Er sprach kein Wort, blickte aus dem Fenster, wie jemand, der den Teufel gesehen hatte.
„Das passiert ihm bei Hochzeiten“, sagte meine Mutter.
Eine Zeitlang lieh ich meinem Vater Geld; er hatte mir einen Kontoauszug gezeigt, in seinem Heimbüro, auf dem der Betrag von 283 Euro stand. „Das wirft der Laden aktuell ab“, sagte er. Sie lebten vom Krankengeld meiner Mutter.
Dann endete das abrupt; mein Vater blockierte meine Zahlungen.
Sie beauftragten einen Ausverkäufer und verkauften ihr komplettes Lager; anschließend schlossen sie den Laden.
Er begann schrecklich zu trinken; und nahm so viel zu, dass sich sein Gesicht verformte; er bekam ein neues, anderes Gesicht, pralle Backen, seine Augen wirkten ängstlich. Dann begann etwas, das sein Leben änderte. Es begann damit, dass er die Büsche und den Rasen, die um das Gartensofa, das mein Bruder so liebte, gewachsen waren, herrichtete; er schnitt das Grün in Form, düngte den verdorrten Rasen, mähte und wässerte ihn.
Innerhalb von Wochen richtete er den Garten seines Reihenhauses her; er rüstete sein Werkzeug auf, pflanzte Gemüsebeete, Rosen, Erdbeeren, Himbeeren, Rosmarin, und baute zwei Tomatengewächshäuser. Jede freie Minute verbrachte er in seinem Garten. Unter seinen Nachbarn bekam er den Ruf als derjenige, mit dem schönen, idyllischen, hergerichteten Garten.
Ich war fünfundzwanzig.
Ich besuchte meine Eltern; mein Vater saß im Garten, unter der neu errichteten Pergola, und winkte mir zu, mit überschlagenen Beinen und Weizenglas, als ich durchs Gartentor kam. Neben ihm saß ein Mann, Mitte dreißig. Sein Name war Wadim; er und seine Frau seien vor kurzem ins Nachbarhaus gezogen. Sie hatten ein Baby und einen Dackel.
An der Art, wie mein Vater und Wadim sich anblickten, verstand ich ihre Beziehung. Sie hatten mit der Schubkarre in Wadims Garten gearbeitet. Wadim und Julia brachten meinen Eltern Mitbringsel aus ihrem Italienurlaub mit; am Zaun oder Parkplatz unterhielten sie sich. Meine Mutter erzählte mir, dass Wadims Vater gestorben sei, als er fünfzehn war, in Kasachstan. Wir schütteln uns die Hände. Er arbeitet als Ingenieur in der Großindustrie.

Ich habe eine kleine Tochter. Mein Vater geht vor uns; mit großen, geschäftigen Schritten. Wenn ich ihn frage, was er den ganzen Tag tut, antwortet er, er hätte so viel zu tun, er könne das gar nicht alles aufzählen; das Haus; Einkäufe; letzter Papierkram nach der Geschäftsauflösung; Bürokratie mit dem Staat. Natürlich der Garten. Radfahrern weicht er nicht aus. Er geht mit durchgestrecktem Rücken, geballten Fäusten. Er möchte die ganze Welt wissen lassen, dass er im Krieg mit ihr ist; aber da sind auch die Ölgemälde in seinem Keller. Als Kind habe ich mit ihm im Garten gezeltet, und über die Sterne philosophiert. „Warum sieht man manche Sterne nicht, wenn man sie direkt ansieht?“ Er trägt Seidenhemd, Wollpullover und Lackschuhe; am Imbissstand reden wir über die Schönheit dieser Stadt, ich erzähle, meine Tochter sei bereits mit offenen Augen geboren, neugierig und wach. Später erzählt er von Wadim, beiläufig, in einem Nebensatz, und ich merke, wie da mehr ist als das Gesagte. Gemälde in seinem Keller. Er blickt weg von mir, zieht an der Zigarette, der Wind streicht ihm durchs Haar.

