Was ist neu

Linie 9

Seniors
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11.06.2004
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Linie 9

Der Busfahrer warf ihm einen müden Blick zu, als er einstieg.
Die Nacht war kalt gewesen.
Er setzte sich an einen Fensterplatz und sah nach draußen. Dunkelheit und Stille des Morgens.
Es war 5:13 Uhr.
Dies war sein Tag. Ein langer Tag. Ein Tag im Bus.

Er beobachtete die Menschen.
Eine alte Dame mit Gehwagen, in einen dunklen Mantel gehüllt, das Gesicht grau wie die Haare, Falten um die Mundwinkel, glasige Augen, Dinge suchend, die schon lange nicht mehr zu finden waren.
Ein kleines Mädchen mit Schulranzen, beinahe größer als ihr ganzer Rücken, blondes Haar, Pferdeschwanz, Sommersprossen, Wollmünze, Jacke, Kaugummi.
Eine Gruppe Jugendlicher, ausgelassen, Kopfhörer im Ohr, Gel im Haar.
Der Bus fuhr weiter.
Und sein Blick wanderte.

Er tat dies öfter. Bus fahren. Aber nicht, wie andere Menschen dies tun: nicht von einer Haltestelle zur nächsten, sondern den ganzen Tag lang. Immer derselbe Bus, von der ersten bis zur Endstation und wieder zurück. Und wieder zurück. Und wieder. Und wieder.
Den ganzen Tag.
Und abends ging er nach Hause in seine kleine Wohnung mit den vielen alten Fotoalben.

Er saugte alle Eindrücke in sich auf.
Die Härchen am Hals einer Frau, die im einstrahlenden Sonnenlicht silbern leuchteten, die Bartstoppel am Kinn und unter den Ohren eines älteren Mannes, die der Rasur am Morgen entgangen waren, die Schweißflecken auf dem hellen Hemd unter den Achseln eines jungen Mannes, die tanzenden, zitternden Augen eines kleinen Jungen, der den Blick aus dem Fenster gerichtet mit seinen Fingern ein Stofftier umklammerte. Die schmutzigen, alten Adidasturnschuhe einer jungen Frau, die voller Schlamm waren, vielleicht von Spaziergängen am nahen Ufer?

»Ihre Fahrkarte, bitte.«
Er hatte eine Tageskarte. Immer. Aber nur selten wurde er kontrolliert.
Der Kontrolleur trug ein graue Mütze und Lederjacke. Sein Bart war sauber gestutzt, eine kleine Narbe am Kinn. Seine Augen musterten die Fahrkarte, überprüften die Zahlen, die darauf gedruckt waren.
»Danke.«
»Keine Ursache«, murmelte er. Seine Stimme war heiser und er räusperte sich.

Er mochte keine Parks, ging nicht gern ins Schwimmbad und das Kino war ihm unangenehm. Im Stadtpark sah er oft alte Männer Backgammon oder Schach spielen, im Schwimmbad waren zu viele Frauen und das Kino zeigte ihm immer dieselben Träume.

Jemand setzte sich im Bus neben ihn. Er roch Parfüm, Shampoo, Mundwasser. Der Geruch war ihm unangenehm, aber er drehte seinen Kopf nicht zur Seite.
Er mochte Gerüche nicht. Und im Bus gab es viele davon, mehr als Farben oder Gäste oder beides zusammen.

Nachmittags war er immer ein bisschen müde, manchmal schlief er auch ein, an das rüttelnde Plastikfenster gelehnt, das Kinn auf die Brust gefallen.
Wenn er aufwachte, fühlte er sich erholt.
Und manchmal warf ihm ein Fremder auch ein Lächeln zu, wenn er die Augen schlaftrunken wieder aufschlug.
Er lächelte immer zurück.

