Meine Stadt
"Willkommen" höhnt das Schild vor unsrer Stadt. "Willkommen". Bin ich willkommen? Wohl kaum! Was steht auf der anderen Seite dieser Begrüßungstafel? Auf Wiedersehen, vielleicht, bis zum nächsten Mal oder auf bald? Die Stadt lässt niemanden gehn. Schwer wiegt die Luft auf jener Stadt- vollgesogen mit Blei, keine Luft zum Atmen in den Auspuffgasen. Alles bewegt sich, Zeit ist Geld, bleib stehn, ich kann nicht, meine Nerven, Mensch, werde bloß nicht schwach, schneller und schneller hasten die Pendler- die Aktentasche unter den Arm geklemmt im ewigen Trotte der Stadt. Und ich stehe teilnahmslos vor unserer Zivilisation. Eine Erfolgsstory? Wohl kaum. Der Anfang vom Ende. Ich sehe nur noch Trümmer, nichts als Trümmer- Ruine an Ruine. Ein Bündel aus Beton, aus Bauschrott und- aus Menschen. Ich sehe in ihre Augen und spüre, sie fühlen nicht. Der finstre unberührte Blick streift in die Ferne und übers Straßenpflaster- als gäbe es nichts anderes. Es ist eine graue Menge, sage ich dir, doch was weißt du schon? Dort wandelt sie im Gleichschritt zwischen ihren Ruinen, ohne Interesse, weltabgewandt- Wir sind das Volk! Doch auch ich sehe nun den Grund ihres Unbehagens. Dort, weit in der Ferne rasen die wahren Ungeheuer: unbändige Schlangen, den kalten Blick nur auf mein Reich gerichtet. Dort nahen sie, schon fressen sie sich wie Maden in das Bollwerk meiner Stadt. Nein! rufe ich verstummend hinterher, doch zu spät, alles ist zu spät. Fauchend und dampfend nehmen sie schlängelnd jede Kurve- als sei es nichts- und während sie sich nähern und vorüberschießen, erkenne ich Fenster in den Trams. Und in den Fenstern kauernde Menschen. Wie gleichgültig, sie diesem Ereignis harren! Routine, was? Alltag. Auch ich sitze im Tram, sehe die Stadt und die riesigen Klötze aus Stein auf mich niederstürzen. Das ist der Lauf der Zeit. Die Leute betrachten sich in den spiegelnden Fenstern der Trams voll Unbehagen. Denn jeder weiß, dass er weint- über den neuerrungenen Verlust. Und als ich aussteige, trete ich mit dem Absatz die letzte Blume, die aus dem Beton wächst nieder. Ich habe es wieder geschafft! Die Stadt hat euch wieder- auch mich. Und schimmernd grinst die Sonne hinter den schweren Wolken, als wollte auch sie mich erdrücken. Willkommen!