 
Zuletzt bearbeitet:

Mega spät, entschuldigt alle lieben Kommentatoren, es liegt nicht an euren Kommentaren, ich habe gerade äußerst viel um die Ohren, sodass ich bis jetzt leider keine Kapazität zum Antworten gefunden hab! Ich werde euch evlt. etwas zusammenfassender antworten, ansonsten zieht sich meine Antwort noch länger hin :aua:

Liebe @Chai,

vielen lieben Dank fürs Lesen & Kommentieren! Interessante Leseart - teilweise abseitig von dem, wie andere es gelesen haben, gerade, wie dunkel/negativ du die Vaterfigur siehst (aber auch völlig legitim auf Grundlage des Textes), deine sprachlichen Vorschläge sind Gold.

ich hab deine neue Geschichte gerne gelesen und finde sie auch nicht unstrukturiert.
schön!

Beim ersten Durchlauf war mir zwar der Anfang etwas zu lang, aber den brauchst du, um die Fallhöhe zu demonstrieren.
Der Anfang ist tatsächlich irgendwie lang, mich stört das selbst ein wenig

Die Szene mit der Zeitung im Bus muss für mich unbedingt drinbleiben, weil sie gut zeigt, wie der Vater von einem Extrem ins andere fällt.
Schön!

Dass die Bilder im Keller stehen, ist für mich ein Hinweis darauf, dass er seine Träume nach und nach begraben muss. Im wahrsten Sinne. Und diese regelmäßigen Wutausbrüche verstärken das Bild noch.
Schön!

Ich sehe ihn da schon im Armani-Anzug langspazieren, bevor du Italien erwähnt hast.
Das freut mich

Ich habe den Eindruck, dass der Vater den älteren Sohn bevorzugt hat, dazu würde auch die These von Wadim als Ersatzsohn passen. (Das ist mir allerdings erst in den Kommentaren klargeworden, aus dem Text habe ich das nicht gelesen, aber da stand ich wohl auf dem Schlauch. Das springt einen ja förmlich an.)
Danke für die Rückmeldung - ja, ich bin am überlegen, ob ich das stärker betone, ich weiß nicht, ob einen das wirklich so ins Auge fällt, mit der Ersatzsohndynamik

Interessant finde ich auch die Familiendynamik. Der Vater konnte als Kind selbst nicht mit dem Obba Schritt halten, tut seiner Familie aber das gleiche an. Auch das ist für mich ein schönes Bild, weil es zeigt, wie der Erzähler Im Laufe des Textes immer mehr zurückfällt. Als Kind hat er noch viel mit dem Vater philosophiert, auf den Busfahrten herrscht Schweigen.
Der distanzierte Ton des Erzählers unterstreicht das Verhältnis nochmal, er schaut die ganze Zeit zu, beim Tischtennis noch enthusiastisch, dann schottet er sich immer mehr ab, um mit der Situation einigermaßen umgehen zu können.
Die Mutter bleibt im Hintergrund. Still und unscheinbar folgt sie dem Vater die Straße hinunter. Zwischendurch lehnt sie sich zwar auf, weil die Probleme einfach nicht mehr zu übersehen sind, aber spätestens nach dem Tod des älteren Sohnes kocht jeder sein eigenes Süppchen. Die Mutter leidet an gebrochenem Herzen, der Vater stürzt ab und der Erzähler tut so, als ob ihn das alles nichts anginge.
Sehr gut gefiel mir auch, wie du den Alkoholismus des Vaters entwickelst. Erst ist es nur eine vorübergehende Phase, die nach dem Tod des älteren Sohnes akut wird und dann alltäglich. Die Tageskneipen sollten auch drinbleiben, es gibt ja diese 24-Stunden-Dinger, in der Regel sind das Eckkneipen, und damit zeigst du mit einem Wort, wie es um den Vater steht. Der Garten und der Ersatzsohn tun ihm zwar gut, aber auf mich wirkt das eher wie eine Phase, in der er etwas stabiler ist, wirklich über den Berg scheint er mir nicht zu sein, wie das Weizenbier zeigt. Mit seinen Lackschuhen und dem ordentlichen Hemd wirkt er eher wie ein abgehalfterter Schlagersänger, und der Imbiss verfestigt das Bild bei mir noch. Dass er zum Schluss wieder vor den anderen die Straße hinunterstiefelt, zeigt, dass er sich eigentlich nicht verändert hat, seine Enttäuschung ist nur größer geworden.
Schön. Also, sehr nachvollziehbar, wie du das interpretierst, auch gar nicht hundert Prozent d'accord mit dem, wie ich die Backstory konkret gedacht hatte, fast besser, wie du das liest!

