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Löwenzahn

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12.08.2004
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Löwenzahn

Das Tier hebt witternd den Kopf. Dann legt es den Kopf zu Seite und läßt den Körper hinterher fallen. Es ertönt ein dumpfes Geräusch. Die Zikaden unterbrechen abwartend ihr Konzert, stimmen jedoch empört und mit doppelter Brutalität wieder ein, nachdem nichts weiter geschieht. Das Tier rollt sich auf den Bauch, drückt die Schnauze ins Gras und robbt nach vorn.

„Stephan?
„Ja?“
„Was gibst Du Deinem Pferd zu fressen?“
„Salat...“
Pause
„...wieso?“
„Salat von welcher Pflanze Stephan?“
„Äh...Löwenzahn würde ich sagen...“
Pause
„...wieso?“
„Gut, dann dreh´ dich jetzt bitte nicht um.“

Das Pferd ist an einer Stelle angelangt, wo der dichte Grasteppich eine Lücke aufweist. Sofort beginnt es schnaubend mit den Nüstern in der Erde zu wühlen und eine Vertiefung herauszuarbeiten. Die Erdkrümel fliegen in alle Richtungen fort. Ab und zu wiehert es voller Ungeduld,

„Siehst Du auch ein Pferd, das versucht den Kopf in die Erde zu stecken?“
„Hat es eine Wurzel zwischen den Zähnen?“
„Nein, das ist ein Wurm.“
„Vielleicht rufst Du es lieber bevor es die Koppel umgräbt.“
„G-Punkt!“

Das Pferd hörte seinen Namen, elektrisiert reißt es den Kopf herum und blickt in die Richtung aus der gerufen wurde. Schemenhaft erkennt es zwei Gestalten, die über dem Holzzaun der Koppel hängen. Abwartend blickt es zwischen beiden hin und her.

„Wem gehört das Pferd, Stephan?“
„Meiner Frau...“
Pause
„...wieso?“
„Ach Nichts.“
Pause
„Woran denkst Du?“
„An Deine Frau.“

Das Pferd hat die Stimme erkannt und fixiert den Sprecher. Es verspürt den Drang, ihm die Vorderhufe auf die Schultern zu legen und ihm ins Gesicht zu hecheln. Es wartet auf ein Signal seines Herrchens.

„Stephan?“
„Ja.“
„G-Punkt wedelt mit dem Schwanz und lässt die Zunge hängen.“
„Gut.“
„Ich glaub´, er wird gleich herkommen.“
„Gut.“

Das Pferd vermeint ein leichtes Aufrichten seines Herrchens zu erkennen. Das Signal.
Es spürte einen Energiestrom aufsteigen. Wiehernd springt es hoch und nimmt Anlauf.

„Stephan?“
„Ja?“
„Ich geh´ jetzt in Deckung.“
„Ich auch.“

Das Pferd übersieht ein Grasbüschel, gerät ins Straucheln, fängt sich wieder, verschätzt aber die Geschwindigkeit und beschließt auf den Schornstein hoch zu fliegen, um ein Nest zu bauen.

„Stephan?“
„Ja?“
„Ist das Pferd jetzt über den Zaun gesprungen und gegen das Haus gerannt?“
„Ja.“
Pause
„Ich glaube, es schläft jetzt.“
„Das ist gut.“

Das Pferd träumt von einem Kratzbaum und einem Schälchen Milch. In Ermangelung eines Wollknäuels spielt es mit der Bommel eines Pantoffels von Oma.

