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Marla

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12.09.2004
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Marla

Sie bemerkt, dass sie meinen Namen nicht weiß. Wir gehen täglich den gleichen Weg vom Großraumbüro zur Teeküche, das seit drei Wochen. Ich bin neu im Büro. Sie weiß meinen Namen nicht. Das ist für mich nicht weiter schlimm. Menschen merken sich meinen Namen nicht. Nicht, dass er kompliziert ist, nein, aber es ist einfacher „Die da“ zu sagen, da sind zwar Verwechslungen häufiger, aber wenn man über andere lästert, bleibt verborgen, über wen man spricht.
Jedenfalls weiß sie nicht, wie ich heiße.

Marla.
So nenne ich mich im Internet.
Roush und ich haben uns auf einer dieser zahllosen Kontaktanzeigen-Seiten im Netz getroffen, die überall sind, als Pop-Up-Fenster oder Spam-Email. Schrecklich verlockend.

Marla.
So wollte ich immer meine Tochter nennen. Aber meine Realität beschränkt sich inzwischen auf den Weg zur Arbeit, Fünf-Minuten-Fertig-Gerichte, und den verzweifelten Versuch, unserem Admin klar zu machen, dass ich eine Langzeitstudie über die Erfolgsquoten unendlich vieler Kontaktanzeigen-Seiten durchführe und deswegen diese Seiten einen so hohen Traffic haben. Und schlafen, das ist auch noch Teil meiner Realität, meistens alleine oder mit irgendwelchen Loosern, von denen ich mich aufreißen lasse, um mir vorzumachen, dass ich begehrenswert bin. Sex ist dann kein Thema mehr, nachdem ich sie wild knutschend in meine Wohnung gezerrt habe. „Ficken is ni, aber du kannst hier pennen, wenn du willst.“ Die meisten sind irritiert und ziehen Leine. Wenige zucken mit ihren hageren Schultern und fassen mir zwischen die Beine, woraufhin ich ihnen ins Gesicht spucke und sie aus der Wohnung prügle. Ein oder zwei bleiben, nachdem sie gemerkt haben, dass es sinnlos ist, mich überzeugen zu wollen und ich sie brauche. Wie sie mich. Dann liegen wir da wie Bruder und Schwester und schlafen ein.
Meine Realität also, kein Kind, das Marla heißt, dafür aber die erwähnten erfreulichen Lebensumstände.

Marla.
Man muss das „r“ ganz leicht kratzig rollen. Dann bekommt der Name seinen schönsten Klang. Aber nie höre ich ihn jemanden sagen.

In einem dieser tausend Chat-Rooms sagt Fritzi79 zu mir:
„Marla, magst du Fight Club, oder weswegen dein Nick?“
Ich hämmere mein Leben in verfickte pinke Pixel.
„Ja, Fritzi79, ich mag Fight Club. Und du, bist du so fett wie der fette Bob?“
Fritzi79 setzt mich auf seine Ignore-List und ich habe einen Buddy verloren, der mich doch so gut zu kennen schien. Schade.

Marousha-Green-Blow-Fuck-Yourself-A-Merry-Day-Christmas fragt mich um die Weihnachtszeit rum (habe ich erwähnt, dass ich kreative Namen zum Kotzen finde?), ob ich schon mal Sex mit Frauen gehabt hätte. Ich weiß nicht mehr, wie wir darauf gekommen sind. Wahrscheinlich der Name, der bringt immer Schwierigkeiten, man sollte Namen überhaupt abschaffen. Ich sage zu Marousha-Green-Blow-Fuck-Yourself-A-Merry-Day-Christmas, dass ich noch keinen Sex mit Frauen gehabt hätte, ob sie denn schon? Nein, sie sei zu schüchtern dazu. Prima, sage ich zu Marousha-Green-Blow-Fuck-Yourself-A-Merry-Day-Christmas, da könnten wir einen Verein gründen. Wir labern eine Weile weiter und machen uns gegenseitig ganz schön heiß, wie wir so davon schreiben, was wir uns gut vorstellen mit einer anderen Frau, was aber unter uns bleiben müsse. Marousha-Green-Blow-Fuck-Yourself-A-Merry-Day-Christmas schickt mir einen :blushing red: Smilie und ich drück auf den Post Reply Icon und schreibe meine Telefonnummer in diesmal wunderbar hellblaue Pixelhaufen.

Sie ruft zwei Tage später an. Ich nenne sie Roush (eine Abkürzung von Marousha-Green-Blow-Fuck-Yourself-A-Merry-Day-Christmas, die so klingt wie „Rush“).

Sie sagt Marla zu mir.

Es ist komisch, wenn jemand einen Namen zu dir sagt, den du nie jemanden sagen gehört hast. Es ist besser, jemanden Marla sagen zu hören, als Schatzi oder Mausi. Es ist so dunkel und schön und sie hat eine rauchige Stimme und rollt das „r“ leicht kratzig, so wie ich.

Wir unterhalten uns über unsere Lieblings-Fünf-Minuten-Fertig-Gerichte und Lieblings-Kontaktanzeigen-Seiten. Lachen viel. Verstehen uns gut. Machen uns an. Roush erzählt von ihrem einzigen Versuch mit einer Frau und kurz bewundere ich sie für ihre Offenheit. Immerhin sind wir hier am Telefon miteinander, nicht in einem Chat-Room oder Forum, in dem man seine Posts wieder editieren kann.

Ich sage „Roush, wir müssen uns unbedingt mal treffen“, nachdem sie mit ihrer Fast-schon-mal-mit-einer-Frau-Story durch ist und plötzlich anfängt, vor sich hin zu summen, eine Melodie von Judy Garland. „Somewhere Over The Rainbow“. Sie summt langsam, aber ich komme in Fahrt und vergeistige ihr Gesumme ein paar Dutzend bpm schneller.

Love Parade. Berlin. Zuckende Menschen auf der Winter Lounge Aquasurf Party.

Roush sagt „Na klar, wo wohnst du?“ Ich lege auf.