Er belauschte sie.
»...ich komme heute etwas später, das Büro - und diese blöde Geschichte mit Sebastian, ich weiß nicht...«
»... meine Tante, ja, sie kommt morgen und will mir wieder etwas von diesem Tee mitbringen...«
»... und dann hab ich gesagt, er kann sich seinen blöden Zettel in den Hintern stecken...«
Fast war es, als würden sie mit ihm sprechen.

Um vier Uhr war wieder die Hölle los.
Menschen drängten sich in den Bus, auf die Sitze, neben ihn, vor ihn, hinter ihn. Er war mitten unter ihnen, fühlte sie, spürte sie, roch sie, sah sie, hörte sie, alles war voller Menschen, voller Gesichter, Augen, Münder, Zungen, er spürte Hände an seinen Hüften, spürte, wie sich jemand in seinen Rücken drückte.
Er hätte nur den Finger ausstrecken müssen, den kleinen Finger, um einen von ihnen zu berühren und es wäre niemandem aufgefallen.
Aber er tat es nicht.

Manchmal saß hinter ihm ein Fahrgast, den er atmen hören konnte.
Er stellte sich vor, dieser habe eine Waffe und richte sie direkt auf seinen Kopf, stellte sich vor, wie er kühles Metall auf seiner Haut fühlte.
Spürt man es, dachte er, wenn eine Kugel den Schädel durchschlägt und durch den Augapfel dringt? Sieht man mit dem anderen Auge wie das Geschoss aus dem Kopf heraus bricht und unzählige Knochensplitter und Blut mit sich reißt?
Er fragte sich: Hört man den Knall?
Und: Wäre es ein Unterschied?
Würde der Bus anhalten - seinetwegen?
Oder einfach weiterfahren?

 

Hallo Chazar,

das ist eine ruhige Geschichte. Ruhig, wie sicherlich auch dein Prot. ist. Die Sprache hast du dem wunderbar angepasst. Ich mag deinen normalen Stil zwar lieber, aber es ist ja auch wichtig die Sprach dem Prot. und dem Plot anzupassen. Das ist dir auf jeden Fall gelungen.

Für mich ist der Mann sehr einsam. Die Busfahrten geben ihm ein Gefühl von Normalität. Er fühlt sich zugehörig, beobachtet die Menschen, hört ihnen zu und fühlt sich in die Gespräche einbezogen. Insofern sind die Fahrten bzw. seine "Bustage" für ihn immer etwas ganz Besonderes, etwas Schönes.

Mit dem Ende schockst du den Leser natürlich schon. Ich denk jetzt schon seit ner Weile darüber nach, was der Text aussagt. Ich komme aber nicht zu ner wirklich schlüssigen Idee. Ich denke, dass er diese Mordphantasien hat, weil er damit auf sich aufmerksam machen möchte. Ich halte ihn nicht für einen "Psycho", eher für jemanden, der damit seine Einsamkeit durchbrechen möchte. Ähnlich, wie vernachlässigte Kinder es machen, die sich schlechtmöglichst benehmen, damit überhaupt jemand von ihnen Notiz nimmt.
Eine gute Geschichte, finde ich. Sie wirkt allerdings erst, wenn man ein wenig darüber nachdenkt, denn sie zeigt auf, wie vereinsamt manche Menschen innerhalb unserer Gesellschaft sind.

Ein paar Textanmerkungen:

Eine alte Dame mit Gehwagen, in einen dunklen, alten Mantel gehüllt, das Gesicht grau wie die Haare, Falten um die Mundwinkel, glasige Augen, Dinge suchend, die schon lange nicht mehr zu finden waren.

Schön!

Immer derselbe Bus, von der ersten bis zur Endstation und wieder zurück.

Diese Formulierung gefällt mir nicht so. Vielleicht von der "Anfangs- bis zur Endstation".

Und abends ging er nach Hause in seine kleine Wohnung mit den vielen alten Fotoalben.

Gut! Hier charakterisierst du ihn sehr gut, ohne dass du viele Worte drum machst.

