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Maatje und der Schwan

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22.08.2007
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Maatje und der Schwan

Annika kennt den Weg durch die Dünen. Dass hier jetzt eine lichte Nebelwolke wabert, erstaunt sie. Auch den alten Fischer hat sie noch nie gesehen. Er sitzt vor einer Hütte auf einem Stapel aus angeschwemmtem Holz und lauscht an einer Muschel. Kurz blickt er zu ihr auf, schiebt seine Pfeife in die Zahnlücke und näselt undeutlich:
„Im Augenwald, sieh dich nicht um, sonst erfrierst du!“
Für einen Moment verlangsamt sich ihr Schritt. Sie will den Fischer fragen nach dem Warum und Wieso, aber der sieht an ihr vorbei zum Hafen hinunter. Sie folgt seinem Blick: Im Schatten dümpelnder Fischerboote putzt ein Schwan sein Gefieder. Neben ihm erkennt sie schemenhaft eine Frau. Maatje?

***​

Maatje. Lebensfroh soll sie gewesen sein. Sanft ihre Stimme und geschmeidig fließend ihre Bewegungen. Nopp, der Fischer, hatte sie eines Tages aus dem rauen Nordmeer gezogen und ins Dorf gebracht. Mutig waren sie ans Werk gegangen, hatten das Haus geputzt, das Dach mit frischem Ried gedeckt, die Läden gestrichen, die Netze geflickt, das Gemüsegärtchen gejätet. Trotzdem murrten die Alten:
„Seiner Mutter wär’s nie und nimmer recht gewesen.“
Es war kein freundlicher Satz. Nopp und Maatje froren, als sie ihn hörten. Sie gingen in die Hütte und kuschelten sich aneinander. Sie wollten die Hände des Pfarrers nicht sehen, die sich in betender Verstrickung zum Himmel hoben. Auch nicht die Faust und den drohenden Zeigefinger des Bürgermeisters. Maatje war schön und Nopp hatte seine Freude an ihr.
„Der Nopp ist dumm!“, sagten die Leute im Dorf.
„Ein Weib, geboren im Schatten eines Segels auf den Wellen“, spottete Martha, die dick war und stundenlang auf der Fensterbank lehnte. Sie saß in einem geblümten Lehnsessel, stützte die Ellbogen auf ein Hirsekissen und den Kopf in beide Hände.
„Vom Netzewerfer eingefangen, nur mit der Lust seiner Augen“, lästerte Jannik, vor dem die Mädchen davonrannten, weil er ihnen auflauerte und sie allzu dreist anfasste.
Überall schwelte Neid und Unmut. Maatjes grüne Augen, in denen rote Sprenkel glühten; ihre Haare, deren Goldfäden, wie von einem ständigen Wind zerzaust schienen; ihre Schritte, die so leicht waren, als schwebe sie über die sandigen Wege des Dorfes, all das war ihnen fremd und unheimlich.

Der Fischhändler erzählte, Nopp liefere seinen ganzen Fang bei ihm ab. Ob er denn nie einen Fisch behalte, für sich und Maatje, habe er ihn gefragt. Nopp habe gelacht und geantwortet:
„Maatje isst keinen Fisch.“
Die Hühnerbäuerin bot ihm frische Eier an, von jungen Hühnern zum halben Preis. Nopp winkte ab:
„Maatje isst keine Eier.“
Der Metzger pries am Schlachttag seine Blut- und Leberwürste und erzählte am Abend, Nopp habe ihm zugerufen:
„Maatje trinkt kein Blut und isst kein Fleisch.“
Ja um Himmelherrgottswillen, wovon sie sich denn wohl ernähre, fragten sich die Leute.
„Kein Wunder, dass der Nopp spindeldürr wie ein Angelhaken durch die Welt läuft.“
„Sie meint wohl, sie sei was Besseres.“
„Sie lebt bei uns und will nicht zu uns gehören.“
„Ach, sie wird nicht wissen, wie man Fisch kocht, einen Pfannkuchen backt und einen Braten richtet.“

