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Method Acting

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13.06.2002
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Method Acting

Eine Minute und die Uhr tickt.
Sechzig Sekunden zwischen dem Jetzt und der Unendlichkeit. Die roten Ziffern der Digitaluhr brennen sich in meine Netzhaut, zählen meinen Countdown unerbittlich herunter. Die Klappe öffnen, vier Schrauben. Meine Hände zittern nicht, der Kopf ist klar. Für so was bin ich trainiert, wurde ich ausgebildet. Fünfundfünfzig Sekunden. Die erste Schraube ist gelöst. Nummer zwei und drei sind ein Kinderspiel. Die vierte nicht.
"Scheiße!"
"Was ist los?"
"Das Gewinde is ausgenuckelt."
"Oh Mann, bitte nicht. Ich will heute nicht sterben..." Sein Gesicht hat mich schon immer irgendwie an einen Haufen Frikadellen erinnert. Meinem Partner rinnt der Schweiß von der Stirn, sein Atem riecht nach Currywurst. Ein Held, wie er im Buche steht.
"Niemand will das, Dick. Niemand möchte heute sterben."
"Wusstest du, dass meine Tochter heute Geburtstag hat? Die kleine Mary wird sieben. Sie wünscht sich nichts mehr, als dass ihr Vater pünktlich zur Party kommt. Willst du wissen, was ich ihr schenke?"
"Nein."
"Freitag ist mein letzter Tag in diesem Verein. Ich mache ihr meine Pensionierung zum Geschenk. Nie wieder Terroristen in den Arsch treten. Nie wieder Bomben. Ab jetzt gibt es nur noch meine Frau und meine kleine Tochter." Die vierte Schraube gibt nach, ich reiche ihm den Deckel. Zwei Kabel, rot und grün. Wie immer. "Bitte schneid den Richtigen durch. Sorg dafür, dass Mary einen schönen Geburtstag hat." Mein Partner sieht mir treuherzig in die Augen und legt seine Hand auf meinen Arm. Ich versuche, heldenhaft zu grinsen und ringe mir ein aufmunterndes Zwinkern ab. Sieben Sekunden auf der Uhr. Sechs Sekunden warten, Seitenschneider anlegen.
"Ich schneide immer den richtigen Draht durch", sage ich und rette die Welt. Wie immer.


"Cut! Jack, das war großartig. Ganz fantastisch, richtig emotional und so. Ich hatte Gänsehaut. Echt." Frank ist so was wie ein Regisseur. Zumindest sitzt er die ganze Zeit in seinem Stuhl, schreit irgendwelche Leute an und kriecht meinen Kollegen in den Arsch. Mir nicht. "Was dich angeht", sagt er stattdessen zu mir, "da muss noch mehr kommen. Ich sehe dein Gesicht, ich höre deine Worte, aber ich fühle sie nicht. Verstehst du? Das kommt irgendwie nicht rüber."
"Sicher. Noch mal?"
"Jack, was meinst du?" Jack, der im Gegensatz zu mir nach der Klappe sofort von einer dieser ebenso hilfreichen wie offenherzigen Assistenztussis abgetupft wurde, beißt in seine Currywurst.
"Ich glaub, der is einfach nich richtig in seiner Rolle drin. Bisschen mehr Method Acting nächstmal." Ich geb dir gleich Method Acting, du verkackter Zelluloidpuper. Ich hab schon für Sören Achterberg Teekannen gespielt, da hast du dich noch an deinem Popcorn verschluckt und Sharon Stone zwischen die Beine geglotzt. Denkst wohl, nur weil du hier die Hauptrolle hast und dein Name im Vorspann silber geschrieben ist, kannst du hier einen auf Malkovich machen. Nichts da, mein Freund. Ich komm zwar erst nach dem Filmtitel im Vorspann, dafür überleb ich aber wenigstens.
"Vielleicht hast du Recht. Sorry", sage ich stattdessen. Hier geht es nicht um Ehre, hier geht es einfach nur darum, nächsten Monat die Stromrechnung bezahlen zu können. Wenn man seine Karriere damit verbracht hat, Experimentalfilme für den skandinavischen Markt zu drehen, kann man zwar sicher sein, Aussagen zu transportieren, aber Brötchen werden woanders verdient. Der Postmann klappert um Mitternacht, da hab ich zusammen mit Ingmar Lindström gespielt. Drei Stunden, eine Kulisse, keine Dialoge. Nur eine tickende Uhr im Hintergrund und ich spielte die personifizierte Gesellschaftskritik. Große Symbolik.
Und jetzt steh ich hier und lass mich von irgendeinem Typen blöd anmachen, der nach Wurst stinkt und dessen Reputation irgendwo zwischen Michael Bay und der Neuverfilmung von Godzilla liegt. Er hat wohl auch irgendwann mal nen Oscar gewonnen. Bester Haarschnitt während einer Actionszene oder so.
"So, dann alles auf die Plätze, wir machens noch mal! Jack, du machst alles wie eben. Und vielleicht kannst du versuchen, deinen Kollegen irgendwie mitzuschleifen." Nur noch diese Szene überstehen. Morgen hab ich ne Sexszene mit Nathalie. Der verzeih ich auch, wenn sie nach Wust stinkt.

