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Kinderficker

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02.11.2001
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Kinderficker

„Für mich bitte die Nummer achtundvierzig.“
Alle Blicke richteten sich auf mich, während der Schwarzbefrackte buckelnd die Karten entgegennahm, um dienstbar in den Nebenraum zu eilen.

Norbert grinste ein unangenehmes Grinsen und stellte die unausweichliche Frage: „Was is los mit Dir? Achtundvierzig? Mensch, Alter, hier gibt’s die leckersten jungen Dinger und Du bestellst Dir so ne abgehalfterte alte Schnalle? Laß krachen, Mann, ich bezahl doch!“
„Ich ficke keine Kinder mehr“, antwortete ich knapp, nippte an meinem Martini und bemühte mich, gelassen zu wirken, während Norberts Gesichtszüge zu entgleisen drohten.
„Keine Kinder mehr?“ fragte er entgeistert. „Sowas hab ich ja noch nie gehört. Lebst du jetzt etwa zölibatär?“
Die anderen lachten leise, höhnisch.
Ruhig antwortete ich, was ich immer antwortete: „Nein, ich lebe nicht enthaltsam, aber es gibt genügend Frauen zum Ficken, ich muß es nicht mit Kindern tun. Ich finde Kinderfickerei unmoralisch.“
Nervöse Füße scharrten unter dem Tisch, selbstgefälliges Lächeln dunkelte im Raum.
„Eigentlich mach ichs nur noch selten mit Kindern“, warf Peter ein, „aber ab und zu brauch ich einfach so ein junges, enges Ding. So ganz ohne könnte ich mir einfach nicht vorstellen, dann wär das Leben nicht mehr lebenswert.“
„Genau“, stimmte Roland ihm zu. „Ich vögle eigentlich auch nur noch ganz selten mit Kindern. Respekt vor Dir, wenn Du es ganz ohne schaffst. Aber ich könnte das nicht.“
Peter nickte zustimmend und meinte: "Bei uns im Sportverein ist einer, der auch keine Kinder fickt. Komische Type. Total verklemmt und prüde.“
„Also was anders gibts bei mir gar nicht“, unterbrach ihn Norbert. „So ne Fünf- oder Sechsjährige ist doch das Geilste, was es gibt! Was soll das Geschwätz von wegen unmoralisch? Wozu hat Gott uns denn die Kinder gegeben, wenn nicht zum Ficken? Außerdem ist es gesünder, von so nem jungen Ding holt man sich nicht so schnell nen Tripper.“
„Die Kinder leiden. Wir haben nicht das Recht, unseren Genuß mit ihren Leiden zu erkaufen“, warf ich ein.
Mißmutig runzelte Norbert die Stirn. „Gott, bist du intolerant. Ich laß Dich doch auch Deine alte Schnalle vögeln, wieso versuchst Du, uns hier unseren Spaß zu verderben? Laß mich einfach in Ruhe mit Deinem fanatischen Geschwätz! Sowas genußfeindliches, ekelhaft.“
Mit verschränkten Armen lehnte er sich in die Polster zurück und wandte seinen Blick von mir. Das Schweigen der anderen setzte sich in meinem Kopf fest.

Der Schwarzbefrackte brachte die Kinder. Reißzähne blitzen auf, Raubtieraugen glommen im Dunkel. Gieriger Speichel einte sich mit Schweiß und troff von Kinnen. Gesichter wichen Fratzen.
Ich ließ Nummer achtundvierzig zurückgehen und ging.

 
Zuletzt bearbeitet:

Nach meiner Lesart interpretiere ich die Geschichte ganz ähnlich, wie es Pain weiter oben dargestellt hat. Was hält den Menschen davon ab, gewalttätig zu sein und gewissen Trieben, die seinen Mitmenschen Schaden zufügen würden, nachzugeben? Empfindungen und Ängste. Rein ethische Überlegungen werden hier immer das Nachsehen haben, der Protagonist tut sich mit seinen allzu rationalen Argumenten ("Ich finde Kinderfickerei unmoralisch", "Wir haben nicht das Recht, [...]") gegenüber einer Gruppe zu Tieren gewordener Menschen (darauf weist uns der letzte Absatz hin) sichtlich schwer, sich durchzusetzen. Schließlich gelingt es ihm erwartungsgemäß nicht - jedes seiner Argumente wird von den anderen postwendend zu seinem Nachteil und ihrem Vorteil verdreht - und geht.

