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Manchmal, sagt er mir auch, dass er mich liebt. Dann bin ich kurz glücklich.

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05.12.2007
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Manchmal, sagt er mir auch, dass er mich liebt. Dann bin ich kurz glücklich.

Die Türe knallt ins Schloss. Ich bleibe noch eine Weile sitzen. Langsam spüre ich den Schmerz, das Blut in den Schläfen pocht, meine Wange brennt, ein Blutrinnsal bahnt sich den Weg von meiner Lippe, über mein Kinn und tropft auf meine Jeans. Ich wippe hin und her. Geweint habe ich schon lange nicht mehr, die Tränen sind versiegt. Zu viel habe ich in den letzten Jahren geweint. Das reicht für ein Leben.

Ich rapple mich auf. Keine Ahnung wie viel Zeit vergangen ist. Im Spiegel sehe ich ein Gesicht. Ein fremdes Gesicht und doch mein eigenes. Geschwollene Lippen, ein blaues Auge. Schon oft habe ich dieses Gesicht gesehen, schon oft habe ich einen Eisbeutel auf meine Wangen, meine Augen und meine Lippen gehalten, schon oft habe ich dieses Gesicht verflucht.

Früher war alles anders. Ich hatte Freunde, ich war glücklich, ich hatte die Liebe meines Lebens an meiner Seite und ich traf die Entscheidung diese auch zu heiraten. Ich würde lügen, würde ich behaupten es wäre nicht eine wunderschöne Hochzeit gewesen und ja, es war der schönste Tag meines Lebens, doch es war auch der letzte schöne Tag meines Lebens.

Ich hörte auf zu arbeiten, an den Wochenenden blieb ich zu Hause, ich traf meine Freunde nicht mehr. Vollkommene Isolierung. Bis heute.
Ich muss da sein für ihn, nur für ihn. Er hat Angst ich könnte auch für jemand anderen da sein. Ich gehorche ihm. Ich liebe ihn.

Der erste Schlag – oft denke ich daran. Er kam spät zurück von der Arbeit, leicht angetrunken. Er hatte Hunger, ich war zu langsam. Er schlug zu, mit der Faust, mitten ins Gesicht. Am nächsten Tag entschuldigte er sich. Ich blieb bei ihm.
Die Schläge wurden häufiger, die Entschuldigungen seltener und trotzdem blicke ich heute immer noch in dieses Gesicht im Spiegel, dieses kaputte Gesicht. Oh Gott wie ich es hasse!

Oft denke ich daran Schluss zu machen, mich einfach fallen zu lassen. Auf einer Brücke zu stehen und in die Freiheit zu fliegen. Niemand würde mich vermissen, außer ihm. Nur ihm würde es auffallen. Er braucht mich. Darum bleibe ich.

Ich lege mich schlafen und warte auf ihn. Vielleicht hat er ja heute einen guten Tag, vielleicht streichelt oder küsst er sogar mein kaputtes Gesicht. Manchmal, an ganz guten Tagen sagt er mir auch, dass er mich liebt. Dann bin ich kurz glücklich.

Es ist schon spät die Tür knallt ins Schloss. Ich höre wie er fluchend seine Schuhe auszieht. Es klingt nach einem normalen Tag.

 

Hallo Evale,

eigentlich wollte ich nicht, aber nun doch ein paar Zeilen.

Was soll ich jetzt als Leser mit deiner Geschichte anfangen?
Die bedauernswerte anonyme Person, die du da vorführst, hat sich ihrem Schicksal ergeben. Du hast sie als willenlose Sklavin gezeichnet.
Das ganze liest sich wie eine Tagebucheintragung. Uns Lesern gewährst du sozusagen einen Einblick in das Leben dieser Frau, allerdings klammerst du Hintergründe und Familienumstände völlig aus. Und für diese Frau gibt es niemanden auf der großen weiten Welt? Keine Eltern, Schwiegereltern, Verwandte, Freunde, an die sie sich wenden kann? Sie geht nirgends wohin? Nicht Einkaufen oder sonst wohin? Sie begehrt nicht auf? Warum? Ist sie krank? Ist sie hypnotisiert? Oder mag sie geschlagen werden?

Nur zu schreiben, „Ich gehorche ihm. Ich liebe ihn“, ist dumm und ohne Überlegung formuliert.
Also noch mal: Du öffnest eine Tür, wir sehen kurz hinein, dann machst du sie wieder zu. Und die Leser bleiben draußen im Regen stehen.
Tut mir Leid, aber das war wohl nix.
Aber jeder bekommt eine zweite Chance.

