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Kundentreue

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28.01.2006
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Kundentreue

An der Kasse einer kleinen und gemütlichen Buchhandlung. Während sich eine Menschenschlange hinter ihm bildet, fragt ein Herr mittleren Alters die junge Verkäuferin an der Kasse: „Gibt es hier auch Treuepunkte? Oder wenigstens eine Kundenkarte? So etwas gibt es doch mittlerweile überall.“ Die Verkäuferin schüttelt entschuldigend den Kopf, der Herr aber legt nach: „Ich bin Stammkunde hier. Was gibt es hier denn sonst für die Stammkunden?“ Nüchtern antwortet sie: „Bücher“ und wendet sich dem nächsten Kunden in der Schlange zu.

 

So, ich hoffe einmal, dass das Ganze jetzt nicht zu kurz für diese Seite ist, aber ich finde, dass die vier Zeilen alle wesentlichen Inhalte der Geschichte vermitteln, vor allem da ich auch nicht werten wollte, ob jetzt der Buchladen so rückständig ist, dass er keine Treuepunkte vergibt oder der "Stammkunde" einfach übersieht, dass es nicht auf irgendwelche Kundenkarten, sondern viel mehr auf das eigentliche Produkt und darüber hinaus auf den wirklichen Service (z.B. eine nette junge Verkäuferin, die einen auch berät etc., wie es in kleinen Buchhandlungen ja der Fall ist) ankommt.

 

Hallo Sebastian,

ich bin noch nicht ganz sicher, ob deine Geschichte zu kurz ist. Vielleicht werden wir schlauer, wenn ich meine Gedanken dazu formuliere.
Der Titel müsste mE "Kundenbindung" lauten. Das mag ich aber nur deshalb so empfinden, weil ich eben weiß, dass Treuepunkte oder Kundenkarten nicht als Belohnung für Treue, sondern zur Herstellung derselben verwendet werden.
Was mir darüber hinaus auffällt, ist eine gewissen Unlogik in der beschriebenen Situation.
In einem kleinen Buchgeschäft, wie du es in deinem Kommentar zur Geschichte angibst, würde die Verkäuferin einen Stammkunden mit Namen ansprechen. Er müsste gar nicht erst darauf hinweisen, dass er ein Stammkunde ist. Auch wüsste er dann, ob es ein Bonussystem welcher Art auch immer gäbe, da er sofort bei Einführung von sich aus darauf aufmerksam gemacht worden wäre.
Insofern kann ich mir den Dialog zwar so vorstellen, entnehme ihm aber trotzdem, dass die Angaben in irgendeiner Weise nicht stimmen können. Oder es fehlt der Hinweis, dass die junge Verkäuferin vielleicht erst gerade eingestellt wurde oder sich vielleicht noch in der Ausbildung befindet.
In deinem Kommentar (nicht in der Geschichte) sprichst du von einer netten Verkäuferin. Ihr Verhalten in der Geschichte ist aber eher unbeholfen bis vielleicht sogar ein bisschen pampig. Erst schüttelt sie wortlos den Kopf und dann erklärt sie dem Kunden das Offensichtliche und lässt ihn in der Form stehen, dass sie sich nicht einmal verabschiedet, sondern sich wegdreht und signalisiert: "Keine weiteren dummen Fragen".
Natürlich steht sie unter Stress, du schreibst von einer Schlange. Es gibt also viel zu tun. Und das erklärt auch, warum sie sich von diesem Kunden eher genervt fühlt. aber von "nett" kann bei der beschriebenen Reaktion leider keine Rede sein. Auch die Beratung, die du in deinem Kommentar ansprichst, findet in der Geschichte nicht statt. Gerade die Schlange vermittelt eher den Eindruck, die Kunden müssten sich die Bücher selbst heraussuchen. Die "Beratung" setzt du also in der Erfahrung des Lesers mit "kleinen und gemütlichen" Buchhandlungen vorraus.
Auch der Kunde kommt mit einer aggressiven Haltung in den Laden, die in der Geschichte nicht begründet ist. Er verwendet keinerlei Höflichkeitsfloskeln, sondern schießt gleich los. Schon vor der ersten Reaktion der Verkäuferin setzt er die negative Antwort voraus und wertet gleich. Er drängt die Verkäuferin so sehr in die Defensive, dass sich auch daraus ihre eher unfreundliche Reaktion ableiten lässt. Um auf solche Attacke freundlich reagierren zu können, hätte es schon einiger Kommunikationsseminare bedurft.

Du merkst, während ich an dieser Rezension schreibe, fällt mir einiges auf, das in deiner Geschichte steht, aber auch einiges, das eben leider nicht in ihr steht. Die Gemütlichkeit der Buchhandlung müsste aus der Handlung hervorgehen, nicht nur behauptet werden. Der Service, den sie bietet, müsste im Text stehen, nicht nur im Kommentar darunter.
Vielleicht wäre es dann wertender, aber für Gedankenanreize bestimmt noch nicht zu wertend.

Lieben Gruß, sim

 

Hi Sebastian,
für mich wirkt das mehr wie ein Witz als eine Geschichte.

Das, was dasteht, ist eigentlich nur das Grundgerüst für eine Geschichte, die ziemlich gut nach Satire passen würde.
Die beschriebene Situation hat ja schon etwas Lustiges an sich.

