Was ist neu

Mitten in der Nacht

Mitglied
Beitritt
21.09.2008
Beiträge
95
Zuletzt bearbeitet:

Mitten in der Nacht

Auf meinem Nachttisch stand sein Foto. Er trug das Amulett. Zum Zeichen unserer Liebe hatte ich es ihm nach seinem Tod auf seinen kalten Körper gelegt. Seit mehr als zwanzig Jahren lag es begraben mit ihm und all meinen Träumen ... tief unter der Erde.

***

Mitten in der Nacht drang - wie aus weiter Ferne - Telefonklingeln an mein Ohr. Es dauerte eine Weile, bis es mein Bewusstsein wahrnahm. Aus tiefstem Schlaf entrissen, schielte ich mit zusammengekniffenen Augen zum Wecker. Die Leuchtziffern der Digitaluhr zeigten kurz nach eins. Wer zum Teufel rief um diese Zeit an? War etwas passiert? Noch etwas umnebelt vom Schlaf und leise vor mich hin fluchend, wankte ich müde durch den Flur. Auf dem Telefonablageschränkchen griff ich zum Hörer. Gesprächsteilnehmer unbekannt, stand auf dem Display. Schlaftrunken murmelte ich ein undeutliches „Hallo?" Es knackte und rauschte in der Leitung, als würde eine permanente Störung vorliegen. Die Verbindung war denkbar schlecht.
„Kristin?", vernahm ich eine durchaus wohlklingende, männliche Stimme. Obwohl er mich zu kennen schien, hatte ich nicht die geringste Ahnung, wer mich da zu später Stunde anrief. Die Art und Weise wie er meinen Namen aussprach, der warme Klang seiner Stimme machte mich stutzig.
„Ja, hallo?", erwiderte ich. Der Anruf schien aus unendlicher Ferne zu kommen. Immer noch von Müdigkeit umwölkt, war ich mir nicht sicher, ob ich noch im Land der Träume- , nicht ganz wach war.
Ich rieb meine Augen, um die Schleier zu vertreiben.
„Ich vermisse dich so sehr, Kristin!", hörte ich ihn mit verzerrter Stimme sagen. Angestrengt lauschte ich.
„Wer ist denn dran?", fragte ich noch einmal.
Er sprach hastig und die Worte klangen abgehackt. Ich hatte Mühe ihn zu verstehen.
„Denkst du noch manchmal an mich?", höre ich ihn fragen.
„Kristin?", wiederholte er. Die Stimme! Der Klang seiner Stimme ... ! Ich fühlte kleine Schauer über meinen Rücken jagen.
„Ich vermisse dich so sehr, Kristin!"
Ich lauschte den Wortfetzen, die ich zusammenreimte und meine Sinne schärften. Mein Herz fing an zu rasen. Gänsehaut überzog meinen Körper. Die Stimme war mir so vertraut; die Zärtlichkeit und Wärme darin! Wie oft hatte ich von ihm geträumt. Wie oft hatte ich mir gewünscht, er wäre hier. Unzählige Male! Wenn ich mich nur einmal noch in seine Arme schmiegen-, ihm ganz nahe sein könnte. Ich hatte nie aufgehört, ihn zu lieben. Gedankenverloren strich ich mir über die Stirn. Es konnte doch gar nicht sein! Erlaubte sich da jemand einen ganz üblen, makaberen Scherz? In Sekundenschnelle zog ich alle Möglichkeiten in Betracht. Vielleicht war es eine Verwechslung. Eine besonders unglückselige, tragische Fügung - eine Ironie des Schicksals. Bilder aus längst vergangenen Tagen tauchten in meinem Kopf auf. Kleine Szenen spulten wie ein Film ab. Mit feuchten Händen und klopfendem Herzen umklammerte ich den Hörer. Du bist verrückt, schalt ich mich. Es konnte gar nicht sein! Energisch schüttelte ich die Gedanken ab. Bestimmt träumte ich nur. Gleich würde ich aufwachen und in das lächelnde Gesicht auf meinem Nachttisch sehen.
„Lass mich nicht solange warten, Liebes“, hauchte er undeutlich an meinem Ohr.
„Hallo, ich ähm ... wer bitte ist denn dran?", warf ich zaghaft ein, während ich fieberhaft überlegte.
Es war so ungeheuerlich! Ich weigerte mich zu glauben, was ich hörte.
„Liebling, war es nicht wunderschön mit uns?", sagte er mit einschmeichelnder Stimme, die von unendlich weit her zu kommen schien.
„Sehnst du dich nicht auch nach mir, Kristin?", hörte ich ihn fragen. Beklemmung machte sich breit.
Ich musste vernünftig sein; einen klaren Kopf bewahren.
„Hören Sie - Sie sind falsch verbunden", versuchte ich das Gespräch zu beenden. Er schenkte meinen Worten keine Beachtung.
„Komm doch zu mir, du fehlst mir so, möchtest du nicht bei mir sein? Bitte, Kristin!", sprudelte es aus ihm heraus.
Es war kein Traum. Ich hörte seine Stimme! Plötzlich war ich hellwach. Viele Gedanken schossen durch meinen Kopf; überschlugen sich. Ich fühlte mich so schwach und hilflos.
„Halloooo", um mir Gehör zu verschaffen, hob ich meine Stimme an.
„Sie haben sich verwählt.", schrie ich fast in den Hörer.
Endlich gelang es mir, seinen Redeschwall zu unterbrechen. Einen Moment blieb es am anderen Ende ganz still.
„Oh ... ist dort nicht Kristin?", fragte er dann leicht verwirrt.
„Doch, mein Name ist Kristin, aber ich kenne Sie nicht!", antwortete ich grob.
Zunächst blieb es wieder ganz still, dann ertönte ein lang gezogenes „Ohhhh ..."
So leicht gab er nicht auf.
„Hast du mich vergessen, Kristin?", fragte er plötzlich in verändertem Tonfall. Mein Herz raste und mir wurde ganz schwindelig. Die Stimme! Über zwanzig Jahre hatte ich seine Stimme nicht mehr gehört. Aber es war doch völlig unmöglich! Wer tat mir so etwas an? Jemand trieb ein grausames, geschmackloses Spiel mit mir. Langsam fühlte ich Wut aufsteigen.
„Sie sind falsch verbunden.", wiederholte ich lapidar.
„Liebst du mich nicht mehr, Cherie?", fragte eine traurige Stimme am anderen Ende der Leitung. Meine Nackenhärchen sträubten sich. So hatte er mich vor etlichen Jahren immer genannt. Bei Erwähnung des Kosenamens versteifte sich mein ganzer Körper. Nur ein Sadist konnte so mit meinen Gefühlen spielen.
„Sie haben die falsche Nummer", sagte ich barsch und legte auf.
Noch lange hörte ich in dieser Nacht in regelmäßigen Abständen das Telefon läuten.