Verkrieche mich in die Anonymität meines Lieblingschats auf wehende-pferdemaehne.nu. Dann ziehe ich mir noch ein paar japanische, koreanische und amerikanische Flash-Animationen rein und tippe mich zur Received-Calls-List meines Must-Have-Handys Sidekick II durch. Ihre Nummer ist sinnlich. Time Of Call. Schon 23 Minuten her. Ob sie mir verzeihen kann? Sidekick II glitzert verführerisch und ich lasse wählen.
„Roush?“
„Was willst du?“
„Roush, ich ... es tut mir leid. Ich würde dich gerne sehen. Irgendwie kriegen wir das hin, ja?“
Sie schweigt, mein Sidekick II sagt auch nichts.
„Roush ....?“
„Okay. Nächsten Donnerstag in Frankfurt.“
„Woher weißt du, dass ich aus Frankfurt bin?“
„Oh, ich dachte nur, Frankfurt, hat so hohe Häuser, einen prima Bahnhof und so.“
Ich muss lächeln. Vielleicht hab‘ ich endlich eine echte Freundin, zu der ich gehen kann, heißen Kakao trinken und über das miese Wetter schimpfen. Ich frage sie nicht, ob sie auch in Frankfurt wohnt, gehe ihr nicht weiter auf die Nerven.
„Wir sehen uns online. Ich freu‘ mich. Mach‘ dir eine schöne Woche.“
Ihre letzten Worte sauge ich hinein in mich, wie ein gieriger Vorwerk-Staubsauger.

Roush und Marla. Eine Eile und ein kratzig gerolltes „r“.

Heute ist Donnerstag und ich bin auf der Arbeit.

Meine Kollegin Carina sieht mich komisch an, ich denke, was will die Schlampe, die soll nicht so verschissen arrogant zu mir schauen, ich habe nichts verbrochen, sondern ein Date am Abend in der Luna Bar. Mit Roush.

„Wie heißt du eigentlich?“
Ich lass sie zappeln, ich habe heute gute Laune. Roush ...
„Keine Ahnung, such dir einen Namen aus.“
Ein bisschen komme ich mir vor wie Julia Roberts in Pretty Woman, aber da sitzt nicht Richard Gere neben mir in einer verdammt heißen Karre, sondern Carina, meine High-Heels-zu-allem-tragende Kollegin. Eigentlich mag ich sie. Sie hat rote Haare, das finde ich süß.
„Johanna, aber du kannst Jojo zu mir sagen. Jojo wie Madame Jojo’s in Soho. Naja, oder wie der Spitzname von einem Typen, den ich mal toll fand, der mich aber nie an sich ran gelassen hat.“
Oh Gott, was erzähle ich hier bitte meiner Kollegin Carina für einen Mist?
„Okay, Johanna, schön, ich bin Carina.“
„Äh, ich weiß. Bis später.“

Carina werde ich nie wieder sehen.

Mein Taxi hält vor der Bar und ich steige aus. Es ist drei Minuten vor um elf.

Roush ...
Ich werde sie riechen, sehen, hören, vielleicht sogar schmecken und fühlen. Ich bin aufgeregt wie ein kleines Mädchen, das zum ersten Mal auf einen Kindergeburtstag geht. Im schönsten Kleidchen und mit all den Geschichten im Kopf, die der große Bruder über wilde Gelage und Spielereien verraten hat.

Eine Minute vor um elf betrete ich tief einatmend die Bar. Es ist angenehm, ich bestelle einen Cocktail und setze mich an den Tresen, nachdem ich Roush im Raum nicht gesehen habe.

Der Manhattan schmeckt phantastisch. Ich genieße.

Zwei Minuten nach um elf.

Ich hasse neben kreativen Namen Unpünktlichkeit auf das Letzte. Jeder Hirni hat ein verficktes Mobiltelefon, verabredet sich wichtig zur gleichen Verabredung dreimal, damit ja alles geklärt ist und nichts schiefgehen kann und dann kommt man zu spät. Das darf doch nicht wahr sein!

Ruhig, es ist der entspannte Anfang eines Dates, Marla, sage ich leise zu mir selbst und sehe um sechs Minuten nach um elf Roush zur Tür herein kommen.

Roush ...
Hush, hush, darling ...

Mein Puls zerbirst mein Handgelenk, ganz zu schweigen von meinem Brustkorb. Ich war lange nicht so angespannt.

„Hi“ hauchen wir gleichzeitig. Küsschen eine Wange, Küsschen andere Wange.
„Einen White Russian, bitte.“
Sie sieht umwerfend aus. Sie hat einen dunkelblauen knielangen Rock an, einen schwarzen Pullover und süße schwarze Schuhe. Ihre Haare sind dunkel und enden kurz über ihren Ohrläppchen, die die schönsten Ohrläppchen sind, die ich je gesehen habe.

Sie lächelt ein Milchmädchenlächeln und kleine Grübchen bilden sich in ihrem Gesicht.

Ich liebe sie.

Nach drei Minuten Roush bin ich bereit, mein Leben zu ändern.

Ich liebe sie.

Roush ...
Hush, hush, darling ...

Mein Sideclick II vibriert, gleich wird diese kindische Melodie aus meinem Monats-Sparpaket für Klingeltöne erklingen, ich suche wie wild, das Ding hört nicht auf und ist einfach weg. Verdammt.

„Hier, es liegt hier, Marla.“

Ein Milchmädchenlächeln später und ich erfahre, dass meine Putzfrau einen Unfall hatte und morgen nicht kommen kann. Ich bin erleichtert, wir können ausschlafen, die fette Trulla wird nicht um 7.30 Uhr vor der Tür stehen. Ich sage, dass das kein Problem sei und wünsche Gute Besserung.

