"Liebes Tagebuch...!"
Vor ein, zwei Tagen ist das Glück in meinem Leben wieder aufgetaucht. Gerade, als wolle es nur so vorbeispazieren, mal schauen, was ich so treibe, die Visitenkarte da lassen.
Natürlich bedränge ich es sofort, wo es war während all der Monate und durch welche Tür es eigentlich gekommen ist. Selbstverständlich löchere ich weiter, ob es mich denn nach B. begleiten wird.
Im letzten Moment sehe ich, daß es schon wieder auf der Schwelle steht, also halte ich endlich den Mund, biete ihm einen Stuhl an und widme mich erstmal wieder dem Alltag. Ich wage nicht, ihm zu nahe zu treten, es würde höchstens leise fauchen und mit einem Satz wär's verschwunden.
Als sehr viel Zeit vergangen ist, blinzle ich neugierig zu ihm herüber. Es reagiert überhaupt nicht, wäre ich ihm nur nicht so vorwurfsvoll begegnet!
Wenigstens sitzt es da noch immer, auch wenn es, nähere ich mich auch nur einen Schritt, zuckt, als wäre es gleich verschwunden.
Eigentlich werde ich längst ungeduldig, die subtile Koketterie nervt mich. Also gehe ich weiter, wo immer ich gerade etwas zu erledigen habe. Ich kann aber nicht so recht einsehen, warum meine Bemühung, Kontakt aufzunehmen und jeder Versuch der Einflußnahme so völlig aussichtslos sein soll.
Mein Stolz und Trotz wollen es laut anschreien, es packen und gründlich einsperren oder fesseln.
Aber ich spüre, es würde zwischen meinen Fingern zerfallen oder durch die kleinste Ritze entschwinden.
Ich kann nicht mit ihm sprechen, denn Antworten gibt es keine.
Mein Ärger ist nutzlos und schließlich ist er verraucht.
Ich vergesse alles, stattdessen erspüre ich das Hier und Jetzt und das Dilemma, zu dem mein Kopf es machte; ich entdecke zufällig, daß es gar nicht existiert.
Ich bin verdutzt und stiere, als habe sich soeben, direkt vor meinen Augen, etwas sehr Großes, Breites und Schweres in Luft aufgelöst.
Hat gerade jemand gekichert?
Jetzt drehe ich mich mehrmals um, gehe hin und her, doch der Stuhl ist leer, nirgends ist das Glück mehr zu sehen.
Ich spüre ein kleines, warmes Glühen im Innern und ich darf nie vergessen, dass es erlischt, wenn ich zu schnell gehe, dass es erstickt, wenn ich alle Türen schließe und vor allem, dass mein Grübeln ihm den Sauerstoff raubt.