Maatje blieb von all dem ungerührt. Am Morgen brachte sie die Nachbarn in Verlegenheit, weil sie fröhlich grüßte. Barfuß ging sie ins Ried, schnitt die starken Halme, bündelte sie mit bloßen Händen und trug sie mit nackten Armen nach Hause. Ihre Haut blieb unversehrt, als sei sie über Samt gelaufen und habe mit Federn gespielt. Am Abend sang sie beim Sonnenuntergang ihr seltsames Lied. Dann horchten die Frauen auf und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Die Männer gingen in die Ställe, hielten sich die Ohren zu, wollten nicht spüren, wie die Sehnsucht an ihren Herzen zog.
„Das kann nicht gut gehen und nichts werden“, sagten die Leute. Sie saßen im Wirtshaus beisammen und rätselten, was es mit Maatje auf sich haben könne, dass sie so leicht und froh durchs Leben schwebe, wo sie alle doch unter der Last des Alltags fast zusammenbrächen.
„Vielleicht hat sie keine Seele“, sagte der Pfarrer.
„Vielleicht besteht sie nicht wie wir aus Haut und Knochen“, brummte der Metzger.
„Vielleicht hat sie kein Blut in den Adern“, meinte die dicke Martha.
„Das werden wir sehen“, lachte Jannik und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Der Wirt freute sich. Wenn seine Gäste ein Thema hatten, worüber sie leidenschaftlich reden und werweissen konnten, flossen reichlich Wein und Bier. Manchmal lag auch ein Schnäpschen drin, bevor sie nach Hause gingen. Diesmal wurde es spät. Jannik räumte die leeren Flaschen vom Tisch und rief zum Wirt hinüber:
„Die nehm ich mit.“
Er packte sie in seinen Rucksack und ging hinaus durch die Nacht zum Ried. Mit einem Stein zerschlug er die Flaschen. Weiße, grüne und braune Scherben spritzten auseinander und verstreuten sich auf dem feuchten Boden.
Einige Tage später schlenderte Jannik durchs Dorf. Bei der dicken Martha blieb er stehen, um ein wenig mit ihr zu plaudern. Da kam Maatje mit blutenden Füssen aus dem Ried. Alle sahen die roten Spuren im Sand. Jannik bemerkte trocken:
„Da siehst du’s, sie hat Blut in den Adern.“
Die dicke Martha brummte:
„So wird sie lernen, Schuhe zu tragen.“
Die Anderen schüttelten die Köpfe, kniffen die Augen zusammen, zwinkerten sich zu, blinzelten, starrten Maatje nach, bis ihnen die Augen brannten. Sie verbargen sich hinter Vorhängen, riskierten ein Auge durch Türspalten, schielten verstohlen um Hausecken herum, an Misthaufen vorbei und unter Kuheutern hervor. Überall waren ihre Blicke, von überall her beobachteten sie Maatje, die mit schmerzverzerrtem Gesicht über den Dorfplatz zu ihrem Haus humpelte.

Kurz vor Mittag tauchte der Schwan auf. Er flog von der Mole zum Marktplatz und landete auf dem Brunnenrand. Fauchend sah er in die Runde. Er reckte den Hals, schlug mit den Flügeln und ein eisiger Wind kam auf. Die Blicke auf Maatje gefroren. Zu Eis erstarrten die Frauen und Männer, der Pfarrer, der Bürgermeister, Martha und Jannik. Sie brachen und splitterten und zerflossen in der warmen Erde. Nur ihre Augen schweiften weiterhin umher, spiegelten sich in Pfützen und Fenstern, verfingen sich in Sträuchern, verbargen sich im Ried, hingen zwischen den Ästen der Tannen im Wald, in den Zweigen der Weiden am Strand. Nachts irrlichterten sie durchs Dorf und sahen, wie schnell es verfiel und überwuchert wurde von dornigem Gestrüpp. Der Schwan hatte seine Flügel um Maatje gelegt und war mit ihr zum Meer geflogen, zurück in den Schatten, aus dem sie geboren war.