Die Härchen am Hals einer Frau, die im einstrahlenden Sonnenlicht silbern leuchteten, die Bartstoppel am Kinn und unter den Ohren eines älteren Mannes, die der Rasur am Morgen entgangen waren, die Schweißflecken auf dem hellen Hemd unter den Achseln eines jungen Mannes, die tanzenden, zitternden Augen eines kleinen Jungen, der den Blick aus dem Fenster gerichtet mit seinen Fingern ein Stofftier umklammerte.

Ich bin kein Fan von diesen langen Sätzen, aber ich finde er passt hier auch nicht. Die Sätze zu beginn sind eher kurz und prägnant. Der hier fällt in diesem Schema etwas aus der Reihe, finde ich.

Um vier Uhr war wieder die Hölle los.
Menschen drängten sich in den Bus, auf die Sitze, neben ihn, vor ihn, hinter ihn. Er war mitten unter ihnen, fühlte sie, spürte sie, roch sie, sah sie, hörte sie, alles war voller Menschen, voller Gesichter, Augen, Münder, Zungen, er spürte Hände an seinen Hüften, spürte, wie sich jemand in seinen Rücken drückte.
Er hätte nur den Finger ausstrecken müssen, den kleinen Finger, um einen von ihnen zu berühren und es wäre niemandem aufgefallen.
Aber er tat es nicht.

Diesen Absatz würde ich als vorletzten wählen. Die Überleitung fände ich dann richtig gut. Ist sicher Geschmackssache, aber denk mal drüber nach.

LG
Bella

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo chazar,

Vorweg einige inhaltliche Überlegungen meinerseits:
In deiner Geschichte verwendest du das beliebte Bus-Motiv. Hierbei repräsentiert dieser die Gesellschaft. Ein Mann, offentsichtlich verlassen, fährt Tag und Nacht mit dem Bus umher, ohne, dass ihn jemand großartig bemerkt. In seiner Einsamkeit beobachtet er, sammelt Eindrücke. Dass er stets eine Tageskarte bei sich hat, zeigt, dass er von Tag zu Tag lebt - also höchstwahrscheinlich ein (finanziell) Verarmter ist. Ständig steigen Personen aus und zu. Niemals jedoch entsteht ein Kontakt oder ein Gespräch. Stattdessen belauscht er die Fahrgäste und wünscht sich insgeheim, mitreden zu können, ergo in die Gesellschaft aufgenommen zu werden. Das offene Ende deutet ferner an, dass er am Rande der Gesellschaft steht.

Von dieser Seite aus gefällt mir deine Geschichte gut. Sprachlich gesehen liest sie sich stellenweise aufgrund übermäßig vieler Adjektive bzw. Attribute holprig - auf diese Weise ahmst du sicherlich die Fahrt des Buses nach. ;)

Mir persönlich fehlt jedoch der Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt des einsamen Mannes. Diesbezüglich erscheint mir die Erzählweise zu distanziert, obgleich dies von dir beabsichtigt ist. Wie z.B. denkt er über die Gespräche im Bus? Was fühlt bzw. sieht er, wenn er durch das Fenster nach draußen blickt? Wünscht er sich nicht manchmal, auszusteigen?

Trotzdem überzeugt mich deine Geschichte in ihrer Kürze. Du bringst die Sache relativ schnell auf den Punkt.

Noch ein paar Textanmerkungen:

»die Schweißflecken auf dem hellen Hemd unter den Achseln eines jungen Mannes,«
- holprig
- Vorschlag: 'die Schweißflecken auf den hellen Hemdsärmeln eines jungen Mannes'

»... und dann hab ich gesagt, er kann sich seinen blöden Zettel in den Hintern stecken...«
:lol:

»Manchmal war hinter ihm ein Fahrgast, den er atmen hören konnte.«
- Vorschlag: 'saß' statt 'war'

Lieben Gruß,
moonaY

 

Hallo chazar,

ich habe diese Geschichte gerne gelesen. Die Gedanken des Prot am Ende finde ich fast unnötig, die Handlung zeigt auch so, dass er unglücklich ist.


