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Lieber leben

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06.03.2006
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Lieber leben

Wang öffnete mühsam die Augen. Langsam kam er wieder zu sich. Er war weggedöst, genauso wie die beiden anderen Mönche. Irgendwie brachte er es fertig, die Augenlider ganz zu öffnen und umherzuschauen.
Der Kerker war unverändert. Karge Steinwand, halbdunkel, Stroh auf dem Boden, 3 Pritschen an der Wand, jede mit einem Mönch besetzt.
Wang war in der Mitte und versuchte nun, sich aufzurichten. Das Gas hörte er immer noch leise zischend einströmen.
Benebelt schaute er nach links. Dort saß Gong, in sich zusammengesackt, Speichel lief ihm aus dem Mund. Gong war tot.
Wang schaute nun zur rechten Seite nach Li. Li war ebenfalls tot.
„Was war das nur für eine Schnapsidee“, fluchte Wang vor sich hin.
„Was kommt nach dem Tod?“, so lautete die Frage.
Wang hatte sie gestellt, und sie hatten die ganze Nacht diskutiert. Ohne konkretes Ergebnis leider.
Schließlich fand Li die Lösung.
„Wir können es nur herauskriegen, wenn wir sterben. Oder habt ihr etwa Angst davor?“, so lautete die provokative Fragestellung.
Gemeinsam gingen sie zum Abt und baten um Erlaubnis, den Todeskerker benutzen zu dürfen. Der Abt willigte paradoxerweise ein.
„Meinetwegen“, sagte er und schaute gelangweilt aus dem Fenster.
In diesem Moment rutschte Wangs Herz in die Hose. Eine gewisse Angst empfand er nun doch, aber das konnte er sich nicht anmerken lassen.
Alle 3 Mönche begaben sich in ihre Kammer, legten eine feierliche Robe an und trafen sich im Innenhof wieder.
Die Novizen und die anderen Mönche blickten verwundert.
„Wir werden jetzt erforschen, was nach dem Tod kommt“, erklärte Li cool.
Gemeinsam schritten sie zum Todeskerker. Gong ließ das Gas einströmen und jeder nahm auf seiner Pritsche Platz. Die Tür wurde nicht abgeschlossen, nur angelehnt. Niemand würde sie hindern, und von den Todesforschern würde sowieso niemand auf die Idee kommen, den Kerker freiwillig zu verlassen.
Wangs Augenlider wurden wieder schwerer und Millimeter um Millimeter sanken sie nach unten. Er wusste, dass er ein zweites Mal nicht mehr aufwachen würde.
„Jetzt reicht’s“, sagte er sich.
„Gong und Li wissen jetzt, was nach dem Tod kommt. Deswegen sollte man das Experiment als gelungen bezeichnen“, fand er auf einmal.
Mühsam stand er auf, jede Bewegung verursachte enorme Kopfschmerzen. Er torkelte zur massiven Holztür, rackerte an ihr und sie ließ sich mit einem lauten Quietschen öffnen.
„Was für ein schönes Geräusch!“, dachte er glücklich.
Bevor er den Kerker verließ, warf er noch einen Blick auf Gong und Li.
Ihre Leichen sahen ziemlich hässlich aus. Zugesabbert, Zunge hing raus, eklig.
Ein wenig plagte ihn doch das schlechte Gewissen, das er sie im Tode im Stich ließ, aber eben nur ein wenig.
Er stellte das Gas aus und begab sich auf seinen schwachen Beinen ins Freie.
Dann ließ er sich von der warmen Frühlingssonne bescheinen und hörte entspannt dem Gezwitscher der Spatzen zu.
„Den Tod werde ich ein anderes Mal erforschen. Dann, wenn meine Zeit gekommen ist“, dachte er zufrieden.

 

Hallo myongchong,

eine formale Anmerkung vorweg: Zahlen bitte in Geschichten immer ausschreiben. Danke. :)

Ich kann mit Deinem Text leider nicht viel anfangen. Drei Mönche unbestimmbarer Zugehörigkeit (den Namen nach vermutlich Buddhisten, aber sicher kann ich mir als Leser nicht sein) wollen wissen, was nach dem Tod kommt, halten es für eine gute Idee, sich umzubringen, haben praktischerweise eine Todeszelle im Keller des Klosters und erhalten en abtlichen Segen für ihr Vorhaben.
Einer überlebt, zwei sterben, und der Überlebende erkennt, dass er noch gar nicht so dringend wissen muss, was nach dem Tod kommt. Ende.

Und nun? Geht es darum, dem Leser zu sagen, dass er jetzt leben soll und nicht erst nach dem Tod? Geht es darum, dass man nicht leichtfertig mit seinem Leben spielen soll? Was ist die Aussage Deines Textes? Und warum steht er in "Seltsam"? Was ist das Seltsame, das Du zum Ausdruck bringen willst?

Ratlos,
chaosqueen

 

Hallo Myongchong,

ein schön erzählter Text. Inhaltlich recht schlicht, was in gewisser Weise zu der Schlichtheit von Zen passt. Aber man weiß nicht, ob es sich um Zenmönche handelt und vor allem bleibt unklar, warum dem Mönch erst durch das direkte Erleben des Todes seine Erkenntnis kommt (warum überlebt er?). Für diese Erkenntnis braucht man keine Todeskammer, schließlich hat er selbst den Tod an sich selbst auch dort nicht `erlebt´, die Informationslage hat sich gegenüber einer allgemeinen Vorstellung von Tod (wie sie jeder auch ohne Todeskammer hat), nicht verändert.
Die Existenz einer solchen Kammer ist schon seltsam…


„Der Abt willigte paradoxerweise ein“

- Warum paradoxerweise? Wenn es solch eine Kammer in seinem Kloster gibt, ist es nicht widersprüchlich, sie zur Benutzung frei zu geben.

„3 Pritschen an der Wand, jede mit einem Mönch besetzt“

- drei

„In diesem Moment rutschte Wangs Herz in die Hose“

- das ist zu umgangssprachlich

„fand er auf einmal“

- befand er. (oder: sagte er sich plötzlich; unvermittelt)

„rackerte“

- Umgangssprache.

L G.

Tschüß Woltochinon

 

Hallo,
vielen Dank für die Anmerkungen.
Ich habe mir die Kurzgeschichte eigentlich nicht ausgedacht, vielmehr einen Traum niedergeschrieben. Ich war Wang im Traum, wachte auf, sah die beiden anderen usw.
Wie erklärt man eine solche Kammer? Im Traum war sie erklärungslos da,
es gab da auch keinen Abt, der eingewilligt hätte.
Der Traum hat mich ein wenig verstört, muss ich ehrlich sagen.
Um wenigstens etwas Positives damit anzufangen, hab ich ihn zu einer Kurzgeschichte verarbeitet. :)

 

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