Manchmal, sagt er mir auch, dass er mich liebt. Dann bin ich kurz glücklich.
Die Türe knallt ins Schloss. Ich bleibe noch eine Weile sitzen. Langsam spüre ich den Schmerz, das Blut in den Schläfen pocht, meine Wange brennt, ein Blutrinnsal bahnt sich den Weg von meiner Lippe, über mein Kinn und tropft auf meine Jeans. Ich wippe hin und her. Geweint habe ich schon lange nicht mehr, die Tränen sind versiegt. Zu viel habe ich in den letzten Jahren geweint. Das reicht für ein Leben.
Ich rapple mich auf. Keine Ahnung wie viel Zeit vergangen ist. Im Spiegel sehe ich ein Gesicht. Ein fremdes Gesicht und doch mein eigenes. Geschwollene Lippen, ein blaues Auge. Schon oft habe ich dieses Gesicht gesehen, schon oft habe ich einen Eisbeutel auf meine Wangen, meine Augen und meine Lippen gehalten, schon oft habe ich dieses Gesicht verflucht.
Früher war alles anders. Ich hatte Freunde, ich war glücklich, ich hatte die Liebe meines Lebens an meiner Seite und ich traf die Entscheidung diese auch zu heiraten. Ich würde lügen, würde ich behaupten es wäre nicht eine wunderschöne Hochzeit gewesen und ja, es war der schönste Tag meines Lebens, doch es war auch der letzte schöne Tag meines Lebens.
Ich hörte auf zu arbeiten, an den Wochenenden blieb ich zu Hause, ich traf meine Freunde nicht mehr. Vollkommene Isolierung. Bis heute.
Ich muss da sein für ihn, nur für ihn. Er hat Angst ich könnte auch für jemand anderen da sein. Ich gehorche ihm. Ich liebe ihn.
Der erste Schlag – oft denke ich daran. Er kam spät zurück von der Arbeit, leicht angetrunken. Er hatte Hunger, ich war zu langsam. Er schlug zu, mit der Faust, mitten ins Gesicht. Am nächsten Tag entschuldigte er sich. Ich blieb bei ihm.
Die Schläge wurden häufiger, die Entschuldigungen seltener und trotzdem blicke ich heute immer noch in dieses Gesicht im Spiegel, dieses kaputte Gesicht. Oh Gott wie ich es hasse!
Oft denke ich daran Schluss zu machen, mich einfach fallen zu lassen. Auf einer Brücke zu stehen und in die Freiheit zu fliegen. Niemand würde mich vermissen, außer ihm. Nur ihm würde es auffallen. Er braucht mich. Darum bleibe ich.
Ich lege mich schlafen und warte auf ihn. Vielleicht hat er ja heute einen guten Tag, vielleicht streichelt oder küsst er sogar mein kaputtes Gesicht. Manchmal, an ganz guten Tagen sagt er mir auch, dass er mich liebt. Dann bin ich kurz glücklich.
Es ist schon spät die Tür knallt ins Schloss. Ich höre wie er fluchend seine Schuhe auszieht. Es klingt nach einem normalen Tag.