Na ja, sonst kann ich eigentlich nur sim zustimmen :)

Bruder :sick: Tserk

 

Wow, Sim, ich bin mal wieder beeindruckt, wie ausführlich du dich der Kritik meiner (wirklich kurzen) Geschichte gewidmet hast, auch wie viel du aus den vier Zeilen herausgeholt hast. Deine Denkanstöße sind meist einfach nur phantastisch. Vielleicht hast du Recht, dass drei oder vier Sätze mehr das Ganze ein bißchen präziser machen würden, etwas mehr herausstellen würden, was die "kleine gemütliche" Buchhandlungen von einem "Buchdiscounter" unterscheidet usw usf.

Auch dir, Tserk, vielen Dank für den Kommentar, als "Witz" sollte war das ganze nicht wirklich gedacht, also zumindest nicht als Witz über den man lachen soll, viel mehr als eine kleine Anekdote, über die man Nachdenken sollte. Als Satire aber war das Ganze keinesfalls gemeint, viel mehr ist es eine kleine Situation, die mir tatsächlich vor einigen Tagen so ähnich wiederfahren ist. Aber vielleicht muss ich wirklich noch etwas mehr schreiben, vier Zeilen sind nun wirklich sehr knapp, wobei ich, weder werten wollte, noch das Ganze mit ewig langer Vorgeschichte erzählen wollte, sondern gleich auf den Punkt kommen wollte.

Viele Grüße an euch beide,

Sebastian

 
Zuletzt bearbeitet:

Interessant, dass das Beantworten meines Kommentars mehr Zeilen benötigte, als deine Antwort zu sims Kritik :)
Bruder :sick: Tserk
Ach ja:

„Ich bin Stammkunde hier. Was gibt es hier denn sonst für die Stammkunden?“.
der Punkt muss weg
„Gibt es hier auch Treuepunkte? Oder wenigstens eine Kundenkarte? So etwas gibt es doch mittlerweile überall“.
und der muss VOR die " :)
und um von hinten nach vorne durchzuarbeiten:
An der Kasse einer kleinen und gemütlichen Buchhandlung.
liest sich wie ne Anweisung ausm Drehbuch

 

Noch interessanter, dass jeder Kommentar länger ist, als die komplette Geschichte :P

Und danke für die Punktkorrektur, da sieht man mal wieder, dass ich viel zu selten mit wörtlicher Rede arbeite ;D

liest sich wie ne Anweisung ausm Drehbuch
Ja, ich weiß, ist aber Absicht. Soll gleich darauf hinführen, dass alles sehr kompakt erzählt wird. Ohne große Umschweife, so dass der Leser sich sofort in die Situation reindenken kann.

 

Ja, in der Tat, die Geschichte regt zum Nachdenken an, hat was. (Neulich habe über das Verhältnis zwischen Kurzgeschichten und Romanen nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen: Wenn ein Roman ein vollwertiges Gericht ist, dann ist die KG eine Praline ... aber was ist dann eine Kürzestgeschichte wie deine? ;) ) Das Ende

und wendet sich dem nächsten Kunden in der Schlange zu.
finde ich ein bisschen zu schroff, lässt mich gar denken, dass der Laden deshalb keine Treuegeschenke für Stammkunden ausgibt, weil er außer dem Prot nur flüchtige Kunden hat.

FLoH.

 

Hmmm, stimmt, da hast du Recht. Aber ich woltle die Geschichte nicht einfach mit einem schlichten "Bücher" enden lassen, aber auch nicht mehr weit ausholen oder werten. Aber vielleicht fällt mir noch was besseres ein.

Danke auf jeden Fall fürs Lesen meiner winzigen Pralinie ;)


Achso, noch zu sims Kommentar, habe ich beim ersten Kommentieren ganz vergessen:

Der Titel müsste mE "Kundenbindung" lauten.
Hatte ich auch erst vorgehabt, mich dann aber für "Kundentreue" entschieden, weil Kundentreue ja quasi das Gegenteil zur Kundenbindung ist, also weil Kundentreue vom Kunden ausgeht und es so doch mehr der Kunde als der Laden ist, der an den Pranger gestellt wird. So hatte ich es mir zumindest gedacht.

 

Hi Sebastian,
der Form her ist es wirklich mehr eine Anekdote, aber Du hast ja alle Zeit der Welt, die Umstände ausführlicher und genauer darzustellen. Vielleicht kommt der ältere Herr mehrmals in die Buchhandlung und hat vor, nachzufragen (hat ja so wenig Rente), traut sich aber nicht. "Meine" Buchhändlerin hat eine sehr ausgeprägte Gestik und Mimik, und sie würde die im übrigen schöne Antwort sehr sympathisch rüberbringen. Sie könnte während der Antwort die Achsel zucken und mit hochgezogenen Augenbrauen lächeln etc. Außerdem fehlt mir ein wenig der Arbeitsalltag in einer kleinen Buchhandlung - Stundenlang keine Sau da, dann alle auf einmal, seltene Bücher bestellen - was es eben so alles zu tun gibt. Die Schlange an der Kasse ist ja nicht nötig (und leider recht untypisch für kleine Buchhandlung heutzutage, hier jedenfalls). Der Leser muss sich vor allem im Nachhinein vieles hinzudenken, was den Lesegenuß deutlich schmälert.
Ich denke, die Idee ist sehr gut, die Ausführung noch nicht- immerhin besser, als wäre es umgekehrt.
Dann hau mal rein, bis dann
Teomaniac

 

Nein,nicht jeder Komemntar ist länger als Deine Geschichte ... Ohne Worte. Die Kommentare der anderen dazu fand ich aber doch wesenlich interessanter als die Geschichte selber... Wie immer herzlichst JH.Rilke

 

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