Als Nopp vom Fischfang zurückkehrte, suchte er sie vergebens. Dann zog er fort, in die Stadt am Meer. Dort kannte ihn niemand und niemand wusste von Maatje. Immer länger wurden seine Ausfahrten, immer weiter fuhr er hinauf ins Nordmeer, trotzte mit seinem kleinen Kutter den Stürmen und Wellen.
„Diesmal kommt er nicht zurück“, sagten die Händler vom Fischmarkt, wenn der Nordsturm die Wellen meterhoch über die Kaimauer peitschte. Fuhr er dann doch wieder in den Hafen ein und lud seine Holzkisten voll mit Heringen, Schollen, Flundern und Sprotten aus, munkelten sie, es könne nicht mit rechten Dingen zugehen, dass ein Mann allein solch einen Fang heimbringe.
„Hast du da draußen Verbündete, oder was?“, fragten sie ihn. Er schwieg, wiegte nur den Kopf und sagte:
„Hauptsache, die Ware stimmt für euch.“

Im Alter baute er sich eine Hütte in den Dünen. Dort saß er auf einem Stapel aus angeschwemmtem Holz, schaute aufs Meer hinaus, rauchte seine Pfeife und wartete. Wenn sich die letzten Sonnenstrahlen im Meer spiegelten, ein frischer Wind aufkam, der die Fischerboote im Hafen schwanken ließ, trat Maatje mit dem Schwan aus den Schatten der Segel, kam über die Dünen und setzte sich zu ihm. Jung war sie geblieben und Nopp scheute sich, sie mit seinen rauen, gichtgekrümmten Händen zu streicheln. Sie kuschelte sich an seine Schulter, begann ihr Lied zu singen und beide hüllten sich in den Umhang der Ewigkeit.

***​

Das Meer liegt ruhig im Spätnachmittag. Die Ebbe hat eingesetzt, die Mole ragt schon ein ganzes Stück aus dem Wasser. Annika steht auf und geht zu den Dünen. Hin und her geht sie, aber sie findet weder den Alten noch seine Hütte, nur angeschwemmtes Holz und eine Muschel, deren Perlmuttglanz aus dem Sand leuchtet. Aufkommender Abendwind raschelt im harten Gras, treibt feinkörnigen Sand vor sich her. Einige Kiebitze flattern zwitschernd auf, ein Rotkehlchen pfeift dazwischen, vom Hafen hört Annika die Schreie der Möwen. Sie hebt die Muschel auf und geht zum Wald hinüber, taucht ein in seinen warmen Schatten. Nach einer Weile führt der helle Sandweg durch ein dichtes Dornengestrüpp. Unheimlich und dunkel liegt es im grünen Dämmerlicht. Die Luft wird eisig. Annika fröstelt. Sie beschleunigt ihre Schritte und hält die Muschel ans Ohr, um die Stille nicht zu hören. Dass ein Schwan ihr in weitem Abstand folgt, weiß sie nicht und die Augenpaare, die sie von überall her lauernd beobachten, sieht sie nicht. Annika eilt durch den Wald nach Hause. Maatjes Gesang begleitet sie.

 

@ Hallo svg

Das Märchen gefällt mir außerordentlich gut!!!
Danke für das ausserordentlich, das freut mich doch immer wieder neu.

@ Salü nastroazzurro

ich hoffe, du hast einen Hühnergott gefunden – wenn nicht für den Hühnerstall, dann für dein Glück.

nachdem ich diese Sommerferien ebenfalls in einem reetgedeckten Haus verbringen durfte gefiel mir Deine gute Geschichte noch besser.
Das ist schön, dass du diesen Hintergrund mit einbeziehen konntest.
Die beiden Zeitebenen hast Du professionell und verständlich getrennt.

Freut mich sehr und auch euch Beiden herzlichen Dank.

Liebe Grüsse,
Gisanne

 

