Mitglied
- Beitritt
- 03.01.2005
- Beiträge
- 22
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 7
Konfrontation
Konfrontation
42
Sie setzte sich auf die Kante, schaute noch einmal nach unten. Zögerte einen Moment und ließ sich fallen.
41
Die ersten drei oder vier Nanosekunden dachte sie gar nichts, dann rasten die Gedanken schneller auf sie zu, als der Betonboden. Ihre erste Feststellung war, dass man anscheinend doch nicht vor dem Aufprall erstickt.
40
Hätte sie ja auch vorher drauf kommen können, sonst würden ja alle Fallschirmspringer sterben. Darüber hinaus ist die Theorie auch nur sehr schwer zu beweisen, man konnte ja schlecht jemanden fragen, ob er an Sauerstoffmangel gestorben ist, oder daran, dass sein Hirn mit 150 Km/H gegen Kopfsteinpflaster gepresst wurde.
39
Sie dachte nicht daran, warum sie gesprungen war, oder was jetzt kommen würde.
Sie war ein wenig traurig darüber, dass ihr Ableben ein paar Leuten ein paar ziemlich unangenehme Arbeiten auferlegen würde. Da wäre zuerst der Mensch, der ihre Reste von der Straße kratzen musste, der Pathologe, der schauen musste, ob irgendwelche illegalen Substanzen in ihrer Blutbahn waren, und dann noch derjenige der sie verbuddeln würde. Das waren die angenehmeren Teile.
38
Jemand würde ihren Eltern sagen müssen, was passiert war.
Andererseits war ihr das auch egal. Wenn niemand es geschafft hatte, sie von dem hier abzubringen, hatten sie es irgendwie verdient all dies tun zu müssen.
37
Jetzt bekam sie langsam Angst, dass es schmerzhaft werden könnte.
36
Sie dachte an Hemingway und Cobain, sie dachte, sie würde sich in eine glorreiche Riege einreihen.
35
Dann fiel ihr ein, dass sie der Welt nichts hinterlassen hatte worauf man sich hätte berufen können. Sie hatte keinen Roman geschrieben, sie hatte nie eine Gitarre auch nur angefasst.
34
Also egal.
33
Sie wunderte sich, dass es so lange dauerte.
32
Sie versuchte sich an die Physik-Stunde zu erinnern in der sie gelernt hatte wie sie sich ausrechnen könnte wie lange es dauern würde bis sie aufprallen würde.
31
Ihr fiel die Formel ein, doch aus Ermangelung eines Taschenrechners und der erforderlichen Daten verwarf sie die Idee. So einen Scheiss lernt man in der Schule, wie lange man noch zu leben hat wenn man von einem Hochhaus springt.
Wie man sich den Gedanken dazu aus dem Kopf schlägt nicht.
30
Auch gut.
29
Sie hegte immer noch keinen Zweifel daran dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Je schneller sie fiel desto sicherer wurde sie sich, sie konnte kaum erkennen ob unten irgendwo ein Kamera-Team stand und jemand ihren Lebenslauf einem Mikrofon diktierte.
28
Sie hatte mal einen Film gesehen in dem eine Selbstmörderin von einer Kirche sprang und versehentlich auf einer Frau landete und ein kleines Mädchen zur Halbwaise macht. Damals hatte sie sehr darüber gelacht, doch nun machte sie sich Sorgen das dass Kind welches sie womöglich zur Halbweise machen würde nicht schon Halbwaise war.
27
Ihr Magen knurrte, aus Rücksicht auf den Aufkratzer hatte sie nichts gegessen.
26
Das erschien ihr nun keine gute Idee gewesen zu sein, dies verzögerte die Sache wahrscheinlich ein wenig.
25
Ein Freund von ihr hatte sich auch umgebracht, kein besonders guter. Also denken sie nicht das wäre eine tragische Romeo und Julia Geschichte. Es war viel mehr der Freund eines Freundes. Er hatte es mit Schlaftabletten versucht, nur leider haben die Teile inzwischen Brechmittel drin, das bedeutet ab einer bestimmten Menge stößt der Magen alles aus. Beim zweiten Versuch hatte er sich eine Anleitung im Internet gesucht mit welchen Wirkstoffen man den Effekt neutralisieren kann.
24
Dafür war sie zu faul.
23
Wenn sie richtig gezählt hatte war sie nun beim 23. Stockwerk angekommen. Nur um die verrückten Verschwörungstheoretiker in ihrem Glauben zu lassen spuckte sie gegen ein Fenster.
22
Das amüsierte sie sehr. Sie dachte, wie kann man ernsthaft sagen das alles negative wo zufällig eine 23 entdeckt wird mit einem Geheimbund in Verbindung bringen?!
Alles Spinner!
21
Langsam wurde es ihr kalt, sie hätte sich wärmer anziehen sollen
20
Jetzt hatte sie mehr als die Hälfte des Weges hinter sich.
19
Nun kam doch etwas Angst auf sie zu was jetzt kommen würde. Vielleicht würde sie im nächsten Moment wieder als ein Tier aufwachen. Sie hoffte auf eine Eintagsfliege, dann hätte sie es schnell wieder hinter sich.
18
Der Lärm um ihre Ohren wurde immer unerträglicher und sie versucht sie sich zu zuhalten, aber ihre Arme wurden wie von zwei riesigen Ambossen an ihren Körper gedrückt.
17
Sie öffnete kurz ihre Augen um zu sehen ob es noch weit war.
16
Sie schloss sie sofort wieder wegen dem stechenden Schmerz.
15
Ihr ganzer Körper zitterte.
14
Und es wurde immer kälter.
13
Die Kälte breitete sich aus.
12
Alles an ihr war wie Eis das gleich zerspringen würde.
11
Sie formte ihren Körper so aerodynamisch wie irgend möglich.
10
Sie fiel schneller.
09
Schneller
07
Schneller
06
Schneller
05
Sie hörte irgendjemanden etwas brüllen.
04
Dann, dass jemand aus dem Weg geschubst wurde.
03
Dann ein Schreien.
02
Immer lauter.
01
Es war nicht ihr eigenes.
00
Aufprall.
Alle Urherberrechte 2004 bei Johannes Fries, Köln 15.02.2005