In ravens vorgeführter Handlungsschablone könnte man auch noch viele andere (hier: Laster-orientierte) Themen hineinplatzieren - Fleisch essen (wie Pain treffenderweise bereits anmerkte!), Kriege führen... m.E. bis hin zum Rauchen! Alles lässt sich jederzeit immer irgendwie rechtfertigen. Und sobald nur das gesellschaftliche Umfeld harmonisch mit den (niederträchtigen) Handlungen der Menschen einhergeht, werden letztere diese auch (offen) ausführen.

Man stelle sich einmal vor, wenn das Fleisch essen hierzulande genauso geächtet wäre wie die Vergewaltung von Kindern! Beispielsweise, weil Tiere für heilig gehalten würden. Warum ist das nicht so? Weil der entsprechende gesellschaftliche Kontext dafür nicht gegeben ist.
Wieviele Menschen hinterfragen denn schon allgemein anerkannte Konventionen und leben schließlich nach entsprechenden Alternativen?? Wieviele dürften das wohl sein?

 

Raven:
Ich denke, dass die ganze Geschichte zu metaphorisch ist. Wenn Du eine ganz andere Message transportieren willst, dann ist das Thema Kindesmißbrauch dafür falsch gewählt, weil so gut wie niemand so stark zwischen den Zeilen lesen wird (und will), um einen anderen Interpretationsansatz zu finden.
Deine "subtilen Andeutungen" sind so subtil, dass sie quasi nicht vorhanden sind. Du überforderst den Leser, gerade mit der Titelvorgabe, weil Du ihn schon auf einen bestimmten Weg bringst und eine Idee in seinem Kopf entstehen lässt, die es beinahe unmöglich macht, davon abzurücken - selbst wenn Du direkt erklären würdest, was die Geschichte bedeuten soll.

(Meine Meinung)

 

Wenn Du eine ganz andere Message transportieren willst, dann ist das Thema Kindesmißbrauch dafür falsch gewählt, ...
Dann hätte die Story aber wiederum lange nicht so viel Zulauf! Die schiere Quantität der Leser wird's dann schon wieder richten, mit den Interpretationsansätzen... ;)

 

Das ist aber der falsche Weg. Die Geschichte hat ja eine Aussage - und die sollte von jedem halbwegs intelligenten Leser erkannt werden können.

 

Ich denke es ist ok, einen Text so zu schreiben, dass der Leser dadurch in höchstem Mass schockiert ist. Anders ausgedrückt: Im Rahmen eines literarischen Textes können durchaus Aussagen gemacht werden, die jeglichem moralischen Grundempfinden aufs höchste zuwider laufen. Nochmals anders ausgedrückt: Beim Leser einen Brechreiz mittels Aussagen auszulösen, die genau das Gegenteil des allgemeinen ethischen Grundkonsenses sind, ist legitim.

Aber ich glaube es ist ein ziemlich gefährliches Mittel und ich würde es nur jenen empfehlen, die sich literarisch gesehen wirklich auf höchstem Niveau bewegen. (Die Elementarteilchen von Houellebeque sind hochgenial, nicht zuletzt aufgrund der intelligenten und sensiblen Aussagen in diesem Buch.) Andernfalls besteht die Gefahr einer ziemlich unangenehmen Gratwanderung.

Hmm .. Aus meiner Sicht ist die Geschichte selbst eine äußerst gewagte Gratwanderung, die ich selbst keinesfalls so schreiben würde.
Jedenfalls bin ich gespannt auf die Interpretation.

klara

 

Nach den dargelegten Erklärungen, las ich den Text nochmals, es ist jetzt in meinem Kopf (nicht ganz allerdings) nachvollziehbar.