...

"Komm, gib dir'n Ruck. Hollywood, Mann!"
"Ich weiß nicht... diese Actionfilme liegen mir nicht."
"Wolltest du nicht schon immer mal zusammen mit Angelina Jolie drehen?"
"Die haben Angelina Jolie?"
"Nein."
"Warum sagst du dann so was?"
"Ich meinte nicht zusammen im gleichen Film. Ich meinte zusammen in der gleichen Stadt."
"Aber das Skript ist Müll... ein geklonter Feuerwehrmann, der Bomben in Militärstützpunkten verteilt und irgendeinen irakischen Teppichverkäufer freipressen will."
"Ibn et Nahal ist der Präsident."
"Wovon?"
"Irak. Also im Film."
"Und was soll der Scheiß hier mit den Atombomben?"
"Hast du das Drehbuch nicht gelesen?"
"Teilweise."
"Auf dem einen Stützpunkt sind Atombomben gelagert und der Böse droht, den Sperrmechanismus in die Luft zu jagen, woraufhin die Raketen auf vorher von der Regierung eingestellte Ziele losjagen. Ist wohl noch ein Relikt aus dem kalten Krieg oder so."
"Klingt nach Tom Clancy."
"Ja, aber Bon Jovi singt die Titelmusik. Und denk dran, dass du eine Sexszene haben wirst."

...

Ich liebe meinen Job.

Am Anfang hab ich Seifenopern gespielt. Meine Rolle trug den damals wahnsinnig trendigen Namen Kevin und ich durfte mit der willigen Jasmin schlafen. Nicht wirklich natürlich, immerhin lief das Zeug im Nachmittagsprogramm. Ein flüchtiger Kuss und Abblende. In der nächsten Folge hab ich dann von Jasmins Freund Malte ordentlich auf die Fresse gekriegt. Ohne Abblende.
Jetzt lieg ich hier und lutsche eine Erdbeere aus Nathalies Bauchnabel. Frank sabbert und die restliche Filmcrew ist ausnahmsweise vollzählig am Set erschienen. Gleich werde ich ihren BH öffnen und die Silikongerüchte der Klatschpresse aus erster Hand prüfen. Wird sicher interessant. Auch hier gibt’s eine Abblende, der Film ist ab zwölf, aber zumindest ich krieg einiges zu sehen. Nur schade, dass Jack nicht hier ist. Seine neidzerfressene Bulettenvisage hätte ich jetzt gerne gesehen. Dann könnte ich ihm mal zeigen, was Method Acting ist.
Kein Silikon.