***

Am nächsten Morgen fiel mir zwischen Tageszeitung und den üblichen Werbeprospekten ein vergilbter, total verknitterter Briefumschlag vor die Füße. Als ich ihn aufhob, spürte ich einen Gegenstand darin.
Ich starrte auf die Umrisse, was sich darin abzeichnete. Mit zittrigen Fingern hielt ich das Amulett in den Händen.

Plötzlich verstand ich. Es würde nicht mehr lange dauern. Ich hatte keine Angst.

 

Hallo Darkeyes,

mit dem metaphysischen Dreh ist diese Geschichte in Alltag definitiv falsch. Gib mir bitte Bescheid, ob ich sie nach Seltsam oder Sonstige verschieben soll.

LG, Pardus

 

Hallo Pardus,

ja bitte verschieben in Seltsam

Entschuldigung, dass ich die falsche Rubrik gewählt habe!

Liebe Grüße
Darkeyes

 

Hallo Darkeyes,

ich hab ein Problem mit der Geschichte - und zwar, sie scheint ihn ja zu lieben, hat ihn geliebt, er ruft sie in der Nacht an und sie - legt auf, nachdem sie ihn erkannt hat? So ganz will mir sich ihre Reaktion nicht erschließen.

Klar, sie versucht mit Logik dagegen vorzugehen, weiß, dass es nicht sein kann, aber trotzdem ... ich kauf ihr ihre Reaktionen nicht so recht ab. Dabei ist es eigentlich ein interessanter Ansatz. Wie sie versucht ist, ihrer Logik nachzugeben - der innere Kampf kommt mir da ein bisschen zu wenig ins Spiel.