Er mochte Gerüche nicht. Und im Bus gab es viele davon, mehr als Farben oder Gäste oder beides zusammen.

Da habe ich mich gefragt: Wieso fährt er dann Bus? Quält er sich gerne?
Das Augenfutter könnte er sich doch auch anders holen, wenn es darum geht, Menschen zu beobachten.

Lieber Gruß
bernadette

 

hi,

schöne Geschichte, schön ruhig. Ich wollte immer schon mal in einen Bus einsteigen und alle Haltestellen abfahren, dafür werde ich Zeit haben, wenn ich alt bin. Ich denke aber, dass ich Geld spare und mir eine Monatskarte/Rentnerkarte kaufen werde.

Ein sehr offensichtlicher Wendepunkt. Er sieht sich nicht mehr als Außenseiter, der bekanntlich Aufmerksamkeit z.B. in Form von Henseln, sondern als jemand, der gar keine Beachtung mehr bekommt. "Wenn ich sterbe, wer bekommt das schon mit", selbst in seinem aufgebauten sozialen Umfeld, würde es keinem auffallen, dass er da nicht mehr tag täglich sitzt. Er ist so abgeschnitten von der Umwelt, dass ihn nicht mal die Busfahrer grüßen, die ihn eigentlich kennen müssten...

Was macht er im Sommer, wenn es im Bus zu heiß ist und weniger Leute einsteigen?

Grüße Ecki

 

Hi Lieblingskritiker,

ich hab ja schon ewig keine Geschichte mehr von dir gelesen. Die hier hat mir eigentlich recht gut gefallen. Kurz und Prägnant erzählst du die Abgeschiedenheit des Prot von der Gesellschaft, zu der er sich einerseits wünscht, zu gehören (sonst würde er ja nicht mit dem Bus fahren), andererseits aber auch Abstand wahrt (er selber tritt ja auf keinen der Leute zu, ja, wenn viele da sind, ekelt er sich eher, wenn jemand nahe bei ihm ist, sieht er ihn nicht an).
Mir kommt dein Prot eher zerrissen vor. Vielleicht traut er sich selber gar nicht mehr richtig zu, auf andere zuzugehen. Vielleicht weiß er auch gar nicht, was ihm fehlt.

Traurig, aber durchaus realistisch. Fand ich gut.

Liebe Grüße,

Ronja

 

Hey chazar!

Hört sich nach der Ruhe vor dem Sturm an. Toll geschrieben mit guten Beobachtungen und "einfühlsamen" Stil.
BEsonders gut der letzte Absatz und da noch für mich herauszuheben:

Spürt man es, dachte er, wenn eine Kugel den Schädel durchschlägt und durch den Augapfel dringt? Sieht man mit dem anderen Auge wie das Geschoss aus dem Kopf heraus bricht und unzählige Knochensplitter und Blut mit sich reißt?
:thumbsup:

Hat mir gefallen.

Grüße,
One

 

So, hallo zusammen!

Danke gleich mal für die große und positive Resonanz! Da freut man sich doch gleich.

@ Bella:

Die Sprache hast du dem wunderbar angepasst. Ich mag deinen normalen Stil zwar lieber, aber es ist ja auch wichtig die Sprach dem Prot. und dem Plot anzupassen.
Ja, das freut mich natürlich. Stil ist immer dazu da, den Inhalt zu tragen. Schön, wenn das gelingt.

Insofern sind die Fahrten bzw. seine "Bustage" für ihn immer etwas ganz Besonderes, etwas Schönes.
Ja, das ist richtig.

Ich denke, dass er diese Mordphantasien hat, weil er damit auf sich aufmerksam machen möchte.
Ja, das ist auf jeden Fall angedeutet. Ich wollte aber auch eine gewisse Zwanghaftigkeit in den Text bringen, er mag ja nicht alles im Bus (Stichwort: Gerüche), "quält" sich aber trotzdem immer wieder zwischen die Menschen. Warum? Auch das wird eigentlich nur angedeutet.
Er sehnt sich eben nach den anderen, nach Kontakt.