„Im Augenwald, sieh dich nicht um, sonst erfrierst du!“

Eine symbolträchtige Geschichte erzählstu uns da auf Deine gekonnt-kunstvolle Weise,

liebe Gisanne,

und ob ich die Maske hätte lüften können, darf getrost bezweifelt werden. Beim ersten Lesen kam mir gleichzeitig der Gedanke an eine ganz andere Maskerade, die durch unsere Märchen- und Sagenwelt geistert, die sich an der Schwanenenburg zu Kleve festmachen lässt (in der abschließenden Frage gegenüber Lodengrün, wie ich ihn gern nenne, Parzival, L. und Du werden's mir verzeihn, nach dem Geheimnis unterliegt Elsa weniger ihrer eigenen Neugier als vielmehr den sozialen Zwängen des Adels, der ja auf einen ordentlichen Stammbaum dringt – könnt ja jeder sonst daherkommen, um Heerzog oder gar Kuning zu werden …) Darum auch nur ganz kurz zum „Schwan“, der, bevor er als „swan“ (gelegentlich mit den klangvollen Endungen swana/-o) bezeichnet wurde für uns bis zur Unkenntlichkeit „al-/elbiz“ hieß –was dem geübten Auge die dem Gänsevogel zugesprochenen Charaktereigenschaften - die der Schwan hier, dessen Name ein jeder schon kennt - verrät im alb wie im elb, den Alp wie der Elfe.

Unauffälliger wird den meisten der Name der/s kleinen Maat/s vorkommen, hinter dem sich nun weniger ein Schiffsunteroffizier als ehemals auf dem flachen Land der Geselle/Kamerad im „mat/e“ verbirgt wie in mati die Speise, das Essen (die künftige nhd. Mast leuchtet im mat/i schon durch). Das mnd. findet aber im mhd. seine Entsprechung im gemazze (ahd. gimazzo), dem Tischgenossen, der sich zudem noch gesittet benimmt (anders als das soziale Umfeld im Dorf).

Die mazze finden wir nicht nur im Minnesang als „Regel/Maß“, eben immer noch im maat unsern niederfränkischen Nachbarn - womit wir ja verdammt nah beim Magritte aus dem Hennegau.

Er [Anm. v. mir: der Schwan] reckte den Hals, schlug mit den Flügeln und ein eisiger Wind kam auf,
dass Frauen (und Männer) der kleinen maatschappij (nl.: Gesellschaft) erstarrten, wenn auch nicht wie Lots Schwestern zu Salzsäulen, sondern eher im kühlen, distanzierenden Medium.
Maatjes Gesang begleitet sie.
Und vom Singen (ält. Schriftl. Zeugnis germanistischer Zunge „siggwan“; got.) kommt der nachmalige Name des Schwans her, nachem Alp und Elfe im mhd. abgelegt sind - was auch in den Ursprüngen eher den Sprechgesang und das Rezitieren meint (sollte Ulfila schon Dylan gekannt haben?).

So viel oder wenig für heute –
Oder halt, doch noch eine kleine Anmerkung

Fauchend sah er wütend in die Runde.
Drückts Fauchen nicht schon den Zorn/die Wut Maatje-Schwans nicht schon aus?

Gruß und schönes Wochenende vom

Friedel,
der bosartig immer auch an den Schimmelreiter denken muss und - wir kennen uns jetzt lang genug, dass der Scherz geht - an Matjes ("kleine Mast") und Genever ...

 

Saluti Friedel,

alter Weggenosse, Mittelhochdeutschkenner und -bekenner. Puh, deine Exkursionen und meine naive Schreibe … Dass du da immer wieder Entsprechungen findest, phänomenal. Gut, interpretierst du immer im Nachhinein. Wollte ich dies im Vorhinein machen, käme vor lauter Suche nach Wortwand- und -verwandlung wohl nicht eine Zeile zu Papier.

Natürlich sah der Schwan nur fauchend in die Runde. Danke dir dafür, das bereinige ich gleich, subito, sofort.

Und während du gestern Matjes und Genever genossen hast, sah ich gerührt den Händen Abbados zu. Welcher Genuss nun der Grössere war, sei dahingestellt, Hauptsache wir haben jeder das Seine genossen!