Mitten in der Nacht drang - wie aus weiter Ferne - Telefonklingeln an mein Ohr. Es dauerte eine Weile, bis es in mein Bewusstsein drang.

Wortwiederholungen wirken immer ein wenig ungeschickt

Noch etwas umnebelt vom Schlaf und leise vor mich hin fluchend, wankte ich müde durch den Flur.

Inhaltliche ebenfalls, sie ist müde, sie ist aus dem Schlaf gerissen, sie ist in einem Glimmerzustand ... Da könnte was weg von ;).

Obwohl er mich zu kennen schien, hatte ich nicht die geringste Ahnung, wer mich da (zu später Stunde) anrief.

ebenfalls nur Wiederholung

„Ja, hallo?"(Kein Leerzeichen), erwiderte ich. Der Anruf schien aus unendlicher Ferne zu kommen. Immer noch von Müdigkeit umwölkt, war ich mir nicht sicher, ob ich noch im Land der Träume- , nicht ganz wach war.

Alles schon dagewesen. Der Leser ist voll im Bilde ;)

„Denkst du noch manchmal an mich?" , hörte ich ihn fragen.

Statt "hörte ich ihn fragen" weil klar: das Frage und hören - hier ihre Verwirrung starten. Sie hat lange genug Zeit gehabt zu erwachen ;).

Erlaubte sich da jemand einen ganz üblen, makraben Scherz?

makaberen

Als ich ihn aufhob, spürte ich einen Gegenstand darin.
Ich starrte auf die Umrisse, was sich darin abzeichnete. Mit zittrigen Fingern hielt ich das Amulett in den Händen.

Hier war ich überrascht. Es ist also der Anruf, der die Bevorstehende "Wiedervereinigung" ankündigt ... kann er nicht vielleicht etwas deutlicher werden am Telefon? Hier ist es so einsam ohne dich. Ich freue mich dich wiederzusehen. Irgendwie so was.

Hast Du ja drin:

„Komm doch zu mir, du fehlst mir so, möchtest du nicht bei mir sein? Bitte, Kristin!" , sprudelte es aus ihm heraus.

Aber, möchtest du nicht bei mir sein - rückt es irgendwie in ein anderes Licht.
Und "Bitte Kristin!" klingt eher nach einer Aufforderung nach Selbstmord, als nach Ankündigung ihres bevorstehenden Todes. "Sprudeln" empfinde ich als unglücklich in diesem Zusammenhang. Weil, er weiß ja wovon er redet, es überkommt ihn ja nicht plötzlich.

Die Stelle, wo da Erinnerungen bei ihr durchblitzen, ruhig zeigen, welche es sind. Zeichne Deinem Leser ein Bild von den beiden. Keine großen Gesten, eher kleine, alltägliche Dinge, so zwei bis drei.

Könnte mir mehr gefallen, wenn der Erzähler etwas zurücktreten würde und die beiden mehr hervor. Weil eigentlich eine schöne Idee ;).

Beste Grüße Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Fliege,

danke fürs Lesen und Kommentar.
Tja, welcher realistisch denkende Mensch würde glauben,
dass ein Toter aus dem Jenseits nach über zwanzig Jahren,
seiner einstigen Liebe den Tod ankündigen will und sie bald wieder vereint
sein würden, weil er sich so nach ihrer Liebe sehnt?

So habe ich auch meine ungläubige Protagonistin einfach auflegen lassen,
weil sie sich auf grausame Art und Weise veräppelt fühlte.
Er hätte ihr ja gerne alles erklärt, aber er spürte ihre Zweifel ...
und weil er ihr möglichst schnell alles mitteilen wollte, bevor sie auflegen würde ... deshalb auch: sprudelte es aus ihm heraus.
Er wollte ja deutlicher werden und hat danach noch mehrfach versucht, sie zu erreichen.

Eigentlich glaube ich nicht, dass man die Liebe der beiden füreinander noch näher beschreiben müsste!
Sein Bild steht nach über zwanzig Jahren auf ihrem Nachttisch und ...
nach einem so langen Zeitraum und nur wenigen Worten am Telefon
- trotz sehr schlechter Verbindung - denkt sie sofort an ihn.
Ich dachte, das alles spricht für sich!
Trotzdem habe ich aber doch Deinen Rat befolgt und noch drei kleine Sätze eingefügt,
um die Gefühle der Protagonistin zu verdeutlichen.

Andere Sätze habe ich tatsächlich wiederholt ... bewusst wiederholt,
weil ich auch den Leser ein wenig im Glauben lassen wollte, dass meine Protagonistin vielleicht doch alles nur träumt.

Herzlichen Dank für Deine Mühe!


Liebe Grüße,

Darkeyes

 

Ich fasse mich kurz: Mir gefällt diese Geschichte sehr. Erinnert mich an eine alte Serie aus den USA: X-Faktor - Das Unfassbare

Weiter so!

 

Hallo Aenima,

habe gerade eben erst Dein Lob gelesen und möchte mich dafür auch noch
bedanken! :-)

Liebe Grüße,
Darkeyes

 

Erinnert mich an eine Geschichte von Stephen King die auf der Geschichtensammlung "Sunset - das Pfefferkuchenmädchen" zu lesen ist.
Darin ruft der Ehemann, der bei einem Flugzeugabsturtz gestorben ist, seine Frau, während seines eigenen Begräbnisses, an.
Deine Geschichte hat mir jedoch auch gut gefallen.

 

Hallo workalcoholic,


die Geschichte von Stephen King kenne ich (noch) nicht, werde sie nun aber einmal nachlesen.
Die Idee dazu ist auf meinem Mist gewachsen und es freut mich,
dass es Dir gefallen hat. Vielen Dank fürs Lesen und Lob! :-)

Liebe Grüße,

Darkeyes

 
Zuletzt bearbeitet:

Zu diesem Beitrag moechte icg gern einiges sagen, was ich halt so als nicht Muttersprachler empfinde, aber mich vom Inhalt her doch zum Weiterdenken deutlich bewegt. Es sind u.a die Stellen..
a ...Gänsehaut überzog meinen Körper....
b ... Es war so ungeheuerlich! Ich weigerte mich zu glauben, was ich hörte. ...
c ...„Hören Sie - Sie sind falsch verbunden"...
..und noch andere aehnliche Stellen in der Geschichte.
Wenn ihre Liebe zu ihm doch so gross gewesein sein soll, wenn er ihr doch viel bedeutete, dann muesste doch eigentlich andere Reaktionen, Gefuehle bei ihr auftauchten beim Hoeren seiner sehnenden Wuensche als die oben zitierten. Waere eine spontane Freude nicht besser, ja schoener als diese wie von einer Frau mit vielen nahen und fernen Verehrern oder Liebhabern ausgedruckten Gefuehlen? Eigentlich duerfte der Gedanke an einen verstorbenen aber geliebten Lebensgefahrten kein Horrorgefuehl mehr oder zumindest nicht so stark wie solche hervorrufen.
Ja, deshalb stoeren sie mich ein bisschen.
upppppsss, doch ziemlich lang als geplant. Den Rest schreibe ich vielleicht doch lieber demnaechst.
Trotz allem finde ich die Idee TOLL !

 

Hallo krakatau,

zunächst einmal möchte ich mich für Dein Interesse bedanken und dass Du die Idee toll gefunden hast! :)
Lies Dir doch bitte einmal meinen Kommentar an Fliege durch, weil er ähnliche Punkte bemängelt hat. Ich bin zwar immer für Kritik dankbar, aber was ich immer ein wenig schade finde ist ...
wenn für Sätze - die beanstandet werden - keine anderen Vorschläge gemacht werden. Wenn ich nicht genau weiß, was damit gemeint ist und wie man es besser machen könnte! Geschichten können nie allen gefallen, aber es wäre schon interessant, was andere "Schreiberlinge" aus einer Idee machen würden.