„Alles okay, ich mach das mal aus, findest du es nicht auch furchtbar, wie abhängig man inzwischen von solchen Dingern ist?“
„Ich hab keins.“

Wir sonnen uns mehrere Drinks lang in unserem Beisammensein. Verraten uns, welche schlimmen Schülerstreiche wir gemacht haben und so Zeug. Ziemlich betrunken gehen wir um viele Stunden später. Der Kellner hat uns ein Taxi gerufen. Roush hat einen roten Schal und vergessen, wo sie wohnt. Sagt sie und ob sie nicht bei mir übernachten könne. Im Gästezimmer auf „Anne-Rose“, meiner Gästezimmerschlafcouch. Ich sage, ja, na klar, die fette Trulla komme ja morgen nicht. Da könne sie ausschlafen. Sie sagt, das sei schön und hakt sich bei mir unter, obwohl sie gar keine Stütze nötig hat, denn wir sitzen im Taxi und ich höre mich Grüneburgweg sagen.
„Mensch, schicke Gegend.“
„Der Park ist toll, ich gehe zur Tür raus und falle ins Grüne.“

Bleichstraße Ecke Eschenheimer Tor lächelt sie das bisher schönste Milchmädchenlächeln des Abends. Ich muss an ihren Nickname denken und spreche sie darauf an. Sie kichert. Ja, der sei blöd, aber zu dem Zeitpunkt sei sie so wahnsinnig wütend gewesen, alle Welt war schon im September am Weihnachtsgeschenke-Kaufen und sie hätte es so satt gehabt. Sie kichert nochmal. Diese Grübchen ...

Auf der Eschersheimer Landstraße wird mir das Kribbeln im Bauch unerträglich.

„Roush, was wäre eigentlich, wenn wir, also, du weißt schon, was, denkst du wäre dann?“

Sie lehnt sich zu mir herüber und streicht mir eine Locke aus dem Gesicht. Mit ihrem Zeigefinger fährt sie über meine Lider, meine Wangen, meine Lippen.

Ich muss weinen und lasse mich wimmernd in ihren Schoß sinken, sie streichelt mir das Haar, summt „Somewhere Over The Rainbow“. Als der Taxifahrer das Licht anmacht, wache ich erschrocken auf. Roush zahlt, ich krame schlaftrunken nach meinen Schlüsseln.

In der Wohnung angekommen, zeige ich Roush ihr Zimmer und wir sitzen in der Wohnküche und warten darauf, dass die Milch kocht. Erschöpft und fasziniert sehe ich zu, wie sie sie braunes Pulver in weiße Flüssigkeit rührt.
„Hier, dein Kakao. Ich spring schnell unter die Dusche, ja?“
„Na klar, lass dir Zeit, fühl‘ dich wie zu Hause.“

In meinem Bad sind türkisfarbene und schwarze Fliesen an den Wänden, in meinem Spiegel grinst ein verliebtes Luder. Bin das ich? So schelmisch und froh? Ich kann’s nicht fassen. Im Gästebad höre ich Roush summen. Sie summt immer das gleiche Lied, von den glücklichen Vögeln, die über den Regenbogen fliegen können. Und dass ich sie dort finden werde.

Wir finden uns in einem Kuss am Treppenabsatz. Zart und klein und müde. Lebensleer. Liebesvoll.

„Gute Nacht, träum was Schönes, Marla.“

Sie geht nach unten zu „Anne-Rose“.

Ich weiß nicht, warum wir nicht miteinander geschlafen haben. Aber es war schön so. Sie hat mir gezeigt, dass ich noch lieben kann. Ich werde ihr Milchmädchenlächeln nie vergessen.

„Marla, du kleines, dummes Mädchen, was machst du nur für Sachen? Deine ganzen Spielereien, deine Ideen, deine Liebe, alles scheinst du wegzuwerfen, billigen Götzen zum Fraß. Na komm, mein Kleines, sei stark, gleich ist es vorbei. Sei stark.“, sage ich laut, wie ich es zu meiner Tochter hätte sagen wollen. Zärtlich, voller Liebe, Zuversicht und immer wieder Liebe.

Ich zucke kurz, dann erschrecke ich ernstlich über die Wärme meines Blutes und verliebe mich in den Gedanken, schwach sein zu wollen, aber ich muss da jetzt durch. Meine Gedanken sind meine letzten und ich sinne über das letzte Wort nach, das ich sagen will. Milchmädchenlächeln ist zu lang.

Marla.“

 

Versuch

Hi Zazie,

so richtig habe ich es nicht verstanden, aber trotzde werd´ ich mal versuchen, dahinterzusteigen bzw. Dir die Möglichkeit geben, mich beim Steigen zu beobachten.

Erzählt wird die Geschichte einer Internetbekanntschaft und sie treffen sich. Basis und Spannungsbogen ist eine unterschwellige Erotik, sagen wir ein undefinierbares Verlangen nacheinander, das wohl aus der Phantasie aus der Erwartung erwächst.

Und das überraschende für mich ist, daß sie sich tatsächlich ziemlich schnell treffen und so das Thema Erwartungen und die damit konfrontierte Realität ziemlich schnell abgehakt ist und die Geschichte weitergeht.

Von Marla bekomme ich sehr vieles mit, wobei ich es nicht ganz richtig einordnen kann, Roush bleibt wohl genauso undefinierbar, wie sie für Marla ist.

Positiv möchte ich die Offenheit von Marla hervorheben, die Figur ist ziemlich klar beschrieben, mit gewissen fixen Definitionen (Einsamkeit + chatabhängig (so will ich es mal bezeichnen), relativ wohlhabend).
Roush bleibt echt blaß und ich weiß nicht, was Marla an ihr findet, was sie heiß macht, warum sie sich treffen wollen.

Kommen wir zu den größeren Problemen:

Die Rahmenstory bzw. die Einleitung mit dem Büro hat nichts mit der Geschichte zu tun. Ja es taucht mitten drin noch mal auf und erklärt, daß die vorangegangenen Beschreibungen ein Rückblick sind, aber sehr viel mehr ist es nicht. Es ist zwar ein interessanter Analogismus, daß auch im Büro große Anonymität herrscht und das sie evtl. beide Welten durcheinanderbringt, aber irgendwie wirkt es reingebastelt. Einfach weil es ein kompliziertes Konstrukt ist:

Von einem Zeitpunkt X wird zu Y zurückgesprungen dann bis X erzählt und dann einfach weiter erzählt. Und alles im Präsens geschrieben. Das liest sich sehr schwer.

Entweder machst Du ab X im Präsens weiter und erzählst vorher in der Vergangenheit. Oder aber Du läßt die Bürostory weg und erzählst alles in Präsens oder... jetzt Vorschlag:

Es beginnt mit dem Warten auf Roush, Du rekapitulierst Euer Zusammenkommen und dann weiter im Präsens.

Allerdings funktioniert alles nicht, wenn Marla am Ende stirbt.
Das ist mir aber überhaupt nicht klar, warum. Scheinbar schneidet sie sich die Pulsadern auf und man erkennt die Motivation nicht, es deutet sich überhaupt nicht an. Gut, sie schlafen nicht miteinander, aber das kann ja auch ein guter Anfang für was längeres sein, sie sollte eigentlich eher positiv gestimmt sein oder ist es ihr Vorsatz genau dann zu sterben, wenn sie glücklich ist?

Also das Ende läßt einen ziemlich unschlüssig zurück, weil man es nicht versteht, auch wenn es vielleicht Deine Absicht ist, uns ratlos zurückzulassen.

Daraus erwächst jedoch die Unschlüssigkeit, was Du uns sagen willst. Ist es ein kurzer Ausschnitt des letzen Lebensabschnitts einer einsamen jungen Frau? Wenn ja, muß das vorbereitet werden.
Ist Dir wichtig zu erzählen, wie Internetbekanntschaften auch ablaufen können (nämlich erstmal positiv), warum dann der Selbstmord?

Fazit:
Für mich wird nicht deutlich, was Du sagen willst bzw. daß Du was sagen willst. Die Dialoge sind gut, das Milieu routiniert beschrieben, aber es hängt irgendwie in der Luft. Klar ist es schwer, ein Ende zu finden, was irgendwie von den beiden Alternativen Happy-End und Man-Versteht-Sich-Nicht-Wie-im-WWW abweicht und realistisch ist, aber so isses auch irgendwie mystisch-unklar.

Rechtschreibfehler hab´ ich erstmal nicht gesucht.

Hier paar Stellen, die ich gut finde:

In einem dieser tausend Chat-Rooms sagt Fritzi79 zu mir:
„Marla, magst du Fight Club, oder weswegen dein Nick?“
Ich hämmere mein Leben in verfickte pinke Pixel.
„Ja, Fritzi79, ich mag Fight Club. Und du, bist du so fett wie der fette Bob?“
Fritzi79 setzt mich auf seine Ignore-List und ich habe einen Buddy verloren, der mich doch so gut zu kennen schien. Schade.

Jeder Hirni hat ein verficktes Mobiltelefon, verabredet sich wichtig zur gleichen Verabredung dreimal, damit ja alles geklärt ist und nichts schiefgehen kann und dann kommt man zu spät. Das darf doch nicht wahr sein!

Wir sonnen uns mehrere Drinks lang in unserem Beisammensein.

Unklarheiten:

A) „Hier, ein heißer Kakao. Ich spring schnell unter die Dusche, ja?“
B) „Na klar, lass dir Zeit, fühl‘ dich wie zu Hause.“
Wer spricht hier was?
A = Marla -> wieso soll sie sich dann wie zu Hause fühlen (ein Gag?)
B = Marla -> wieso sagt Roush: "Hier ein heißer Kakao", als wäre sie zu Hause?

Verkrieche mich in die Anonymität meines Lieblingschats auf wehende-pferdemaehne.nu. Dann ziehe ich mir noch ein paar japanische, koreanische und amerikanische Flash-Animationen rein und tippe mich zur Received-Calls-List meines Must-Have-Handys Sidekick II durch. Ihre Nummer ist sinnlich.
Is das Sidekick II ´n Handy? Bin ich nicht uptodate?
Wenn ja ist es verwirrend, wenn Du erst Tätigkeiten im Internet beschreibst und dann plötzlich zu Aktivitäten auf dem Handy springst. Das setzt schon ziemliches Insiderwissen voraus.

So das erstmal von meiner Seite, wie gesagt, bin etwas verwirrt und weiß nicht genau, ob ich es einfach nicht gerafft habe oder ob´s vielleicht gar nix gibt...

bis später

mac

 

Danke mac für deine ausführliche Kritik :)

Ich kletter jetzt also mal wieder ein Stück runter vom Berg „Meine Geschichte ist genial“. Nicht, dass ich den erklommen hab, aber na, stellen wir uns das also mal vor.

Ja, Internetbekanntschaft und deren Geschichte. Und – Glück und Unglück der „Anything you want – you got it“-Stimmung eines harmlosen, unglücklichen Opfers unserer schönen Welt. (Poah, was ein Satz...)
Ha, das undefinierbare Verlangen. Unterschwellige Erotik sagst du. Gut, das war so beabsichtigt. Aber das Verlangen wonach? Marla weiß es nicht, sie hat alles, sie hat sogar am Ende Liebe. Und geht trotzdem. Warum? Darum, weil das undefinierbare Verlangen nicht mit „ich habe alles UND Liebe, die ich mir nicht kaufen kann“ befriedigt ist.
Deswegen kann Marla sich sagen, „Ja, ich gehe, ich habe alles gesehen.“ Alles wovon? Von dem, was ihre „Realität“ ist. Die ist zum Kotzen. Deswegen, weil sie den Bezug zu „unserer Realität“ verloren zu haben scheint, kann das, ich gebe zu, es ist eins, unschlüssige, nicht vorbereitete Ende mMn möglich sein. Das, was für sie noch reell ist (ihre beschriebenen Lebensumstände, der Luxus), ist ihr egal (fällt da im Text eigentlich ein, sagen wir, sarkastischer Grundtenor ihrerseits auf oder war das ein Schuss in den Ofen?). Sie sucht, das zu finden, was ihr noch wichtig sein kann. Irgendsowas wie ein Menschsein. Bedürnisbefriedigung irgendwie.
Die Pyramide von Maslow (richtig? Ich lehne mich zu weit raus). Erste Stufe kriegen wir hin. Zweite auch. Drittens, Soziale Bedürfnisse, da wird es ja jetzt zumindest interessant. Wir haben Gesellschaft - wow, was für eine, aber wir chatten mit intelligenten und netten Typen wie Fritzi79, wir haben Kollegen, die lästern, und wissen dann doch auch mal die Namen von denen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben, Kontakt, Liebe (naja, sagen wir mal, die ein oder zwei Männer, die Bruder und Schwester spielen). (Du hast jetzt bestimmt hundert Gründe, warum Stufe drei schon nicht erfüllt ist...)
Gerade so auf Ebene vier gehechelt. Jetzt wollen wir wachsen. Geltungsbedürfnisse müssten augenscheinlich erfüllt sein, zumindest Status zeigen wir mit so ziemlich allem, was da Rang und Namen hat (ja, Sidekick II ist ein Handy). Ist das alles? Naja, die Kollegin weiß den Namen nicht, zu Anfang und über eine weite Strecke. Und vielleicht wird da gelästert. Eventuell gibt es sowas immer mal wieder. Hier in der vorliegenden Geschichte weiß Carina letztlich, wen sie vor sich hat. Wir erfahren nicht, was Marla beruflich macht, aber immerhin kann sie sich eine Menge leisten, also könnte ihr Einkommen einer Position entsprechen, die Anerkennung von anderen einbringt (kann natürlich auch sein, wir leben in einer ungerechten Welt und Marla verdient Geld, das sie gar nicht wert ist oder sie hat alles nur geerbt oder geklaut. Wir wissen es nicht). Sie ist auch lieb und witzig zu allen, die vermeintlich unter ihr stehen (Macht und Ansehen, Putzfrau), wohnt in einer schicken Gegend. Ihre Freiheit hat sie in endlosen wwws gefunden. Kommen da jetzt Zweifel in ihr? Eher Resignation. Und Abschalten von den Warnsignalen „Das hier ist nicht die Wirklichkeit“. Sie sieht, was sie alles hat, kann sich freuen, dass sie wirtschaftlich unabhängig dasteht und beruflich soviel leistet, dass sie genügend Geld verdient, sich all die schönen Statussymbole kaufen zu können. Ich weiß nicht, vielleicht kann man dagegen argumentieren, aber vielleicht kann Stufe vier als abgearbeitet erachtet werden. Wenn nicht in „unserer Realität“, dann mit Sicherheit in ihrer.
Das möchte ich so gerne, weil doch dann erst Stufe fünf kommen kann. Und da scheitert es.
Marla scheitert vermutlich daran, alles erreicht zu haben, zugleich aber nicht zu wissen, wozu das alles, welches Ziel in ihr das sein könnte, was sie wirklich(er) macht. Das, mit dessen Realisierung ihr Leben lebenswerter erscheinen kann. Sie weiß es nicht.