Deine Textanmerkungen lasse ich mir durch den Kopf gehen. Aber scheinbar ist dieser Text wenigstens Tippfehlerfrei. Juhuu!

Danke dir!

@moonaY:

Dass er stets eine Tageskarte bei sich hat, zeigt, dass er von Tag zu Tag lebt - also höchstwahrscheinlich ein (finanziell) Verarmter ist.
Das verstehe ich nicht, verarmt ist er schon, aber wieso ist ein Tageskartenbesitzer finanziell verarmt?

Ständig steigen Personen aus und zu. Niemals jedoch entsteht ein Kontakt oder ein Gespräch. Stattdessen belauscht er die Fahrgäste und wünscht sich insgeheim, mitreden zu können, ergo in die Gesellschaft aufgenommen zu werden. Das offene Ende deutet ferner an, dass er am Rande der Gesellschaft steht.
Ja, genau, so war es gedacht.

Sprachlich gesehen liest sie sich stellenweise aufgrund übermäßig vieler Adjektive bzw. Attribute holprig - auf diese Weise ahmst du sicherlich die Fahrt des Buses nach.
Darüber muss ich noch nachdenken, da ich eigentlich ungern einen holprigen Stil in einem meinen Texte habe... allerdings sind die vielen Abjektive schon bewusst gewählt, letztendlich erfolgt ja die Charakterisierung der Fahrgäste damit.

Danke für deine Meinung und deine Kritik.

@bernadette:

Quält er sich gerne?
Ja, ich finde es schön, dass du diesen Punkt herausgestellt hast. Genauso ist es.

Danke für die netten Worte.

@ecki:

schöne Geschichte, schön ruhig.
Ja, Danke.

Er ist so abgeschnitten von der Umwelt, dass ihn nicht mal die Busfahrer grüßen, die ihn eigentlich kennen müssten...
Schön gesagt - geschrieben, natürlich.

Was macht er im Sommer, wenn es im Bus zu heiß ist und weniger Leute einsteigen?
Ich glaube, das stört ihn nicht sonderlich.

@Noel:

was ist denn los mit den leuten aus dem horrorforum...
Ja, wir kommen alle wieder zurück...

Danke für die netten Worte.

@Felsy:

Hi Lieblingskritiker
Hart, aber gerecht... :D

Traurig, aber durchaus realistisch. Fand ich gut.
Danke dir.

@one:

Hört sich nach der Ruhe vor dem Sturm an.
Du ahnst scheinbar, was demnächst kommt.

Danke auch dir.


Grüße
c

 

So findet man sich wieder ... :)

Eine sehr schöne Darstellung des eintönigen Alltags eines (alten?) Mannes.
Doch ist es für ihn ebenfalls eintönig? Zwischendurch war ich im Zweifel. Eintönig wäre der Aufenthalt im Park, Schwimmbad oder Kino.
Er zieht den Bus vor, vielleicht der unterschiedlichen Typen wegen.
Symbolisiert die Busfahrt sein Leben? Unterschiedliche Stationen, unterschiedliche Sinneseindrücke? War sein Leben dermaßen von Eintönigkeit geprägt, dass er den geheimen Wunsch nach einem schnellen Tod hegt?

Du siehst, deine Geschichte lässt viele Fragen bei mir offen. Das ist sehr schön, vor allem, da es sich um Fragen handelt, die keiner Erklärung bedürfen.

Eine alte Dame mit Gehwagen, in einen dunklen, alten Mantel gehüllt
Absicht? Wenn nicht bitte ändern ...

Dinge suchend, die schon lange nicht mehr zu finden waren.
Sehr einfühlsam und erschreckend zugleich.

Er stellte er sich vor, dieser habe eine Waffe

Insgesamt wirklich sehr beeindruckend.