Ich denke, dass die ganze Geschichte zu metaphorisch ist. Wenn Du eine ganz andere Message transportieren willst, dann ist das Thema Kindesmißbrauch dafür falsch gewählt, weil so gut wie niemand so stark zwischen den Zeilen lesen wird (und will),

Ich befürchte, ich muß dem zustimmen. Einfach weil unser Instinkt bei gewissen Tatbeständen zutage tritt. Bei den meisten Menschen allarmiert allein schon der Titel den Elterninstinkt (den auch Kinderlose durchaus haben) und die sofortige Reaktion "Um Gottes willen, die Kinder" und den Beschützerinstinkt. Das ist die Natur des Menschen und das ist gut so. Somit wird ein Text dieser Art in den meisten Fällen derartige Reaktionen hervorrufen. Das bedeutet nicht, daß die Leser nicht intelligent oder nicht tolerant genug sind. Es ist einfach die automatische Reaktion eines menschlich-empathisch emfindenden Menschen.

Nun stellt sich allerdings die Frage der Freiheit der Kunst. Darf die Literatur alles? Gibt es Tabus? Soll man diese in Frage stellen? Wie soll man als Künstler/Literat mit diesen Problemstellungen umgehen.

Die Literatur hat auch diese Verpflichtung. "Normen" gibt es in allen gesellschaftlichen Bereichen. Angenommen: jemand in ausgesprochen linkem/progressiven, die gesellschaft ablehnenden Umfeld, das sich als besonders progressiv und liberal empfindet, verliebt sich unsterblich in ein anderes Mitglied dieser Gruppierung. Die beiden beschließen ganz "spießig" zu heiraten, eine Familie zu gründen und als Absicherung einen Kredit für eine bessere Wohnung aufzunehmen. Das Paar verliert alle alten Freunde aus jenem Umfeld, weil die beiden plötzlich nicht mehr den Normen der Gruppe entsprechen, also "zum Spießertum" übergelaufen sind. Nun, wer ist hier intollerant? Wer ist plötzlich verbohrt und scheuklappenbehaftet? Das bedeutet, für die Gruppe zählen nicht mehr die zwei Menschen, die sich lieben, sondern nur mehr die Tatsache, daß sie aus den Gruppennormen ausgebrochen sind. Sich einen Ruck zu geben, für Menschen, die man gerne hat auch mal die eigenen engen Wertvorstellungen vergessen und Alles Gute wünschen, geht in solchen Fällen natürlich nicht.

Ein Deutscher/Österreicher (nicht jüdischer Konfession) beschäftigt sich ausgesprochen intensiv mit dem Nahostkonflikt und versucht Kontakt zu Israelis und Palestinenser zu finden, um sich ein differenziertes Bild von der Situation zu machen. Er wird sich in Israel eventuell mit der Konfrontation "Was geht das einen Naziabkömmling an" herumschlagen müssen.

Als ich einmal in einem internationalen Chatkanal unterwegs war, kam vom Moderator der Rauswurf, "Nazis raus", weil das .at hinter meiner IRC-Identifikation aufschien. Ohne mich zu kennen..., einfach nur wegen .at Es war, als die FPÖ die zweitstärkste partei geworden war. Da gab's auf beiden Seiten die schlimmsten Vereinfachungen. Auch auf Seiten der Demonstranten gegen diese Entwicklung. Wer da sagte, hören wir doch mal jemanden an, der jene Partei gewählt hat, bekam sofort zu hören, man spricht nicht mit Faschisten und wer das tut ist selber einer. Also Normen und Gruppenzwang auf allen Seiten.

Klar tut sich die Mehrheit mit ihren Normen leichter, sind sie doch Bestandteil des Großteils der Gesellschaft. Viele, die um Anerkennung, mehr Respekt und gegen Diskriminierung ihrer Minderheit kämpfen, werden oftmals selbst zu Gruppen mit (oft noch strengeren) Normen, und wehe dem Mitglied, das diese sprengt oder in Frage stellt. Der steht nämlich total alleine da, wird weder von der Mehrheit, noch von seiner eigenen Gruppe akzeptiert. Passiert manchen in Österreich lebenden muslimischen Frauen der zweiten Generation, die nicht damit zurecht kommen, daß sie einerseits berufstätig sein wollen, das eigene Geld, die eigene Wohnung haben wollen und deshalb von ihren Familien nicht mehr akzeptiert werden.

Ja, die Literatur, die Kunst muß, hat die Pflicht, diese Normen, egal welche, in Frage zu stellen, nur wie, das ist die Frage.

Ich weiß, ich war jetzt themenverfehlt. Bin abgeschweift.

Ich bin der Meinung, daß es weniger instinktbesetzte Themen gibt, um dieses Anliegen literarisch umzusetzen. Andererseits, wäre der Text nicht so wie er eben ist, hätte ich mir vielleicht nicht derart den Kopf über dieses Thema Normen zerbrochen.

 

Provozieren ist natürlich eine nette Sache, bisweilen höchst hilfreich. Allerdings nur, wenn sie es vermag, den Provozierten zum Nachdenken zu bringen. Vermag sie das nicht ist die Provokation reiner Selbstzweck und damit zumindest literarisch (bzw gesellschaftlich) völlig überflüssig.
Mit dieser Geschichte ist das so, wie die Reaktionen beweisen. Es gibt Themen, bei denen die meisten Menschen unseres Kulturkreises 100% emotional reagieren. Kindesmißbrauch gehört dazu ebenso wie grausame Folter und ähnliches.
Und wenn man rein instinktiv auf eine solche Provokation total emotional reagiert, dann hat sie keinerlei Effekt, außer das sie wütend macht, anekelt, etc.
Hinzu kommt, wie gesagt, die Undiskutierbarkeit dieses Themas in unserem Kulturkreis.

Deswegen sollte man für eine Provokation, die nicht dem Selbstzweck dienen, sondern Grund zu Diskussion und Nachdenklichem geben soll, Themen wählen, die die zu provozierenden halbwegs rational angehen können. Vegetarier oder Rauchen wären solche Beispiele. Auf der Kippe steht zB Todesstrafe. Sehr schön zweigleisig (also rational und emotional) behandeln läßt sich Abtreibung. Aber Kindesmißbrauch? mMn ganz und gar nicht.

Ich weise auch nochmal darauf hin, daß lediglich über den Text diskutiert wird, und weder über Kindesmißbrauch, noch über zu hinterfragende Normen o.ä.

Aber naja, bevor ich mich weiter wiederhole... ;)

 

@Falk - über die Aussage zu diskutieren ist über den Text diskutieren.

Es geht ja eben nicht darum, ob der Leser für oder gegen Sex mit Kindern ist. Daß der Leser natürlich auf der Seite der Gegner steht, hat Sav hier, nehme ich an, vorausgesetzt - es sollte also kein auf Kinderficker gerichteter Spiegel sein... Und ich denke auch, daß die Aussage wohl mit keinem anderen Thema funktioniert hätte, weil es eben dann ums Thema gegangen wäre, weil eben nirgends sonst so eine Einigkeit besteht.
Zu den von Dir, Falk, genannten Themen, haben wir ja Threads, die die Uneinigkeit belegen. Für oder gegen Kinderficker brauchen wir keinen Thread, weil wir uns einer Meinung sind (hoffe ich doch stark). Also ist es das Einzige, an dem man das gesellschaftliche Phänomen, das Sav hier zeigen will, deutlich machen kann.

 

@falk

Ich weise auch nochmal darauf hin, daß lediglich über den Text diskutiert wird, und weder über Kindesmißbrauch, noch über zu hinterfragende Normen o.ä.
Bist du dir da sicher? Zumindest Echnaton hat sich doch in seinem letzten Kommentar schon sehr weit vom eigentlichen Text entfernt.

Außerdem heißt zu diskutieren doch hoffentlich nicht zwangsläufig eine bestimmte Position vertreten zu müssen! Wir sind hier doch keine Anwälte für irgendjemanden! ;)

 

Es geht nicht um Kindsmißbrauch, Sighard. Du solltest Dir die anderen Kritiken mal durchlesen, bevor Du Deinen Kommentar dazu abgibst.

 

Die Andeutungen. Es geht nicht um Kindesmißbrauch in der Geschichte. Leider scheint entweder kaum einer aufmerksam genug zu lesen, oder die Andeutungen sind zu subtil. Wenn ich noch mehr andeute, wird der Leser womöglich zu plump mit der Nase auf die Bedeutung meines Textes gestoßen.

 

Interessant ist natürlich, daß der Held der Geschichte, quasi der Moralträger, überhaupt in den Puff geht. Das hat was.
Hehehehehehe :lol: *vomstuhlkipp*

 

Im übrigen ist es wohl an der Zeit, daß der Autor das Rätselraten hier beendet, oder?
Es steht doch schon längst alles in den Kommentaren - und nicht in denen von Raven, sondern von Leuten, die es verstanden haben. Ergo ist ein Erklären der Autorin nicht notwendig, da die Geschichte verstanden werden kann.
Ein Erklären des Autoren halte ich nur da für notwendig, wo niemand den Durchblick hat.

 

hi raven - ohne wolkenkind hätt ich es auch nicht durchdacht..

"planet der kinderficker"

denkt mal darüber nach, was eigentlich alles gesellschaftlich akzeptiert ist. war das die botschaft?

wieviele kinder werden in jedem jahr in unterentwickleten ländern an gut zahlende männer aus "entwickelten" verkauft? wieviele kinder werden in jedem land täglich, wöchentlich, jährlich mißbraucht? eine rakete zum mond schießen können wir seit 35 jahren - sowas verhindern nicht... aufregen und entrüsten ist arg wenig oder?..vielleicht ist es doch unser planet..

aber auch planet der "wir lassen hunderttausende von menschen jedes jahr verhungern-planet" sind wir..

"wir lassen ebensoviele menschen foltern, vergasen etc-planet" sind wir...

"was mein nachbar mit seiner frau macht geht mich nichts an-planet"..

oder: das durchschnittliche alter des ersten sexuellen kontakts sinkt ständig..(wie weit noch?)

oder: die zahl der kinder mit schweren physischen und psychischen krankheiten wegen übermäßigen TV- und PC-Spiele-gebrauchs nimmt rasant zu..

liste beliebig erweiterbar....

das ist ja alles gesellschaftlich offensichtlich akzeptiert.. oder würden die anstrengungen dagegen sonst nicht weit größer und vor allem wirksam sein...?

der selbstverständliche, banale ton deiner story.. setzt dem ganzen die krone auf..finde ich genial..

die themenwahl hat zwei seiten: gute seite: hohe aufmerksamkeit. schlechte seite: thema ist so "hart", dass nicht mehr zwischen den zeilen gelesen wird..

war - für mich zumindest - mal ne andere art der science-fiction..

grüße, streicher

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anja.

Hab jetzt ne Minute länger Zeit, nochmal zu verdeutlichen, was ich mit meinem ersten Kommentar wirklich meinte. Dazu bediene ich mich nochmals des Kommentars von l3en, denn er trifft, wie ich meine, auch bei Deinem Text die Faust aufs Auge.

l3en schrieb damals:

Das Leiden in der Geschichte dient also scheinbar nur dazu, den Leser zu beeindrucken, was mich letztendlich fühlen lässt, dass deine Charaktere weniger von ihrem Vater/Freund, als von der Autorin selbst, missbraucht wurden. Wie gesagt, ich finde die Geschichte sehr gut, aber so richtig duften können Plastikblumen eben doch nicht.

'Beeindrucken' würde ich durch 'Wachrütteln' ersetzen, mir ist sonnenklar, dass es Dir um das eine und nicht um das andere geht. Für 'Charaktere' setzt man 'Kinder' ein, für 'Vater/Freund' 'Peiniger'. Aber das Wort 'Missbrauch' passt; Du bedienst Dich einer bestimmten Thematik, um einen generellen Missstand unserer Gesellschaft darzulegen. Generell ist dagegen vielleicht nicht allzu sehr einzuwenden, schließlich ist Metaphorik im Prinzip nichts anderes. Aber Du hast zu einem absoluten Härtefall gegriffen, und dieser ist heikel, mE zu heikel. Das mag allerdings Ansichtssache sein, wer sicht bemüht, rational statt emotional und zwischen den Zeilen zu lesen, kann durchaus die Oberfläche des Textes durchbrechen und den Aussagekern erreichen, erkennt man ja schließlich auch am Konsens der Kritiken. Ebenso ist es Geschmackssache, ich selbst lerne langsam, dass ich subtile Botschaften auch in einen subtileren Text/Thematiken binden möchte bzw. durch subtilere Texte erfahren möchte.

So ist es z.B. schon mit dem von Dir gewählten Titel. Er passt schon, im Prinzip sind wir alle Kinder, im Prinzip werden wir alle gefickt und ficken uns selbst noch obendrein. Aber wäre dies nicht auch durch einen weniger provokanten Titel aussagefähig geworden? Wieder Ansichts-/Geschmackssache, I guess.

Der Text funktioniert, so wie er ist, und durch seine Machart brennt er sich auch ins Gedächtnis und bleibt dort verankert. Aber es bleibt mE der schale Beigeschmack des oben erwähnten Missbrauchs, und der nimmt, bei mir zumindest, zu, je länger ich über den Text nachdenke.

Hoffe, Du verstehst, was ich meine und nimmst nix davon persönlich.
Grüße nach L.E.
San

 

Folgendes posting hab' ich direkt nach des Webmirkos letztem post geschrieben, konnte es aber nicht abschicken, weil meine Verbindung gesponnen hat:

@Webmaster
Das Thema eines Textes wird keinesfalls durch die Autorenintention bestimmt, sondern schlicht durch den Leser. Und für die allermeisten Leser, einschließlich mir und Sighard, geht es in der story vordergründig um Kindesmißbrauch. Das zeigt eben deutlichst, daß die Geschichte nicht funktioniert. Dreimeiers (verständliche) Reaktion und ebenso zB Sighards Kritik zeigen das deutlich, wie's deutlicher nicht mehr geht.
Und das habe ich zu erklären versucht. Dritte Wiederholung: Die Intention des Autors kommt nicht oder kaum rüber, aufgrund der Undiskutierbarkeit des Themas.

@Ratte
Ok stimmt, Echnatons einer Kommentar bezog sich auf's (angenommene) Thema Kindesmißbrauch, du hast Recht. Aber naja, einer (oder zwei oder drei) von 50... :)

@Häferl
Das sehe ich anders. Klar kann man prinzipiell auch über Themen diskutieren, über die Einigkeit besteht. Aber das ist mMn nie konstruktiv. Zumindest einer muß die Gegenposition beziehen, damit man zumindest halbwegs davon ausgehen kann, die wichtigsten Aspekte abgedeckt zu haben. Das ist wie mit dem "provozieren", das ich erwähnte. Man kann sinnlos provozieren oder zum Nachdenken anregen. So ist's hier auch: Man kann sinnlos diskutieren oder richtig. Wenn man sich einig ist und keiner freiwillig Kontra gibt, kann nichts bei rauskommen.
Deinen zweiten Absatz sehe ich genauso, nur ziehe ich eben einen anderen Schluß. Gerade weil Einigkeit besteht, funktioniert es mMn eben nicht. Die Themen, zu denen wir threads haben, würden mE besser passen.

 

Nein, Falk. Stell Dir die Geschichte mal mit folgendem Beginn vor:

"„Für mich bitte einen Milchshake.“
Alle Blicke richteten sich auf mich, während der Schwarzbefrackte buckelnd die Bestellung aufnahm, um dienstbar hinter die Theke zu eilen.