Lieben Dank und Gruss,
Gisanne

 

Da bin ich lästiger gisellio (ahd.) noch einmal,

liebe Gisanne,

z. T. aus eigenem Verschulden (etwa im durch Begeisterung vernebelten Hirn) oder, harmloser ausgedrückt, aus rheinischer Schlamperei (kütt et heut nich’, küddet mo’je), dass ich oller Pingelkopp (dabei hätt'r olle Adenauer noch persönlich zu mich jesacht: Sei’n S’e doch nich’ so pingelich!) ein Komma überseh!, das itzo ohne Kommentar nachgereicht wird

„Hast du da draußen Verbündete, oder was?“[,] fragten sie ihn.
Selbstnatürlich ist mir aber auch noch’n Bezug eingefallen von dem (schwarzen) Romantiker, der eigentlich das Zeug zum totalen Kunstwerk gehabt hat: ETA Hoffmann im „Bergwerk von Falun“, nur mit umgekehrten Geschlechtsmerkmalen (wie ja schon im Lohengrin), nicht der Mann, sondern die Frau altert, die ihrem Mann die Treue altert, die ein Leben lang auf seine Wiederkunft wartet. Denn auch das gibt’s bei Schwänen (wie auch beim Kolkraben: lebenslängliche Monogamie. Denn so mag sich auch die Notwendigkeit der Rahmenhandlung (siehe Annika) mit dem Pfeife rauchenden Fischer erklären, der wohl Nopp heißen wird. Möglich, zumindest nicht unwahrscheinlich, wäre hier an Bord einer mit dem Schimmelreiter aufgetreten, die Rahmenhandlung wäre auch als entbehrlich angesehen worden.

Novak hats am Anfang direkt auf den Punkt gebracht, wobei Neugier vielleicht das falsche Wort ist. Im Dorf ist die soziale Kontrolle (somit auch gegenüber dem Fremden und dem Abweichler) viel stärker als in den anonymisierenden Städten in sozialer Kälte – und auch da wird beobachtet (selbst im Wirrtuellen, da wohl ganz besonders), denunziert und intrigiert und bei entsprechendem politischen Hintergrund (es braucht nur einer Demokratur) und schon wird der/die/das Fremde – oder was man dafür hält – ausgegrenzt oder ins Lager gesteckt …

Bis gleich,

Friedel

 

Hallo Friedel,

Denn so mag sich auch die Notwendigkeit der Rahmenhandlung (siehe Annika) mit dem Pfeife rauchenden Fischer erklären, der wohl Nopp heißen wird.

Exakt, so isses und so soll es auch bleiben. Und das Komma ist in beiden Geschichten gesetzt.

Danke, dass du immer so genau liest und damit meinen Geschichten den letzten Schliff gibst!

Herzlich grüsst dich
Gisanne

 

Liebe Gisanne,

ist schon eine kleine Weile her, dass du die beiden Versionen von Maatje und dem Schwan geschrieben hast, aber sicherlich ist es kein Hindernis, wenn ich dir jetzt noch ein Feedback gebe.

Ich habe zuerst deine erweiterte Version gelesen und kurz die Antworten darauf überflogen. Demnach war es wohl so, dass einige Kritiker von dir erwarteten, dass du mehr über Annika schreibst.
Das ist dir gewiss in der erweiterten Version gelungen, aber ich habe mich, nachdem ich diese 1. Version gelesen hatte, gefragt, was überhaupt für eine Bedeutung Annika in der Geschichte haben soll.

In der erweiterten Version verwischt sich der Märchencharakter, das Geheimnisvolle verliert.
Ich bevorzuge daher eindeutig diese Geschichte hier, denn sie wirkt auf mich homogener.

Vorweg: Ich habe dein Märchen gern gelesen.

Ich bin erstaunt, wie gut du Strand, Meer, Hafen, Küste atmosphärisch eingefangen hast. Deswegen bin ich erstaunt, weil ich dich weit weg vom Meer lebend wähne und denke, dass dich zwar vielleicht häufig genug die Sehnsucht nach dem Meer packen könnte, aber Urlaube dort zu verbringen ist noch etwas anderes als dort zu leben.
Auf jeden Fall fühlte ich mich an der Küste. Gut gemacht!

Was mir ebenfalls gefallen hat, ist die Ruhe, die dieser Text ausstrahlt. Er ist unaufgeregt, fast schon gelassen, obwohl so viele Dinge in der Geschichte passieren, die einem die Gelassenheit rauben könnten.
Das Geheimnisvolle an dieser Geschichte hat mir ebenfalls gefallen. Ich glaube, in jedem von uns steckt immer noch das Kind, das gerne Geheimnisse lösen und Schätze in Verstecken suchen oder einfach nur Wundertüten aufreissen möchte.
So ein wenig fühlte ich mich.