Für mich war das alles stimmig und richtig gut!
Danke!

Das hab ich ja vorher schon erwähnt, aber gerade fiel mir noch ein, dass es auch zeigen könnte, wie unangenehm es dem Vater ist, mit dem Bus zu fahren und nicht in einem schicken Sportwagen.
Ja, andere haben das anders gelesen, aber so war es gemeint - er hat bereits seinen Wagen verkauft

Um das dreifache hätte zu vermeiden, könntest du sagen: ... dass Jesus nie jemanden geschlagen und sich auch nie gewehrt hätte. Das Fette könntest du streichen.
gekauft

Vielleicht eher aschfahl?
gekauft

Rest auch gekauft :)

Er sprach von Diebesbanden
Auch eine krasse Szene. Und wieder wundert es mich nicht, dass der Erzähler so distanziert wirkt. Die Paranoia des Vaters greifst du dann ja auch nochmal in seinem ängstlichen Blick auf. All diese kleinen versteckten Hinweise und Bilder finde ich sehr stark!
Schön!

Ja, lieber zigga, wie du merkst, lese ich aus dem Text ganz viel heraus und kann nur wiederholen, dass ich das richtig gut gemacht finde. Hut ab!
Danke!

Hallo @linktofink

vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren.

gefällt mir gut der Text, für mich ist das eine unaufdringliche und vielschichtige Charakterstudie, die mich berührt hat und überzeugt.
Danke schön

wenn ich mit meinem Vater gelaufen bin, dem Obba
Für mich fällt das Obba aus dem sound und verflacht durch das innerliche Aufkichern unnötig. Meine Lesart.
Ah, ja, kann man so lesen

Sein Gesicht wirkte angespannt und ernst; die Babuschkas in der Sitzreihe vor uns grüßte er nickend.
"die Babuschkas" finde ich problematisch, das ist ja die Stimme des jungen Erzählers und da finde ich diese sortierende und dezent xenophobe Zuschreibung störend. Denkt er das und wenn ja warum oder hat er das übernommen und wenn ja von wem? Schwierig.
Ja, politisch nicht korrekt - aber Leute sind nun mal nicht politisch korrekt. Babuschka, für mich kann das abwertend klingen, muss es aber nicht, das ist ja letztendlich einfach nur ein Begriff wie Omi, den kann man abwertend nutzen oder neutral. Natürlich hängen da Zuschreibungen am Begriff, aber wer sagt, dass meine Figuren politisch korrekt sind? Das würde nicht zu ihrer Sozialisierung, wie ich sie vor Augen habe, passen

Einmal zog er den Schreibtischschrank auf
Zog er den ganzen Schrank auf, oder eine Schranktür oder Schublade?
den kompletten! :D

Ich führte stundenlange philosophische Gespräche im kleinen Gartenstück hinter dem Reihenhaus mit meinem Vater
Dass der Vater stundenlang TT spielt, finde ich glaubhaft. Dass er stundenlang philosophische Gespräche führt, kann ich mir weniger gut vorstellen, denn dafür müsste er sehr mitteilsam, gelöst und gesprächig sein, was der sonstigen Darstellung seines Charakters als jemand, der von inneren Kämpfen aufgefressen wird und mit durchgestrecktem Kreuz um die äußere Fasson ringt, widerspricht.
Ja, das müsste man wohl mehr szenisch zeigen

dass Geld nicht so wichtig sei und Jesus nie jemanden geschlagen hätte
wie hängen diese beiden Themen zusammen?
Na wenn man als Zehnjähriger stundenlang philosophiert!