Ich würde fast sagen, ich bin ein bisschen ins OT gerückt. Tut mir leid...

Dass sie sich so schnell treffen, erscheint mir nicht wirklich bedeutsam, sie könnten auch schon lange losen Kontakt gehabt haben, sagen wir mal, eine Emailfreundschaft aufgebaut haben.
„so das Thema Erwartungen und die damit konfrontierte Realität ziemlich schnell abgehakt ist und die Geschichte weitergeht“ Marla erwartet gar nicht so viel. Sie sucht nach etwas, das sie glücklich macht, denk ich, lernt Roush kennen und schwimmt mit ihr auf einer Wellenlänge (dass sie sich anmachen, ist eine Ebene, die auch wichtig ist, weil Marla ansonsten vielleicht nicht den Mut zur Konsequenz haben würde.). Ich habe bewusst eine nähere Zeichnung von Roush weggelassen, sie verstehen sich gut, das reicht, das ist ein Halm, an dem Marla sich eine Zeit lang gerne hängt.

Die größeren Probleme:

Die Rahmenstory – du hast nicht unrecht. Irgendwie braucht ich aber einen Aufhänger, der verdeutlicht, dass Marla schon noch die Realität mitbekommt. Und dass ihre realen „Probleme „ (z.b. Carina weiß ihren Namen nicht), wegen derer sie das Ganze veranstaltet, in Anbetracht der Freude und des Kribbelns und des „Bald sehe ich meine neue (beste) Freundin“ gar nicht so schlimm sind.

Bei den Zeitformen bin ich mir nicht sicher, ob ich das verändern möchte. Also, über die Logik möchte ich morgen nochmal nachdenken ... Aber das Präsens hat für mich beim Lesen so ein Vorankommen, am Geschehen dran sein. Und letztlich hast du es ja verstanden, oder?

Der Selbstmord – Ich habe lange überlegt, wie ich die Geschichte zu einem Ende bringe. Echt. Und das ist sicher nicht die fabelhafteste Lösung. Die Ausführungen oben, dass sie geht, weil sie alles hat, ohne deswegen zufrieden zu sein, sind aber vielleicht zumindest so, dass man es verstehen kann? Sie rennt und rennt dem hinterher, was sie sucht, weiß aber nicht, wie es aussieht, findet es aber auch nicht im Moment der Liebe.

Was ich sagen will? Man muss schon wissen, was man will, ansonsten, weiß man nicht, wo man es finden kann. (Keine Ahnung, ob das „alles“ ist)

Einen Dank an dieser Stelle für das Dialog-Lob :)

Die Kakao-Stelle – Roush macht, nachdem eine schlaftrunkene Marla ihr das Haus gezeigt hat, Kakao, weil sie nett ist und Marla müde, erschöpft, nach einem Zusammenbruch im Taxi einfach fertig. Da kocht man auch in einem fremden Haus dem Gastgeber einen Kakao, oder?

Ist jetzt irgendwie länger geworden, meine Antwort.
Ich gelobe morgen nach all den logischen Fehlern zu suchen.

Fazit: Ich blieb nach dem Schreiben auch ein bisschen ratlos. Was das alles soll. Möglicherweise soll es gar nichts. Na klar, es ist Kritik an einer Oberflächlichkeit, Darstellung der letzten Tage im Leben eines einsamen Menschen, der es nicht gebacken kriegt.

Es bleibt spannend...

Danke für deine Kritik :)
Zazie

 

Ich habe die Geschichte gerne gelesen, sie war leicht und locker, voller Gesellschaftskritik und subjektiv gebettet in eine anonyme Welt. Sie ist sehnsuchtsvoll, ohne aufdringlich zu sein, hat etwas von der Stimmung des in ihr angesprochenen "Fight Club". Hab sie gerne gelesen, in aller Kritik von Film und Geschichte bleibt sie Trotzdem Konsumartikel. Ich habe sie gerne gelesen. :thumbsup:

 

Stufe 2

Hi Zazie,

ich laß´ nicht locker ;)

Deswegen kann Marla sich sagen, „Ja, ich gehe, ich habe alles gesehen.“
Nee das kommt nicht rüber. Weder das sie satt ist noch das sie den latenten Wunsch in sich trägt und überhaupt das sie alles hat (was sie sich vorstellen kann)

Das, was für sie noch reell ist (ihre beschriebenen Lebensumstände, der Luxus), ist ihr egal (fällt da im Text eigentlich ein, sagen wir, sarkastischer Grundtenor ihrerseits auf oder war das ein Schuss in den Ofen?). Sie sucht, das zu finden, was ihr noch wichtig sein kann. Irgendsowas wie ein Menschsein. Bedürnisbefriedigung irgendwie.
Sarkastisch? Mmh ja schon ein wenig. Eher selbstbewußt bissl überheblich, aber auch verletzlich und unsicher und darum ist man nicht sicher, ob sie sich das Selbstbewußtsein evtl. nur vormacht

Die Pyramide von Maslow
Okay nehmen wir die Pyramide.

Ebene 1 - locker genommen
Ebene 2 - weiß nicht, Du schreibst, sie sei erst 3 Wochen in dem Job. Ich kenne ihr Vorleben nicht. Auf mich macht sie einen unsicheren Eindruck. Allerdings spiegelt Ebene 2 wohl eher das gesellschaftliche Fundament wieder und das scheint intakt. Da hat sie eher keine Bedenken
Ebene 3 - Neee! Sie ist einsam, sie sehnt sich nach Nähe und Geborgenheit (zumindest interpretiere ich das aus Ermangelung von Alternativen rein) Ich glaube, schon hier reibt sie sich zu sehr auf.

Ich sehe nicht, daß sie alles erreicht hat. Ich sehe eine Frau, die den ganzen Tag (scheinbar auch auf Arbeit) rumchatted auch dort scheinbar keine Bindungen hat und auf mich nen Eindruck macht, daß sie auch keine Aufgabe für sich sieht, sondern nur da ist. Eher so ne "mir doch egal"-Einstellung.

Insofern:

Ich würde fast sagen, ich bin ein bisschen ins OT gerückt. Tut mir leid...
Einspruch Euer Ehren. Du mußt genau wissen, was mit ihr ist. Vielleicht erzählst Du dem Leser nicht alles, aber Du brauchst ein konsistentes Bild, um in jedem Satz dieses Bild zu reflektieren.

Dass sie sich so schnell treffen, erscheint mir nicht wirklich bedeutsam, sie könnten auch schon lange losen Kontakt gehabt haben, sagen wir mal, eine Emailfreundschaft aufgebaut haben.
Habe nicht die zeitliche Schnelligkeit gemeint. Wie gesagt. Eigentlich lebt man in einer Scheinwelt, die immer sehr positiv ist und viele schrecken davor zurück (was sie ja auch macht), die Realität damit zu konfrontieren. Das ist ein Konflikt, der aus meiner Sicht vertieft werden kann und ich war einfach bissl überrascht, daß dies nicht so betont wurde (weil ich das so gemacht hätte, aber ist ja nur meine persönliche Meinung).
Man könnte es auch so machen:
A: Hi
B: Hi.
A: Ich will Dich treffen
B: Echt?
A: Ja! 14:37 am U-Bahnausgang "Schäfergasse", ich werde einen rosa Regenschirm tragen.

Bum und dann kann B einen ganzen Roman überlegen, wer diese(r) A ist und was sie sich von ihm erwartet, dabeit die eigenen Wertvorstellungen reflektieren blabla.

Marla erwartet gar nicht so viel. Sie sucht nach etwas, das sie glücklich macht, denk ich, lernt Roush kennen und schwimmt mit ihr auf einer Wellenlänge (dass sie sich anmachen, ist eine Ebene, die auch wichtig ist, weil Marla ansonsten vielleicht nicht den Mut zur Konsequenz haben würde.). Ich habe bewusst eine nähere Zeichnung von Roush weggelassen, sie verstehen sich gut, das reicht, das ist ein Halm, an dem Marla sich eine Zeit lang gerne hängt.
Ich glaube nicht, das Marla nicht so viel erwartet. Vielleicht nicht bewußt aber unterbewußt schon. Sie erwartet, daß Roush mit ihr auf einer Ebene schwimmt, das ist ziemlich viel, denn ziemlich selten, denn scheinbar hat sie da nicht so viel Auswahl. D.h. man könnte (muß gibt´s eh nicht) irgendwie einflechten, was sie sich wünscht, was sie sich vorstellt.
Lieblings-5-Minutengerichte und Lieblingskontaktanzeigen können es nicht sein.
Vielleicht bastelt sie sich in ihrem Kopf was zusammen aus diesen beiden Fixpunkten, aber hier spielen m.M. ganz andere Faktoren ne Rolle.

Und dass ihre realen „Probleme „ (z.b. Carina weiß ihren Namen nicht), wegen derer sie das Ganze veranstaltet, in Anbetracht der Freude und des Kribbelns und des „Bald sehe ich meine neue (beste) Freundin“ gar nicht so schlimm sind.
Ihre realen Probleme sehe ich wo ganz anders. Das eine Kollegin nach 3 Wochen einen Namen nicht weiß ist nicht so schlimm, daß der Admin einer neuen Arbeitsstelle schon mal zaghaft nach dem Traffic fragt, finde ich schlimmer und das sie scheinbar oft allein ist und keine tiefere Beziehung hat, noch viel krasser, von ihrer Chat-Sucht nicht zu reden...

Bei den Zeitformen bin ich mir nicht sicher, ob ich das verändern möchte. Also, über die Logik möchte ich morgen nochmal nachdenken ... Aber das Präsens hat für mich beim Lesen so ein Vorankommen, am Geschehen dran sein. Und letztlich hast du es ja verstanden, oder?
Jaja es ging, war aber etwas kompliziert. Mach ruhig, wie Du magst ;)

Der Selbstmord – Ich habe lange überlegt, wie ich die Geschichte zu einem Ende bringe. Echt.
Mmh. Das ist denkbar ungeeignet. Wie gesagt, man kann hinten nicht einfach den Prot. abmurksen, weil man nicht genau weiß, wie´s zu Ende gehen soll. Das mußt Du ganz am Anfang wissen und darauf hinarbeiten.

Ich hätte z.B. kein Problem. Wenn die beiden nicht miteinander schlafen und jede in ihrem Bett die Nacht verbringt, obwohl sie beide vielleicht in einem Bett schlafen würden. Das wäre schon ein Symbol, nämlich, das keine von beiden stark genug ist, ihre Bedürfnisse zu artikulieren. Das ist dann schon ne Art Kluft zwischen den beiden.
Oder aber:
Marla überlegt nachts, was sie machen soll. Da ist die Frau nach der sie sich sehnt, aber sie traut sich nicht und während sie überlegt, kommt irgendwann Roush und legt sich neben sie. Nein sie brauchen keinen Sex haben, aber das ist dann die andere Richtung, nämlich ein Zeichen, daß die gefestigtere von beiden den Mut hat, ihre Wünsche auszuleben, auch wenn´s riskant ist.

Und wenn sie sich am Morgen trennen oder selbst wenn Du´s beim Einschlafen enden läßt, hat man als Leser evtl. ne Ahnung, das Marla evtl. ein Ziel gefunden hat.

Die Ausführungen oben, dass sie geht, weil sie alles hat, ohne deswegen zufrieden zu sein, sind aber vielleicht zumindest so, dass man es verstehen kann?
Wie gesagt, hier hast Du mich nicht erreicht. Ich habe ganz und gar nicht das Gefühl, daß sie alles hat. Das einzige was sie hat, ist evtl. Geld.

Sie rennt und rennt dem hinterher, was sie sucht, weiß aber nicht, wie es aussieht, findet es aber auch nicht im Moment der Liebe.
Ich habe es nicht so gelesen, daß sie die Liebe gefunden hat.

Die Kakao-Stelle – Roush macht, nachdem eine schlaftrunkene Marla ihr das Haus gezeigt hat, Kakao, weil sie nett ist und Marla müde, erschöpft, nach einem Zusammenbruch im Taxi einfach fertig. Da kocht man auch in einem fremden Haus dem Gastgeber einen Kakao, oder?

Cool und das soll ich alles herauslesen aus:
Roush zahlt, ich krame schlaftrunken nach meinen Schlüsseln.
"Hier, ein heißer Kakao. Ich spring schnell unter die Dusche, ja?“
„Na klar, lass dir Zeit, fühl‘ dich wie zu Hause.“
Ich glaub´ da mußte dem Leser bissl helfen und würde auch ein deutlicheres Bild von Roush malen, die scheinbar sehr selbstsicher zu Werke geht.
Und ich bin auch nicht sicher, daß Marla in ihrem Zustand noch das Haus zeigt.

Ich glaube, Du hast zwei interessante Figuren und auch das Umfeld ist recht gut definiert, Du solltest Dir noch mal genau vor Augen führen. Wer was will und wie er/sie es versucht zu erreichen. Und wenn die Figur keinen Weg sieht, dann dies auch deutlich machen.
Heißt nicht, alles begründen und irgendwelche Psychogramme entwickeln, sondern es irgendwie nachvollziehbar machen. Dazu gehören Infos, die an bestimmten Stellen einfließen sollten. Sei es durch typische Handlungen oder Gedanken.

Du hast Recht, es bleibt spannend ;)

bis bald

mac

 
Zuletzt bearbeitet:

Also ich finde den Schluss extrem gelungen. Kein anderes Ende wäre meiner Meinung nach passender gewesen.

Warum?
Nun, wir haben da Marla, die in einer monotonen, anonymen, von Nichtigkeiten bestimmten Welt lebt, ständig auf der Suche nach Nähe und gleichzeitig kontaktunfähig.
Ihre beinahe schon schizophrenen Gedankengänge über Menschen, nach denen sie sich sehnt und die sie gleichzeitig hasst, sind beeindruckend.
Sie chattet im Internet, um Menschen kennenzulernen, aber wenn sie jemand anspricht:

„Ja, Fritzi79, ich mag Fight Club. Und du, bist du so fett wie der fette Bob?“
Fritzi79 setzt mich auf seine Ignore-List und ich habe einen Buddy verloren, der mich doch so gut zu kennen schien. Schade.

Ebenso ihre Kollegin Carina:

Meine Kollegin Carina sieht mich komisch an, ich denke, was will die Schlampe, die soll nicht so verschissen arrogant zu mir schauen

Und dann kurz darauf:

Eigentlich mag ich sie. Sie hat rote Haare, das finde ich süß.

Nachdem Carina sie angesprochen hat, quellen die Worte förmlich aus ihr heraus. Auch hier zeigt sich ihre unterdrückte Sehnsucht nach Nähe, die sie geschickt mit zynischen Kommentaren zu überspielen versucht.


Nun kommt Roush ins Spiel. Eine Frau, die sie kaum kennt. Zweidimensional.

Aus Verzweiflung überinterpretiert Marla ihren ersten Eindruck von Roush, verwechselt Sympathie mit Liebe. Sie fühlt sich angezogen von der spontanen, unkonventionellen Art der Frau. Glaubt, die Begegnung könne ihr gesamtes Leben verändern. Glaubt, die Fremde könne sie aus ihrer Einsamkeit, ihrer Kontaktunfähigkeit herausreißen.


Aber Marla ist nicht dumm.
Ahnt bereits, dass sie irrt.
Hat Angst davor, dass Roush sie nicht 'retten' wird.
Deshalb die Tränen im Taxi:

„Roush, was wäre eigentlich, wenn wir, also, du weißt schon, was, denkst du wäre dann?“

Genau diese Frage ist es, die ihr schließlich die Augen öffnet. "Und dann? Was dann?"
Plötzlich wird ihr bewusst, dass sie sich an einen Strohhalm klammert.

Schwelgt noch ein letztes Mal in ihrer Zuneigung, in ihrem Traum vom gerettet werden, in ihrer zukunftslosen Liebe, und nimmt sich dann das Leben.

Doch, doch, ich finde das überaus passend.
Jeder andere Schluss hätte die Geschichte im Kitsch enden lassen. In einer Alles-wird-gut-Moral.

So behält die Geschichte ihren Nachgeschmack. Einen bitteren, keine Frage, aber dafür auch einen bleibenden.


(Ist meine erste Kritik auf dieser Seite. Ich hoffe, ich hab das mit den Zitaten richtig hingekriegt.)

 

Hallo ihr :)

@ Popla:
Schön, das freut mich zu lesen, dass du die Geschichte gerne gelesen hast und das, was da so drin steckt, gefunden hast, also herausgelesen. Stimmt, Fight Club passt, nachdem Fritzi79 das gesagt hat, musste ich kurz aus dem Schreiben raussteigen und mich fragen, inwieweit Roush Taylor (der Hr. Pitt) sein könnte für "meine" Marla (nicht die Helena). Aber das wäre ja zu einfach, was? So ist Roush "real" geblieben.

@mac (kie messer)
Na mal sehen ...
Also Marla ist ja schon ni blöd, wenn ich das mal so sagen kann. Möglich, sie lebt in "komischen" Lebensumständen, mit denen sie sich abfindet. Sie weiß schon, dass ihr Handy nicht glücklich macht. Eigentlich könnte sie kotzen über all die schönen Dinge, die der reiche Mensch braucht. Das, was Popla als Gesellschaftskritik beschrieben hat, ist schon drin im Text. Viele Konsumgüter werden angesprochen und im Grunde ironisch geliebt.
Stufe drei: Man kann sich ja schon viel einreden. Sich sagen, dass man nichts versäumt auf der Suche nach wonach auch immer. Sie hat soziale Kontakte, an klar, sie ist den ganzen Tag in irgendwelchen Chats, das sind vielleicht keine starken physisch neben ihr hängenden Schultern, an die sie sich anlehnen kann, aber sie hat sie, und durch die Häufigkeit und Intensität des Chattens kompensiert sie die, sagen wir, mangelnde physische Qualität und vielleciht auch Tiefgründigkeit, denn sie ist ja nicht blöd, nur verzweifelt. Und solange man beschäftigt ist, sich nicht selbst vorwerfen kann, den ganzen Tag nicht irgendwas Sinnvolles für das persönliche Wohlbefinden getan zu haben, denkt man nicht zuviel über das eigene Elend nach.
Mir fällt grad Pelewin ein "Der Konsum kompensiert das Leiden am Konflikt zwischen dem Selbstbild einerseits und dem von der Werbung suggerierten Idealbild andererseits". Ich konsumiere - Dinge, Chats, teures Essen, Gespräche und denke, dass ich damit zum Strahleweibchen der Familie Meier aus dem Center Parks -Spot werde. Okay, das ist zu weit weg...
Ich verstehe glaub ich jetzt besser, was du mit dem zeitlichen Konflikt meinst. Sie telefonieren doch auch miteinander. Es ist gar kein Konflikt für Marla zu sagen, sie trifft jetzt Roush nach so ein paar "Gesprächen". Das ganze Suchen nach etwas hat doch eine wahnsinnige Dringlichkeit für sie. Sie freut sich, dass sie endlich nach 100 Fritzi79-Typen jemanden erreicht hat, der für sie auf der gleichen Ebene ist. (Und das ist nicht nur das Lieblingsessen, es ist auch Roushs Art, von der wir wenig erfahren, aber, vielleicht, wie sie schreibt, sie mag ihre Stimme, ihre Eilfertigkeit.) Und ich glaube, da müssen wir uns nichts vormachen, Internet ist doch eigentlich für ganz viele Menschen die Kneipe um die Ecke, die "Hemmschwelle", wenn man das so sehen will, jemanden wirklich zu treffen, ist nicht (mehr) hoch, bei den wenigsten. Na klar kann man, was weiß ich Angst haben, vor irgendwelchen Serienkillern, aber die Millionen Menschen, die nach Gleichgesinnten im Netz suchen, können ja nicht alle böse sein und sind Menschen, die Marla in Farnkfurt eben nicht live trifft. Das ist doch auch das wunderbare am Internet, dass man Millionen Menschen mehr zur "Auswahl" hat.
Der Selbstmord - Moment, ich habe überlegt - vorher, nicht am Ende, was mit Marla passiert. Und sie nicht abgemurkst, weil das dann am schnellsten ging. Okay, es gibt sicher ganz viele Menschen, denen diese Suche tagtäglich auch die Galle hochkommen lässt, die sich aber nicht umbringen (wäre ja auch krass, da wär ja morgen fast keiner mehr da). Marla tut es, weil sie zu den 5 Leuten gehört, die damit nicht mehr fertigwerden können/wollen. Sie ist verzweifelt, verbittert und fragt sich, was sie noch probieren soll. Deswegen ihre Eile, all die Konsumartikel. Es würde zigtausend Alternativen geben (sie gründet einen Haifischfangverbotsverein und trifft endlich normale Menschen aus ihrer Nachbarschaft oder was Vergleichbares). Kann ja auch sein, dass sie meint, schon Alles probiert zu haben und jetzt fertig ist. Sie sagt, dass es schön so war, der Abend, auch ohne Sex. Es fehlt ihr nichts von dem, was sie glaubte, dass wenn sie es erreicht hat, sie dann glücklich wäre. Also war die Liebe (und doch ja, ich denke, dass sie Roush liebt) nicht das, was sie glücklich machen konnte. Sie ist ja, sagen wir mal, vorstellungs-/phantasieerprobt durch virtuelle Schulung.
Die Kakao-Stelle bekommt noch einen kleinen Satz.
Wahrscheinlich muss ich erstmal zwei Tage weg sein von der Geschichte und dann über deine Vorschläge mit etwas Abstand nachdenken.

@ Sweet Poison
Danke für deine Kritik.
Es ist toll, wie der Schluss bei dir angekommen ist. Genau, ab dem Taxi ist sie fertig, es muss nicht noch mehr kommen. Letzter erfolgreicher (denn doch, sie liebt Roush, sonst würde sie nicht weinen, sondern zynische Kommentare ablassen) Versuch des ihr Vorstellbaren bringt das innere "Was will ich eigentlich? Was suche ich denn noch??" nicht zum Schweigen. Und die Resolution ist für SIE klar und schlüssig (für weniger egoistische Menschen sicher nicht).

Danke für eure Mühen!
Zazie :)

 

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