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Lieblose Plätzchen

Mag

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09.11.2007
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Lieblose Plätzchen

„Anna hat in den ersten zwei Monaten der Schwangerschaft bereits eine überdurchschnittlich starke Bindung zu ihrem Kind aufgebaut.“ Das stand so in ihrer Patientenakte. „Eine langfristige, psychologische Betreuung wird als notwendig eingestuft."

Wütend knetete sie den Teig für die Butterplätzchen, ohne zu beachten, dass ihr Tränen die Wangen herunter liefen und sich mit Eiern, Zucker, Mehl und Milch vermischten. Eine solch grobe Behandlung war der Plätzchenteig von ihr nicht gewöhnt. Normalerweise wurden die mit Bedacht ausgewählten Zutaten liebevoll, ja beinahe zärtlich zu einem goldgelben Knetteig verarbeitet, im warmen Ofen zu Sternen, Herzen und Tannenbäumen ausgebacken und anschließend in weihnachtlich dekorierten Tütchen verpackt. Allein dazu bestimmt ihren Verwandten und Freunden eine vorweihnachtliche Freude zu bereiten.

Letztes Jahr hatte sie die Plätzchen mit Marvin gebacken. Kurz dachte sie an die Mehlschlacht und daran, wie sie sich anschließend unter der Dusche geliebt hatten. Das alles schien so unendlich weit entfernt. Wer weiß, vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, dachte sie, wenn nur nicht... Sie zwang sich nicht weiterzudenken. Was passiert war, war nicht mehr zu ändern. Marvin würde nicht zurückkommen, der Schmerz hatte einen Keil zwischen sie getrieben. Ein Schmerz, der so groß war, dass ihre Liebe nicht hatte Stand halten können. Er hatte sie überrollt, nicht getötet, aber unerträglich gemacht.
Geistesabwesend stach sie die Plätzchen aus und schob das Blech in den vorgeheizten Ofen. So wie letztes Jahr und das Jahr davor auch. So sollte es auch dieses Jahr sein. Nur zu dritt. Stattdessen war sie allein.
Gedankenverloren starrte sie aus dem Fenster, betrachtete den kahlen Baum, der dieses Jahr, aufgrund von Sparmaßnahmen seitens der Stadt, nicht mit Weihnachtsbeleuchtung geschmückt war. Sie spürte erneut die Tränen, die von ihrem Kinn tropften und fragte sich, genau wie schon gestern und vorgestern und jeden anderen Tag in den vergangenen zwanzigeinhalb Wochen, wie es wohl gewesen wäre, sie jetzt im Arm zu halten.
Der Geruch nach Verbranntem erreichte sie nur langsam und während sie die kohlrabenschwarzen Plätzchen aus dem Ofen holte, murmelte sie leise: "Fröhliche Weihnachten, Anna."

 

Hallo Mag,
Deine Beziehungsgeschichte fand ich flüssig zu lesen. Zum Schluss hin war mir jedoch nicht so recht klar, wo das Kind auf einmal herkam. Es ging zu schnell, zu rasant. Eigentlich mehr ein Bericht - hmmm ...
kann ich jetzt nicht recht beschreiben, ist nur so ein Gefühl dafür.

Hier bin ich hängengeblieben:

Sie hatten beide Halt gebraucht und waren zu schwach gewesen ihn sich gegenseitig zu geben. Ein falsches Wort, eine falsche Geste hatten Konflikte in einer Größenordnung auslösen können, wie sie ihre Beziehung zuvor nicht gekannt hatte.

Obwohl sie beide Halt brauchten, konnten sie sich gegenseitig nicht stützen. Jedes ganz normale Wort schwor Konflikte herauf, wie sie zuvor nicht aufgetreten waren.

Wie gesagt, der Schluss war zu rapide beendet. Der Geruch nach Verbranntem brachte sie in die Wirklichkeit zurück? Vielleicht? - EineTherapie? Welche?

Ja, eigentlich fand ich Deine Erzählung ganz nett und flüssig geschrieben, was für mich heißt, dass ich gut folgen konnte. Nur der Schluss lässt mich fragend zurück.

LG KaLima

 

Hallo Mag,

Deine Geschichte hat auf jeden Fall Potential. Du beschreibst ein Paar, das sich durch den Tod des Kindes voneinander entfremdet und verliert. Leider erzählst Du das Ganze wie ein Bericht, sodass die Figuren blass bleiben. Das kannst Du tun, aber ich finde, daß Du dann wenigstens Metaphern einbauen hättest müssen, die der Geschichte Tiefe geben. So wirkt sie leblos auf mich, einfach schnell heruntergeschrieben.
Mir gefällt der Einstieg mit den Plätzchen und auch der Schluß, wo Du diese wiederaufgreifst, als ihr aufgrund ihrer Trauer die Plätzchen verbrennen. Das ist, als würde ihr Leben verbrennen.

Liebe Grüße
stephy

 

Hallo Mag,
Ich finde deine Idee,das grosse Drama (Fehlgeburt, Beziehung kaputt) vor dem kleinen Drama ( Plaetzchen verbrannt) auftauchen zu lassen grundsaetzlich gut, aber irgendwie ist es dir nicht so recht gelungen. Ich glaube, es liegt daran, dass du zuviel aussprichst. Ein paar Andeutungen haetten es auch getan, der Leser reimt sich das schon zusammen. So wie es jetzt ist, baeckt sie, gibt eine kurze, nahezu emotionslose Erklaerung ab, was in den letzten Wochen passiert ist, und zieht die verbrannten Kekse raus.
Ich vermisse hier das, was eine Geschichte ausmacht: die Gefuehle der Prota, die Stimmungen, Beispiele ihres Lebens zusammen vorher und nachher usw. Ich hofe, ich druecke mich verstaendlich aus.

Viele gruesse, sammamish

 

Hallo ihr Drei!

Vielen Dank fürs Lesen meiner Geschichte. Schade, dass sie euch nicht berühren konnte, werde versuchen daran zu arbeiten. Vielleicht habt ihr ja Lust noch mal drüber zu lesen, wenn ich sie geändert habe.

MfG, Mag

 

So, hab mal versucht die Geschichte zu überarbeiten. Was sagt ihr?

 

Hallo Mag, finde ich viiieeel besser!
Einzig nach "...den ersten zwei Monaten..." wuerde ich "der Schwangerschaft" einfuegen. Sonst koennte man fast annehemen, dass es sich um ein geborenes zwei Monate altes Baby handelt, in welchem Fall sie wahrscheinlich noch ganz anders drauf waere....
Und vielleicht auch noch eine kleine Andeutung, dass ihr Mann ( Freund?) mit ihrem Verhalten nicht klar kam.
Ansonsten geafellt es mir jetzt ausnehmend gut,
gruss, sammamish

 

Dankeschön! Werde deine Änderungen später noch einarbeiten.

MfG, Mag

 

So, habe die Geschichte komplett überarbeitet, jetzt wo ja bald wieder Plätzchenzeit ist. :) Bin gespannt, wie es euch gefällt.

 

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