Achterberg hat mich in Aller guten Dinge sind mal einen Esel spielen lassen. Ich brauchte dazu kein Kostüm, wurde auch nicht grau angemalt und musste nicht mal auf allen Vieren krabbeln. Da gab's nur ein Schild, auf dem stand Esel, und das hab ich mir dann um den Hals gehängt. Die härteste Actionsequenz in meiner Norwegenzeit bestand aus einer vorsichtigen Verfolgungsjagd zu Fuß über einen zugefrorenen See. Ich spielte einen Elchzüchter, dem jemand einen Fisch geklaut hatte. Laut Drehbuch verfolgte ich ihn aber nicht wegen dem Fisch, sondern weil er mir durch seine Tat den Spiegel meiner Seele vorgehalten hat und ich durch die symbolische Jagd den Dämonen tief in mir drin bekämpfen wollte. Glaub ich.

"Drück auf die Tube, Mann!"
"Der Wagen fährt nur hundertachtzig."
"In drei Minuten geht die Bombe hoch. Weißt du, was das heißt?"
"Die Atombomben vom alten Truman fliegen in alle Richtungen der Welt."
"Man stelle sich das mal vor... Paris, Berlin und Moskau ausradiert... kaum auszudenken."
"Vielleicht auch London... Wäre ein scheiß Geburtstag für deine Tochter, oder?"
"Das hat sie nicht verdient."
"Niemand verdient so einen Geburtstag."
"Dann drück auf die Tube und lass es uns verhindern."
Schwarzer Wagen, blaues Blinklicht auf dem Dach, eine grüne Wand hinter uns. Der älteste Filmtrick der Welt: Wenn du ein Auto nicht bewegen kannst, bewege den Hintergrund. Wenn du den Hintergrund auch nicht bewegen kannst, lass es den Computer tun. Sieht am Ende eh alles gleich aus.
Unser Regisseurimitat brüllt ein paar Mal Cut und das Ding ist im Kasten. Direkt im Anschluss drehen wir eine Sterbeszene. Zwischendurch käme im Film dann die unverschämt teure Verfolgungsjagd, an deren Ende meine Figur unseren Wagen über einen unachtsam abgestellten Autotransporter fährt und dann über die Rampe durch einen Stapel Wasserkästen und eine gläserne Telefonzelle direkt in eine Straßenlaterne fliegt, die mit lautem Funkenschlag in sich zusammenbricht. Per CGI werden dem Ganzen dann später noch ein paar U-Boote zugefügt. Oder Hubschrauber, was billiger kommt. Aber das wird erst nächste Woche gedreht.
Ich werde den Unfall überleben, Dick nicht. Darum wird’s jetzt emotional, zwei Tage vor der Pensionierung gibt der Familienvater den Löffel ab. Die Maske malt ihm rote Farbe und ein paar schwarze Flecken ins Gesicht. Dann kleben sie ihm den Griff eines Schraubenziehers auf die Stirn, damit es aussieht, als hätte sich das Ding in sein Hirn gebohrt. Ich bekomme ein paar Schrammen verpasst.
Der Kerl kriegt immer mehr Aufmerksamkeit als ich.

"Es hat... es hat mich erwischt..."
"Alles wird gut. Du musst nur weiteratmen. Mary wird mit ihrem Vater Geburtstag feiern."
"Nein, ich weiß, dass ich sterbe." Ich nähere mich seinem Gesicht, um die Wunde in Augenschein nehmen zu können. Heute gab es anscheinend Schnitzel im Catering. Schade, dass kein Knoblauch drin war. Dann hätten meine Tränen jetzt sicher realistischer gewirkt. Fürs Method Acting.
"Red keinen Unsinn. Du kannst nicht sterben. Du bist Dick Horner, der beste Cop in dieser gottverschissenen Stadt."
"Ich weiß es. Lass... lass mich einfach hier."
"Du bist mein Partner. Ich lass dich nicht zurück. Alleine pack ich das doch nicht."
"Du musst... die Welt verlässt sich auf dich... Ver... versprich mir nur eines... sag meiner Tochter... sag Mary, wie sehr ich sie liebe."

"Cut! Das war perfekt! Einfach perfekt! Jack, du warst brillant wie immer. Und diesmal hast du sogar deinen Kollegen mit deiner Schauspielerei angesteckt." Ich steck dich auch gleich an, du dämlicher... denkst wohl, nur weil du so ne tolle Mütze hast und schon mal den Arsch von Cameron Diaz in Nahaufnahme filmen durftest, kannst du mir hier so kommen. Lass du dich mal von nem finnischen Eskimo verprügeln, nur weil dein Regisseur denkt, dass die Maskenbildner keine realistischen Wunden hinkriegen, dann reden wir weiter. Man sollte dich... ach, scheiß drauf.
"Ja, dann bis morgen", sage ich und gehe. Vielleicht krieg ich dafür den Oskar als bester Drahtschneider. Vielleicht lauf ich gleich Angelina Jolie über den Weg. Vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall treff ich mich gleich mit Nathalie. Mal sehen, wie die Erdbeeren aus ihrem Kühlschrank so schmecken.

 

hi gnoebel!

was soll ich sagen? einfach perfekt. oder fast. jedenfalls so, daß ein zitieren aller stellen, die mir gefallen haben, länger dauern würde, als das lesen selbst. stil und duktus sind sowieso sonderklasse.

also nur zwei anmerkungen:

1.

"Ich... ich bin getroffen... das spüre ich genau..."
das war schlaff. gekünstelt. sogar für einen klischee-bedienenden filmdialog.

2. am ende rinnt die geschichte etwas mager ins nichts. ich hätte mir da eine verstärkung der die ganze zeit über präsenten aussage erwartet. oder eine wende.

naja: wenn ich groß bin, möchte ich auch so schreiben... ;-)

mit gruß
Kyselak

 

Moin gnoebel,

gelungene Geschichte möchte ich einfach mal sagen. Vielleicht keine großen Brüller drin, aber gleichbleibend gutes Humorniveau. Schnell und gut zu lesen und wie immer ein flüssiger Stil. Beste Unterhaltung also.

Rechtschreibtechnisch habe ich auch nichts gefunden, bis auf, um überhaupt was zu meckern :D :

brüllt ein paar Mal cut und das Ding ist
Auch wenn das ein englisches Wort ist täte ich es in dem Fall groß schreiben

Gruß
Lemmi

 

Sein Gesicht hat mich schon immer irgendwie an einen Haufen Frikadellen erinnert. Meinem Partner rinnt der Schweiß von der Stirn, sein Atem riecht nach Currywurst.
ich weiß net, ich würds cooler finden, wenn die 2 Sätze gerade andersrum kämen
Nochmal?"

Noch mal
und die restliche Filmcrew ist ausnahmsweise vollzählig am Set erschienen.
Nur schade, dass Jack nicht hier ist
gehören Schauspieler nicht zur Filmcrew? (ich weiß es echt nicht)
Hi gnoebel,
sorry deiner neuesten Geschichte kann ich nicht so viel abgewinnen (eigentlich hatte ich mich heute nur nach Humor bzw. kg.de verirrt, weil seit gestern diese Abstimmthreads da sein sollten HUSTHUST!)
Es ist zwar ziemlich gut geschrieben, aber witzig finde ich es nicht, sorry.
Obwohl ich zugeben muss, dass du mich echt geschickt hast: Am Anfang dachte ich echt, Jack wär der Prot, und dass der Regisseur ihn lobt :)
Bruder :sad: Tserk

 

Moin kyselak, Lemmi und tserk,

Danke fürs Lesen und Kommentieren. Freut mich, wenn es euch gefallen hat bzw schade, wenn nicht.

stil und duktus sind sowieso sonderklasse.
Oh, danke. Vor allem das "sowieso" klingt toll in dem Satz.
das war schlaff. gekünstelt. sogar für einen klischee-bedienenden filmdialog.
Hast Recht, änder ich.
ich hätte mir da eine verstärkung der die ganze zeit über präsenten aussage erwartet.
Da gibts ne Aussage? :D
Nee, im Ernst, der Konflikt Hollywood versus Norwegen, Kunst versus Kommerz schwingt hier natürlich ein wenig mit. Aber das war von mir eigentlich gar nicht beabsichtigt, sondern hat sich irgendwie so ergeben... eigentlich hab ich die Norwegenparts nur geschrieben, weil ich sie witzig fand und mir diesmal echt nichts dabei gedacht.
gehören Schauspieler nicht zur Filmcrew? (ich weiß es echt nicht)
Ich auch nicht, ehrlich gesagt. Irgendwie hab ich aber den Begriff "cast & crew" im Hinterkopf - dabei steht cast für die Schauspieler und crew für... naja, die crew. Wo ich das her hab bzw ob das offiziell so gemacht wird, weiß ich nicht. Ich habe hier die technische Crew gemeint, also Beleuchter, Kameraleute, Schnittchenschmierer.
Es ist zwar ziemlich gut geschrieben, aber witzig finde ich es nicht, sorry.
Kann man nichts machen. Geschmackssache, nächstes Mal krieg ich dich wieder. Trotzdem danke fürs Kommentieren.
Bruder :sad: Tserk
Warum so traurig, Bruder tserk?

 

Warum so traurig, Bruder tserk?
Vielleicht, weil ... JEDER GNOEBEL IMMER tserk STATT Tserk SCHREIBT! UARGH, ICH DREH NOCH DURCH!!!!!!! ... ähm ... ja ... hehe ... schönes Wetter heute ... Nein, hat n andern Grund, werd ihn dir bei gelegenheit verzählen.
nächstes Mal krieg ich dich wieder
Soll das eine Drohung sein? *grr* Du kannst sowieso bald einpacken, ich arbeite nämlich grad an der lustigsten Geschichte aller Zeiten! Da kannst du, golio, SOGAR Jack Torrance (!!!) einpacken! Die wird so dermaßen lustig ... ich könnt fast weinen, weil ich euch damit von kg.de vertreibe ... bitte seid dann net eifersüchtig oder traurig, ok?
Ich sag euch was: Die wird witziger als alle witzigen Teile von Chemieman zusammen plus (und jetzt gebts euch) Untreue! Ok, das vllt doch nicht ... :silly:
Aber ok, ich verlass mich darauf, dass deine nächste wieder gut wird (hehe, solange du den Ruhm noch hast ...)
Bruder :sad: Tserk

 

Hi gnoebel,

hat mir gut gefallen dein Text.
Vor allem, wie du über norwegische Filme schreibst (aus Norwegen und Schweden ist schon so mancher wirklich guter Film gekommen) und nebenbei wir noch ein bisschen auf dem Kommerz herumgehackt - wie es sich gehört.

Nur das Ende? Damit wusste ich nichts rechtes anzufangen. Es endet einfach und dann ... bleibt man mit einem Schulterzucken zurück. Schade eigentlich.

kannst du hier einen auf Lynch machen.
Passt der Vergleich? Meinst du David Lynch - der ist kein Schauspieler.

In diesem Sinne
c

 

hi gnoebel!

Da gibts ne Aussage?
Nee, im Ernst, der Konflikt Hollywood versus Norwegen, Kunst versus Kommerz schwingt hier natürlich ein wenig mit.
Das kommt bei mir natürlich auch rüber, nicht aber als Hauptaussage.

Kennst du Helmut Qualtingers „Der Menschheit Würde ist in Eure Hand gegeben“?

Ein Klassiker daraus ist der Dialog zweier Provinzschauspieler, die ihre Laufbahn in den Hinterhofbühnen von Dux-Brüx-Komotau, Bielitz und Bunzlau diskutieren. Dabei machen sie jeden Hauptdarsteller, mit dem sie je auf der Bühne stehen durften, zur Schnecke, bevor sie ihre "tragenden" Chargenrollen besprechen:

"ZWEITER MIME: Morgen habe ich einen Funk ... Kinderstunde ... 'Schneewittchen' ... Ich spiele einen Zwerg ...
ERSTER MIME: Welchen?
ZWEITER MIME: Den vierten ...
ERSTER MIME: Wie legst du ihn an?
ZWEITER MIME: Hintergründig ..."