Einmal fuhren wir mit dem alten Ford in den Italienurlaub, und mein Vater war so von Zorn zerfressen, dass meine Mutter, mein Bruder und ich uns für mehrere Stunden ins Hotelzimmer einsperrten.
Warum, wo kommt das her, was ist passiert? Das steht so nackt im Text.
Das stimmt

Der Priester spritzte Weihwasser auf die Urne und ließ sie mit Seilzug in den Boden.
bei den Urnenbestattungen, bei denen ich anwesend war, hat der Priester das nicht selbst gemacht, dafür gab es Helfer. Und einen Seilzug habe ich auch nicht gesehen, das ist ja eine Vorrichtung mit Gestell und 2 Rollen zur besseren Kraftübertragung bei großen Gewichten. Da würden einfache Seile genügen. Ist ev. lokal unterschiedlich?
Guter Hinweis, danke, geändert

und wir begannen tagelang, mit den Fahrrädern durchs Viertel zu fahren
und wir begannen, tagelang mit den Fahrrädern durchs Viertel zu fahren. Das tagelang bezieht sich ja aufs Fahrradfahren und nicht auf das Beginnen.
ebenso

Gefällt mir sehr, da steckt so viel drin, die gescheiterten Träume des jungen Mannes, die Affäre, die nicht gelebt wird, die Selbstbetäubung als Folge von schmerzhaften, nicht verarbeiteten Erfahrungen.
Freut mich!

Ein Wort noch zum Titel: ich finde ihn leider unpassend, weil das reißerische Versprechen, das er gibt, zum Glück vom Text nicht eingehalten wird. Das ist für mich so eine Liga mit "Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen." Zu viel Bombast. Vllt. ein Regal weiter unten wählen, damit ist dem Text mMn mehr gedient.
Ja, danke für den Punkt, ich verstehe den Einwand, aber irgendwo verkauft ein Titel ja auch was, ich finde auch, zumindest ist das mein architektonisches Verständnis bzw. Hoffnung, dass es so gelesen wird, dass es im Text im Kern um den Verlust eines Sohnes geht, und um die Bewältigung, den Weg dahin, das zu verarbeiten. Es passiert noch mehr, aber möchte ich den Text platzieren, und die Heulkrämpfe, der Text sagt das nicht explizit, aber ich verorte sie dorthin, und solche Momente, in christlichem Vokabular gesprochen, sind doch ein dem Teufel ins Auge blicken

Hab das gerne gelesen und mich gerne damit beschäftigt.
Danke sehr!

Liebe @Silvita

vielen Dank dir fürs Lesen und Kommentieren.

auch ich hab Deine Geschichte gerne gelesen, sie hat einen gemächlichen Fluss, ich konnte mir alles bildhaft vorstellen.
Schön!

Hier und da wirkt es mir ein wenig zu hölzern, das kommt sicherlich von dem "Erzählstil". Das plätschert dann so vor sich hin, aber da werden wenig Emotionen transportiert, was ich sehr schade finde, denn es passieren doch einige gravierende Dinge in der Geschichte. An solchen Stellen wünschte ich mir mehr Details, damit ich mitfühlen kann.
Andererseits hat es auch einen Vorteil, wenn Du nicht zu sehr auf die Tränendrüse drückst. Als Leser hab ich die Story mehr aus der Distanz betrachtet. Ist sicherlich Geschmackssache, mancher steht mehr auf Emotionen, mancher nicht. Der Flow gefällt mir gut und auch die Familienbindung und Vater-und-Sohn-Bindung hast Du gut getroffen.
Ja, verstehe ich, das war der Versuch, ein halbes Leben in wenige Seiten zu packen, gewissermaßen fünf Liter in ein Schnapsglas. Ich überlege noch, ob mir das Resultat selbst gefällt, ob das funktionieren kann, das probierte ich hier, ob man da als Leser mitgehen, mitfühlen kann, oder ob das anderweitig funktioniert

Müsste es nicht Verkaufszuwachs heißen.
Ja!

Ich wünsche Dir eine angenehme Woche.
Dir auch!

Wird fortgesetzt ...

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom