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Jobsuche in Berlin

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19.01.2007
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Jobsuche in Berlin

„Nein, tut mir leid, erst im Frühjahr wieder. Jetzt ist eine schlechte Zeit… Es ist eher ruhig…“ „Vielen Dank trotzdem… Tschüß!“
Ich werde etwas finden! Ich lasse mich nicht entmutigen!
Und ich ziehe mal wieder meine Handschuhe an, die ich aus Höflichkeit in jedem Laden schon an der Eingangstür abstreife… Ich habe meine Handschuhe heute schon sechsundzwanzig Mal ausgezogen…
Etwa zehn Mal habe ich sogar einen Bewerbungsbogen für Mitarbeiter ausgefüllt.
Name… Telefonnummer… Wo schon gekellnert?... Wie lange?… Sprachen: Wie viele?... Wie gut?… Gesundheitspass?...
Immer wenn ich ihn ausfülle, denke ich, dass alles, was ich zu bieten habe, ganz gut klingt… Das müsste sie eigentlich überzeugen…
Ich sehe den ausgefüllten Bogen dann immer in großen Ordnern verschwinden und vermute stark, dass er nie wieder herausgeholt wird. Wenn sie ihn richtig durchlesen würden, würden sie sehen, dass ich schon allerhand Erfahrung im Service habe, und dass ich Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch spreche…
Ich weiß, dass sie nicht anrufen werden…
Aber ich bin nicht böse…
Auch nicht verzweifelt…
Ich weiß, dass ich etwas finden werde. Ich habe schon immer etwas gefunden, wenn ich wirklich gesucht habe. Und wenn es diesmal ein paar Tage länger dauert als erwartet, so finde ich das nicht schlimm.
Ich mag es, durch Berlin zu spazieren…
Ich trete hinaus auf den Bürgersteig, ziehe den Reißverschluss der Jacke bis ganz oben hin zu, versuche, mein Gesicht noch etwas tiefer dahinter vor der Kälte zu verstecken, und laufe weiter die Oranienburger Straße entlang.
Ich entdecke so vieles hier, was ich noch nicht kannte. Geschäfte, Galerien, Hotels… Ich wohne nur einen Stadtteil weiter, in Friedrichshain, aber trotzdem könnte ich einem Touristen hier nicht einmal sagen, wo er die nächste Post findet…
…ist mein Gedanke, als ich angesprochen werde…
„Entschuultiken Siiieh… Wo iste hiere tie Auguuststraaaße?“
„Oh das tut mir leid, ich weiß nicht wo hier eine Post ist…“
„Äh, ewie bittähe…?“
„Nix für ungut… Ich kenn mich hier nicht so gut aus…“
Sie wird ihren Freunden zu Hause in Spanien oder Südamerika erzählen, wie seltsam die Deutschen so sind… Sie bleiben nicht nur immer an roten Ampeln stehen, sie verstehen auch deine Fragen nicht richtig…
Das war keine Absicht… Ich bin nur gerade so in Gedanken versunken… Und es kostet etwas Konzentration und Kraft, sich nicht entmutigen zu lassen…
Ich muss schmunzeln, als ich kurz nach dieser seltsamen Unterhaltung am Las Cucarachas vorbeikomme… Mexikanische Küche… Sieht sehr nett aus…
Ich schnalle also mein Herz nach oben, lege ein freundliches Lächeln auf, und ziehe zum siebenundzwanzigsten Mal meine Handschuhe aus…
„Hallo, ich wollte mal mal fragen, ob Sie eventuell jemanden für den Service brauchen…?“
„Frühschicht…?“, fragt mich die zarte Schwarzhaarige, die sogar noch kleiner ist als ich…
„Frühschicht?!...“ entgegne ich…
Der Groschen fällt...: „Ja, ich könnte die Frühschicht machen… Klar! Noch bis April habe ich unbegrenzt Zeit…“
„Das klingt gut. Meine Kollegin geht nämlich gerade in die Babypause…“ sagt die Schwarzhaarige. Sie ist mir sympatisch „…und da suchen wir noch jemanden, der mit mir zusammen die Frühschicht übernimmt…“ sagt sie, und schenkt mir einen musternden Blick, um herauszufinden, ob sie gerne mit mir zusammenarbeiten würde…
Und ich weiß, ich habe gewonnen…
Ich schreibe wieder die Standard-Daten auf, diesmal mit dem guten Gefühl, dass sie wirklich jemand lesen wird… Name: Susann N…; Telefon: 030 - …; Erfahrung: Eiscafés und Cocktailbars in Leipzig und auf Kreta; Sprachen: Englisch, Französisch ….
Ich überreiche ihr stolz den Zettel, und weiß, dieses Mal habe ich mir nicht umsonst die Handschuhe ausgezogen…
Sie schenkt mir ein freundliches Lächeln, und wir beide wissen, dass es nicht das letzte ist…
Euphorisiert von der Freude gehe ich wieder hinaus in die Kälte, wo ich die Spanierin wieder treffe, die mich nach dem Weg gefragt hatte.
Ich lächle sie an „Ich glaube, die Auguststraße ist dort ganz hinten, bis zur nächsten Ampelkreuzung geradeaus, und dann rechts abbiegen…“
„Oh, vielene Dannke…“ Sie schenkt mir ein noch viel schöneres Lächeln als gerade eben meine zukünftige Kollegin… Und wird ihren Freunden jetzt wohl doch etwas Nettes über die Deutschen erzählen können…
Ich kaufe mir eine Packung Lachs-Sushi an der nächsten Ecke, weil heute Happy-Hour-Angebot ist… Und weil ich das Gefühl habe, etwas feiern zu können…
Und just klingelt mein Telefon…
„Hi, ich bin’s, Du warst doch gerade im Las Cucarachas… Der Chef würde dich gern morgen treffen, um dich kennen zu lernen…“
„Ja, ich komme gern… Um eins… Super…“ Sie musste mein Grinsen doch fast schon durchs Telefon hindurch hören... „Tschühüß…“
Und ich schwinge die Plastiktüte, in der mein Lachs-Sushi liegt, freudig durch die Luft, und weiß, warum ich mich nie entmutigen lasse… Weil es nämlich immer klappt… Auch wenn erst beim siebenundzwanzigsten Mal…

Und wer beim siebenundzwanzigsten Mal noch das gleiche Lächeln wie beim ersten Mal auflegt, der wird immer einen Grund zum Lachs-Sushi essen haben…

 

Hallo Regenflocke,

deine Geschichte erinnert mich so ein bisschen an den American Dream: vom Tellerwäscher zum Millionär. Nur nicht aufgeben und nicht unterkriegen lassen und die Ellenbogen ausfahren. Letzteres ist in deiner Geschichte anders: Statt Ellenbogen ausfahren ein Lächeln aufsetzen, auch wenn es schwer ist.

Deine Prot wird am Ende dafür belohnt, dass sie hartnäckig geblieben ist. Erst ist sie trübsinnig und in Gedanken versunken, später ist sie dank der guten Nachricht so glücklich, dass sie auch der Ausländerin helfen und ihre gute Laune weitergeben kann.

Runde Geschichte und hat mir gefallen. Allerdings frage ich mich ein bisschen, woher die Prot die Kraft nimmt, 27 Bewerbungsgespräche auf sich zu nehmen und dabei immer noch ein ehrliches Lachen auf den Lippen zu haben. Was ist ihre Motivation? Allein das Wissen, dass es am Ende immer gut geht? Oder das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Das ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar geworden.

Ich schnalle also mein Herz nach oben,...
Den Ausdruck kannte ich bisher nicht, aber irgendwie gefällt er mir. :)

Viele Grüße
Jay

 

Hallo Flöckchen Regen

Sie muss mein Grinsen doch durchs Telefon hindurch sehen...
Klingt hier komisch, "mein Grinsen konnte man wahrscheinlich fast schon hören" oder sowas in der Art wär vielleicht besser.

Auch wenn erst beim 27. Mal…
Naja, grammatikalisch nicht ganz korrekt, "und wenn es auch erst beim 27. Mal klappt" oder so wär richtig.

Die Geschichte ist flüssig geschrieben und ließ mich ausser an den zwei Sachen nicht stocken.
Du beschreibst das Innenleben der Protagonistin so, dass man einen guten Einblick bekommt.

Was den Inhalt angeht, hm, versuchst du die Aussage zu machen, dass "wer suchet, der findet", im Bezug auf Arbeitslosigkeit?
Ich bin deiner Meinung, aber als Thema für eine Geschichte find ichs bisschen mau.
Is aber nur meine Meinung.

Bie dez

Freund des Benutzers

 

Hallo Fallbeil,

Du wirfst mir einen kleinen Keks zu, den ich eilig zu erhaschen suche ;-)
Danke, dass Du mich motivierst...
Wahrhaft, ich bin eine junge Frau, hochmotiviert und grün hinter den Ohren... Und ich suche tatsächlich schon seit einer Weile nach einem Workshop in Berlin. Vielleicht hat einer den Anwesenden ja einen "Geiheimtipp" für mich?
Ja, mit den Anfängen hab ich immer so meine Probleme. Ich empfinde Dialoge zwar immer als recht günstigen Einstieg, als locker und unbefangen, aber wenn ich ehrlich bin, wenn ich selbst in einer Geschichte eine wörtliche Rede als Einstieg finde, so muss ich den Teil zweimal lesen, um richtig reinzukommen...

@ benutzter Freund
Du hast Recht, man kann ein Grinsen druchs Telefon wohl eher hören als sehen. Und die Sache mit den Zahlen hab ich auch berichtigt. Danke für den Tipp. Ja, die Geschichte soll zeigen, dass selbst in diesen schwierigen Zeiten noch etwas zu holen ist mit einem Herzen voller Zuversicht... ;-)

@ JayWalker:
Die Tellerwäscher-Metapher ist gar nicht so weit hergeholt... Außer dass meine Tellerwäscherin gar keine Millionärin werden will, sondern wirklich mit einem kleinen Job zufrieden ist.
Ihre Motivation ist eine gute Mischung aus Selbstbewusstsein und Zuversicht. Daher habe ich beides erwähnt. Eines alleine hätte sie wohl keine siebenundzwanzig Mal durchhalten lassen. ;-)
Schön, dass es Dir gefallen hat!

Grüße und Danke an alle...
Regenflocke

Und bevor ich diesen Text nun zum vierten Mal schreibe, werde ich ihn zwischenspeichern. Wahrscheinlich ist Euch eben jene Frustration auch bekannt ;-)

 

Moin flocke. Klar ist uns der Frust bekannt. Ich schreibe gerade zum dritten Mal eine Geschichte um... Vielleicht kann ich sie heute noch posten. Nun zu deiner. Sie ist flüssig, und nett. Sie spiegelt gut wieder, wie es in der Realität so ist, und auch, dass die spontane Eingebung meist der Schlüssel zum Erfolg ist. Ich reite mal wieder auf meinem Lieblingsthema rum, indem ich darauf hinweise, dass ich beim Lesen dieser Geschichte gerne mehr über die Person und die Gefühle deiner Protagonistin erfahren würde... So ist es für mich nur, als ob mir ein Bekannter von einer mir unbekannten erzählt, dass sie endlich einen Kellnerjob gefunden hat... verstehst du, was ich meine? Ansonsten gebe ich Fallbeil recht. Du HAST Talent zum Schreiben. Gruß
Lord

 

Hallo regenflocke,
für mich als Berlinerin, die sowohl die Oranienburger Straße als auch das Las Cucarachas gut kennt (wirklich nett da), ist es irgendwie witzig, deine Geschichte zu lesen. Und wenn man weiß, dass es die ganzen Orte wirklich gibt, legt das die Vermutung nahe, dass der reale Kern der ganzen Handlung auch ziemlich groß ist. ;)
Flüssig zu lesen ist sie, und, wie einer meiner Vorredner hier sagte, nett. Ehrlich gesagt aber auch nicht mehr. Obwohl deine Prot am Anfang schon fast am Aufgeben ist, plätschert mir die Handlung insgesamt zu sehr dahin. Ich sehe sie erschöpft durch die Oranienburger laufen und dann klappt es plötzlich mit dem Job. Das ist schön für sie und ich kann ihre Freude darüber teilen, dass es funktioniert hat mit der Hartnäckigkeit, ein bisschen dünn ist mir das aber schon. Was man da genau machen kann, weiß ich gerade auch nicht. Vielleicht stellst du ihre Erschöpfung etc. stärker heraus.
Ansonsten für zwischendurch "nett".
Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

Hallo regenflocke,

ist das nun eine Durchhalteparole für alle Langzeitarbeitslosen, die bis zu 600 Bewerbungen im Jahr schreiben oder nur der verzweifelte Versuch der Realität Optimismus entgegenzugrinsen?
Aussagen, die den Umkehrschluss "du wirst nur abgelehnt, weil du nicht lächelst" nahelegen und den vier Millionen Arbeitslosen sagen "es geht, du musst nur wollen, also willst du nicht, wenn es nicht klappt" empfinde ich eher als Schlag ins Gesicht für die Arbeitslosen.
Du hast es anscheinend mit politpsychologischer Stammtischphilosophie aus esoterischen Büchern. Alles liegt nur an der Zuversicht.
Natürlich spielt sie eine rolle und natürlich ist es großartig, wenn sich jemand nicht unterkriegen lässt, es weiter probiert ohne den Mut zu verlieren. Und ganz sicher hast du die Geschichte nicht politisch gemeint. Sie ist es aber trotzdem.
Angela und Edmund werden dir dankbar sein.
Details:

„Nein, tut mir leid, erst im Frühjahr wieder. Jetzt ist eine schlechte Zeit… Es ist eher ruhig…“ „Vielen Dank trotzdem… Tschüß!“
Ein zeilenumbruch zum Wechsel der redenden Person wäre nett.
Auch gehört ein Leerzeichen zwischen Wort und Auslassungspunkte. "ruhig ...", "trotzdem ...", usw.
Handelt es sich dabei um Fragen, wird das Fragezeichen ans ende gesetzt. "gekellnert ...? Wie lange ...?"
dass ich schon allerhand Erfahrung im Service habe, und dass ich Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch spreche…
also überqualifiziert. Bewirbt sich jemand mit einer solchen sprachlichen Qualifizierung als Kellnerin gehen in den Personalchefs ungefähr folgende Überlegung vor: Wie lange bleibt sie? Warum bewirbt sie sich um diese Stelle, hat sie keinen Ehrgeiz, mangelt es ihr etwa an Engagement? Und wird ihr bei der Qualifizierung das Gehalt überhaupt reichen? Natürlich gehen die Arbeitgeber mit diesen Überlegungen an der Realität vorbei, aber Personalchefköpfe sind nun einmal gedanklich nicht so flexibel, wie sie es von ihrem Personal erwarten.
Das war keine Absicht… Ich bin nur gerade so in Gedanken versunken…
Tempus ist falsch. Da sie schon angesprochen wurde, ist sie nicht mehr gerade so in gedanken versunken, sondern war es.
„Frühschicht?!...“ entgegne ich…
Warum mit Ausrufezeichen? Ist sie so entsetzt?
Außerdem gehört dort ein Komma hin (wie übrigens immer, wenn ein Satz nach der wörtlichen Rede weitergeht und nicht neu begonnen wird.
Ich schreibe wieder die Standard-Daten auf
Die muss sie jedes Mal aufschreiben?

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo regenflocke,
Bei dieser Geschichte versteht jeder sofort ihre Moral. Und die gesamte Geschichte läuft eigentlich auf diese Aussage zu. Geschichten, die scheinbar nur geschrieben worden sind, um dem Leser eine bestimmte Aussage näher zu bringen, empfinde als viel zu gewollt und aufgesetzt. Hat etwas Konfirmantengruppenmäßiges...

Gut gemacht fand ich trotzdem die Schilderung des Protagonisten. Der Geschichte lässt sich gut folgen und ist auf jeden Fall ansprechend. Wenn nur nicht alles so Aussagelastig wäre. Der Protagonist ist immer guter Dinge, gibt die Hoffnung nie auf, ist genauso, wie man sein sollte, aber es halt nicht ist. Allein der Fremdsprachenkenntnisse wegen. Nicht jeder spricht vier Fremdsprachen, allein deswegen wird die Aussage auch etwas unglaubwürdig.

@ Fallbeil
Nur weil viele Kurzgeschichten nicht mit einem Dialog beginnen, muss man sich nicht sklavisch daran halten. Ich behaupte einfach mal, es gibt durchaus viele Kurzgeschichten, die eben doch mit einem Dialog beginnen.

 

Hallo regenflocke
Ich habe noch nie Regenflocken gesehen ...
Wobei ich gleich meinen ersten Kritikpunkt loswerden möchte:
Die Auslassungspunkte haben mich gestört. Es sind zu viele und dann auch noch falsch ;)

Werden im Normalfall bei Auslassung eines Wortteiles oder anstelle eines oder mehrerer Wörter benutzt.
Bei Auslassung eines Wortteils schließen die Punkte
unmittelbar an das begonnene Worte an ("Wir hatten echt besch... Wetter!").
Stehen die Punkte für ein oder mehrere Wörter, bleibt der normale Wortzwischenraum erhalten: "Wer einmal lügt ..." Bricht ein Satz an einer Stelle ab, an der ein Komma stehen müsste, so entfällt dies, der Schlusspunkt entfällt ebenfalls.
Ruf- und Fragezeichen, sowie Abkürzungspunkte bleiben von Auslassungspunkten jedoch unberührt: "Hast du noch alle ...?", "Das wäre ja eine schöne ...!"

Ich finde, den Einstieg mit einem Dialog zu beginnen, in Ordnung, da ein Dialog neugierig macht. Es ist fast, als ob man jemanden belauscht ...
Noch schöner finde ich es aber, wenn der Dialog durch entsprechende Zeilenumbrüche gekennzeichnet ist, weil man als Leser besser verfolgen kann, wer gerade spricht.
Inhaltlich hat die Geschichte mich nicht überzeugt. Ein Jemand ist auf Jobsuche. Dieser Jemand erscheint mir naiv und hat offenbar nicht begriffen, dass sich täglich sein Brot zu verdienen etwas mit Existenzsicherung zu tun hat.

lieben Gruß, Goldene Dame

 

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