DAS ist für mich die - die ganze Zeit über präsente - Aussage: Mißachteter Nebendarsteller beneidet Star, dem er sich schauspielerisch haushoch überlegen fühlt.

Naja. Wenn dem so wäre, fände ich's besser, das Ende entweder zu verstärken oder zu wenden, anstatt die Geschichte mager ausrinnen zu lassen.

mit gruß
Kyselak

 

Moin Chazar,

Heissen Dank fürs Lesen und Kommentieren.

Damit wusste ich nichts rechtes anzufangen. Es endet einfach und dann ... bleibt man mit einem Schulterzucken zurück.
Hehe... Diese Kritik kriege ich bei meinen Texten ziemlich oft zu hören. ich kann dann immer wieder nur sagen, daß ich der Meinung bin, manche Texte brauchen keine Pointe am Schluss - und darum setze ich manchmal keine. Klingt nach einer blöden Ausrede, aber das hat sich im Laufe der Zeit einfach als Teil meines Stils herausentwickelt (bin halt Punker).
Ich kann verstehen, daß viele Leser dadurch mit einem unbefriedigenden Restgefühl zurückbleiben (täte mir leid und liegt nicht in meiner Absicht), werde das aber dennoch nicht ändern.
Passt der Vergleich? Meinst du David Lynch - der ist kein Schauspieler.
Ja, ich meinte David Lynch, den Regisseur und wollte ihn eigentlich in seiner Eigenschaft als allgemeiner Kunstschaffender als Beispiel nehmen. Aber du hast Recht, das holpert irgendwie. Dummerweise fällt mir gerade kein passender Schauspieler ein (Vorschläge sind willkommen) und sobald ich ne Idee habe, änder ich das.

@Kyselak:

DAS ist für mich die - die ganze Zeit über präsente - Aussage: Mißachteter Nebendarsteller beneidet Star, dem er sich schauspielerisch haushoch überlegen fühlt.
Ach so, das meintest du. Ja, das steckt drin. Gehört für mich irgendwie auch zum Thema Kunst gegen Kommerz (Erzähler hält sich für Künstler und alle anderen für Kommerz).
In meinem Ende bleibt der Erzähler in diesem konflikt hängen, der nicht aufgelöst wird: Er geht nach hause und kommt morgen wieder, wo alles wieder so wie heute laufen wird. Gibt dem Ganzen wie ich finde eine leicht melancholische Note und ist trotzdem ein leises Happy End (Stichwort Erdbeeren).

Das von dir zitierte Stück kenne ich nicht, der Dialog gefällt mir aber sehr.

@Tserk:

Du kannst sowieso bald einpacken, ich arbeite nämlich grad an der lustigsten Geschichte aller Zeiten!
Anleitung gefällig? :D

 

Hi gnoebel!

Wie üblich eine lustige Geschichte mit hintergründigem Humor und Charakteren, über deren menschliche Schwächen man einfach lachen muss. Könnte dir jetzt etliche Stellen zeigen, die ich besonders witzig fand, aber ich will mich mal auf zwei beschränken:

Ich spielte einen Elchzüchter, dem jemand einen Fisch geklaut hatte. Laut Drehbuch verfolgte ich ihn aber nicht wegen dem Fisch, sondern weil er mir durch seine Tat den Spiegel meiner Seele vorgehalten hat und ich durch die symbolische Jagd den Dämonen tief in mir drin bekämpfen wollte. Glaub ich.

:lol:

Jack, du warst brillant wie immer. Und diesmal hast du sogar deinen Kollegen mit deiner Schauspielerei angesteckt."