Liebe Grüße,

Darkeyes

 
Zuletzt bearbeitet:

13.01.11
Hallo Darkeyes,

einen schoenen Dank fuer Ihre Antwort'
Ich habe dIe Geschichte noch einmal gelesen und finde sie schoen. Schoen, weil
es Ihnen sehr gelungen ist, einen Charakter aufzuzeigen, einen, der die Situation nach kurzer Zeit zwar schon verstanden und sich auch danach gesehnt hatte, der sie aber aus eigener Schwaeche, psychologischen Unreife oder aehnlichen Gruenden (Logik) doch verdraengt und sie erst am Ende in ihrem Alleinsein, nicht schon waehrend des Telefongespraechs selbst zugegeben und trotz allem sehr angenehm empfunden hatte.
Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob das Ihr Ziel war. Wie 'Fliege' es auch erwaehnt hat, sehe ich da zu wenig von einem inneren Kampf, sollten Sie das auch beabsichtigt haben. Es klingt mir eher wie ein gewisser Charakterzug, der sich unnoetigerweise daran gewoehnt hat, Umwege zu nehmen statt sich mit der Sache direkt auseinanderzusetzen. Doch dann waere das ganze gar nicht noetig gewesen, denn der jahrzehnte lang geliebte Verstorbene muesste sie ja schon so gut gekannt haben, dass er ihren Zweifel nicht erst haette auftauchen lassen.
Deshalb also meine Verwirrung: Handelt es sich hier um die Ankundigung eines nahstehenden Todes (mit innerem Kampf) oder lediglich um zwei Personen, die den gleichen - nochmals - Charakterzug haben, die den Leser wie mich damit aber nicht recht amuesant wie auch ueberzeugend unterhaten haben.
Wie dem auch sei, finde ich es schoen, dass Ihre Gesichte einen gedanklich beschaeftigt, und das ist auch eins der Ziele, warum man Geschichten schreibt.
Noch etwas zu meinem ersten Kommentar: Ich wollte ja nur meine Meinung zum Ausdruck bringen, ohne die geringste Absicht, 'besseres' vorzuschlagen oder sogar die Gestaltung Ihrer Geschichte zu aendern.
In diesem Sinne

liebe Gruesse

Krakatau

 

Hallo Darkeyes,

ich weiß zwar nicht ob die Geschichte noch abonniert ist und somit sicherstellt, dass diese Antwort ankommt aber ich werde trotzdem meinen Senf dazu geben.

Positiv:
Ich schließe mich erstmal meinen "Vorkommentatoren" an. Ein innerer Konflikt als Höhepunkt einer KG ist immer schön und durchaus spannend. Auch das Motiv der Sehnsucht die den rational denkenden Menschen an seiner eigenen Rationalität zweifeln lässt ist ein interessantes Thema. Zwar viel in der Literatur vorkommend aber nichts desto trotz immer noch interessant.

Neutral:
Habe grade einen KG-Band von T.C. Boyle gelesen und ein weiteres mal bemerkt, wie bei vielen anderen Kurzgeschichten, dass das Setting deutlich ausführlicher ist als die typische KG.de Geschichte. Das macht die Länge, auch von deiner Geschichte, angenehm verdaulich und schreckt nicht so viele Leser ab. Grade weil man sich ja nie sicher sein kann ob man ein Meisterwerk oder eine durchschnittliche KG vor sich hat. Worauf ich hinaus will ist, dass ich mir eigtl. noch mehr Setting wünschen würde ob gewisse Motive auszuschmücken (z.B. die mathematische, rationale Weltanschauung des Prots, falls er so seien soll). Andererseits ist eine so herausgegriffene Situation natürlich auch reizvoll.... naja... neutral halt.

Konstruktive Kritik:
- Symbolik geht durch weniger "kitschbelastete" Dinge nicht verloren. Muss es ein Amulett sein? Und wenn es ein symbolisch bedeutender Gegenstand ist, dann möchte ich ihn vor mir sehen (Beschreibung).
- Übergänge: Innerhalb deines Denkprozesses wechselst du Rhythmus und Geschwindigkeit, z.B.:

Es war kein Traum. Ich hörte seine Stimme! Plötzlich war ich hellwach.
Nicht nachvollziehbar wieso sich ihr Gemütszustand auf einmal so verändert. Wenn er irgendetwas außergewöhnliches sagen würde oder sie sich den Fuß stößt gut - aber so?

Beklemmung machte sich breit.
Ich musste vernünftig sein; einen klaren Kopf bewahren.