We´ll see back in horror ...
Salem

 

Hi chazar,

Wie einsam muss man sein, wenn eine Busfahrt unter fremden Menschen die einzige Möglichkeit ist, einen Koller zu verhindern? Und wird er verhindert? Ist es nicht doch nur ein Selbstbetrug?
Gut gefallen hat mir, wie du die Wahrnehmung der Details beschrieben hast.
LG
Goldene Dame

 

Hallo chazar,

eine sehr ruhige Geschichte, schön beobachtet, schön erzählt, auch wenn ich sicher bin, ein solcher Fahrgast würde unter den Busfahrern die Runde machen. Sie würden sich von ihm erzählen und ihn eventuell kennen und gesondert grüßen. ;) Aber das ist ja nur eine kleine Anmerkung. Dein Protagonist scheint seiner Einsamkeit entfliehen zu wollen, wenn er seine Fahrten unternimmt. Im Bus hat er die Gelegeheit, sich unter Menschen zu fühlen, ohne sich zu sehr auf sie einlassen zu müssen. Er bleibt stiller Teilhaber am Leben. Das verschafft ihm ein Stück Lebendigkeit bis zu seiner nächsten Fahrt.

Zum Ende verrätst du aber ein bisschen die Sprache, wenn du ins Umgangsdeutsch wechselst.

Und: Würde es einen Unterschied machen?
Würde der Bus anhalten wegen ihm?
Oder einfach - weiterfahren?
- Einen Unterschied machen gibt es in der deutschen Sprach genausowenig, wie "Sinn machen". Der häufige Gebrauch macht die Formulierung nicht richtiger. Viel einfacher und richtiger: Wäre es ein Unterschied?
- Ich weiß ja, dass du mit dem Genitiv auf Kriegsfuß stehst, aber für die Formulierung "wegen ihm" gilt auch, dass sie durch häufige Verwendung nicht schön wird. Richtig wäre: Würde der Bus anhalten seinetwegen?
An dieser Stelle kannst du dann auch den Bindestrich setzen, den ich vor "weiterfahren" etwas unmotiviert finde.

Trotz dieser Mäkeleien hat mir die Geschichte gefallen. :)

Lieben Gruß, sim

 

Hi zusammen!

@Salem:

Du siehst, deine Geschichte lässt viele Fragen bei mir offen. Das ist sehr schön, vor allem, da es sich um Fragen handelt, die keiner Erklärung bedürfen.
Ha, da brauche ich auch keine zu geben!

Insgesamt wirklich sehr beeindruckend.
Oho, Danke für die Blumen.

We´ll see back in horror ...
Na, ich hoffe doch.

@Goldene Dame:

Gut gefallen hat mir, wie du die Wahrnehmung der Details beschrieben hast.
Danke, das war mir auch wichtig.

@sim:

Einen Unterschied machen gibt es in der deutschen Sprach genausowenig, wie "Sinn machen".
Du hast natürlich vollkommen Recht, ich hätte mal besser meinen Zwiebelfisch lesen sollen, nicht?

Ich weiß ja, dass du mit dem Genitiv auf Kriegsfuß stehst
Das hat dir der Teufel gesagt! :baddevil:
Nee, mal Spaß bei Seite: Argh! Ich lerne es nie.

Deine Änderungen gefallen mir ganz ausgezeichnet, so gut, dass ich sie bedenkenlos klaue, okay?

Grüße an euch alle
c

 

Ich weiß ja, dass du mit dem Genitiv auf Kriegsfuß stehst


Das hat dir der Teufel gesagt!
Nee, mal Spaß bei Seite: Argh! Ich lerne es nie.