:rotfl:

Zwei Sachen hätte ich zu bekritteln: Zum einen gibt es keine Pointe. Ja, ich weiß, du hältst das für unnötig, aber das stört mich bei Geschichten dieser Art immer wieder. Es muss irgendwie eine Steigerung oder eine Pointe da sein, sonst ist das Ganze unbefriedigend. Es gibt auch Geschichten, die weder das eine noch das andere haben und trotzdem gut zu lesen sind, wie zum Beispiel "Lloyd Braun schreibt eine Kurzgeschichte" von Fischstaebchen.
Aber bei deiner erwarte ich das einfach, vielleicht wegen der Sprache oder weil der Humor nicht ganz so leise ist ... jedenfalls will ich, dass du da 'ne Pointe reinmachst. So! :D

Zum anderen, und das ist der Punkt, den du bestimmt nicht so einfach abschmettern kannst: Wieso ist der Prot der Hauptdarsteller des Films ( der Held ist in Hollywood immer derjenige, der überlebt, weißt du ja ;) ), wird aber im Vorspann nicht erwähnt? Und wieso hat er überhaupt die Hauptrolle? Ich meine, kann ja sein, dass ein erfahrener Altstar auf dem absteigenden Ast neben ihm spielt, aber es kommt mir seltsam vor, dass der Regisseur die Hauptrolle mit jemandem besetzt, in dessen Fähigkeiten er kein Vertrauen hat, während ihm doch eine bessere Wahl zur Verfügung steht. Irgendwie bedarf dieser Punkt zumindest einer Erklärung.

Ciao, Megabjörnie

 

hi gnoebel!

eventuell john malkovich anstelle von david lynch? ist ähnlich schwer zu behirnen. ;-)

In meinem Ende bleibt der Erzähler in diesem konflikt hängen, der nicht aufgelöst wird
ok, wenn du das so geplant hast, kann ich als leser damit leben (aber ungern).

bezüglich des protagonisten muß ich mich so ungefähr megabjörnie anschließen. ich sehe ihn zwar nicht als hauptdarsteller (den protagonisten, nicht megabjörnie), aber doch irgendwie prominent in die filmhandlung verwickelt. dafür müßte er schon im vorspann erwähnt sein.

was aber völlig irreparabel ist: nur hauptdarsteller essen erdbeeren (aus wessen nabel auch immer).

mit gruß
Kyselak

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Megabjörnie,

Danke fürs Lesen und so. Schön, daß du drüber lachen konntest.

Es muss irgendwie eine Steigerung oder eine Pointe da sein, sonst ist das Ganze unbefriedigend.
Der Text hat eine Steigerung und wenn man so will auch eine Pointe - nur halt keine lustige.
Ich bin der Meinung, sich am Ende auf Teufel komm raus noch irgendeine Steigerung auszudenken, nur um ne witzige Pointe zu haben, ist zu gezwungen und funktioniert in den seltensten Fällen richtig.
Wieso ist der Prot der Hauptdarsteller des Films ( der Held ist in Hollywood immer derjenige, der überlebt, weißt du ja), wird aber im Vorspann nicht erwähnt?
Ja, hast Recht, da stimmt was nicht. Eigentlich sollte er zwar nicht der Hauptdarsteller sein, sondern tatsächlich eine Nebenrolle neben dem großen Jack haben (ich hab dabei die ganze Zeit an Bruce Willis und Ben Affleck in Armageddon gedacht), aber das passt tatsächlich nicht zusammen. Da geh ich gleich mal dran und mach das klarer.

@Kyselak:

eventuell john malkovich anstelle von david lynch?
Ist gekauft, danke.
was aber völlig irreparabel ist: nur hauptdarsteller essen erdbeeren
Hehe... geht nicht, der Typ ist schon verheiratet ;)

 

hi gnoebel!

Hehe... geht nicht, der Typ ist schon verheiratet
machen wir hier einen auf Ratzinger, oder schreiben wir kurzgeschichten, hä?

mit gruß
Kyselak

 

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