Hier etwas anderes aber ebenfalls irritierend. Ich verstehe wie schwer es ist so ein komplexes Gedankennetz zu ordnen, aber so verwirrst du mich unnötig. Auf einmal Beklemmung, dann sagt sie sich: klarer Kopf. Nimm dir (noch mehr) zeit in die Gefühlswelt einzutauchen und uns anschaulich zu erklären wie ihre Emotionen sich im Laufe des Gespräches verändern.

- Reaktion:

„Sie sind falsch verbunden.", wiederholte ich lapidar.

Menschliche Reaktionen? Natürlich ist sie in einer außergewöhnlichen Situation aber dennoch hat man als telefonerprobter Mensch so gewisse Automatismen. Anstatt andauernd zu sagen "Falsch verbunden" würde man doch irgendwann zB mal fragen wer da ist. Und diese Gespräche wo der fremde Anrufer kein bisschen auf den anderen eingeht kennen wir ja zur genüge. Hfftl. wäre dein Gespräch etwas anders :).

- Last but not at all least: Eigtl. schon im Absatz wo ich dir Rate ncoh mehr in die Gefühlswelt einzutauchen inbegriffen. Halte vllt ein bisschen mehr Abstand von äußerlichen Effekten wie "Gänsehaut überzog meinen Körper". Oder mach sie weniger typisch... zB. zogen sich ihre Gedärme zusammen... naja irgendwas realeres halt. Wirkt schnell alles sehr ausgekaut.

Hoffentlich kannst du ein wenig damit arbeiten,

Nur so ein paar schnelle Gedanken von,

dem grüßenden,

nikonotiz

PS: Titel nicht nach meinem Geschmack, zu "wana be" Drama. Aber da bin ich speziell.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo krakatau,
hallo nikonotiz,


zunächst möchte ich mich für das Interesse an meiner Geschichte bedanken!

@ krakatau - Bin ein wenig über Deine Anrede gestolpert, weil es (zumindest hier im Forum!) eigentlich üblich ist, sich untereinander zu duzen. Bitte nicht als frech empfinden ... ich bin so frei und erlaube mir, auch dabei zu bleiben.
Es freut mich natürlich, wenn einen Leser meine Geschichte gedanklich beschäftigt und ich finde es auch immer ganz interessant, wie unterschiedlich oft etwas interpretiert wird. Es ist mir wohl nicht ganz gelungen, den "inneren Kampf" meiner Protagonistin - die zwiespältigen Gefühle und ihre Zweifel, als sie glaubte, seine Stimme zu hören - zu verdeutlichen.

@ nikonotiz

Symbolik geht durch weniger "kitschbelastete" Dinge nicht verloren. Muss es ein Amulett sein? Und wenn es ein symbolisch bedeutender Gegenstand ist, dann möchte ich ihn vor mir sehen (Beschreibung).

So ein paar "kitschbelastete" Dinge finde ich manchmal ganz schön. Wer besitzt nicht einen Talisman, Glücksbringer, Maskottchen oder wie man es nennen mag? Mit seinen angeblich magischen Kräften hielt ich das Amulett für passend und eine nähere Beschreibung für meine Geschichte eigentlich auch gar nicht für unbedingt nötig.

Nicht nachvollziehbar wieso sich ihr Gemütszustand auf einmal so verändert. Wenn er irgendetwas außergewöhnliches sagen würde oder sie sich den Fuß stößt gut - aber so?

Allein die Tatsache, dass sie glaubte, seine Stimme zu erkennen, reicht doch schon aus, dass sie plötzlich hellwach war, finde ich. Es hat wohl den gleichen Effekt, als wenn sie sich irgendwo den Fuß gestossen hätte.

Hier etwas anderes aber ebenfalls irritierend. Ich verstehe wie schwer es ist so ein komplexes Gedankennetz zu ordnen, aber so verwirrst du mich unnötig. Auf einmal Beklemmung, dann sagt sie sich: klarer Kopf.

Ich finde es gar nicht so widersprüchlich ... meine Protagonistin fühlte Beklemmung aufsteigen und rief sich selbst zur Ordnung ... einen klaren Kopf bewahren eben! ;-)

Für Deine konstruktive Kritik bin ich dankbar und werde mir noch einmal - Punkt für Punkt - Gedanken darüber machen; auch wie ich evtl. die Emotionen besser umsetzen könnte.

Für die Mühe herzlichen Dank!


Liebe Grüße,

Darkeyes

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom