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Serie Kreis mit Kreuz: Heike

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02.09.2015
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Kreis mit Kreuz: Heike

Heute ist der Tag, an dem ich seit genau vierundzwanzig Jahren Sex habe. Das ist an sich nichts Besonderes für eine Frau Anfang vierzig. Aber ich habe seit vierundzwanzig Jahren Sex mit dem gleichen Mann. Hans und ich haben dabei ein stillschweigendes Gentlemen Agreement getroffen. Während bei anderen Paaren nach der ersten Brunst häufig das Liebesleben schleichend einschläft, haben wir an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat am frühen Nachmittag vor dem Kaffee unser Schäferstündchen. Nach dem Mittagessen machen wir einen kleinen Spaziergang, dann gehen wir ins Schlafzimmer, ziehen uns aus, legen uns ins Bett, ich rechts und er links, und schlafen erst einmal eine Viertelstunde. Anschließend dreht Hans sich auf seine rechte Seite, drückt mir einen verschämten Kuss auf die Wange, streichelt mir über den Arm und schließlich hievt er sich mit einem Ruck über mich und ruft dabei »Rechtsverkehr«. Er rubbelt ein paar Mal mit seiner Hand über meine Muschi, bevor er in mich eindringt für den ungefähr zehnminütigen Akt, den wir in einer Art abgewandelten Missionarsstellung verbringen. Danach schläft Hans für eine halbe Stunde ein, während ich darauf warte, dass er wieder aufwacht. Ich glaube, wir sind ein gutes Paar.

Und heute ist Sonntag. Der vierte Sonntag im Monat und Hans ist mit seinen Jungs auf dem Weg von München nach Köln zu einem Helene Fischer-Konzert. Ich wünschte ihm viel Spaß und tat so, als machte mir das nichts aus. Dass mein Mann einer Blondine in engen Bühnenkostümen zugrölt. Er wird heiser sein, wenn er zurückkommt und ich werde ihm Salbeitee kochen. Ich möchte mich ja nicht aufführen wie ein Teenager-Mädchen, das ihrem Freund Vorwürfe wegen dem Pin-up-Kalender auf dem Klo macht. Immerhin kann mir diese Helene nicht gefährlich werden, so attraktiv ist Hans nun auch nicht mehr. Aber manchmal da frage ich mich …

Ich greife zu dem Handy und tippe eine Nachricht ein. »An wen denkst Du beim Sex?«, frage ich meinen Bruder. Klausi kann ich alles fragen.
Es piept. »Willst Du das wirklich wissen?«.
»Ja, ich will!«, gebe ich ein.
»An Mutter.«
Ich glaube, ich will es doch nicht wissen. An Mutter? Ich rufe meinen Bruder an, der prompt rangeht. »Heike, na wie …«
»An Mutter? Ist das dein Ernst?«
»Du hast gefragt.«
»Ja, habe ich, aber …«
»Nun, da ist so eine Erinnerung. Ich weiß gar nicht, ob sie echt ist. Aber ich liege auf einem blauen Badetuch auf dem Küchentisch und Mama macht mir eine frische Windel und …«
»Halt die Klappe!« Ich pruste. Mein Bruder ist ein Perversling.
»Warum hast du dann überhaupt gefragt?« Klausis Stimme klingt unschuldig.
»Hans ist bei Helene Fischer.«
»Und jetzt glaubst du, dass er beim Sex an Helene denkt?«
»Nun, ist ja nicht ausgeschlossen …«
»Ist euer Sex heiß und zügellos?«
»Nein. Ich meine, er ist schön, aber – normal.«
»Dann denkt er auch nicht an Helene Fischer. Du, die Nina ist da. Ich lege auf.«
Zack, weg ist Klausi, mein offenbar mit Ödipus-Komplex ausgestatteter Bruder.
Ich lasse mich auf den Sessel fallen. Wir haben keinen heißen und zügellosen Sex, weil mein Mann an mich und nicht an Helene Fischer denkt? Irgendetwas läuft in unserer Ehe komplett verkehrt.

Und mit einem Schlag wird mir klar, was es ist: Wir haben »Rechtsverkehr«.
Wir machen alles so, wie es uns die Priester seit Jahren vorbeten. Wir haben ein geregeltes Ehe-Sexualleben, das zwar aufgrund meines Unfalls kinderlos blieb, aber im Übrigen führen wir eine vorbildliche Beziehung. Wir hätten nichts zum Beichten, keine SM-Abenteuer á la Christian Grey, keine Seitensprünge, die über den Besuch eines Helene-Fischer-Konzerts hinausgingen. Nun ja, die Sache von vor fünfzehn Jahren lasse ich einmal weg. Ich habe Hans verziehen.
Ich stehe auf. Laufe im Wohnzimmer Furchen in den Boden. Nicht einmal Kamasutra gehört in unser Repertoire. Okay, das würden vermutlich auch meine Bandscheiben nicht mehr mitmachen. Mit zweiundvierzig ist man irgendwie nicht alt, aber auch nicht mehr die Jüngste.

Ich glaube, wir sind zufrieden, aber sind wir auch befriedigt? Atemlos? Ist das die Midlife-Crisis?, frage ich mich und überlege für einen Moment, ob ich meine Haare bleachen lassen soll. Verschiebe den Gedanken so schnell, wie er gekommen war, wieder in die Schublade der beknackten Ideen einsamer Sonntage. Aber etwas brodelt in mir. »Rechtsverkehr«. Das hört sich schon so ordentlich an. Als wären wir unsere eigenen Großeltern. War es das, was wir wollten, als wir uns als Teenies in der Diskothek zu Erotica »Max, don’t have Sex with your Ex« die Kehle ausschrieen? Uns »cool« fanden, weil Sex nicht länger ein Tabuthema war? Und nun? Nun zogen wir die Vorhänge zu an jedem ersten und dritten Sonntagnachmittag im Monat. Als ob die Nachbarn nicht wüssten, was dahinter geschieht. Wir sollten Sex bei offenen Vorhängen haben und die Pfeiffers sollten vor Neid blass werden, wenn sie sehen, wie es bei uns rumpelt!

»Rechtsverkehr« klingt es in meinem Kopf noch lange an diesem Tag nach. Den haben Anwälte, aber kein Liebespaar. Ich wälze mich im Bett hin und her und frage mich, was uns fehlt. Und ich treffe in dieser Nacht einen Entschluss ...



Ich mache mir eine Tasse Kaffee und setze mich an den Laptop. »Wie peppt man …«
» ... seine Beziehung auf«, gleich der erste Treffer. Knapp gefolgt von »... seine grauen Haare« und »... ein altes Bad«. Ich schmunzele und drücke auf Return. Und da war sie, die Lösung: Ein Blog zum Thema Sex in der Ehe. Das fängt gut an.
»Überraschen Sie Ihren Ehemann mit heißen Dessous …«, lese ich mir selbst laut vor. An so etwas dachte ich nicht gerade. Ich klicke mich weiter durch die Vorschläge des Blogs mit dem verheißungsvollen Namen »Die verflixte 7«. Finde dort alles von aphrodisierenden Kochrezepten bis hin zu angeblich aufregenden Handschellenspielen mit zweckentfremdeten Kochlöffeln und Kaffeefiltern. Ich seufze und sehe mich schon in Frischhaltefolie gewickelt, Hans die Tür öffnen. Wie Kathy Bates in »Grüne Tomaten«. Zumindest die gleiche Frisur haben wir ja schon.

Und wie das so ist mit dem Teufel, höre ich genau in diesem Moment die Schlüssel im Schloss. Hans kommt von seinem Helene-Fischer-Abenteuer zurück. Die Tür öffnet sich und ich klappe schnell den Laptop zu. Vertrautes Schlurfen ist zu hören. Er hüstelt im Flur und ich sehe vor meinem inneren Auge, wie er die Hand zu einer lockeren Faust ballt.
»Benutze den Ellenbogen!«, rufe ich vom Schreibtisch aus. »Soll ich dir einen Salbeitee kochen?«
Ein Murren ist aus dem Flur zu hören und schließlich erscheint er an der Tür. Für seine fast Fünfzig hat er sich gut gehalten. Die schwarzen Haare sind von grauen Strähnen durchzogen und sein Bauch gleicht dem einer Schwangeren im fünften Monat, aber welcher Mann über vierzig ist noch schlank und rank wie ein Eros?
»Was gibt es zum Essen?«, fragt Hans mit heiserer Stimme und reibt sich mit dem Unterarm über die Nase, zieht dabei hörbar seinen Allergieschnupfen hoch. Hausstaub, Katzen- und Hundehaare und allerlei Grünzeug.
Ich lächele ihn an. »Hast du deine Tropfen wieder vergessen?«
Er grummelt etwas, während er aus dem Wohnzimmer Richtung Bad schlurft.
»Braten und Knödel!«, rufe ich ihm hinterher, klappe schnell wieder den Laptop auf.

Ich gehe zurück auf die Suchmaschinenergebnisse. Das kann doch nicht alles sein. Handschellen und rote Dessous. Ich drücke noch einmal auf Return, die Seite lädt neu –
und ich bleibe an einer Anzeige hängen, die rechts mit einem rosa Bildchen einer Muschel versehen ist: »Perlengruß – Professionelle Yoni-Massage für die Frau … Betreten Sie Ihren Tempel und finden Sie den Punkt der Göttin, denn keine Frau sollte sich weniger wert sein.«
Ich klicke mich durch zu der in einem dezenten Rosé gehaltenen Webseite und lese neugierig weiter: »Sie vermissen das Feuer, das einst in Ihrer Partnerschaft loderte? Yoni wird Ihnen helfen, Ihre energetischen Flüsse zu aktivieren und ihre Weiblichkeit zu reaktivieren. Damit bringen Sie neuen Pep in Ihre Beziehung. Werden Sie zur Muschel für Ihre persönliche Perle - Rufen sie uns an unter der 0800…«
Ich klicke auf die Bilder, erröte und schmunzle. Was es nicht alles gibt. Ich schüttle mich und schließe rasch das Browserfenster. Meine Wangen glühen. Yoni! Unglaublich.
Der Braten wartet.



Die junge Dame mit dem bronzenen Teint und den kompliziert aufgetürmten Haaren öffnet mir lächelnd die Tür. Ein rosa Band scheint die Frisur zusammenzuhalten und irgendetwas reizt mich, an dem Schleifchen zu ziehen. Wie viele Stunden man wohl braucht, um das so zu binden?
Ich fange mich wieder. »Ich bin Frau Huber, Heike Huber. Wir haben telefoniert?« Meine Stimme kommt mir zittrig vor. Jedenfalls beben die Beine und die Handflächen sind kaltnass. Wie bloß bin ich auf diese dämliche Idee gekommen, hier anzurufen? Es fällt mir wieder ein: Hans war auf Montage und ich musste erneut an Kathy Bates in Frischhaltefolie denken. Das war es und nun stehe ich hier in den rosé gestrichenen Räumen des Perlengrußes.

»Sie sind das erste Mal bei uns?«, fragt die Dame mit dem schwarzen Haarturm und zeigt mir mit einer Handbewegung an, dass ich ihr folgen soll. Ich nicke. Mein Mund ist so trocken, dass ich keinen Ton herauskriege.
»Ich bin Fräulein Tamara«, fährt sie unbeirrt fort.
Fräulein, denke ich. In welchem Jahrhundert bin ich hier angekommen?
»Sie müssen einen Fragebogen ausfüllen, wenn Sie zum ersten Mal hier sind.« Fräulein Tamara führt mich zu einer Theke, die mich an die meines Zahnarztes erinnert, was nicht gerade die Stimmung hebt. Am liebsten würde ich auf der Stelle umdrehen, aber das ist mir zu peinlich. Jetzt habe ich mich in diese Situation reingeritten, jetzt muss ich auch da durch. Heike, mach keinen Rückzieher! Wenn Klausi hier wäre, er würde sich vor Lachen auf dem Boden wälzen. Aber immerhin: Ich tue das für meine Ehe, für Hans und mich. Wenn ich, wie es auf der Webseite steht, meine Energieflüsse verloren habe, dann muss ich sie wiederfinden.

Ich lasse mir den Fragebogen in die Hand drücken und setze mich in den Wartebereich. Name, Alter, Vorerkrankungen, Erfahrungen mit Tantra ... durchlebte Geschlechtskrankheiten? Wie Syphilis und Chlamydien? Ich schlucke. Die wollen doch jetzt nicht wissen ...? Die paar Chlamydien vor fünfzehn Jahren. Damals als Hans ... nein, das schreibe ich nicht rein.
»Sind Sie fertig?« Fräulein Tamara steht in ihrem violett-glänzenden Sari vor mir, lächelt mich an. Ich reiche ihr den Fragebogen.
»Sie dürfen dann durch diese Tür. Sie führt direkt in die Auskleide. Bitte gehen Sie anschließend durch den Vorhang in den Behandlungsraum. Meister Krishna wird dann kommen.«
Puh, jetzt wird es ernst. Ich nicke, bedanke mich kurz und gehe in die Auskleide. Soll ich mich jetzt wirklich? Ganz nackt? Zu meiner Erleichterung finde ich ein großes Badetuch in der Kabine. Darin eingehüllt, betrete ich durch den Vorhang, der aus unzähligen an Bändern aufgehängten Holzkugeln besteht, das besagte Zimmer. Es klappert hinter mir noch eine Weile weiter. Der kleine Raum ist ebenfalls rosé gestrichen. Auf den Fenstern klebt eine Folie, die wohl den Blick von der gegenüberliegenden Häuserfront blind macht. Von hier aus kann man auf die Paul-Heyse-Straße sehen, stelle ich fest. Es duftet nach exotischen Blumen und aus an der Decke hängenden Lautsprechern ertönt diese Meditationsmusik, die nach einer Mischung aus Walgesängen und Folklore klingt und in jedem gut sortierten Kaufhaus erhältlich ist. Entspann dich Heike!

»Ich grüße Sie!«
Ich schrecke zusammen, wende mich vom Fenster ab. Ein groß gewachsener Mann mit Glatze und in einer Art schwarzem Bademantel steht an dem Waschbecken in der rechten Ecke des Raumes und wäscht sich intensiv die Hände mit Seife.
Ein Kloß brennt sich seinen Weg von meinem Hals in den Magen. Mir wird etwas schwindelig.
»Legen Sie sich doch bitte gerne schon hin.«
Mein Blick fällt auf die dicke rote Decke am Boden. Meine Beine sind weich wie Pudding, als ich auf sie zugehe und mich langsam hinlege. Noch immer in das Badetuch eingehüllt, das ich krampfhaft festhalte.
Der Mann trocknet sich die Hände ab und wendet sich mit dem Gesicht zu mir. Erst jetzt sehe ich den schwarzen Drachen auf seinem Schädel, dessen Feuerflamme sich bis auf die Stirn zieht. Ich schlucke. Wie alt er wohl sein mochte? Fünfzig? Fünfundfünfzig? Das ist nicht gerade der Typ von Mann, mit dem ich ... nun gut, ich werde ja keinen Sex mit ihm haben. Hoffe ich ... ich fummele an dem Badetuch, als würde ich im Sterben liegen.
Barfuß kommt er auf mich zu. Kniet sich seitlich neben mich. »Ich bin Meister Krishna. Und Sie?«
»Heike El... Huber.« Das Elvira, das ich meiner Großmutter zu verdanken habe, schlucke ich schnell runter.
»Ich darf Sie doch Heike nennen?«
Ich nicke, soweit das meine Lage zulässt.
Meister Krishna, der so gar nicht indisch aussieht, lächelt verschmitzt. »Sie können das Badetuch ablegen und drehen Sie sich doch bitte auf den Bauch. Wir fangen mit einer einfachen tantrischen Massage an. Zur Eingewöhnung.«
Kann ich auch das Badetuch anbehalten?, denke ich, drehe mich aber brav zur Seite und ziehe es dabei unter mir weg. Im Moment möchte ich einfach nur noch, dass das hier vorbei ist.
Ich schließe die Augen, höre wie Meister Krishna die Hände aneinander reibt, als wolle er gleich einem Schwein die Kehle durchschneiden.
Dann spüre ich seine kräftigen Hände an meinen Schultern. Sie sind warm, massieren zunächst den Schulter- und Nackenbereich. Wandern den Rücken hinab.
»Sie sind aber verspannt. Da haben wir ja ein ganzes Stück Arbeit vor uns.«
Na, super. Ein Stück Arbeit bin ich also. Ich presse die Augen fester zusammen und lausche der Musik. Die Hände des Tantra-Meisters gleiten derweilen zum Gesäß. Mein Atem wird schneller. Ich nehme eine Erregung wahr, die ich lieber nicht hätte. Am liebsten würde ich aufspringen, mir das Badetuch schnappen und ...

... ein Stöhnen entgleitet mir und das Blut schießt in den Kopf, als die Hand des Meisters durch meine Poritze zur Vulva gleitet, sie sanft massiert. Mit der anderen packt er mich an der Schulter und dreht mich wieder auf den Rücken. Ich fühle mich furchtbar entblößt und presse meine Augen angestrengt zu. Fürchte, mich selbst zu sehen, wenn ich sie öffne. Wie ich puterrot auf der roten Decke liege, während ... ich schnappe nach Luft. Werde an den Beinen gepackt, spüre wie ich mit meinen Oberschenkeln auf den nackten Beinen des knienden Meisters aufliege. Ein kräftiger Daumendruck auf meiner Klitoris raubt mir die Sinne. Der Druck lässt nach, bevor ...
Und auf einmal kann ich loslassen. In meinen Ohren rauscht das Blut und die Musik. Mir wird erst warm, dann heiß. Ein Finger gleitet in mich, übt eine kreisende Bewegung aus. Ich stelle mir kurz vor, dass es Hans ist, der mich liebkost. Doch der Gedanke passt nicht. Deswegen stelle ich mir Krishna vor, wie er seinen Bademantel auszieht und das nicht tut, weil ich ihn bezahle, sondern meinetwegen.

Meine Ohren glühen, als es vorbei ist. Ich liege auf Krishnas Geheiß noch ein wenig auf der Decke rum, während er sich wieder gründlich mit Seife die Hände wäscht. Er nickt mir zu und verschwindet durch eine Tür.
Ein paar Minuten später kommt Fräulein Tamara in den Raum und reißt ein Fenster auf.
»Sie dürfen sich wieder anziehen.«
Ich rapple mich auf und wanke mit dem Badetuch in der Hand in die Auskleide, die jetzt eine Ankleide ist. Nachdem ich angezogen bin, verweile ich dort noch etwas. In meinem Kopf dreht sich alles. Was bloß habe ich da gerade erlebt?

An der Theke angekommen, sitzt dort bereits wieder das Fräulein Tamara. »Ich hoffe, es hat Ihnen bei uns gefallen und Sie beehren uns bald wieder.« Ihre Stimme klingt ein wenig wie die Ansage in den Münchner S-Bahnen. Nicht diese nette, bayerische Dame, die die Haltestellen durchgibt, sondern diejenige, die erschallt, um Zugverspätungen, Signalstörungen und Personen auf dem Gleis zu verkünden.
Ich presse die Lippen zusammen und nicke. Warum eigentlich nicht? Umso mehr ich über meinen Körper lerne, desto besser kann ich doch Hans erklären, wie wir wieder Pep in unsere Beziehung bringen.
»Wir hätten noch Donnerstag in einer Woche einen Termin um 14:00 Uhr.« Geschäftig schaut Fräulein Tamara von ihrem Bildschirm auf.
Leicht errötet sage ich zu. Das ist perfekt. Hans wieder auf Montage und Donnerstag ist mein freier Tag.
»Wir haben hier noch eine Informationsbroschüre. Yoni für daheim. Darf ich Sie raus begleiten?« Das Lächeln von der Schwarzhaarigen ist zuckersüß.
Ich lasse mich zur Tür geleiten, gehe durch das Treppenhaus zurück zu meinem Fahrrad. Ich werfe einen Blick auf die Broschüre: »Bringen Sie Ihr Qi wieder zum Fließen.« Auf dem Titelblatt ist ein Bild von Meister Krishna zu sehen. Er trägt darauf ein indisch wirkendes Hemd und die Flamme seines Drachens ist mit roten Steinchen beklebt.



Gedankenversunken rühre ich im Milchkaffee herum. Mir gegenüber sitzt eine Zeitung. Das Schnalzen verrät mir, dass Hans dahinter seinen geliebten Schinkenspeck isst.
Ich starre auf die Toastscheibe vor mir. Sie ist wieder einmal leicht verbrannt. Wie immer, wenn Hans sich um das Frühstück kümmert.
Wann eigentlich wurde unser Leben zu einer verbrannten Toastscheibe? Eine, die man so gerade eben noch essen kann, die aber zwischen den Zähnen knirscht und einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.
Mit einem Male ist mir der Mann gegenüber die rätselhafteste Entscheidung meines Lebens. Nein, nicht mit einem Male, sondern seitdem Krishna mir begegnete. Ich schließe kurz die Augen, denke an seine Hände, wie sie mich berühren an Orten, die Hans in vierundzwanzig Jahren nicht entdeckte.
Die Stimme Krischnas hallt in meinem Kopf nach: »Ich bin der Gebende, du die Empfangende, Yin und Yang.«
In meiner Beziehung zu Hans bin ich die Gebende, die, die seine Kleider wäscht, den Rotkohl kocht und diejenige, die jeden ersten und dritten Sonntag im Monat zur Verfügung steht.
»Willst du nichts essen?« Blaue Augen schauen über den Rand der Zeitung hinweg.
»Das Toast ist verbrannt“, sage ich und wundere mich selbst, wie belanglos das klingt.
»Aha.« In Hans' Räuspern ist deutlich ein »Das-hat-dich-doch-sonst-nicht-interessiert« zu hören.
Ich schnappe mir den Teller und stelle ihn auf die Anrichte. »Ich muss jetzt. Bin mit Anna-Maria verabredet.«
»Heute? Aber du bist zum Kaffee zurück? Heute ist ...«
Ich nicke. »Ich weiß, heute ist der dritte Sonntag im Monat.« Mit meiner Jacke unter dem Arm stehe ich bereits an der Haustür. »Ich versuche, mich zu beeilen.«
Hans verabschiedet mich mit einem Grummeln. Als ich vor der Tür stehe, atme ich erst einmal tief durch.

Dann schnellt der Puls hoch. Mit erröteten Wangen steige ich auf mein Fahrrad und fahre geradewegs zum Perlengruß. Es ist Sonntag. Krishna wird nicht arbeiten, aber vielleicht ist er da und wir könnten in Ruhe reden, ohne dass dieses Fräulein Tamara in der Nähe ist. Gedanklich gehe ich die Sitzungen der letzten Wochen durch. Es ist immer der gleiche Ablauf: Die Begrüßung durch Fräulein Tamara, das Auskleiden in der Kabine, während Tamara die Decken im kleinen Behandlungsraum vorbereitet. Dann kommt Krishna, wäscht sich die Hände, fragt, wie es mir geht. Ich antworte »gut«, frage mich jedes Mal, ob ich die Lüge aufklären soll. Ihm erzählen sollte, wie schlecht es mir geht. Wie ausgepowert, überreizt und unverstanden ich mich fühle. Verloren in meiner Ehe. Die Yoni-Sitzungen bei ihm das Einzige sind, das mich seit Wochen belebt. Mein Qi nur dann fließt, wenn er in meiner Nähe ist. Mein Mann und ich niemals diese Energieströme hatten, ich mein Leben im falschen Boot verbracht habe ...
Ich trete schneller in die Pedale, erreiche die Bahnhofsgegend. Es ist ein warmer Frühlingstag, aber meine Hände sind kalt und feucht. Ich fühle mich wie ein Schulmädchen, das am Wochenende durch die Gartenhecke ihres Schwarms schaut. In der Hoffnung, einen einzigen Blick auf das Objekt ihrer Begierde zu erhaschen. Aber ich bin kein Schulmädchen mehr, sondern eine erwachsene Frau und ich möchte ihm endlich sagen, dass ich mich verliebt habe. Ich noch nie in meinem Leben jemandem so dermaßen vertraut habe. Dass er recht hatte, als er sagte, dass das Qi meine innere Göttin erwecken und neue Kraft in mein Beziehungsleben brächte. Nur, dass es nicht die Beziehung zu Hans ist ...

Ich erreiche die Seitengasse zum Perlengruß, steige vom Fahrrad, um es die letzten paar Meter zu schieben.
Die Flügeltür des Altbaus öffnet sich. Mein Herz hüpft, als ich erkenne, dass Krishna herauskommt. Ein blaues Tuch im Piratenstil ist um seinen Kopf gewickelt, sodass die Drachentätowierung nicht zu sehen ist. Er hat einen riesigen Wanderrucksack geschultert, an dem Bergstiefel und Gletschereisen baumeln. Er geht Bergsteigen. Ich presse meine Lippen zusammen, blicke an mir runter auf den Konfektionsgröße-Vierundvierzig-Bauch, wie Anna-Maria unsere Figuren halb im Scherz, halb in Resignation nennt.
Nun, was dachte ich? Krishna hat eine drahtige Figur. Natürlich treibt er Sport. Aber das ist doch kein Hindernis ... Dann öffnet sich die Tür nochmals. Eine junge Frau kommt heraus. Ich brauche zweimal, um sie zu erkennen: Fräulein Tamara. Mir bleibt die Luft weg. Die Dame, die ich nur im Sari und mit der Hochsteckfrisur kenne, hat ihre schwarzen Haare zu einem Zopf geflochten, der ihr über den Po reicht. Sie trägt Wanderstöcke unter dem Arm geklemmt. Eine Hose, wie die Bergsteiger sie anziehen, besetzt mit Taschen, betont den makellosen Körper. Wow! So ungeschminkt sieht sie noch jünger aus und ich revidiere in meinem Kopf ihr Alter von Ende zwanzig auf Mitte zwanzig. Sie wirft die Stöcke in Krishnas Kofferraum, legt ihre Hände um seinen Hals und versinkt mit ihm in einen leidenschaftlichen Kuss. Ich blicke zur Seite. Der könnte dein Vater sein, Mädchen.
In meinem Mund zieht sich etwas zusammen und Tränen steigen in mir hoch. Was bloß dachte ich mir? Natürlich führt jemand wie Krishna eine Beziehung mit einer wie Tamara und nicht mit einer – ich atme tief durch, wische mir eine Träne vom Gesicht – wie mir. Einer pummeligen Hausfrau mit Teilzeit-Homeofficejob und einer verkorksten Ehe.
Derweilen löste sich die Umarmung der beiden. Tamara geht zur Beifahrerseite, während Krishna den Kofferraum zuschlägt. Sie fahren gleich los, durchfährt es mich. Ich schwinge mich auf das Fahrrad, trample um mein Leben, um wieder auf die Paul-Heyse-Straße zu kommen. Jetzt bloß nicht gesehen werden. Tränen verschleiern den Blick. Blindlings biege ich Richtung Bahnhof ab. Der Geruch von Abgasen, ranzigem Frittierfett und Taubendreck steigt meine Nase hoch. Jedes Auto, das mich überholt, blinzele ich an. Erleichtert stelle ich fest, dass Krishna und Tamara am anderen Ende der Straße rausgefahren sein müssen.
Reifen quietschen, jemand hupt. Erschrocken drücke ich in die Bremsen und komme zum Stehen. Fliege fast über den Lenker, kann mich gerade noch so halten. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich auf das Auto, in dessen Seite ich beinahe rein geprescht wäre.

»Kruzitirken! Haben Sie keine ...« Ich erkenne die Stimme durch das nun herabgelassene Fenster genau. Schließe kurz die Augen, bevor ich sie wieder öffne und Meister Krishnas grimmige Miene sehe. Wo verdammt ist das Mauseloch, wenn man es braucht?
Erkennen blitzt in des Meisters Gesicht auf. Er fängt sich wieder. »Heike? Ist alles in Ordnung?«
Ich nicke. »Ja, nichts passiert. Alles gut. Entschuldigung. Ich bin etwas durch den Wind.«
Ich mache Anstalten, mich wieder auf das Fahrrad zu setzen. Der Meister erscheint mir wie ein Fremder.
»Sicher?«
»Ja, ja. Nur ein Todesfall. In der Familie«, lüge ich und blicke ihn ein letztes Mal an. Wie er ratlos in Richtung von Fräulein Tamara schaut, noch etwas zu mir sagen will. Aber ich entferne mich schon. Möchte ihn zur Verabschiedung grüßen, traue mich nicht, den Lenker loszulassen.

Außer Atem erreiche ich den Bahnhof, kette mein Fahrrad an einer Straßenlaterne an. Tapse in die Unterführung. Leere macht sich in mir breit. Den Lärm der Unterführung mit seinen ratternden Zügen, den quatschenden Reisenden und den blechernen Durchsagen nehme ich kaum noch wahr. Mir ist egal wohin. Hauptsache weg. Ich nehme die erste S-Bahn Richtung Isartor.

Es ist ein Sonntag im Frühling. Die Isarufer sind voll von Menschen, die mit tragbaren Grillgeräten und Bierkästen einen Platz in der Sonne suchen. Kinder spielen Ball, schreien ...
Ich lasse mich nieder auf den Steinen, blicke in den Fluss.
Denke zurück an meinen Reitunfall, wie ich im Krankenhaus erwachte und erfuhr, dass ich niemals Kinder haben werde. Hans nahm damals meine Hand, lächelte mich an und sagte, dass wir es uns zu zweit schön machen würden. Aber es wurde niemals schön. Und jetzt zwischen den spielenden und lachenden Kindern wird mir klar, dass ich immer welche wollte und mich nie traute, es zu sagen. Wir hätten adoptieren können, als wir noch jünger waren. Aber Hans verkaufte sein »Nur wir zwei« so glaubhaft, dass ich auch daran glauben wollte.
Ich schlucke, wische mir eine weitere Träne aus dem Gesicht. All die verlorenen Möglichkeiten!

Das Yoni sollte meine Ehe retten, aber es hat meine Ehe zerstört. Ich mache einfach alles falsch. Auf einmal fühle ich mich einsamer als je zuvor; beginne, Steine in die Isar zu werfen. Beobachte, wie sie Ringe bilden, wenn sie auf das Wasser aufprallen und schließlich untergehen.
Ich unterdrücke meine Tränen nicht mehr, lasse sie laufen. Paare spazieren an mir vorbei. Scherzend, lachend. Ich stelle mir vor, wie der Meister mit Tamara auf einer Alm sitzt, den Arm um sie legt, sie küsst ... Wie habe ich das übersehen können? Wie habe ich mir einbilden können, dass ...? Ich werde wütend. Auf mich. Auf die Welt. Auf Meister Krishna. Seine Tamara. Verstehe, dass diese ganze Qi-, Perlen- und Göttinnenkacke nur Geschwafel ist. Dass mir Krishna für hundertzwanzig Euro die Stunde das erzählte, von dem er meinte, dass ich es hören wollte. Vermutlich bin ich eine von hunderten Hausfrauen, die bei ihm etwas suchen, was sie längst verloren oder nie besessen haben, und er macht allen mit seinem Gefingere vor, dass das irgendetwas in ihnen erwecken würde. Irgendwelche Perlen, Yin und Yangs und der ganze Eso-Scheiß, an den ich nie glaubte und auf den ich jetzt doch hereinfiel. Nichts als schöne Worte.

Die Wahrheit ist: Ich bin allein auf dieser Welt. Hans ständig auf Montage, auf Helene-Fischer-Konzerten oder sonst wo mit seinen Jungs unterwegs. Nur am ersten und dritten Sonntag im Monat, da wartet er auf mich im Bett und zieht seine Rechtsverkehr-Nummer durch. Ein Zucken geht durch meinen Körper. Der Nachmittag naht, ich muss mich beeilen, wenn ich ...

Nein – ich bleibe hier an der Isar.
Allein.
Ohne Hans und ohne – Krishna.



Es ist Donnerstag. Ich sitze am Laptop, obwohl mein freier Tag ist. Hans ist auf Montage und ich schaue auf die Uhr. Es ist bereits zwanzig nach zwei. Gerade, als ich mich wieder auf das Diktat stürzen will, das mein Chef mir ins Homeoffice schickte, klingelt mein Handy. Der Vibrationsalarm lässt meine Schreibtischplatte singen. Ich gehe nicht ran. Auf dem Display erscheint die Nummer vom Perlengruß. Nach zwei Versuchen bleibt das Handy still. Nun nehme ich es in die Hand und höre die Mailbox ab. »Hallo, Fräulein Tamara hier, ich wollte Sie erinnern an Ihren Termin heute. Ist etwas dazwischen gekommen? Vielleicht können Sie uns eine kleine Nachricht hinterlassen.« Der Hörer wird beiseitegelegt.
»Hast du sie erreicht, Schatz?« Es ist Krishnas Stimme, die leise aus dem Hintergrund erklingt.
»Nein, Mailbox.«
»Die Huber wirkte letztens so verwirrt. Ich hoffe, es ist ihr nichts passiert.«
»Wird schon nichts sein. Dann bleibt mehr Zeit für uns«, säuselt Tamara, bevor der Hörer aufgelegt wird.
Wer hoch fliegt, fällt tief. Das sagte meine Großmutter Elvira immer.
Ich starre auf den Bildschirm des Laptops und das angefangene Diktat. Yoni ist Vergangenheit, doch was ist meine Zukunft? Mich wieder in die Ehe mit Hans fügen? Alles so werden lassen, wie es vor Krishna war?

Ein Sonnenstrahl fällt durch das Fenster hinter mir. Verblendet die Sicht auf den Laptop. Und auf einmal begreife ich. Yoni hat nicht meine Ehe zerstört.



Hans sitzt mir gegenüber und dreht sein Glas Wasser auf der Tischplatte im Kreis umher. »Was willst du mir sagen?« Er wirkt nervös.
Ich ebenfalls, vermute ich, obwohl ich mir Mühe gebe, gelassen zu sein. Ich beiße mir auf die Unterlippe, zaubere ein Sekunden-Lächeln auf mein Gesicht. »Ich will die Scheidung.«
Hans, der gerade sein Wasser zum Mund führt, prustet in das Glas. »Du verarschst mich jetzt?«
»Nein. Ich meine es ernst. Ich will die Scheidung.«
Hans Kopf wird rot und seine Augen groß. »Gibt es einen anderen ...?«
Für einen Moment schauen wir uns nur an. Hans wirkt hilflos. Spielt mit der zusammengerollten Zeitung auf dem Tisch. »Hör zu«, fährt er fort, »wir können darüber ...«
»Da gibt es nichts zu reden.« Ich bemühe mich um Contenance. Jetzt bloß keinen Rückzieher machen.
»Ist es so schlimm?« Sein Atem wird schneller. Seine Lippen beginnen zu zittern. »Wer?«
Ich schlucke. Vielleicht sollte ich ihm jetzt eine Story auftischen von dem rassigen Brasilianer, der mein Herz eroberte. Nein – ich sollte bei der Wahrheit bleiben. »Es gibt niemanden.«
Ungläubig schaut Hans mich an. Dann scheint er Aufwind zu bekommen, richtet sich auf. »Und was soll das dann? Ist das jetzt deine Midlife-Crisis?« Er gibt ein ersticktes Lachen von sich.
Ich schüttle den Kopf. »Vielleicht hatte ich die, aber nun bin ich mir sicher, dass ...«
Mein zukünftiger Ex-Mann sitzt mir wie versteinert gegenüber. Ich atme tief durch. »Hör zu. Wir hatten eine schöne Zeit. Aber wir sind an einem Punkt angekommen, an dem du lieber mit Jörg und Andreas im Brauhaus abhängst und zu Helene Fischer und Andrea Berg fährst und ich nicht mehr zu Hause auf dich warten will. Ich möchte überhaupt nicht mehr auf dich oder irgendetwas warten. Ich möchte mich auf etwas freuen, von dem ich heute noch nicht weiß, was es ist.« Hans ist ruhig. Schaut mich an.
Stille.
Er räuspert sich. »Du spinnst ja. Jetzt werd‘ aber ganz schnell wieder nor...«
»Ich bin normal.«
Er gibt einen Hicks von sich. »Normal heißt bei dir also, dass du heute nach über zwanzig Jahren Ehe so einfach sagst, dass es vorbei ist? Und ich soll das einfach akzeptieren?«
Ich werde wütend, stehe auf. »Ja, das sollst du, das musst du!«
Ich gehe in den Flur und schnappe mir die gepackte Tasche.
Der Türrahmen knackt, als Hans sich dagegen lehnt. Mit großen Augen schaut er mich an, wie ich da stehe, im Mantel mit dem Lodenhut und der Reisetasche, die viel zu lang im Schrank verkümmerte.
»Du hast das also geplant?«
Ich nicke.
»Und wohin willst du jetzt?«
Ich zucke mit den Schultern. »Zu Anna-Maria oder Klausi. Mach‘s gut. Du hörst von meinem Anwalt.«

Hans bleibt zurück. Ich lasse die Haustür hinter mir zufallen, mache die Reisetasche an meinem roten Drahtesel fest und trete in die Pedale. Der Wind rauscht an den Ohren vorbei. Ich höre, wie die Steinchen vom Herzen fallen. Immer mehr. Wie ein Erdrutsch, der den Weg zurück verschüttet. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühle ich mich frei. Ich überlege, wo ich die Nacht verbringen werde. Vielleicht am Tegernsee. Vielleicht ziehe ich dort hin. Oder an den Chiemsee oder ... gleich, was ich tun werde, von nun an habe ich nur noch Linksverkehr.

Ich lache laut auf. Über mich. Über Hans. Über Krishna. Werfe meinen Kopf in den Nacken, schaue in die Wolken, lasse den Lenker los und strecke die Arme aus. Linksverkehr.
Das ist es!
England!
Ich radle nach England! Vielleicht nicht gleich heute, aber irgendwann, wenn mir danach ist.

 

Moin @Maedy,

vor dem Frühstück so en langes Ding. Also ehrlich gesagt, von diesem Hans hätte ich mich schon viel früher getrennt ... wenn es überhaupt je geschnackelt hätte. Allerdings haben deine beiden Menschlein auch sehr früh zusammengefunden. Da waren sie noch nicht mal biologisch ganz ausgereift, geschweige denn psychisch. Man wächst unausgereift zusammen, ganz schlechte Vorbedingungen.

würden vermutlich auch meine Bandscheiben

Nun kommt er auf mich zu, barfuß
Über das 'Nun' bin ich gestolpert. 'Barfuß tritt er seitlich an mich heran', dann haste den Folgesatz auch mit drin.
Ich gehe die Sitzungen bei ihm der letzten Wochen durch
Das liest sich auch wie eine Stolperfalle. 'Gedanklich gehe ich die Sitzungen der letzten Wochen durch' - bei ihm brauchste da eigentlich nicht, es waren ja nur die.
Hans nahm damals meine Hand, lächelte mich an und sagte, dass wir es uns zu zweit schön machen würden.
Reitunfall > keine Kinder > Mann kann das empathisch nicht nachvollziehen. Ist nicht selten.
Du verarscht mich jetzt?
Hm, ich meine 'verarschst' ...

Ja, und nun ist es passiert, mit 40 entdeckt ein Mensch auf einmal sich selbst. Das muss in keiner Scheidung enden, aber wer auf Helene-Fischer-Konzerte geht, dem gehört es nicht anders. :D
Besser ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.

Ich überlege noch ... hast du die Dynamik - oder Nichtdynamik - ausreichend beschrieben? Fehlt mir noch etwas von beiden aus den mehr als zwanzig Jahren? Ganz an den Hörnern packen kann ich bspw. Hans noch nicht. Er ist für mich noch etwas nebulös. Ganz der Typ, den man besser schnell wieder vergisst, weil es nur Speicherplatz verschwendet.

Vielleicht fände ich noch ein paar Dialoge nicht schlecht zwischen beiden, in denen sich die Leere wie das Abschälen einer Zwiebelschale herausschält. Vielleicht könnte ihr das Wort "Linksverkehr" dann einfallen, als ihr bewusst wird, wie dröge Rechtsverkehr ist. So "Hans, könnten wir nicht mal Linksverkehr?" Und Hans: "Linksverkehr?" Daraus ließe sich dann noch mal ein Spannungsfeld bauen, aber halt dialogmäßig.

Sodele, das war der erste Streich deiner Serie. Ich geh jetzt mal frühstücken und guck mal nach Yoni-Massage im Netz. Ich hab es gerne gelesen und es war nicht zu lang.

Griasle
Morphin

 

Hallo @Morphin ,

schön, dass Du gleich als Erster einen Kommentar geschrieben hast. :)
Ich habe tatsächlich etwas mit dieser Geschichte gekämpft, weil sie so viele „Innenansichten“ hat und sich im Wesentlichen über die Gedanken der Protagonistin trägt.
Ich bin gespannt, wie sich das Forum dazu aufstellt.

vor dem Frühstück so en langes Ding. Also ehrlich gesagt, von diesem Hans hätte ich mich schon viel früher getrennt ... wenn es überhaupt je geschnackelt hätte. Allerdings haben deine beiden Menschlein auch sehr früh zusammengefunden. Da waren sie noch nicht mal biologisch ganz ausgereift, geschweige denn psychisch. Man wächst unausgereift zusammen, ganz schlechte Vorbedingungen.
Das hast Du gut erkannt. Natürlich gab es eine Zeit, in der es zwischen beiden geschnackt hat. Das habe ich nicht extra erwähnt. Sie leben ja in keiner Zwangsehe.

Über das 'Nun' bin ich gestolpert. 'Barfuß tritt er seitlich an mich heran', dann haste den Folgesatz auch mit drin.
Ich habe es etwas anders gelöst.

'Gedanklich gehe ich die Sitzungen der letzten Wochen durch' - bei ihm brauchste da eigentlich nicht, es waren ja nur die.
Übernommen.
Hm, ich meine 'verarschst' ...
:bonk:
Das muss in keiner Scheidung enden,
Nein, dass muss es natürlich nicht. In ihrem Fall aber schon, da aus der Ehe der beiden nicht nur Leidenschaft und Liebe verschwunden sind, sondern auch das Eheleben an sich. Sie gehen komplett getrennte Wege und begegnen sich nur noch an zwei Sonntagen im Monat, um einen einstudierten Plan abzuarbeiten.
Ich überlege noch ... hast du die Dynamik - oder Nichtdynamik - ausreichend beschrieben? Fehlt mir noch etwas von beiden aus den mehr als zwanzig Jahren? Ganz an den Hörnern packen kann ich bspw. Hans noch nicht. Er ist für mich noch etwas nebulös. Ganz der Typ, den man besser schnell wieder vergisst, weil es nur Speicherplatz verschwendet.
Hier habe ich auch überlegt und überlegt. Es gab ursprünglich noch einen Abschnitt im Zoo, bei dem die Prota Schildkröten beobachtet und an den Heiratsantrag zurückdenkt sowie an eine durch Hans im Aktionismus gebuchte Brasilienreise nach dem Reitunfall, die nie angetreten wurde. Ich habe dann den Abschnitt gestrichen, da er auch wieder nur von der Innansicht lebte und ich Angst hatte, dass ich es übertreibe.
Diese Infos in ein Gespräch unterzubringen, erschien mir dann auch sehr gestellt.

Was den Hans angeht, da muss ich noch einmal drüber nachdenken. „Nebulös“ sollte er schon sein. Er ist ja faktisch gar nicht mehr da: Entweder auf Montage, beim Konzert oder hinter einer Zeitung versteckt.
Ob ich das tatsächlich ändern und Hans greifbarer machen will, weiß ich gerade noch nicht. Vielleicht gibt es dazu mehr Ansichten.

Ich hab es gerne gelesen und es war nicht zu lang.
Das freut mich :)
"Hans, könnten wir nicht mal Linksverkehr?"

Das werde ich übrigens nicht umsetzen. Der „Linksverkehr“ ist ihre Erkenntnis zum Ende und letztlich ja auch nur ein Bild. Das möchte ich vorher nicht ausdiskutieren.


Vielen Dank für Deinen scharfen Blick und Deinen Kommentar. Über das eine oder andere werde ich noch nachdenken. Die Fehler habe ich bereits verbessert.

Liebe Grüße
Mae

 

Hallo Maedy,
ich habe deine Geschichte mit Vergnügen und Interesse gelesen. Könnte so, wie sie dasteht, sofort irgendwo in Print gehen. Liest sich routiniert geschrieben, sprachlich ausgereift, viel zu interpretieren gibt es m.A.n. nicht.
Ich betreibe daher nur etwas Flusenlese.

Die schwarzen Haare sind von grauen Strähnen durchzogen und sein Bauch gleicht dem einer Schwangeren im fünften Monat, aber welcher Mann über vierzig war noch schlank und rank wie ein Eros?

Das würde ich im Präsens formulieren.

In meiner Beziehung zu Hans bin ich die Gebende, die die Wäsche wäscht, den Grünkohl kocht und diejenige, die ihn jeden ersten und dritten Sonntag im Monat zur Verfügung steht.
Wem oder was.
Die Wäschedoppelung ließe sich leicht vermeiden.
Hans seine blauen Augen schauen über den Rand der Zeitung hinweg.
Das ginge eleganter.

Ein Erkennen blitzt in des Meisters Gesicht auf. Er fängt sich wieder. »Heike? Ist alles in Ordnung?«

Eine Leere macht sich in mir breit.

Irgendwelche Perlen, Yin und Yangs und der ganze Eso-Scheiß, an dem ich nie glaubte und auf den ich jetzt doch hereinfiel.
Wen oder was.

Nur am ersten und dritten Sonntag im Monat, da wartete er auf mich im Bett und zog seine Rechtsverkehr-Nummer durch.
Auch hier würde ich den Präsens vorziehen.

Der Nachmittag nahte, ich müsste mich beeilen, wenn ich ...
Dito. Ohne Konjunktiv.

Seine Lippen beginnen, zu zittern.
Gehört hier tatsächlich ein Komma?

Der Türrahmen knackt, als Hans sich an ihm anlehnt.
... als sich Hans gegen ihn lehnt.

Nochmals: Danke für die amüsante Nachmittagsgeschichte! :)

 

Hallo @Maedy,

tolle Geschichte. Ist als Jugendlicher etwas befremdlich eine Geschichte zu lesen in der Leute, die so alt sind wie die eigenen Eltern, ihr Sexualleben aufpeppen wollen. Aber hat mir trotzdem gut gefallen.

Bei Rechtschreibung halt' ich mich raus, nur zwei Kleinigkeiten:​

Ich stelle mir kurz vor, dass es Hans es ist, der mich liebkost.​
uund​
Der Wind rauscht an an den Ohren vorbei.​
.

Inhaltlich war's durchweg gut gelungen. Ich verstehe @Morphins Kritik zu Hans' Nebulösität, aber deine Antwort dazu ergibt für mich Sinn. Die Figur hast du wirklich gut umgesetzt, besonders die Stelle mit der Zeitung war da bezeichnend. Hier ist fehlende Charakterisierung die beste Charakterisierung.

Und da frage ich mich die ganze Geschichte über: Was wäre, wenn die beiden mal so richtig miteinander reden würden? Wenn sie, statt auf Scheidung zu drücken, zu ihm gehen und sich beschweren würde, über alles, was sie beschäftigt. Würde er Einsicht zeigen? Eine Szene, in der sie das versucht wäre sicherlich spannend, aber ob's so notwendig ist ... Hmmm ...

Gestört hat mich nur, dass die Hauptfigur beim weinenden Fahrradfahren dann zufällig vor eben das Auto fährt. Bin mir nicht sicher, ob ich das ändern würde, aber es wirkte auf mich dann doch etwas zu gezwungen.

Also wie du siehst, eigentlich bin ich mir nirgends sicher. Und letztendlich isses ja auch so schon spitze.

Viele Grüße,
Manfred​

 

Liebe @Manuela K. ,

ich habe deine Geschichte mit Vergnügen und Interesse gelesen. Könnte so, wie sie dasteht, sofort irgendwo in Print gehen. Liest sich routiniert geschrieben, sprachlich ausgereift, viel zu interpretieren gibt es m.A.n. nicht.
Vielen Dank dafür! Das freut mich sehr, dass die Geschichte Dir gefallen hat. :)
Danke auch für das Flusenlesen! Ich gehe nicht auf die einzelnen Punkte ein, weil ich sie alle korrigiert habe.
Manchmal ist man echt betriebsblind. Ich war mir sicher, alle Zeitenfehler und meine geliebten Fälle-Fallen gefunden zu haben, aber dann sind mir doch noch welche durch die Lappen gegangen :bonk:


Lieber @Manfred Deppi ,


Ist als Jugendlicher etwas befremdlich eine Geschichte zu lesen in der Leute, die so alt sind wie die eigenen Eltern, ihr Sexualleben aufpeppen wollen. Aber hat mir trotzdem gut gefallen.
Interessant zu lesen :read:. Aber ich verrate vermutlich kein großes Geheimnis meiner Generation, wenn ich sage, dass das sogar ein großes Thema ist. :lol:
Die Figur hast du wirklich gut umgesetzt, besonders die Stelle mit der Zeitung war da bezeichnend. Hier ist fehlende Charakterisierung die beste Charakterisierung.
Vielen Dank dafür!
Einsicht zeigen? Eine Szene, in der sie das versucht wäre sicherlich spannend, aber ob's so notwendig ist ... Hmmm ...
Darüber habe ich auch nachgedacht und ich denke auch noch darüber nach, ob so ein Dialog noch einen Mehrwert hätte. Für mich als Autorin war der Gedanke, dass die beiden sich in einem Rollenmodell festgefahren haben, aus dem sich die Prota nach vierundzwanzig Jahren nur noch mit der Trennung retten kann.
Gestört hat mich nur, dass die Hauptfigur beim weinenden Fahrradfahren dann zufällig vor eben das Auto fährt. Bin mir nicht sicher, ob ich das ändern würde, aber es wirkte auf mich dann doch etwas zu gezwungen.
Die Stelle ist tatsächlich relativ spät in die Geschichte gekommen. In den ersten Versionen fuhr sie direkt zur S-Bahn-Station. Ich habe mich dann gefragt, ob ich hier nicht die direkte Konfrontation scheue und hatte dann zwei Versionen: Einmal eben diese und eine in der Krishna entdeckt, dass sie verliebt ist und es für besser hält, wenn sie sich einen anderen Tantra-Meister sucht.
Am Ende habe ich mich für diese Version entschieden, weil ich noch eine direkte Konfrontation wollte, aber ihr auch ein direktes „Schlussmachen“ des Meisters nicht antun konnte.
Und letztendlich isses ja auch so schon spitze.
Lieben Dank :herz:


Liebe Grüße und einen schönen Abend Euch!
Mae

 

Hallo @Maedy,
also ich hab die Geschichte mit Freude gelesen, man spürt, dass da jemand schreibt, der intensiv daran gearbeitet hat. Irgendwie druckreif. Aber...das ist mir zu glatt und erinnert mich ein bisschen an die Romantik Komödien im Fernsehen um viertel nach acht im Ersten. Oder ist das dein Ansinnen? Also für mich, zu viel vorhersehbares und ja, Klischees. Ein paar Brüche täten der Geschichte gut, die irritieren. Heike verliebt sich in die Freundin von Krishna und brennt mit ihr nach England durch- oder so. Freu mich jedenfalls weiter von Heike zu lesen. Lieben Gruß, Dusktilldawn

 

Hallo @dusktilldawn ,

schön, dass Du reingeschaut hast:


also ich hab die Geschichte mit Freude gelesen, man spürt, dass da jemand schreibt, der intensiv daran gearbeitet hat. Irgendwie druckreif.
Das hört sich ja nicht ganz schlecht an. :) Danke!
Aber...das ist mir zu glatt und erinnert mich ein bisschen an die Romantik Komödien im Fernsehen um viertel nach acht im Ersten. Oder ist das dein Ansinnen?
Dass mein Plot zu glatt ist, höre ich selten :lol:. Bislang wurden meist die Plotholes gerügt :D. Ja, so ein bisschen ist das schon auch Chick-Lit, allerdings gibt es am Ende eben keine Pilcher-Eierkuchen-Beziehung und endlich der oder ...
Heike verliebt sich in die Freundin von Krishna und brennt mit ihr nach England durch- oder so.
... ganz modern, die Richtige. Meine Prota sollte sich selbst und ihre Bedürfnisse entdecken. Ob sie irgendwann tatsächlich eine neue Beziehung beginnt und mit wem, das bleibt der Fantasie des Lesers überlassen.
Freu mich jedenfalls weiter von Heike zu lesen.
Von Heike wird es nichts mehr geben. Ich habe die Serie derzeit mit vier Teilen geplant. Im Mittelpunkt steht immer eine Frau, die sich aus jeweils anderen Gründen aus ihrer Ehe befreit und einen eigenen, neuen Weg geht. Ich kann jetzt schon einmal verraten, dass die nächste Protagonistin „Doro“ heißen wird. Die Geschichte ist schon in Mache. :)

Vielen Dank für Dein Feedback und Deinen Eindruck.
Für mich ist sehr spannend, wie die Story ankommt und wie sie von den Lesern und Leserinnen aufgefasst wird, was es zu kritisieren gibt, welche Erwartungen erfüllt oder nicht erfüllt werden.

Liebe Grüße
Mae

 

Hi @Maedy,

musste vor zwei Tagen nach der Hälfte aufhören, weil es zu spät wurde. Hatte aber schon viel Spaß beim Lesen und freue mich jetzt auf den zweiten Teil (fang nochmal von vorne an).

»Nun, da ist so eine Erinnerung. Ich weiß gar nicht, ob sie echt ist. Aber ich liege auf einem blauen Badetuch auf dem Küchentisch und Mama macht mir eine frische Windel und …«
Den Part mit dem Bruder fand ich sehr witzig :)

Wir haben »Rechtsverkehr«.
Das mit dem Rechtsverkehr hab ich noch nicht so ganz geschnallt, aber das kommt sicher noch.
Okay, nachdem ich fertig gelesen habe, komme ich nochmal zurück. Dann ist der Witz also darauf bezogen, dass sie rechts liegt und er links, und er zum (Geschlechts)Verkehr nach rechts rüber kommt, so verstehe ich das. Also so ganz hat der Witz bei mir nicht gezündet, muss ich zugeben. Wobei das Ende mit dem Linksverkehr schon ziemlich gut ankommt, aber bei mir eben nur so halb..

Nicht einmal Kamasutra gehört in unser Repertoire. Okay, Letzteres würden vermutlich auch meine Bandscheiben nicht mehr mitmachen.
Ich verstehe den Sinn des "Letzteres" hier nicht. Nutzt man doch eigentlich nur, wenn es auch ein "Ersteres" gibt, um klarzumachen, worum es geht. Hier gibt es ja nur das Kamasutra, also würde doch auch "...Okay, das würden.." reichen, oder nicht? Ich bin jedenfalls kurz zurückgesprungen und habe nach dem "Ersteres" gesucht.
..Bandscheiben mit 42, ohne hart gearbeitet zu haben (nehme ich jetzt mal an), das ist schon sehr...klischeemäßig? Mag ja hier auch passen, aber ein paar Tage Yoga machen und zack, ist die Gelenkigkeit wieder da.

»Max, don’t have Sex with your Ex«
Das lag früher mal als Maxi-CD bei uns rum :D "Sex on the phone" war auch ein sofortiger Klassiker...

»Was gibt es zum Essen?«
Die beiden erfüllen echt voll das Klischee des konservativen Ehepaars ;) Aber ja, das gibt es sicherlich noch erschreckend häufig heutzutage.

Yoni! Unglaublich.
Der Braten wartet.
Ein sehr schöner Übergang!

»Ich grüße Sie!«
Schön geschrieben, die Szene mit dem Meister, das kann man sich sehr gut vorstellen.

Mir gegenüber sitzt eine Zeitung.
:D

Wann eigentlich wurde unser Leben zu einer verbrannten Toastscheibe? Eine, die man so gerade eben noch essen kann, die aber zwischen den Zähnen knirscht und einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.
Gefällt mir!

Mit einem Male ist mir der Mann gegenüber die rätselhafteste Entscheidung meines Lebens. Nein, nicht mit einem Male, sondern seitdem Krishna mir begegnet ist. Ich schließe kurz die Augen, denke an seine Hände, wie sie mich berühren an Orten, die Hans in vierundzwanzig Jahren Ehe nicht entdeckte.
Tja, zu mangelnder Kommunikation gehören immer zwei, würde ich mal sagen...
Aber das zeigt schon sehr gut, was für ein Tabu-Thema das ist.

In meiner Beziehung zu Hans bin ich die Gebende, die die seine Kleider wäscht,
Beim Lesen sagt mir mein Gefühl, dass hinter "die" ein Komma gehört.

die jeden ersten und dritten Sonntag im Monat zur Verfügung steht.
Erinnert mich stark an diese schockierende gerichtliche Entscheidung vor kurzem in Frankreich, dass Sex zu den ehelichen Pflichten einer Frau gehört....schon krank, besonders in einem westlichen Land im 21. Jhd.

In Hans Räuspern
Müsste denk ich mal Hans' sein, um das Possessive (glaube ich) auszudrücken?

Ich noch nie in meinem Leben jemanden so dermaßen vertraut habe.
jemandem

Nur, dass es nicht die Beziehung zu Hans ist, sondern ...
Das sondern könntest du mMn rausnehmen, würde flüssiger wirken.

Die Flügeltür des Altbaus öffnet sich. Mein Herz hüpft, als ich erkenne, dass Krishna herauskommt.
Schon ein ziemlicher Zufall...

Kinder spielen Ball, schreien laut ...
Schreien ist ja per Definition laut, könnte also weg.

Hans ständig auf Montage, auf Helene-Fischer-Konzerten oder mit seinen Jungs unterwegs.
Auf den Konzerten ist er doch auch mit seinen Jungs. Könntest du evtl "..oder sonstwo mit seinen Jungs unterwegs" draus machen.

Der Hörer wird beiseitegelegt.
»Hast du sie erreicht, Schatz?« Es ist Krishnas Stimme, die leise aus dem Hintergrund erklingt.
»Nein, Mailbox.«
»Die Huber wirkte letztens so verwirrt. Ich hoffe, es ist ihr nichts passiert.«
»Wird schon nichts sein. Dann bleibt mehr Zeit für uns«, säuselt Tamara, bevor der Hörer aufgelegt wird.
Das finde ich schon sehr unrealistisch, dass die beiden diese Unterhaltung führen, während die Leitung noch nicht tot ist...

»Ich will die Scheidung.«
Krass - da hab ich nicht mit gerechnet...ich dachte sie versucht, die Ehe zu retten.

Hans, der gerade sein Wasser zum Mund führt, prustet in das Glas.
Ist ja schon eine ziemlich abgegriffene Schock-Reaktion - macht man das wirklich? Prustet man ins Glas, wenn man zufällig in dem Moment eine solche Nachricht bekommt?

»Gibt es einen anderen?
Anderen groß? Friedel hat mich da letztens verwirrt, deshalb bin ich mir jetzt unsicher...

»Gibt es einen anderen? Hör zu, wir können darüber ...«
Kann ich mir auch nicht so ganz vorstellen, dass er sofort mit dem Darüber-Reden ankommt... Das wirkt ein wenig schnell...wäre er nicht erstmal baff, sprachlos?

und ich nicht mehr zu Hause auf dich warten will. Ich möchte überhaupt nicht mehr auf dich oder irgendetwas warten.
Hier frage ich mich: Nach vierunzwanzig Jahren Ehe (war doch so lang?), fängt man da nicht irgendwann an, etwas zu tun? Hört man nicht irgendwann auf zu warten? Kann man das echt so lange durchhalten? Kann natürlich gut sein, aber ich kann da nur mit dem Kopf schütteln ;-)

als Hans sich an ihn anlehnt.
Klingt etwas holprig. Vielleicht sowas wie, als Hans sich dagegen lehnt?

Du hörst von meinem Anwalt.«
Auch so ein Klischee-Ding - wozu braucht man einen Anwalt, wenn man sich scheiden lässt? Ist ja jetzt hier auch nicht so, dass er total durchdreht oder so..Da könnte man ja einfach ein paar Tage warten und dann drüber sprechen, wie das mit der Scheidung abläuft.

meinem roten Drahtesel
Ist das jetzt wichtig, dass das Rad rot ist? Hattest du ja vorher auch nicht erwähnt.

Wie ein Erdrutsch, der den Weg zurück verschüttet und zum ersten Mal seit langer Zeit fühle ich mich frei.
Das Bild mag ich.
Würde allerdings nach verschüttet einen Punkt bringen und dann Zum ersten... schreiben.

Ich bin niemandem mehr Rechenschaft schuldig und ich überlege, wo ich die Nacht verbringen werde.
Vielleicht reicht das erste..

zum ersten Mal seit langer Zeit fühle ich mich frei. Ich bin niemandem mehr Rechenschaft schuldig
Das mit der Rechenschaft finde ich etwas lahm. Wie wäre es mit einem Bezug zu ihr?
zB "...ich mich frei. Auch am verdammten ersten und dritten Sonntag!"...oder so

Vielleicht am Tegernsee. Vielleicht ziehe ich dort hin. Oder an den Chiemsee
Hier fände ich ruhig ein paar Ausrufezeichen passend...sie ist doch total aus dem Häuschen, und das ist doch total cool, die Vorstellung, da jetzt am See zu pennen! :)

Das ist es!
England!
Ich radle nach England!
Okay, da sind sie, die Ausrufezeichen ;-)

Schön, dass sie sich befreit hat! Hat Spaß gemacht zu lesen.

Viele Grüße,
rainsen

 

Liebe @Maedy

Heute ist der Tag, an dem ich seit genau vierundzwanzig Jahren Sex habe.
Sie weiß den Tag tatsächlich so genau? Oder wurde sie etwa in ihrer Hochzeitsnacht entjungfert? Wieso erwähnt sie diesen Tag? Wieso denkt sie jetzt daran und erzählt uns davon, wenn doch Sex so eine routinierte Nebensächlichkeit für sie ist?

Hans und ich haben dabei ein stillschweigendes Gentlemen Agreement getroffen.
Das finde ich für eine Emanzipationsgeschichte eine unpassende Formulierung.

Nach dem Mittagessen machen wir einen kleinen Spaziergang, dann gehen wir ins Schlafzimmer, ziehen uns aus, legen uns ins Bett, ich rechts und er links, und schlafen erst einmal eine Viertelstunde. Anschließend dreht Hans sich auf seine rechte Seite, drückt mir einen verschämten Kuss auf die Wange, streichelt mir über den Arm und schließlich mit einem Ruck hievt er sich über mich und ruft dabei »Rechtsverkehr«.
Das klingt wirklich grauenhaft. Aber besser als die anderen Paare, deren Sexleben eingeschlafen ist. :D
Ich glaube ich würde direkt damit einsteigen.

»Nun, da ist so eine Erinnerung. Ich weiß gar nicht, ob sie echt ist. Aber ich liege auf einem blauen Badetuch auf dem Küchentisch und Mama macht mir eine frische Windel und …«
Den Einschub mit dem Bruder und der Mutter verstehe ich nicht so ganz. Wie passt der in die Geschichte? Irgendwie wird mir nicht klar, was du damit sagen willst.

»Halt die Klappe!« Ich pruste. Mein Bruder ist ein Perversling.
Ich hätte erwartet, dass sie absolut schockiert ist, vllt sogar auflegt. Andererseits hätte ich auch nicht erwartet, dass sie ihren Bruder sowas überhaupt fragt.

Wir haben keinen heißen und zügellosen Sex, weil mein Mann an mich und nicht Helene Fischer denkt? Irgendetwas läuft in unserer Ehe komplett verkehrt.
Du kaust dem Leser teilweise ganz schön vor, worum es geht. Ich glaube, da besteht Kürzungspotential.

Und mit einem Schlag wird mir klar, was es ist: Wir haben »Rechtsverkehr«.
Ich finde es merkwürdig, dass ihr das nun aufgrund dieses Gespräches klar wird.

Wie bloß bin ich auf diese dämliche Idee gekommen, hier anzurufen? Es fällt mir wieder ein: Hans war auf Montage und ich musste erneut an Kathy Bates in Frischhaltefolie denken.
Es tut mir leid, Mae, aber ich glaube das alles nicht. Eine so verklemmte Frau beschließt nach so vielen Jahren mit trostlosem Sex, ohne je nach etwas anderem verlangt zu haben, zu einer Yoni-Massage zu gehen?

Fräulein, denke ich. In welchem Jahrhundert bin ich hier angekommen?
Das denke ich mir schon die ganze Zeit. Gibt es heute so Beziehungen? Einen so verkrampften Umgang mit Sexualität? Heute, wo doch die Eis.de-Werbung den Lolli auf den nackten Hintern haut? Wo Pornos immer und kostenlos zugänglich sind?

Ich finde dieser Text ist einfach überall etwas drüber. Heike ist mir zu verklemmt, die Beziehung und Hans sind so altmodisch und langweilig, dann dieser extreme Schritt - die Yoni-Massage -, natürlich verliebt sie sich in den Masseur. Und natürlich schmeißt sie die Ehe hin ohne ihrem Partner, mit dem sie so lange zusammen war, auch nur eine Möglichkeit zu geben, gemeinsam daran zu arbeiten.

Das alles finde ich leider sehr unglaubwürdig. Das finde ich sehr schade, denn das Thema finde ich super interessant. Yoni und Lingam kannte ich schon, aber diese professionellen Yoni-Massage Salons sind mir auch neu. :D
Und ich kann mir auch vorstellen, dass ein Neuentfachen der Sexualität zu weiteren Umbrüchen im Leben führen kann. So ist mir das aber zu hauruckmäßig.

Trotzallem ließ sich der Text gut lesen. Schreiben kannst du einfach. Da sind keine Stolperstellen, nichts ist zu langatmig. Nur mit dem Inhalt komm ich diesmal leider nicht ganz zurecht.

Liebe Grüße,
NGK

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @rainsen ,

freut mich, dass Du Dich unterhalten fühltest und danke für Deinen sehr produktiven Kommentar.

Den Part mit dem Bruder fand ich sehr witzig :)
Freut mich, so sollte er auch rüberkommen. Und das beantwortet eventuell auch einen Teil der Frage von @Nichtgeburtstagskind . Der Text soll auch schon etwas zum Schmunzeln sein.
Das mit dem Rechtsverkehr hab ich noch nicht so ganz geschnallt, aber das kommt sicher noch.
Okay, nachdem ich fertig gelesen habe, komme ich nochmal zurück. Dann ist der Witz also darauf bezogen, dass sie rechts liegt und er links, und er zum (Geschlechts)Verkehr nach rechts rüber kommt, so verstehe ich das. Also so ganz hat der Witz bei mir nicht gezündet, muss ich zugeben. Wobei
Das ist natürlich auch ein totaler Flachwitz und nur für den lustig, der ihn verwendet. Also für Hans (nicht die Autorin versteht sich ;))
Ich verstehe den Sinn des "Letzteres" hier nicht.
Den kannst Du auch nicht verstehen, weil Du nicht weißt, wie der Abschnitt vorher formuliert war. :bonk: Danke für Dein waches Auge. Ich habe es geändert.
gesucht.
..Bandscheiben mit 42, ohne hart gearbeitet zu haben (nehme ich jetzt mal an), das ist schon sehr...klischeemäßig? Mag ja hier auch passen, aber ein paar Tage Yoga machen und zack, ist die Gelenkigkeit wieder da.
Das stimmt natürlich. Aber ein bisschen bequem ist die Heike schon auch ...
Das lag früher mal als Maxi-CD bei uns rum :D "Sex on the phone" war auch ein sofortiger Klassiker...
Ich muss gestehen, ich habe im Keller irgendwo die ganze CD rumfliegen :shy:
Aber ja, das gibt es sicherlich noch erschreckend häufig heutzutage.
Ja, leider. Und das beantwortet dann auch gleich eine von @Nichtgeburtstagskind ihren Fragen. Ich habe sehr, sehr lange über das Alter der beiden nachgedacht. Heike ist meine Generation, Hans so eine halbe darüber. Und meiner Erfahrung nach sind wir so eine „Mischgeneration“. Teils mit sehr eingefahrenen Rollenbildern (bewusst oder unbewusst) und teils sehr offen und emanzipiert. Bei dem Pärchen hat sich eine Eheroutine eingeschlichen, die alles an Leidenschaft und Gemeinsamkeiten aufgezerrt hat. So jedenfalls war meine Idee.
Schön geschrieben, die Szene mit dem Meister, das kann man sich sehr gut vorstellen.
Das freut mich. An der Szene habe ich am längsten gesessen. Ich wollte das richtige Maß zwischen Erotik und Handlung finden, ohne dass das gleich Pornografie wird.
Tja, zu mangelnder Kommunikation gehören immer zwei, würde ich mal sagen...
Aber das zeigt schon sehr gut, was für ein Tabu-Thema das ist.
Ja, das stimmt. Ich würde auch nicht behaupten wollen, dass Hans alleine an der Situation schuld ist. Mir geht es auch nicht um Schuldzuweisungen, sondern vielmehr darum, dass Frau eine Ehe nicht um jeden Preis retten muss, sondern sich auch von ihr lösen kann, wenn diese sich überlebt hat.
Beim Lesen sagt mir mein Gefühl, dass hinter "die" ein Komma gehört.
Da hast du recht. Danke.
Erinnert mich stark an diese schockierende gerichtliche Entscheidung vor kurzem in Frankreich, dass Sex zu den ehelichen Pflichten einer Frau gehört....schon krank, besonders in einem westlichen Land im 21. Jhd.
Das habe ich heute auch gelesen. So weit wollte ich mit meiner Geschichte gar nicht gehen. Sie wurde ja nicht vergewaltigt oder gezwungen, vielleicht hatte sie sogar Spaß beim Sex, aber es ist dennoch nicht die Situation, in der sie glücklich ist. Eine Geschichte zur sexuellen Gewalt in der Ehe wird es noch geben. Das ist dann die Nummer 3.
Müsste denk ich mal Hans' sein, um das Possessive (glaube ich) auszudrücken?
Ich glaube, es geht beides. Habe das jetzt aber einmal geändert.
Schon ein ziemlicher Zufall...
Ja, das schon. Aber ist halt eine Geschichte. Obwohl mir so etwas schon mehr als einmal im Leben passiert ist.
Das finde ich schon sehr unrealistisch, dass die beiden diese Unterhaltung führen, während die Leitung noch nicht tot ist...
Vielleicht war das auch Absicht vom Fräulein Tamara ... wer weiß.
Krass - da hab ich nicht mit gerechnet...ich dachte sie versucht, die Ehe zu retten.
Prima! Den Effekt wollte ich. Bei @dusktilldawn ist das ja offenbar nicht so angekommen und er fand es vorhersehbar.
Ist ja schon eine ziemlich abgegriffene Schock-Reaktion - macht man das wirklich? Prustet man ins Glas, wenn man zufällig in dem Moment eine solche Nachricht bekommt?
Ich schon. :lol: Ja, keine Ahnung. Stört es so sehr?
Anderen groß? Friedel hat mich da letztens verwirrt, deshalb bin ich mir jetzt unsicher...
Gute Frage. Ich habe das „Mann“ verschluckt und es jetzt ganz anders gelöst. Also die ganze Situation.
wäre er nicht erstmal baff, sprachlos?
Sieht oben.
Hier frage ich mich: Nach vierunzwanzig Jahren Ehe (war doch so lang?), fängt man da nicht irgendwann an, etwas zu tun? Hört man nicht irgendwann auf zu warten? Kann man das echt so lange durchhalten? Kann natürlich gut sein, aber ich kann da nur mit dem Kopf schütteln ;-)
Also, ob sie wirklich vierundzwanzig Jahre verheiratet sind, habe ich offen gelassen. Sie sind seit 24 Jahren ein Paar und es war natürlich nicht immer schlecht. Das deutet sie auch an. Ich fand gar nicht so wichtig, wann es genau angefangen hat so zu werden und ab wann es sie genervt hat. Status Quo ist, dass sie am Anfang der Geschichte nicht mehr zufrieden ist.
Klingt etwas holprig. Vielleicht sowas wie, als Hans sich dagegen lehnt?
Danke. Das habe ich ausgebessert. Der Satz lag mir tatsächlich noch etwas im Magen.
Auch so ein Klischee-Ding - wozu braucht man einen Anwalt, wenn man sich scheiden lässt? Ist ja jetzt hier auch nicht so, dass er total durchdreht oder so..Da könnte man ja einfach ein paar Tage warten und dann drüber sprechen, wie das mit der Scheidung abläuft.
Hat sie im Fernsehen gehört :lol:. Ich fand es eigentlich eine schöne Floskel, um noch einmal zu verdeutlichen, dass die Ehe jetzt zu einer rein wirtschaftlichen Angelegenheit wird.
Würde allerdings nach verschüttet einen Punkt bringen und dann Zum ersten... schreiben.
Ausgebessert.
Das mit der Rechenschaft finde ich etwas lahm. Wie wäre es mit einem Bezug zu ihr?
zB "...ich mich frei. Auch am verdammten ersten und dritten Sonntag!"...oder so
Ich habe das ganz gestrichen. Eigentlich überflüssig.


Lieben Dank. Ich habe noch die anderen redaktionellen Anmerkungen umgesetzt, ohne darauf im Detail einzugehen (Streichen von „laut“ usw.).

So liebes @Nichtgeburtstagskind ,

tja, was soll ich sagen. Ich kann natürlich die ganze Geschichte umschreiben, mache ich aber nicht. Ich schreibe noch (mindestens) drei andere und hoffe, dass Dir vielleicht eine davon in ihrer Herangehensweise an die Thematik gefällt. Aber ich bin mir sicher, dass jede der vier Geschichten ihre Fans und ihre Kritiker finden wird. Und ich bin froh, wenn Du ehrlich Deine Meinung schreibst, denn damit sehe ich, wie die Geschichte auch aufgefasst werden kann.

Sie weiß den Tag tatsächlich so genau? Oder wurde sie etwa in ihrer Hochzeitsnacht entjungfert? Wieso erwähnt sie diesen Tag?
Ich weiß nicht, ob sich da noch jemand dran stört. Für mich war gar nicht so wichtig, warum sie den genauen Tag kennt, sondern nur, dass er ihr wichtig ist und Hans bei Helene Fischer und nicht bei ihr.
Das finde ich für eine Emanzipationsgeschichte eine unpassende Formulierung.
Sie fängt ja recht unemanzipiert an.
Den Einschub mit dem Bruder und der Mutter verstehe ich nicht so ganz. Wie passt der in die Geschichte? Irgendwie wird mir nicht klar, was du damit sagen willst.
Das habe ich bei Rainsen erklärt. Natürlich ist der Hauptzweck, ein bisschen Humor reinzubringen und der zweite Zweck, dass der Bruder ausspricht, was Heike längst befürchtet.
Ich hätte erwartet, dass sie absolut schockiert ist, vllt sogar auflegt. Andererseits hätte ich auch nicht erwartet, dass sie ihren Bruder sowas überhaupt fragt.
Sie hat ja ein intimes Verhältnis zu ihrem Bruder: „Klausi kann ich alles fragen.“
Es tut mir leid, Mae, aber ich glaube das alles nicht. Eine so verklemmte Frau beschließt nach so vielen Jahren mit trostlosem Sex, ohne je nach etwas anderem verlangt zu haben, zu einer Yoni-Massage zu gehen?
Ist sie verklemmt? Oder einfach nur eine Routine gefangen? Natürlich geht das alles etwas schnell. Aber es ist eine Kurzgeschichte und die Abläufe sind verdichtet.
Einen so verkrampften Umgang mit Sexualität? Heute, wo doch die Eis.de-Werbung den Lolli auf den nackten Hintern haut? Wo Pornos immer und kostenlos zugänglich sind?
Da habe ich ja auch schon bei Rainsen drauf geantwortet. Ich denke (weiß), dass es solche Beziehungen auch in meiner Generation noch gibt.
Ich finde dieser Text ist einfach überall etwas drüber.
Ja, das ist er. Da muss ich Dir recht geben. Überzogen ist er. Hätte ich noch einen Tag hinzufügen können, dann wäre es „Humor“ gewesen. Die Geschichte sollte das Thema auf unterhaltsame Weise rüberbringen. Bei den anderen Geschichten wird es eine andere Erzählstimme geben.
Und natürlich schmeißt sie die Ehe hin ohne ihrem Partner, mit dem sie so lange zusammen war, auch nur eine Möglichkeit zu geben, gemeinsam daran zu arbeiten.
Das ist halt der Punkt. Warum an etwas arbeiten, mit dem man vom Grunde auf nicht mehr zufrieden ist?
Yoni und Lingam kannte ich schon, aber diese professionellen Yoni-Massage Salons sind mir auch neu. :D
Ehrlich gesagt: Vermutlich habe ich ein neues Gewerbe erfunden. Ich habe nicht gegoogelt, ob es tatsächlich professionelle Salons gibt und welche Konzessionen die überhaupt bräuchten. Ich keine das mit dem Yoni/Lingam auch eher aus so Seminaren, Selbsthilfegruppen, sektenähnlichen Gemeinschaften. Das waren auch eher so meine Google-Ergebnisse.
Trotzallem ließ sich der Text gut lesen. Schreiben kannst du einfach. Da sind keine Stolperstellen, nichts ist zu langatmig. Nur mit dem Inhalt komm ich diesmal leider nicht ganz zurecht.
Wenigstens etwas Positives :D. Danke für Deinen Kommentar. Ich werde den Text auch noch in einer Schreibgruppe besprechen und bin sehr gespannt, wie die damit umgeht :D. Vielleicht lasse ich mich ja doch noch überzeugen, an der einen oder anderen Stelle zu schrauben, etwas zu kürzen oder grundlegend zu verändern.

Lieben Gruß
Mae

[Edit: Zwischenzeitig habe ich herausgefunden, dass es tatsächlich solche professionellen Yoni- bzw. Tantra-Salons gibt. Bei YouTube kann man sich das einmal ansehen, wenn man Interesse daran hat oder auch auch nicht. Wirklich was verpasst man nicht :shy: ]

 

Hi @Maedy

ich glaube hier standen mir mal wieder meine Erwartungen im Weg. Nach unserem Discord-Austausch hatte ich irgendwie etwas ernsteres erwartet. Einen Befreiungskampf. Weiß auch nicht, wie ich darauf kam.

Hätte ich noch einen Tag hinzufügen können, dann wäre es „Humor“ gewesen.
Ich finde das keine schlechte Idee. Wieso ist der Tag nicht da dran? Ich glaube, das man dann ganz anders an den Text herangeht. Unterhaltsam ist er ja auf jeden Fall.

Liebe Grüße,
NGK

 

Liebes @Nichtgeburtstagskind ,


ich glaube hier standen mir mal wieder meine Erwartungen im Weg. Nach unserem Discord-Austausch hatte ich irgendwie etwas ernsteres erwartet. Einen Befreiungskampf. Weiß auch nicht, wie ich darauf kam.
Das lag vermutlich daran, dass wir im Discord vorwiegend die „Regretting Motherhood“-Sache besprochen haben. Das wird Text 2. Den überarbeite ich gerade und der bekommt eine ganz andere Erzählstimme.
Ich versuche, das Thema ganz unterschiedlich zu beleuchten. Das war die sexuell frustrierte Hausfrau. Das Thema konnte ich nur mit Humor angehen ?.

Liebe Grüße
Mae

 

Hey @Maedy,

Das ist natürlich auch ein totaler Flachwitz und nur für den lustig, der ihn verwendet. Also für Hans
Ja, im Prinzip passt es dafür auch ziemlich gut.
Ich muss gestehen, ich habe im Keller irgendwo die ganze CD rumfliegen
:D
Und meiner Erfahrung nach sind wir so eine „Mischgeneration“. Teils mit sehr eingefahrenen Rollenbildern (bewusst oder unbewusst) und teils sehr offen und emanzipiert.
Interessant. Ich bin ja wohl so ne halbe drunter und in meinem Freundeskreis (in dem tatsächlich die meisten so richtig romantisch-konservativ geheiratet haben/es vorhaben, was schon an sich eine interessante Feststellung ist, finde ich jedenfalls) wirkt das alles recht offen und emanzipiert.
So weit wollte ich mit meiner Geschichte gar nicht gehen. Sie wurde ja nicht vergewaltigt oder gezwungen, vielleicht hatte sie sogar Spaß beim Sex, aber es ist dennoch nicht die Situation, in der sie glücklich ist. Eine Geschichte zur sexuellen Gewalt in der Ehe wird es noch geben. Das ist dann die Nummer 3.
Na dann bin ich auf Nummer 3 gespannt!
Vielleicht war das auch Absicht vom Fräulein Tamara ... wer weiß.
Ja, jetzt wo du's sagst...macht schon Sinn.
Ich schon. :lol: Ja, keine Ahnung. Stört es so sehr?
Nee, das stört nicht so sehr; ich war nur grad ein bisschen auf nem anti-Klischee-Trip, deshalb mein Kommentar dazu.

Viele Grüße,
rainsen

 

Hallo @rainsen ,

danke für Deinen ergänzenden Kommentar.

Ich bin ja wohl so ne halbe drunter und in meinem Freundeskreis (in dem tatsächlich die meisten so richtig romantisch-konservativ geheiratet haben/es vorhaben, was schon an sich eine interessante Feststellung ist, finde ich jedenfalls) wirkt das alles recht offen und emanzipiert.
Ich finde auch eher, dass es so unbewusste, eingeschlichene Rollenbilder sind. Die Paare meinen offen über alles gesprochen zu haben, aber am Ende ist es doch sie, die die Teilzeitstelle nimmt, beim Kind daheim bleibt, wenn es kränkelt oder die das Essen kocht (Männer kochen zwar nicht selten auch, aber oft nicht für den täglichen Bedarf, sondern dann am Wochenende oder wenn Gäste kommen) usw. Ich kenne jedenfalls ganz wenig Paare, bei denen beide ihre Arbeitszeit reduziert haben, um im Wechsel die Erziehung zu übernehmen.
Na dann bin ich auf Nummer 3 gespannt!
Ich auch :lol:
Nee, das stört nicht so sehr; ich war nur grad ein bisschen auf nem anti-Klischee-Trip, deshalb mein Kommentar dazu.
Da sprichst Du noch einmal ein Thema an, das mich auch getrieben hat. Nichtgeburtstagskind schrieb ja schon, dass alles etwas „drüber“ ist. Ich habe mich auch gefragt, ob ich diese Klischeetour fahren soll, aber irgendwie passte es für mich dann.

Ich habe nach einer Teilbesprechung in einer Schreibgruppe noch ein bisschen was editiert und ein paar Punkte ausgebessert, die ich schon längst ausbessern wollte: z. B. den Grün- gegen den in Bayern geläufigeren Rotkohl tauschen (die Story fand nämlich ursprünglich in Hamburg statt).

Lieben Dank für Deinen Kommentar.

Liebe Grüße Mae

 

Liebe Maedy,
also, ich finde, das gehört unbedingt mit "Humor" getaggt.

Anschließend dreht Hans sich auf seine rechte Seite, drückt mir einen verschämten Kuss auf die Wange, streichelt mir über den Arm und schließlich mit einem Ruck hievt er sich über mich und ruft dabei »Rechtsverkehr«. Er rubbelt ein paar Mal mit seiner Hand über meine Muschi, bevor er in mich eindringt für den ungefähr zehnminütigen Akt, den wir in einer Art abgewandelten Missionarsstellung verbringen. Danach schläft Hans für eine halbe Stunde ein, während ich darauf warte, dass er wieder aufwacht. Ich glaube, wir sind ein gutes Paar.
Oder auch mit "Horror". :D
Ich greife zu dem Handy und tippe eine Nachricht ein. »An wen denkst Du beim Sex?«, frage ich meinen Bruder. Klausi kann ich alles fragen.
Es piept. »Willst Du das wirklich wissen?«.
»Ja, ich will!«, gebe ich ein.
»An Mutter.«
:D Was dich wirklich auszeichnet, sind diese total skurrilen Ideen. Außerdem sehe ich dich jetzt die ganze Zeit vor mir, wie du das vorliest, so mit harmlosem Augenaufschlag.
»Nun, da ist so eine Erinnerung. Ich weiß gar nicht, ob sie echt ist. Aber ich liege auf einem blauen Badetuch auf dem Küchentisch und Mama macht mir eine frische Windel und …«
»Halt die Klappe!« Ich pruste. Mein Bruder ist ein Perversling.
»Warum hast du dann überhaupt gefragt?« Klausis Stimme klingt unschuldig.
»Hans ist bei Helene Fischer.«
»Und jetzt glaubst du, dass er beim Sex an Helene denkt?«
»Nun, ist ja nicht ausgeschlossen …«
»Ist euer Sex heiß und zügellos?«
»Nein. Ich meine, er ist schön, aber – normal.«
»Dann denkt er auch nicht an Helene Fischer. Du, die Nina ist da. Ich lege auf.«
:D
Und mit einem Schlag wird mir klar, was es ist: Wir haben »Rechtsverkehr«.
Wir machen alles so, wie es uns die Priester seit Jahren vorbeten. Wir haben ein geregeltes Ehe-Sexualleben, das zwar aufgrund meines Unfalls kinderlos blieb, aber im Übrigen führen wir eine vorbildliche Beziehung.
Wir hätten nichts zum Beichten, keine SM-Abenteuer á la Christian Grey, keine Seitensprünge, die über den Besuch eines Helene-Fischer-Konzerts hinausgingen. Nun ja, die Sache von vor fünfzehn Jahren lasse ich einmal weg. Ich habe Hans verziehen.
Hier wird es für mich ein bisschen weniger knackig, zu reflektierend, so als würde sie jetzt den Witz mit dem Rechtsverkehr erklären.
Aber etwas brodelt in mir. »Rechtsverkehr«. Das hört sich schon so ordentlich an. Als wären wir unsere eigenen Großeltern.
Ich weiß nicht, ob du diese inneren Prozesse so brauchst. Das nimmt für mich Fahrt raus und ist auch nicht so originell.
Er hüstelt im Flur und ich sehe vor meinem inneren Auge, wie er die Hand zu einer lockeren Faust ballt.
»Benutze den Ellenbogen!«
, rufe ich vom Schreibtisch aus. »Soll ich dir einen Salbeitee kochen?«
Irgendwie stehe ich das auch dem Schlauch. Was ist mit seiner Faust?
Ich schüttle mich und schließe rasch das Browserfenster. Meine Wangen glühen. Yoni! Unglaublich.
Der Braten wartet.
Schöne Kombination, die Yoni und der Braten.
Die junge Dame mit dem bronzenen Teint und den kompliziert aufgetürmten Haaren öffnet mir lächelnd die Tür. Ein rosa Band scheint die Frisur zusammenzuhalten und irgendetwas reizt mich, an dem Schleifchen zu ziehen.
Das ist sehr süß.
»Ich bin Fräulein Tamara«, fährt sie unbeirrt fort.
Fräulein, denke ich. In welchem Jahrhundert bin ich hier angekommen?
auch so ein schönes skurriles Detail.
Wenn Klausi hier wäre, er würde sich vor Lachen auf dem Boden wälzen.
Ich habe das Gefühl, zwischen ihr und ihrem Bruder britzelt es jedenfalls erheblich mehr als zwischen ihr und Hans.
Hoffe ich ... ich fummele an dem Badetuch, als würde ich im Sterben liegen.
Interessant, wie sieht das denn aus?
Ich schließe die Augen, höre wie Meister Krishna die Hände aneinander reibt, als wolle er gleich einem Schwein die Kehle durchschneiden.
:D
Und auf einmal kann ich loslassen. In meinen Ohren rauscht das Blut und die Musik.
Gut, ist schon unglaubwürdig, vielleicht auch, weil es so wirkt, als ob das Ganze fünf Minuten dauert, aber die Frau ist halt für eine Überraschung gut. Das Kopfkino ist dir in der Szene auf jeden Fall gelungen.
Er trägt darauf ein indisch aussehendes Hemd und die Flamme seines Drachens ist mit roten Steinchen beklebt.
die roten Steinchen sind auch toll. Diese Details schaffen doch wieder eine gewisse Glaubhaftigkeit.
Aber es wurde niemals schön. Und jetzt zwischen den spielenden und lachenden Kindern wird mir klar, dass ich immer welche wollte und mich nie traute, es zu sagen. Wir hätten adoptieren können, als wir noch jünger waren. Aber Hans verkaufte sein »Nur wir zwei« so glaubhaft, dass ich auch daran glauben wollte.
Tja, Hans ist schuld. An allem. Dass sie sich so komplett als Opfer verkauft macht sie etwas unsympathischer. Was ihre Verliebtheit betrifft, da bist du ja gnädig und lässt sie an der totalen Blamage vorbeischrammen.
Und dann trennt sie sich und übernimmt die Verantwortung für ihr Leben, was ja eine schöne Entwicklung ist.
Also ich nehme das als leichte Kost, mit sehr vielen komischen Stellen und hab das gerne gelesen.

Liebe Grüße von Chutney

 

Liebe @Chutney ,

schön, dass Du reingeschaut hast und die Geschichte Dich amüsiert hat.

also, ich finde, das gehört unbedingt mit "Humor" getaggt.
Das habe ich jetzt geändert. Ich wollte das eigentlich schon nach NGKs Kommentar machen, habe es dann aber irgendwie vergessen. Ich habe den „Alltag“ dafür gestrichen. Ich denke, das passt tatsächlich besser.
Oder auch mit "Horror". :D
Was Proof wohl dazu sagen würde :D
Was dich wirklich auszeichnet, sind diese total skurrilen Ideen. Außerdem sehe ich dich jetzt die ganze Zeit vor mir, wie du das vorliest, so mit harmlosem Augenaufschlag.
Haha ... eine Vorleseversion ist derzeit nicht geplant. Aber vielleicht überlege ich mir einmal etwas, wenn die ganze Serie fertig ist. Vielleicht auch eine Kriegerlesung oder ich bewerbe mich beim MLB.
Hier wird es für mich ein bisschen weniger knackig, zu reflektierend, so als würde sie jetzt den Witz mit dem Rechtsverkehr erklären.
Ich weiß nicht, ob du diese inneren Prozesse so brauchst. Das nimmt für mich Fahrt raus und ist auch nicht so originell.
Das war für mich tatsächlich so ein Thema. Die Geschichte entwickelt sich ja stark aus den gedanklichen, also inneren Prozessen von Heike. Ich war auch selten so extrem in einer Ich-Erzählerin drin. Ich habe schon im Vorfeld viele Passage gestrichen, z. B. eine, in der um sie herum wenig passiert, sie aber an den Heiratsantrag in einem Ruderboot zurückdenkt und an ihre Hochzeit, ebenso eine längere Passage zur Fehlgeburt und einer geplanten Reise mussten weichen. Diese Infos waren sicher nicht ganz uninteressant, da sie zeigten, dass es eben gute Zeiten in der Beziehung gab, aber es war für mich dann beim (Vor-)Lesen tatsächlich zu reflektierend. Du legst gerade noch den Finger in eine Wunde, da mir die Stelle mit dem Rechtsverkehr auch noch nicht ganz zusagt. Ich habe aber noch keine Lösung gefunden. Der Text hat so ein Stadium erreicht, in dem ich nur noch vorsichtig ändere, um nichts zu verschlimmbessern. Ich denke da aber noch einmal über Ostern drüber nach, wie ich das noch etwas „raffen“ kann und tagge Dich dann, sobald ich eine Lösung gefunden habe.
Irgendwie stehe ich das auch dem Schlauch. Was ist mit seiner Faust?
Er hustet in seine Faust rein. Das sieht sie nicht, aber sie weiß, dass er das immer so macht und ruft ihm zu, dass er den Ellbogen benutzen soll.
Ich habe das Gefühl, zwischen ihr und ihrem Bruder britzelt es jedenfalls erheblich mehr als zwischen ihr und Hans.
Ja, der Bruder ist ihr Vertrauter.
Interessant, wie sieht das denn aus?
Das ist tatsächlich so. Wenn Menschen sterben, werden sie sehr unruhig und ziehen u. a. ständig an ihrer Bettdecke herum. Deswegen kriegen sie häufig Beruhigungsmittel in diesem Stadium, damit sie entspannter sind.
Gut, ist schon unglaubwürdig, vielleicht auch, weil es so wirkt, als ob das Ganze fünf Minuten dauert, aber die Frau ist halt für eine Überraschung gut. Das Kopfkino ist dir in der Szene auf jeden Fall gelungen.
Ja, da sind viele Prozesse sehr gestrafft und pointiert. Das ist mir schon klar. Ich hoffe, aber dass es insoweit glaubwürdig erscheint, dass sie da ja nicht vergewaltigt wird, sondern sie sich freiwillig für diese Form von Sexualdienstleistung entschieden hat, erst von der eigenen Courage überrannt ist und sich dann doch ganz wohl fühlt. Ich vermute, dass auch viele Männer bei ihrem ersten Mal mit einer professionellen Dienstleisterin bzw. Dienstleister nervös sind.
die roten Steinchen sind auch toll. Diese Details schaffen doch wieder eine gewisse Glaubhaftigkeit.
Das habe ich echt einmal gesehen. Da stand ich an einer Supermarktkasse und vor mir eine Frau mit einem großen Blumen-Tattoo auf Schulter und Arm und sie hatte in jede Blüte so Steinchen geklebt und ich dachte mir, was für eine Arbeit.
Tja, Hans ist schuld. An allem. Dass sie sich so komplett als Opfer verkauft macht sie etwas unsympathischer. Was ihre Verliebtheit betrifft, da bist du ja gnädig und lässt sie an der totalen Blamage vorbeischrammen.
Hm ... da muss ich auch noch einmal überlegen. Sie ist natürlich nicht nur Opfer und hat sicher auch eine gewisse Mitschuld am Scheitern der Beziehung. Vor allem hat sie nie über ihre Bedürfnisse geredet und über Jahrzehnte die Entfremdung zugelassen. Wobei die ja nur einseitig ist. Hans ist ja zufrieden mit dem Ist-Zustand. Nach so langer Zeit im immer gleichen Fahrwasser ist es aber schwierig eine Beziehung komplett neu aufzuziehen. Das erkennt sie ja auch. Sie schließt die Augen bei der Yoni, will an Hans denken, kommt ihr aber komisch vor und denkt dann an einen idealisierten Krishna. Die Stelle habe ich schon absichtlich zu geschrieben, um zu zeigen, dass sie eigentlich bereits ganz weit weg von der Ehe ist (ganz ohne Schuldzuweisung an irgendwem). Vielleicht kann ich das aber noch irgendwo unterbringen.
Also ich nehme das als leichte Kost, mit sehr vielen komischen Stellen und hab das gerne gelesen.
Es sollte auch eine humorige Herangehensweise an das Thema werden. Die Serie handelt von „Frauen, die sich aus ihren Beziehungen befreien“. Heike hat es von allen eigentlich am besten getroffen. Sie hat sich mit ihrem Ehemann nur auseinandergelebt und entscheidet sich dazu, die Ehe nicht länger künstlich am Leben zu lassen, sondern eben sich zu befreien. Sie wird nicht geschlagen, ihr Mann trinkt nicht, niemand ist krank ...
Die nächsten beiden Geschichten habe härtere Schicksale und werden daher auch weniger Humor haben. Bei der vierten bin ich mir über den Erzählton noch nicht so sicher.

Es freut mich, dass Du die Geschichte gerne gelesen hast und danke für die Gedankenanregungen. Ich gehe da sicher noch einmal mit dem spitzen Stift an die eine oder andere Stelle ran.

Liebe Grüße
Mae

 

Liebe @Maedy

ich habe Deine Geschichte sehr sehr gerne gelesen. Ein persönliches Drama mit sehr viel Humor erzählt. Der Text ist flüssig geschrieben, ich war von Anfang an gleich drin und hatte durchgehend Kopfkino. Du schilderst sehr glaubhaft den Ausbruch aus dem Eheleben, die Verweiflung, die Suche der Protagonistin. Sie wirkt sehr authentisch, ich fühle mit ihr, sie bringt mit hier und da zum Schmunzeln durch ihre Naivität. Sie macht neue Erfahrungen, entwickelt sich und geht schließlich einen sehr mutigen Schritt. Eine tolle Geschichte. Hat mir sehr gut gefallen.

Hier ein paar Anmerkungen:

Heute ist der Tag, an dem ich seit genau vierundzwanzig Jahren Sex habe. Das ist an sich nichts Besonderes für eine Frau Anfang vierzig. Aber ich habe seit vierundzwanzig Jahren Sex mit dem gleichen Mann.

Beachtliche Leistung :thumbsup:

Während bei anderen Paaren nach der ersten Brunst häufig das Liebesleben schleichend einschläft, haben wir an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat am frühen Nachmittag vor dem Kaffee unser Schäferstündchen.

Da dachte ich "wie süß", die 2 geben sich Mühe.

Anschließend dreht Hans sich auf seine rechte Seite, drückt mir einen verschämten Kuss auf die Wange, streichelt mir über den Arm und schließlich mit einem Ruck hievt er sich über mich und ruft dabei »Rechtsverkehr«

Lol :D Was hab ich gelacht. Herrlich!

Es piept. »Willst Du das wirklich wissen?«.
»Ja, ich will!«, gebe ich ein.
»An Mutter.«

Und auch hier musste ich herzhaft lachen.

»Nun, da ist so eine Erinnerung. Ich weiß gar nicht, ob sie echt ist. Aber ich liege auf einem blauen Badetuch auf dem Küchentisch und Mama macht mir eine frische Windel und …«
»Halt die Klappe!« Ich pruste. Mein Bruder ist ein Perversling.

Dein Humor ist klasse!

Ich lasse mich auf den Sessel fallen. Wir haben keinen heißen und zügellosen Sex, weil mein Mann an mich und nicht an Helene Fischer denkt?

Da fehlt ein "an".

Und mit einem Schlag wird mir klar, was es ist: Wir haben »Rechtsverkehr«.

Lol :D Das ist einfach zu geil!

Ich glaube, wir sind zufrieden, aber sind wir auch befriedigt? Atemlos? Ist das die Midlife-Crisis?

Das müsste entweder alles im kursiv stehen oder komplett normal.

ls ob die Nachbarn nicht wüssten, was dahinter geschieht. Wir sollten Sex bei offenen Vorhängen haben und die Pfeiffers sollten vor Neid blass werden, wenn sie sehen, wie es bei uns rumpelt!

Lol :D Ich musste schmunzeln. Einerseits berichtet sie von dem kurzen Akt, andererseits möchte sie gerne den Nachbarn zeigen, wie es rumpelt. Grandios!

Das ist nicht gerade der Typ von Mann, mit dem ich ... nun gut, ich werde ja keinen Sex mit ihm haben. Hoffe ich ... ich fummele an dem Badetuch, als würde ich im Sterben liegen.

Sehr mutig, dass sie den Termin bucht und das dann auch durchzieht. Ich kann ihre Nervosität und Scham total nachempfinden.

Im Moment möchte ich einfach nur noch, dass das hier vorbei ist.
Ich schließe die Augen, höre wie Meister Krishna die Hände aneinander reibt, als wolle er gleich einem Schwein die Kehle durchschneiden.

Lol :D Das ist heftig!

In meiner Beziehung zu Hans bin ich die Gebende, die, die seine Kleider wäscht, den Rotkohl kocht und diejenige, die jeden ersten und dritten Sonntag im Monat zur Verfügung steht.

Die Ärmste. Sie hat mein Mitgefühl, obwoch ich überlegt hab, dass es echt schade ist, dass sie das in all den Jahren nie zur Sprache gebracht hat.

Denke zurück an meinen Reitunfall, wie ich im Krankenhaus erwachte und erfuhr, dass ich niemals Kinder haben werde. Hans nahm damals meine Hand, lächelte mich an und sagte, dass wir es uns zu zweit schön machen würden. Aber es wurde niemals schön.

Der Hans ist mir gar nicht unsympathisch. Irgendwie ein bisschen typisch Mann. Sonnt sich in der Bequemlichkeit, denkt, alles sei ok, gibt sich nicht groß Mühe. Aber ich finde es toll, dass er zu seiner Frau hält. Und für sie da ist, als sie die Nachricht bekommt, dass es mit den Kindern nicht klappt.
Umso mehr tut es mir leid, dass es dann niemals schön wurde.

Ich unterdrücke meine Tränen nicht mehr, lasse sie laufen. Paare laufen an mir vorbei. Scherzend, lachend.

Wortwiederholung

»Du hast das also geplant?«
Ich nicke.
»Und wohin willst du jetzt?«
Ich zucke mit den Schultern. »Zu Anna-Maria oder Klausi. Mach‘s gut. Du hörst von meinem Anwalt.«

Das finde ich schon echt krass. In all den Jahren sagt sie praktisch nie was und dann dieser drastische Schritt. Einerseits kann ich sie zwar verstehen, andererseits finde ich es Hans gegenüber echt unfair.

Was Du beschreibst, ist schon sehr aus dem Leben gegriffen. Der Mangel an Kommunikation und Offenheit in Beziehungen.

Zum ersten Mal seit langer Zeit fühle ich mich frei. Ich überlege, wo ich die Nacht verbringen werde. Vielleicht am Tegernsee. Vielleicht ziehe ich dort hin. Oder an den Chiemsee oder ... gleich, was ich tun werde, von nun an habe ich nur noch Linksverkehr.

Lol :D Und jetzt Linksverkehr. Das ist klasse.

Sehr gerne gelesen!

Ganz liebe Grüße und schöne Ostern,
Silvita

 

Liebe @Silvita ,

lieben Dank für Deinen Kommentar.

ich habe Deine Geschichte sehr sehr gerne gelesen.
Das freut mich. :herz:
Lol :D Was hab ich gelacht. Herrlich!
Schön :lol:
Und auch hier musste ich herzhaft lachen.
Das freut mich auch. Ich hatte ein paar Zweifel, dass ich mit der „Mutter-Bruder-Stelle“ einen zu großen Tabubruch begehe.
Da fehlt ein "an".
Danke!
Das müsste entweder alles im kursiv stehen oder komplett normal.
Ich habe das Kursive rausgenommen. Du hast recht. Eigentlich unnötig an der Stelle.
Sehr mutig, dass sie den Termin bucht und das dann auch durchzieht. Ich kann ihre Nervosität und Scham total nachempfinden.
Schön, dass das so bei Dir rüber kommt. Gerade die Stelle fanden ja einige eher unglaubwürdig.
Der Hans ist mir gar nicht unsympathisch. Irgendwie ein bisschen typisch Mann. Sonnt sich in der Bequemlichkeit, denkt, alles sei ok, gibt sich nicht groß Mühe. Aber ich finde es toll, dass er zu seiner Frau hält. Und für sie da ist, als sie die Nachricht bekommt, dass es mit den Kindern nicht klappt.
Ich wollte ihn auch nicht als „Unmenschen“ darstellen. Die Beziehung hat einfach ihre Leidenschaft verloren. Das passiert.
Wortwiederholung
Danke! Was Euch noch alles auffällt. Da bin ich echt dankbar für. Ich habe „spazieren“ beim zweiten Mal eingesetzt.
Einerseits kann ich sie zwar verstehen, andererseits finde ich es Hans gegenüber echt unfair.
Ja, sie ist am Ende schon auch egoistisch, weil sie ihm keine Chance lässt. Sie macht das mit sich aus. Aber als Autorin wollte ich, dass das genau der richtige Weg für sie ist. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Was Du beschreibst, ist schon sehr aus dem Leben gegriffen. Der Mangel an Kommunikation und Offenheit in Beziehungen.
Ich denke, dass es oft so ist. Und vor allem nach so langer Zeit, ist es schwierig plötzlich einen ganz anderen Umgang miteinander in einer Beziehung zu etablieren. Die beiden haben von Anfang an versäumt, aneinander zu arbeiten. So jedenfalls die Idee von mir.l


Lieben Dank für Deinen netten Kommentar und das sprachliche Finetuning. Ich freue mich schon auf Dein nächstes Kapitel :D.


Liebe Grüße
Mae

 

Hallo @Maedy,

ich finde die Geschichte herrlich! Druckreif wurde ja schon gesagt, das kann ich unterschreiben. Erinnert mich ein wenig an Ildiko von Kürthy oder Doris Dörrie, die ich auch gerne lese.

Der Humor ist pointiert, ich musste oft lachen. Mir hast du damit auf jeden Fall den Tag versüßt. :)

Habe nicht alle Kommentare gelesen, und kann jetzt auch nicht alle Textstellen zitieren, die mir gefallen haben, denn das waren fast alle. Ich gehe jetzt nochmal durch den Text, auch auf die Gefahr, dass sich was doppelt und dreifacht:

Anschließend dreht Hans sich auf seine rechte Seite, drückt mir einen verschämten Kuss auf die Wange, streichelt mir über den Arm und schließlich mit einem Ruck hievt er sich über mich und ruft dabei »Rechtsverkehr«.
:lol: Das ist so richtig schön absurd. Allerdings würde ich vorschlagen, den Satz umzustellen: ... und schließlich hievt er sich mit einem Ruck über mich ... Ich finde, das klingt runder.

Danach schläft Hans für eine halbe Stunde ein, während ich darauf warte, dass er wieder aufwacht. Ich glaube, wir sind ein gutes Paar.
:thumbsup:

Dann denkt er auch nicht an Helene Fischer.
Hehe

irgendetwas reizt mich, an dem Schleifchen zu ziehen.
Schönes Detail.

In dieses eingehüllt,
Vielleicht eher: Darin eingehüllt

Meine Beine sind weich wie Pudding, als ich auf diese zugehe
Hier würde ich das diese durch sie ersetzen.

Noch immer in das Badetuch eingehüllt, das ich zusätzlich krampfhaft festhalte.
Wäre entbehrlich.

ein Stöhnen entgleitet mir und das Blut schießt in den Kopf, als die Hand des Meisters durch meine Poritze zur Vulva gleitet, diese sanft massiert.
Auch hier würde ich wieder sie schreiben. Wie du merkst, bin ich kein Fan dieses Wortes. Ist natürlich nicht falsch, aber klingt in meinen Ohren ein wenig gestelzt.

Und auf einmal kann ich loslassen. In meinen Ohren rauscht das Blut und die Musik. Mir wird erst warm, dann heiß. Ein Finger gleitet in mich, übt eine kreisende Bewegung aus. Ich stelle mir kurz vor, dass es Hans ist, der mich liebkost. Doch der Gedanke passt nicht. Deswegen stelle ich mir Krishna vor, wie er seinen Bademantel auszieht und das nicht tut, weil ich ihn bezahle, sondern meinetwegen.
Hahaha. Ja, das ist schon ne andere Nummer als "Rechtsverkehr". Da vergisst sie doch gerne, dass sie dafür bezahlen muss. :D

traue mich jedoch nicht
Wäre entbehrlich.

Das Yoni sollte meine Ehe retten, aber es hat meine Ehe zerstört.
Ja, das frage ich mich eh oft, ob Affären Ehen retten. Oder wie in diesem Fall: Yoni-Stunden. Ich zumindest kann mir nicht vorstellen, dass toller Sex oder andere erotische Spielchen mit einem anderen Mann, mir den eigenen wieder näher bringen könnten. Gut, man ist vielleicht besser drauf, das mag ja sein ...

Schöne Geschichte, die ich sehr gern gelesen habe.

Viele Grüße und frohe Ostern von
Chai

 

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