Was mich etwas ratlos ließ, ist die Annika. Nein, keine Sorge, nicht ich will auch noch, dass du sie mit mehr Leben füllst. Was ich nicht verstanden haben, ist ihr Bezug zu Maatje. Muss es Annika in deiner Geschichte überhaupt geben, das habe ich mich gefragt. Könntest du nicht auch all das, was Annika an Wind, Wetter, Stimmung für den Leser erzeugt, Maatje und Nopp zuschreiben? Für mich hat sie im Moment nur die Bedeutung die Atmosphäre zu zeigen, in der sich dann das später beschriebene Paar Maatje und Nopp befanden.
Vermutlich bin ich total blind und übersehe die Bedeutung, die Annika für diese Geschichte hat. Aber im Moment ist es mir noch ein Geheimnis. ;)

Lieben Gruß und fröhliches Wochenende

lakita

 

Liebe lakita,

wie schön, dass ich dir hier begegne. Und nein, es wäre ja schade, wenn ich auf deinen Komm verzichten müsste, nur weil die Geschichte nicht mehr ganz taufrisch ist.

Ich bin erstaunt, wie gut du Strand, Meer, Hafen, Küste atmosphärisch eingefangen hast.
Naja, wenn ich dir verrate, dass ich „da oben“ aufgewachsen bin und dass ich mich nur einfach zu erinnern brauchte an all die Jahre, die ich als Kind an der Küste verbrachte, dann ist dieses Rätsel schon mal ganz einfach gelöst. Schwierig wird es mit der Annika. Das heisst, für mich natürlich nicht. Auf dem Weg zum Strand gerät sie in die Nebelwolke und direkt in das Märchen hinein. Sie begegnet dem alten Mann (also dem alt gewordenen Nopp) und die Geschichte geht los. - Als sie aus dem Märchen hinausgeht, findet sie Nopps Muschel in den Dünen, geht in den Wald, am alten, nun mit Dornengestrüpp überwachsenen Dorf vorbei. Maatjes Gesang hört sie aus der Muschel. Wahrscheinlich hat Nopp die extra in den Dünen liegen gelassen, das weiss ich auch nicht so genau, aber ich vermute es mal. :) Auf alle Fälle lauscht sie an der Muschel, blickt sich nicht um, sieht die gefährlichen Augenpaare nicht und kommt so dann wohl sicher zurück. Zur Not könnte auch der Schwan noch rettend eingreifen. Das ist eigentlich schon alles. Hilft dir das zum Verständnis?
Also der erste und der dritte Teil gehören zusammen. Dazwischen ist das Märchen.
Was mir ebenfalls gefallen hat, ist die Ruhe, die dieser Text ausstrahlt. Er ist unaufgeregt, fast schon gelassen, obwohl so viele Dinge in der Geschichte passieren, die einem die Gelassenheit rauben könnten.
Das ist ein schönes Lob, darüber freue ich mich sehr! Daran sehe ich doch, dass man schlimme Sachen auch ohne Geschrei und Action rüberbringen kann. Fein, dass das so bei dir angekommen ist.
Und ja, lakita, das Geheimnisvolle ist auch für mich noch da, obwohl ich intensiv an dieser Geschichte gearbeitet habe. (Schliesslich war sie für den Maskenball, da musste ich schon ran! :D ) Das passiert mir halt öfter, dass auch für mich dann ein Rest bleibt, den ich nicht aufdröseln kann. So ein bisschen Wundertüte, ja, auch für mich.