„Stephan?“
„Ja?“
„Was rauchen wir eigentlich?“
„Löwenzahn.“

 

Hi macsoja

Nun, was kann ich schreiben. Eine wirklich seeeltsame Geschichte. Ein fliegendes Pferd mit sonderlichem Namen. Mit witzigen Dialogen und lustigem Ende. :)
Letztendlich komme ich zu dem Schluß, dass es besser ist, ich bleibe bei meinem Löwenzahnhonig und Löwenzahnsalat. Rauchen werde ich ihn nicht.
Habe mich köstlich amüsiert. Danke. :D

Liebe Grüße, Kürbiselfe

 

Tachi macsoja

Ja, da kann ich Kürbiselfe nur zustimmen. An manchen Stellen wurden die Fragezeichen in meinen Augen größer und größer.
Aber der Dialog ist echt amüsant und schließt die Geschicht auch hervorragend ab :thumbsup:

Übrigens, die Pausen wird ich entfernen und durch "..." ersetzen, da man sonst nicht so gut mitbekommt wer den Dialog weiterführt danach.
Bsp:

„Wem gehört das Pferd, Stephan?“
„Meiner Frau.“
Pause
„Wieso?“
„Ach Nichts.“

„Wem gehört das Pferd, Stephan?“
„Meiner Frau... Wieso?“
„Ach Nichts.“


mfg
Hagen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo macsoja,

jaja, vor übermäßigem Löwenzahn-Konsum wird bekanntlich gewarnt :D Also: eine gute Aufklärungsgeschichte. Geh jetzt mal Nüsse vergraben ... :D

Eine Anmerkung: Da muss ich meinem jungen Jedi Hagen widerspechen: Die Pause bringt eben eine richtige Pause rein, da man das Wort lesen muss, die ... sind hier zu schnell. Und glaub mir, ich kenne mich mit Löwenzahnkiffern aus, verdammmt laaaangsame Gesellen! :D

Grüße

Dante_1

 

Vielen Dank an alle für die Meinungen zu dieser kleinen Idee geschrieben haben.

@kürbiselfe
Ja und wo Löwenzahnsirup so gesund sein soll...

@Hagen
Mmh, man könnte sich auch fragen, warum ich das unterbrechen einer Person durch ne Person nicht durchgezogen habe, denn unten spricht ja dann der andere weiter. Hab´ jetzt mal ein paar Punkte reingemacht, das Pause-Wort soll tatsächlich dokumentieren, daß die Pause schon länger ist und sie sich gaaaanz viel Zeit lassen.

@Dante_1
Jess Dante, Du hast es drauf. :thumbsup: Wie machst Du das? Ich zerrupfe die Blätter dann noch mal, da dieser Mittelstrink immer so bergamottig ist. Nüsse wird ich aber nicht rauchen, sondern einkochen, in Tulpenblätter einrollen und noch warm zwischen die Zehen klemmen. Ich sage nur: SUMPFIG!!!

Sanfte Grüße an alle
maaaaaaac

 

Hallo macsoja,

deine Geschichte hat mir als Episodengeschichte zur Kurzunterhaltung gut gefallen. Geschickt beschreibst du das Absurde, ohne ganz den Boden unter den Füßen zu verlieren und am Schluss löst sich alles in Rauch auf… und interessanterweise fügt sich dadurch für den Leser alles zu einem klaren Bild.

L G,

tschüß… Woltochinon

 

Leichte Kost zur Kurzunterhaltung. Keine allzu anspruchsvolle Sprache, keine überragenden Sinnbilder, keine Grundlage für stundenlange Diskussionen. Aber lustich! :D

 
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Herrlich doppeldeutig/lustig!
Einfach nur genial!
Hi macsoja habe die Geschichte gerne gelesen... nur in der Mitte und im letzten Absatz fehlen mir ein bisschen die "Pausen"... ich hab 's jetzt nur mit punkten gelesen und finde dadurch eigentlich sehr gut verdeutlicht wer weiterspricht.

Ein frohes Fest und guten Rutsch...
Man liest sich
Nice

 

Hallo macsoja,

eine nette Abwechslung der Dialog.
Ich bin gerade noch am überlegen, ob das Pferd nicht doch ein Hund ist, wenn es über den Zaun springt und die Wiese umgräbt.
Ja und dann wäre da noch die Frage, warum das Konzert der Zikaden als brutal beschrieben wird.

Mit freundlichem Gruß
DracheBarbara

 

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