In diesem Falle ist es auch wirklich schwer geworden, denn in den meisten Fällen würde man fragen, "wegen wem oder was würde der Busfahrer anhalten?"
Wessentwegen klingt als Rückfrage eher ungewöhnlich. Ich weiß auch gar nicht, ob das ein Unterschied im Casus ist. Mich grausts nur immer bei dem "wegen mir".
Deine Änderungen gefallen mir ganz ausgezeichnet, so gut, dass ich sie bedenkenlos klaue, okay?
Dazu sind sie da. :)

Lieben Gruß, sim

 

Hi chazar,

eine ruhige, in sich gekehrte Geschichte, die mir gut gefallen hat.
Ich habe versucht mich in deinen Prot zu versetzen.
Er entflieht seiner Einsamkeit, (wie alle Anderen auch schon bemerkten :D )

Mansche "Einsamen" setzen sich vor den Fernseher, träumen sich in den Film hinein, sind Helden oder Liebende. Seine Fotoalben zeugen davon, dass er ein bewegtes "Leben" hatte. Doch nun ist er alleine und möchte nicht mehr nur in Erinnerungen leben.
Er fährt mit dem Bus, um lebendige Menschen um sich zu haben. Auch wenn er die Gerüche nicht mag, so gehören sie doch dazu. Warum schliesst er keinen Kontakt?
Vielleicht ist er schon alt und möchte nur noch als Beobachter fungieren.
Er nimmt seine Eindrücke mit nach Hause. Aus den Gesprächfetzen, die er mitbekommen hat, kann er sich eine eigene Vorstellung machen, sich eine Geschichte drumherum ausdenken.
Vielleicht sucht er sich jeden Tag eine andere Person heraus, dessen Leben er analysiert. Z.B., wie kam der Schlamm an die Schuhe, wie sieht der Besuch aus, der den Tee mitbringt, u.s.w.
Seine Einsamkeit lässt er hinter sich. Die Leute im Bus "erzählen" ihm so viel.
Wenn er abends nach Hause kommt, ist sein Kopf voller Eindrücke, über die er nachdenken kann.
Vielleicht hofft er auch, in diesem Bus zu sterben, unter all den Menschen, nicht alleine in seinem Bett, wo niemand es bemerkt.
Vielleicht kommt so ein Irrer, der ihm die Pistole an den Kopf hält und sogar abdrückt.
Wer weiß, was diese Linie 9 ihm noch alles bringen wird?
So gesehen, hat er sich zu einem aufregendem Leben entschlossen. ;)

Ich könnte mir vorstellen, dass ich es so machen würde, wenn ich in seiner Situation wäre.

ich fahre nie mit dem Bus, eigentlich schade :hmm:

ganz lieben Gruß, coleratio

 

Hallo zusammen!

@coleratio:

Wie immer sind deine Gedanken einfach schön zu lesen. Da freue ich mich doch, dass mein Text Anstoß dazu war.

Ich fahre nie mit dem Bus, eigentlich schade
Nee, bestimmt nicht, glaub einem alten Busveteranen wie mir.

@sim:

Dazu sind sie da.
:)

Grüße
c

 

hi hallöchen chazar!


Holterdiepolter:

Eine alte Dame mit Gehwagen, in einen dunklen Mantel gehüllt, das Gesicht grau wie die Haare,
wie das Haar würde mir besser gefallen...

Er fragte sich: Hört man den Knall?
Und: Wäre es ein Unterschied?
sehr gut!

so: Dein Stil gefällt mir hier, die relativ kurzen Sätze sind packend und in ihrer gleichgültigen Stimmung äußerst treffend.
du beschreibst alle sinneseindrücke nacheinander, deshalb dachte ich auch, dass du sie eventuell für den letzten challenge geschrieben hast. ;)
Allerdings hatte ich eher den GEdanken, dass der Prot sich noch einmal zum Mörder berufen fühlt. All dieses studieren der Mitfahrer, wie ihm die kleinsten Dinge auffallen, als würde er unterbewusst Opfer mustern.

Auf jeden fall hat mir deine kleine Geschichte sehr gut gefallen!

Liebe Grüße
Tama

 

Hi Tamira!

Auf jeden fall hat mir deine kleine Geschichte sehr gut gefallen!
Ja, das liest man gern.

Hier hab ich ein bisschen versucht, den Stil an die Geschichte anzupassen, kurze Sätze, sehr beschreibend, keine innere Handlung.