Norbert grinste ein unangenehmes Grinsen und stellte die unausweichliche Frage: „Was is los mit Dir? Milchshake? Mensch, Alter, hier gibt’s die leckersten hochprozentigen Mischungen und Du bestellst Dir so nen Kinderdrink? Laß krachen, Mann, ich bezahl doch!“"

- Es würde überhaupt niemand die Aussage dahinter finden. Ganz im Gegenteil, gäbe es dann einige, die sagen würden, sie gehört unter Humor... Und deshalb funktioniert es nur mit diesem Thema als Rahmen. *jetztglaubsmirdochendlich* ;)

 

@falk

Die Intention des Autors kommt nicht oder kaum rüber, aufgrund der Undiskutierbarkeit des Themas.
Nun, die Diskussion um die Thematik "Kindesmissbrauch" nimmt einem doch schon ravens Text selbst ab. Mehrere Argumente moralischer Art auf der einen wie hedonistischer Natur auf der anderen Seite werden angeführt. Anhand welcher Argumente ließe sich noch diskutieren? Und vor allem: Welchen Zweck hätte das in genanntem Kontext?

Weiterhin scheint mir, dass du und Häferl aneinander vorbeireden: Über ravens eigentliches Thema - Häferl nannte es "gesellschaftliches Phänomen" - herrscht mit Sicherheit keine Einigkeit in der Gesellschaft (über Kindesmissbrauch - öffentlich gesehen - dagegen schon. Aber darum, wie längst erwähnt, geht es hier ja nicht!).

mMn geht es in "Kinderficker" auch gar nicht um Provokation (=Herausforderung), wie du weiter oben angemerkt hast. Wie kommst du darauf? Weil es sich um ein Reizthema handelt? Wer von den bisherigen Lesern hier fühlte sich bisher provoziert?

Und das hat nichts mit dem selbstverständlich hohen emotionalen Bezug eines Themas wie dem Kindesmissbrauch zu tun! Provozieren lässt sich nur jemand, der eine passende Gegenposition vertritt - die aber hier erwartungsgemäß bislang nicht gegeben wurde.


Und gerade dieser Kontrast, nämlich dass wir alle hier auf der Seite des moralisch geläuterten Helden dieser Handlung stehen, der bezeichnenderweise jedoch als Verlierer aus ravens geschilderter Begegnung geht, macht für mich den eigentlichen Schrecken dieser Geschichte aus! Was macht schon die eigentliche Stärke allgemein anerkannter gesellschaftlicher Konventionen aus? Die menschliche Vernunft? Das Gewissen? Schön wär's ja, wenn uns die Geschichte nicht schon tausend Mal eines anderes Bild präsentiert hätte.

Nein, es bleibt wohl immer die Majorität innerhalb einer Gesellschaft, die sich auf einen bestimmten Konsens geeinigt hat und damit das diktiert, was als "normal" bezeichnet wird. Und bei uns ist es eben gerade "normal", dass sich niemand öffentlich und freiwillig zum Kindesmissbrauch bekennen würde (ganz abgesehen von einem damit folgenden Konflikt mit der Justiz), da es als geächtet gilt. Das Problem wird damit aber freilich nur verlagert - nicht aus der Welt geschafft.

Insofern halte ich die Geschichte für durchaus wertvoll genug, um auch einmal auf die andere Seite des gesellschaftlichen Spiegels (oder besser: verschlossener Türen) blicken zu können.

 

@Häferl
Ähm, du wiederholst ravens Fehler. Milchshake-Alkohol ist genauso ein Thema, über das man kaum diskutieren braucht. Probiers doch mal mit Religion. Da könnte zumindest der aufgeklärte Teild er Leser drüber diskutieren. Oder Abtreibung!

@Ratte
Wie schon erwähnt geht es für mich in dieser Geschichte um Kindesmißbrauch. Punkt. Wenn es vom Autor anders gedacht war, soll mir das recht sein, kommt für mich aber nicht rüber. Genauso wenig für einige andere Leser.
Wenn die story bzw. solch eine Diskussion von irgendwelchen Neuen stammt, kommen sofort zweitausend Kommentare, die besagen, daß die Autorenintention nichts zur Sache tut, wenn man sie nicht am Text erkennt (oder nur schwer). Hier vergißt das scheinbar die Hälfte. Tut mir Leid, wenn ich das etwas unlogisch finde.
Und freilich provoziert der Text, indem er ein Tabu bricht. Die Leute, die sich vom Text angeekelt fühlen, sind provoziert worden. Aber eben auf reichlich sinnlose Art, wie schon dargestellt.

 

So, jetzt komm ich endlich mal dazu, etwas mehr dazu zu schreiben. Gerade hab ich den Text noch ein wenig geändert und bin damit hoffentlich meine Ziel ein wenig näher gekommen.

Ich hasse es, meine Intention zu erklären und habe das, glaube ich, bisher auch noch nie getan. (Selbst wenn andere die abenteuerlichsten Aussagen in einen Text hineingelesen haben. *g*) Aber diesmal mache ich eine Ausnahme, weil mir der Text einerseits so völlig mißlungen zu sein scheint, andererseits aber fast jeder, der versucht hat, die Ansätze hinter dem vordergründigen Thema zu enträtseln, diese erstaunlich gut erfaßt hat.

Das Wichtigste wurde bereits gesagt. Ich sehe, daß es möglich ist, hinter die Maske meines Textes zu schauen, ich sehe aber auch, daß das vordergründige Thema so laut ist, daß die leisen Töne fast untergehen. Falk und Sighard haben natürlich völlig recht, der Leser hat immer recht, und ein Text muß ohne Erklärungen funktionieren.
Undiskutierbar mußte das Thema jedoch sein, der Konsens muß da sein, sonst kann der Text nicht funktionieren. Insofern muß ich Dir, falk, unbedingt widersprechen. Es mußte sich unbedingt um ein absolut nicht zu diskutierendes Thema handeln, um eine Diskussion darüber auszuschließen bzw zu vermeiden.

Viele von Euch haben bemängelt, daß das Gespräch unrealistisch, platt, gestelzt, plump, absurd klingt. Natürlich tut es das, muß es das, doch offensichtlich ist es nicht unrealistisch und absurd genug.

Ein großer Fehler von mir war wohl, nicht deutlich genug darzustellen, daß es sich nicht etwa um ein geheimes Treffen oder gar einen Puff am andern Ende der Welt handelt. „Kinder zu ficken“ ist in der Welt, in der meine Geschichte spielt, etwas völlig Normales (Streicher nannte es „ne andere art der science-fiction“), jeder tut es, und allein dadurch, daß mein Protagonist nicht länger unreflektiert das tut, was alle tun, setzt sich Rechtfertigungsdruck, Spott und Angriffen aus.

Pain hat klug erkannt, daß ich hier Parallelen zu einem Gespräch zwischen Fleischessern und einem Vegetarier gezogen habe. Ich deutete das an durch die „Speise“-Karte, die Art der Bestellung, lieh mir Argumente beider Seiten aus und legte sie meinen Protagonisten in den Mund. Doch das war nur ein Beispiel für Dinge, die in unserer Gesellschaft üblicherweise nicht reflektiert werden, Dinge, bei denen auch eine Reflexion anderer nicht geduldet werden kann, weil sonst die eigene Gedankenlosigkeit und Gleichgültigkeit zu Tage tritt, oder weil sonst offenbar wird, daß wir ein gravierendes Problem haben, oder... Dinge eben, die eines gemein haben: Wer beginnt, nachzudenken, wird wahrscheinlich sein Verhalten ändern. Das wissen wir, und deswegen vermeiden wir es nach Kräften, nachzudenken, um nicht handeln zu müssen. Viel bequemer ist es da, diejenigen, die es doch wagen nachzudenken, und auch noch Konsequenzen daraus zu ziehen, der Lächerlichkeit preisgeben, den Spieß umzudrehen und sie dazu zu bringen, sich zu rechtfertigen, damit man weiter die eigene Bequemlichkeit zelebrieren kann, damit das Vergnügen nicht etwa von schlechtem Gewissen getrübt wird.
Und wenn das Gewissen sich partout nicht totschlagen läßt, dann beruhigen wir es eben mit Ausreden.

Eine Frage, die zum Schluß bleibt ist, ob man ein Thema wie Kindesmißbrauch mißbrauchen darf, um etwas zu transportieren.

Großes Dankeschön an Euch alle!

Sav

 

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