Ganz lieben Dank für deinen Kommentar. Auch dir ein schönes Wochenende. Wir rüsten uns für einen erneuten Schneefall und haben die Heizung ein Grad höher geschraubt.
Herzliche Grüsse zu dir in den Norden,
Gisanne

 

Eher zufällig beim Blättern mit Mascha Kaleko find ich doch einen weisen, vorausschauenden Kommentar Deiner Geschichte, die immer wieder mal vorne auftauchen darf

"Der Schwan,wenn sein Ende ahnt,
Das heißt,wenn ihm sein Sterben schwant,
Zieht sich zurück,putzt sein Gefieder
Und sing das schönste seiner Lieder.
-so möcht auch ich,wenn es soweit,
Mal eingehen in die Ewigkeit."

findet der

Friedel

 

Hallo Friedel,

da hab ich deinen Schwanengesang total übersehen! Und jetzt auch nur zufällig gefunden, weil ich nachsehen wollte, wann ich die Geschichte eingestellt habe. Is ja schon ewig her.
Ich hoffe, du lässt dir noch Zeit mit diesem:

- so möcht auch ich, wenn es soweit, Mal eingehen in die Ewigkeit."

Bis dahin ein kraftvoll schönes Leben und lieben Gruss,
Gisanne

 

Hallo Gisanne,

habe den Text verpasst, als er noch unter der Maske hier veröffentlich wurde.
Nun aber, da du ihn selbst wieder hoch gespült hast, habe ich mich seiner angenommen.
Wow, ist das erste, was ich zu sagen habe. Das liest sich mal richtig herrlich märchenhaft. Du bedienst dich einer solch feinfühligen märchenhaften Sprache, da bin ich wirklich neidisch. Fin de das höllisch schwierig, das so lange durchzuhalten, aber bei deinem text bin ich nicht einmal ins Stolpern gekommen.
Und auch die Geschichte an sich, da knistert wunderbar die Magie. Gefällt mir außerordentlich und hat mit den frühen Abend versüßt.

Nur eine Sache. Gleich zu Beginn da hast du einen unglücklichen Gleichklang drin:

Muschel. Kurz blickt er zu ihr auf, schiebt seine Pfeife in die Zahnlücke und nuschelt:
Das würde ich noch mal abändern.

grüßlichst
weltenläufer

(ach ja, und um Beiträge nicht zu verpassen - wenn man die eigenen Geschichten abonniert, passiert das nicht ;) )

 

Hoi weltenläufer,

danke vielmal für dein Wow! Das kommt mir gerade recht, will sagen, kommt mir immer recht, weil, bis ich eine Geschichte fertig habe, ist mir oft nicht mehr klar, ob sie gelungen ist oder nicht. :lol: Bei so vielen 'Waschgängen' bleicht dann oft die Farbe aus. Für dich scheint alles zu stimmen und dann hat sich die Arbeit gelohnt. Das freut mich sehr.
Den Gleichklang habe ich gestern gleich ausgemerzt. Furrrchtbar! Danke für den Hinweis.

Gute Zeit und lieben Gruss,
Gisanne

 

offshore am 13.10.2013 schrieb:
Ich persönlich empfinde nuschelnd einfach als ein grässliches Wort, und irgendwie spießt es sich hier obendrein mit der so ähnlich klingenden Muschel.

Gisanne am 18.10.2013 schrieb:
... aber diese kleine Schwachstelle muss bleiben.

weltenläufer schrieb:
Nur eine Sache. Gleich zu Beginn da hast du einen unglücklichen Gleichklang drin:
Muschel. Kurz blickt er zu ihr auf, schiebt seine Pfeife in die Zahnlücke und nuschelt:

Gisanne schrieb:
Den Gleichklang habe ich gestern gleich ausgemerzt. Furrrchtbar! Danke für den Hinweis.

Tja, da sieht man schön das Autoritätsgefälle zwischen GlobMod und einfachem Mitglied. :D

 

Tja, da sieht man schön das Autoritätsgefälle zwischen GlobMod und einfachem Mitglied.

Hallo ernst,

uuuhuhuu, jetzt hast du mich aber an den Kragen genommen. Offenbar hab ich da total auf der Leitung gestanden. Mir ist das nämlich gar nicht aufgefallen dieses Muschelgenuschel. Erst jetzt ist es mir so richtig in die Ohren geknallt. (Was doch so ein Abstand alles bewirken kann.) Tut mir leid, deine Autorität ist für mich unbestritten, echt und wahr und wahrhaftig, auch wenn ich mich bei dir mit dem Nuscheln durchsetzen wollte. Ich nuschel jetzt nur noch: Vergebung :huldig:

und sende liebe Grüsse in ein frohes Wochenende,
Gisanne

 

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