Trotzdem liebe Grüße
Hawowi

 

Hallo Evale!

Also ich kann mich dem Urteil meiner Vorkritiker nicht anschließen. Das Verständnis für das Handeln deiner Protagonistin ist die eine Sache, deine Geschichte aber eine andere. Ich finde, die Geschichte ist sehr eindringlich geschildert, sie liest sich an einigen Stellen zwar etwas ... naja, kitschig (ich find grad kein besseres Wort dafür), aber für mich ist das keinesfalls ein Tagebucheintrag. Ich weiß ja nicht, wie einige Tagebuch schreiben ... ;) Na egal. Dumm ist die Protagonistin bestimmt nicht. Nachvollziehen kann ich sowas zwar auch nie, aber man hört ja genug davon. Es gibt sowas wie Frauenhäuser, und allein die Tatsache, dass sowas existiert ist doch schon Erklärung genug.
Also auf jeden Fall besser, als der erste Text, den ich von dir gelesen habe.

Liebe Grüße,
apfelstrudel

 

Hallo Evale,

es ist ein Triggerthema. Die angerissene Situation einer Frau, die in der Ehe Gewalt erleidet, sich damit tröstet, ihr Mann wäre es, der hilflos ist und sich konsequenterweise eigentlich auch noch selbst die Schuld an den Schlägen geben müsste. Und ich sage zu solchen Geschichten gern, sie sind so allgemein verfasst, wie Horoskope in Tageszeitungen. Tröstlich daran ist, dass so nicht der Eindruck eines autobiografischen Plots entsteht, denn dazu bleibt er zu sehr an der Oberfläche. Es sind die typischen Stationen, nicht zur Arbeit, für ihn da sein, Schläge, Entschuldigungen. Das hat den Vorteil, dass manche den Text als eindringlich erleben, aber eben den Nachteil, dass der Text weniger Menschen erreicht, als würde er sich wirklich auf eine Geschichte einlassen, die uns die Protagonisten lebendig macht, die die Doublebindings und Paradoxien solcher Geschichte erzählt, Details, die spezifisch sein mögen, die aber zeigen, da hat sich ein Autor wirklich eingefühlt, eingedacht, um eine Geschichte zu erzählen und eben nicht nur mit einer Gewaltsituation triggernd zu konfrontieren.
Seine Verlassenheitsängste zum Beispiel, seine eventuelle wirkliche Hilflosigkeit (zumindest die, Konflikte zu bewältigen), werden zwar erwähnt, aber selbst über die Frau nicht erlebt.
Ich will nicht, wie Zerbrösel, eine starke Frau, aber eine individuelle Frau mit einem individuellem Schicksal. Denn dann kann ich entgegen deines Ansatzs viel mehr Wahres und Allgemeines in der Geschichte entdecken.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo Evale,

diese Geschichte erinnert mich an Malen nach Zahlen. Wirkt, als wäre sie aus Pflichtvorgaben zusammengesetzt. Ein Thema mit Betroffenheitsgarantie, und alles drin, was da reingehört, und auch genau so, wie es da reingehört. Die Zwangsläufigkeit, mit der das geschieht, wirkt Satz für Satz vorhersehbar, keine Wendung im Text, die sich gegen die Langeweile stemmt. Es ist das kleine 1 x 1 des Männer-Misshandeln-Ihre-Frauen-Themas, abgehandelt, ohne neue Einsichten zu vermitteln.

Man kann der Geschichte natürlich nicht vorwerfen, dass sie realitätsfern wäre, und schlecht geschrieben ist sie meines Erachtens auch nicht. Dass solche Dinge immer wieder geschehen, lesen wir ständig in den Zeitungen und sehen darüber Berichte im Fernsehen. Und scheinbar will die Geschichte nicht mehr, als uns dieses Wissen noch einmal bestätigen, ohne der Sache an sich auch nur igendeine neue Erkenntnis abzugewinnen.

Solche Texte, ähnlich wie Geschichten über Kindesmissbrauch oder den guten, alten Selbstmordgeschichten, folgen oft derart stur einem gängigen, altbekannten Schema, dass sie für den Leser kaum originelle Ansätze bieten.