Allerdings hatte ich eher den GEdanken, dass der Prot sich noch einmal zum Mörder berufen fühlt.
So weit würde ich nicht gehen (das heißt jetzt nicht, dass dein Gedanke falsch ist), aber ich wollte es schon auch ein bisschen umheimlich gestalten. Ich fände die Vorstellung, im Bus dauernd von einem Fremden beobachtet zu werden, nicht gerade erheiternd.

du beschreibst alle sinneseindrücke nacheinander, deshalb dachte ich auch, dass du sie eventuell für den letzten challenge geschrieben hast.
Nein, der Text ist weit nach der Challange entstanden.
Damals hatte ich leider keine Zeit, etwas beizusteuern.

Grüße
c

 

Er fragte sich: Hört man den Knall?
Und: Wäre es ein Unterschied?
Würde der Bus anhalten - seinetwegen?
Oder einfach weiterfahren?

Hallo chazar.

Abgesehen vom Ende, kann ich leider kein gutes Haar an dieser Geschichte lassen.
Der (philosophische) Grundgedanke ist nicht neu, und recht uninspiriert umgesetzt.
Die Beschreibungen der Fahrgäste (insbesondere die der alten Frau) wirken aufgesetzt, oberflächlich.
Vom Stil her bin ich generell besseres von dir gewohnt.
Die Melancholie, die du vermutlich erzeugen wolltest, tritt nicht ein.

Das Ende hat mir wie gesagt ganz gut gefallen, ansonsten aber ein ziemlich langweiliges Textchen, dem ich nicht viel abgewinnen kann. Die Idee ist alt, und du hast sie mit deiner Umsetzung keiner Schönheitskur unterzogen.

So long

Der Cerberus

 

Hi Cerberus!

Naja, wenigstens hat dir das Ende gefallen...

Der (philosophische) Grundgedanke ist nicht neu, und recht uninspiriert umgesetzt.
Gut, das hier sehe ich anders: ich habe die Idee, dass ein Mann den ganzen Tag über Bus fährt, nie irgendwo gelesen, insofern ist er zumindest für mich neu. Und ich finde ihn nicht uninspiriert umgesetzt.

Aber natürlich will ich dir deine Meinung gar nicht ausreden - kann ich auch gar nicht.
Ich mag die Geschichte - sonst hätte ich sie nicht gepostet.

Trotzdem natürlich Danke für deine Kritik.
Ich finde es wie immer gut, dass du mit deiner Meinung nicht hinter'm Berg hälst.

Grüße
c

 

Hi chazar!

Zunächst will ich mich einmal für das Wort "Textchen" entschuldigen, das klingt abwertend.

Gut, das hier sehe ich anders: ich habe die Idee, dass ein Mann den ganzen Tag über Bus fährt, nie irgendwo gelesen, insofern ist er zumindest für mich neu. Und ich finde ihn nicht uninspiriert umgesetzt.

Die Idee, dass ein Mann den ganzen Tag Bus fährt, mag neu sein, nicht aber die Szene selbst (ich habe sie übrigens auch schon verwendet, da war es allerdings eine Straßenbahn). Ein Mensch beobachtet einige Leute, die als Sinnbild für die Gesellschaft stehen. Daraus kann man, finde ich, mehr machen. Ich habe in deiner Geschichte nichts neues entdecken können. Altbackene Philosophie, wenn du so willst :D

Ich mag die Geschichte - sonst hätte ich sie nicht gepostet.

Das ist auch die Hauptsache. Wie oft habe ich schon Geschichten gepostet, die ich sehr mochte, und die dann völlig zerrissen wurden. Scheiss drauf.
Diese hier ist ja noch nichteinmal zerrissen worden, aber trotzdem:
Wenn du sie magst, dann ist das Berechtigung genug für sie, hier zu stehen.

Viele Grüße

Cerberus

P.S. Ich bin dir noch eine PM schuldig. Habs nicht vergessen.

 

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