Und so ist man dann nicht einmal mehr betroffen, weil die Wirklichkeit einen längst um einiges betroffener gemacht hat. Eine solche Geschichte will mich noch einmal über diese breit getrampelten Pfade führen, und ich frage mich die ganze Zeit "Warum?".

Grüße von Rick

 

Hallo Evale!

Tja, so richtig anfreunden kann ich mich mit dieser Story leider nicht. Du hast Dir ein Thema rausgesucht, das schon x-mal durch sämtliche Medien gerauscht ist und dabei hast Du irgendwie keine Innovation, keine neuen Facetten eingebracht (einen solchen Fehler habe ich auch schon mal gemacht :)). So wirkt das alles ziemlich langweilig, leider.

Eine Sache, die mir auffiel:

Niemand würde mich vermissen, außer ihm.

Das klingt nicht gut und ist grammatikalisch auch nicht ganz richtig. Besser wäre z.B. "nur er würde nach mir suchen" oder so ähnlich.

Mir hätte Deine Geschichte sehr viel besser gefallen, wenn Du eine Perspektive für Deinen Prot aufgezeigt hättest. Wenn Du beschrieben hättest, wie die Betroffene aus der Situation rauskommt. Denn: Wenn tatsächlich Frauen diesen Text lesen, die in einer solchen Situation stecken, dann können sie sich nicht nur mit Deinem Prot identifizieren, sondern bekommen auch noch eine Möglichkeit "serviert", wie sie aus diesem Teufelskreis entkommen können.

Gut finde ich, dass man sich als Leser in Deine Geschichte ohne Probleme hineinversetzen kann, man hat alles vor Augen.

Schöne Grüße
Friedesang

 

Hallo Evale,
da ich im wahren Leben solche Opferlaemmer nicht ausstehen kann, regt mich auch deine Geschichte darueber auf. Wenn das dein Ziel war, so hast du es erreicht, allerdings glaube ich das nicht so recht. Eigentlich kann man aus der Thematik noch so viel herausholen, aber es muss originell sein, sonst interessiert es nicht mehr. Warum nicht mal einen Mann nehmen, der von seiner Frau gequaelt wird? Wenn ich recht informiert bin, hatte neulich Liza Minelli einen Prozess, weil sie ihren Mann immer geschlagen hat. Oder was ist mit mentaler Misshandlung, Psychoterror, krankhafter Eifersucht, was weiss ich, das Leben bietet leider sehr viel, such dir was aus.
Und, wie jemand bereits erwaehnt hat, es muss auch irgendeine Entwicklung sichtbar werden, sonst denkt man eigentlich nur :"dumme Kuh, selber schuld."
gruss, sammamish

 

Zu meiner Geschichte will ich kurz folgendes sagen:

Ich finde es wirklich interessant was andere Leute von meinen Texten halten.
Ich muss aber dazu sagen, dass ich diese Geschichte innerhalb von 50 min geschrieben habe, es handelt sich dabei nämlich um einen Schularbeitetext von mir.
Mein Lehrer hat mir gesagt ich solle doch mal ein paar meiner Texte veröffentlichen also hab ich das auch gemacht und finde schön langsam gefallen daran;)

Ich wollte aber mit dieser Geschichte jetzt nicht zeigen wie arm diese Frau ist. Ich wollte eher die Beweggründe warum diese Frauen bei ihrem Mann bleiben...das ganze ist jedoch auch nur auf Vermutungen aufgebaut....ich selbst kann es nicht wirklich verstehen warum Frauen bei schlagenden Männern bleiben, jedoch denke ich, dass man das auch nur "verstehen" könnte wenn man selbst so eine Situation durchgemacht hat.

Die Geschichte ist sehr schnell von mir verfasst worden und eig. ist es nur eine Momentaufnahme der Situation. Am Beginn wollte ich die Geschichte auch gut ausgehen lassen, aber dafür fehlte mir die Zeit und es erschien mir auch zu banal.....

Zu Hawowi will ich nur noch kurz etwas sagen:
Ich glaube nämlich schon, dass es möglich ist absolut niemanden mehr zu haben an den man sich wenden kann. Zumindest glauben das die betroffenen Personen. Sie schämen sich vl. auch dafür, dass sie so schwach sind und sich nicht gegen den Mann wehren und so wird der Kontakt von beiden Seiten abgebrochen.......
Ich war selbst noch nie in dieser Situation, aber ich vermute, dass es schon möglich ist "Niemanden" mehr zu haben außer den Mann.

 

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